VwGH vom 21.12.1990, 90/17/0344
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
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Besprechung in:
Besprechung AnwBl 1991/6, 409; Kritik am Zuspruch des Stempelgebührenersatzes
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerden von 38 Versicherungsgesellschaften gegen die Bescheide des Bundesministers für Finanzen je vom , Zl. 9 000 436/9-V/12/90, betreffend Auftrag zur Vorlage von Kalkulationsgrundlagen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von je 10.266,32 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mit vorliegender Beschwerde bekämpften, an die oben genannten Beschwerdeführer in getrennten Ausführungen ergangenen, jedoch wörtlich übereinstimmenden Bescheide je vom lauten wie folgt:
"SPRUCH
Das BMF ordnet gemäß § 100 Abs. 2 VAG die Vorlage der Kalkulationsgrundlagen für den Tarif der nicht-industriellen Feuerversicherung innerhalb von vier Wochen an.
BEGRÜNDUNG
Aufgrund verschiedener Anfragen von Abgeordneten des Nationalrates und des Bundesrates zur Tarifgestaltung in der nicht-industriellen Feuerversicherung, insbesondere zur Rechtfertigung regionaler Tarifunterschiede, wurde eine Überprüfung der Tarife in Hinblick auf § 104 Abs. 3 VAG eingeleitet. Da sich aus den bisher vom Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs vorgelegten statistischen Unterlagen keine Rechtfertigung aller regionalen Differenzierungen ergeben hat und vom Verband keine weiteren statistischen Unterlagen vorgelegt wurden, müssen diese von den einzelnen Versicherungsunternehmen verlangt werden."
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringen erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht verletzt, nicht zur Vorlage der genannten Unterlagen verhalten zu werden. Sie beantragen, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 569, über den Betrieb und die Beaufsichtigung der Vertragsversicherung (Versicherungsaufsichtsgesetz-VAG) haben die Versicherungsunternehmen einen Geschäftsplan zu erstellen, der der Genehmigung durch die Versicherungsaufsichtsbehörde bedarf. § 4 Abs. 3 gilt sinngemäß. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat der Geschäftsplan zu umfassen:
1. die Darlegung der Verhältnisse, die für die Wahrung der Belange der Versicherten und die Beurteilung der dauernden Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen erheblich sind,
2. die Bezeichnung der Versicherungszweige oder einzelner Versicherungsarten von Versicherungszweigen, auf die sich der Betrieb erstreckt; hiebei kann der Betriebsumfang innerhalb der Versicherungszweige und Versicherungsarten auf Teilbereiche eingeschränkt werden,
3. die allgemeinen und besonderen Versicherungsbedingungen.
Gemäß § 18 Abs. 1 leg. cit. hat in der Lebensversicherung, der Krankenversicherung und in allen anderen Versicherungszweigen (Versicherungsarten), soweit diese nach Art der Lebensversicherung auf Grund von Wahrscheinlichkeitstafeln betrieben werden, der Geschäftsplan auch die Rechnungsgrundlagen (Wahrscheinlichkeitstafeln, Zinsfuß, Kostenzuschläge), die Grundsätze und Formeln für die Berechnung der Prämien (Beiträge), der Deckungsrückstellung und der Prämienüberträge sowie die Tarife zu enthalten. Die Grundsätze und Formeln für die Berechnung der Prämien (Beiträge) und der Deckungsrückstellung sind für jede Versicherungsart gesondert darzustellen und durch Zahlenbeispiele zu erläutern. Die Abs. 2 bis 4 dieser Gesetzesstelle enthalten Vorschriften darüber, in welchen Fällen der Geschäftsplan noch weitere Angaben zu enthalten hat.
Gemäß § 100 Abs. 1 VAG kann die Versicherungsaufsichtsbehörde von den Versicherungsunternehmen jederzeit Auskunft über Angelegenheiten der Geschäftsgebarung und die Vorlage entsprechender Unterlagen verlangen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Versicherungsaufsichtsbehörde die Vorlage von nicht zum Geschäftsplan gehörenden Geschäftsgrundlagen, insbesondere Tarifen, sowie Meldungen über den Abschluß bestimmter Arten von Versicherungsverträgen verlangen.
Gemäß § 104 Abs. 3 zweiter Satz VAG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 558/1986 kann die Versicherungsaufsichtsbehörde unter anderem (insbesondere) untersagen, daß unter gleichen sachlichen Voraussetzungen von den Versicherungsnehmern nicht gleiche Leistungen verlangt werden.
Gemäß § 115 Abs. 1 VAG ist Versicherungsaufsichtsbehörde der Bundesminister für Finanzen.
Die Beschwerdeführer machen in erster Linie geltend, die von der belangten Behörde geforderten Kalkulationsgrundlagen zählten nicht zu den in § 100 Abs. 2 VAG genannten "Geschäftsgrundlagen". Die Beschwerdeführer berufen sich hiebei auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 764 BlgNR. XIV. GP., Seite 68, wo es zur Bestimmung des § 100 Abs. 2 heißt:
"Gegenstand der Vorlagepflicht sind Geschäftsgrundlagen, die nicht zum Geschäftsplan gehören und daher nicht gemäß den §§ 8 Abs. 1 und 18 der Genehmigungspflicht unterliegen. Unter Geschäftsgrundlagen sind alle beim Abschluß und bei der Abwicklung der Versicherungsverträge regelmäßig verwendeten Unterlagen zu verstehen. Als wichtiges Beispiel sind die Tarife ausdrücklich angeführt. Darüber hinaus kommen Antrags- und Polizzenformulare als Gegenstand der Vorlagepflicht in Betracht."
Hieraus ziehen die Beschwerdeführer den Schluß, der Gesetzgeber habe mit "Geschäftsgrundlagen" nur Unterlagen gemeint, die im Kundenverkehr regelmäßig verwendet würden.
Dagegen wendet die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ein, der Gesetzestext grenze den Begriff "Geschäftsgrundlagen" nur dadurch ein, daß die zum Geschäftsplan gehörenden Geschäftsgrundlagen ausgeschieden würden. Weitere Eingrenzungen seien der Gesetzesstelle nicht zu entnehmen. Die Erwähnung der Tarife sei bloß beispielsweise und solle die wichtigsten Geschäftsgrundlagen hervorheben; sie sei im Zusammenhang mit dem Ausdruck "nicht zum Geschäftsplan gehörende" zu verstehen, da in bestimmten Versicherungszweigen die Tarife bereits Teil des Geschäftsplanes seien (§ 18 VAG) und der Versicherungsaufsichtsbehörde gemäß §§ 8 und 10 VAG vor ihrer Verwendung bereits vorliegen müßten. Die Bestimmung beziehe sich daher ihrem Wortlaut nach auf alle Unterlagen, die Grundlage des laufenden Geschäftsbetriebs eines Versicherungsunternehmens seien. Bei den in den Erläuternden Bemerkungen neben den Tarifen als Beispiel genannten Antrags- und Polizzenformularen handle es sich um Vertragsunterlagen, die primär dem Bereich "Abschluß von Verträgen" zuzuordnen seien. Zum Bereich "Abwicklung von Verträgen" gäben die Erläuternden Bemerkungen keine weiteren Beispiele. Die Aufzählung sei bloß demonstrativ, ohne eine abschließende Abgrenzung des Begriffes geben zu können. Die in den Erläuternden Bemerkungen angeführten Tatbestände "Abschluß und Abwicklung von Verträgen" sollten eine Abgrenzung zu dem in § 100 Abs. 1 VAG geregelten Angelegenheiten der Geschäftsgebarung herstellen, die die Gesamtheit der unternehmerischen Tätigkeit eines Versicherungsunternehmens überhaupt umschrieben. Abgesehen davon, daß die Erläuternden Bemerkungen rechtlich nicht verbindlich seien, könnten die Beschwerdeführer auch aus ihrer Heranziehung nichts für ihren Standpunkt gewinnen.
Daß die belangte Behörde die von ihr geforderten "Kalkulationsgrundlagen" mit dem Begriff der "Geschäftsgrundlagen" im § 100 Abs. 2 VAG subsumiert wissen wollte, kann - obwohl dies im angefochtenen Bescheid nicht ausdrücklich gesagt, sondern lediglich diese Norm genannt ist - angesichts ihres oben wiedergegebenen Wortlautes nicht zweifelhaft sein.
Den Beschwerdeführern ist nun dahin beizupflichten, daß, geht man von den Erläuternden Bemerkungen aus, die geforderten "Kalkulationsgrundlagen" nicht unter den Begriff der "Geschäftsgrundlagen" im Sinne des § 100 Abs. 2 VAG fallen können. Unter diesen Kalkulationsgrundlagen will die belangte Behörde, wie sie in ihrer Gegenschrift weiters ausführt, "im wesentlichen ... Aufzeichnungen über Prämien, Anzahl der abgeschlossenen Verträge und versicherten Risiken, über Versicherungswerte, Versicherungssummen, Schadenfälle und Schadenhöhe" verstanden wissen; also alles Unterlagen, die nicht unter den in den Erläuternden Bemerkungen verwendeten Begriff "alle beim Abschluß und der Abwicklung der Versicherungsverträge regelmäßig verwendeten Unterlagen" subsumiert werden können, weil es sich bei ihnen offensichtlich um die Berechnungsgrundlagen für die vorweg - also VOR Abschluß und Abwicklung der Versicherungsverträge - zu erstellenden Tarife handelt. Gerade letztere sind übrigens im Gesetz als Beispiel für "Geschäftsgrundlagen" genannt.
Der belangten Behörde ist gewiß zuzugestehen, daß die in Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Absicht des historischen Gesetzgebers nicht das einzige oder auch nur das wichtigste Mittel der Gesetzesauslegung ist. Stehen die Materialien in eindeutigem Widerspruch zum Gesetz, sind sie für die Auslegung bedeutungslos (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/17/0110, mit weiteren Nachweisen).
Letzteres ist hier jedoch nicht der Fall.
Es existiert nämlich keine Bestimmung des VAG, die es ausschlösse, den Begriff "nicht zum Geschäftsplan gehörende(n) Geschäftsgrundlagen" so zu verstehen wie die oben zitierten Erläuternden Bemerkungen. Dies gilt insbesondere auch für die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Bestimmungen der §§ 8 und 18 VAG. § 8 Abs. 2 leg. cit. regelt den erforderlichen Inhalt des Geschäftsplanes, das sind jene Schriftstücke, in denen die rechtlichen, versicherungstechnischen und finanziellen Grundlagen des Unternehmens beschrieben werden (vgl. - zum deutschen VAG - Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz9, 151) und in denen der Aufsichtsbehörde die dauernde Erfüllbarkeit der künftigen Verpflichtungen nachgewiesen wird (Kraus, Versicherungsaufsichtsrecht, 120). Weder diese Bestimmung noch auch jene des § 18, wonach in bestimmten Versicherungszweigen zum Geschäftsplan auch Rechnungsgrundlagen gehören, zwingen - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - zu der Annahme, unter dem Begriff "Geschäftsgrundlagen" im § 100 Abs. 2 VAG seien ALLE Unterlagen zu verstehen, die Grundlage des laufenden GeschäftsBETRIEBES eines Versicherungsunternehmens sind.
Dazu kommt weiters folgende Überlegung:
Aus den Erläuternden Bemerkungen geht hervor, daß sowohl im allgemeinen (Seite 28) als auch insbesondere hinsichtlich der im Sechsten Hauptstück enthaltenen Bestimmungen über die materielle Staatsaufsicht (Seite 67) die bewährten Regelungen des deutschen VAG, DRGBl 1931 I, Seite 315, in Österreich eingeführt durch die Verordnung vom , DRGBl. I, S. 365, im wesentlichen beibehalten werden sollten. Zur Auslegung der hier strittigen Bestimmung kann daher auch dieses Gesetz und das in ihm herrschende Verständnis des Begriffes "Geschäftsgrundlagen" herangezogen werden.
Nun fand sich in der durch die genannte Verordnung in Österreich in Geltung gesetzten Fassung des dVAG das Wort "Geschäftsgrundlagen" zunächst lediglich im § 89 Abs. 1; danach konnte die Aufsichtsbehörde unter gewissen Voraussetzungen zur Vermeidung des Konkurses einer Versicherungsunternehmung die Vertreter der Unternehmung unter anderem auffordern, binnen bestimmter Frist eine Änderung der GESCHÄFTSGRUNDLAGEN oder sonst eine Beseitigung der Mängel herbeizuführen. Nun ist ohne weiteres erkennbar, daß unter dieser "Änderung der Geschäftsgrundlagen" nicht etwa die Änderung von vorgegebenen Kalkulationsgrundlagen verstanden werden konnte, sondern lediglich eine Änderung der Grundlagen des einzelnen Versicherungsvertrages.
Noch klarer wird dieses in der Legistik offenbar vorgeprägte Verständnis des Wortes "Geschäftsgrundlagen" durch die mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 124/1949 erfolgte Novellierung des - mit der Novelle DRGBl. 1937 I, 269, eingeführten - § 81a dVAG. Diese Bestimmung hatte im wesentlichen folgenden Wortlaut gehabt:
"Die Aufsichtsbehörde kann verlangen, daß ein Geschäftsplan vor Abschluß neuer Versicherungsverträge geändert wird. Wenn es zur Wahrung der Belange der Versicherten notwendig erscheint, kann die Aufsichtsbehörde einen Geschäftsplan mit Wirkung für bestehende noch nicht abgewickelte Versicherungsverhältnisse ändern oder aufheben ..."
Durch die genannte Novelle BGBl. Nr. 124/1949 erhielt § 81a folgenden Wortlaut:
"Die Aufsichtsbehörde kann die GESCHÄFTSGRUNDLAGEN für bestimmte Gruppen von Versicherungsverträgen abändern. Abänderungen, die sich auf bestehende oder noch nicht abgewickelte Versicherungsverhältnisse auswirken sollen, werden durch Verordnung angeordnet, die der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates bedarf; solche Abänderungen haben sich darauf zu beschränken, die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung aus dem Versicherungsverhältnis im unbedingt gebotenen Ausmaße wiederherzustellen, wenn diese Gleichwertigkeit zufolge einer Änderung in den für den Versicherungsbetrieb maßgebenden Umständen so weitgehend gestört erscheint, daß entweder den Versicherungsnehmern oder der Versicherungsunternehmung nicht mehr zugemutet werden kann, diese Versicherungen nach den geltenden GESCHÄFTSGRUNDLAGEN aufrechtzuerhalten. Insbesondere können dabei die Versicherungsbedingungen, die Leistungen der Versicherungsunternehmung, das Entgelt oder sonstige Leistungen des Versicherungsnehmers und der Umfang des versicherten Wagnisses abgeändert werden ..."
In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 778 Blg.NR. V.GP., Seite 3, heißt es hiezu unter anderem:
"... An Stelle des bisherigen Ausdruckes 'Geschäftsplan' wurde der auch in § 89 des Versicherungsaufsichtsgesetzes verwendete umfassendere Begriff 'GESCHÄFTSGRUNDLAGEN' gewählt, weil es in manchen Fällen zweifelhaft sein kann, ob einzelne Bestimmungen des Versicherungsvertrages, deren Änderung notwendig werden kann, unter den engeren Begriff 'Geschäftsplan' fallen ... Bei geringfügigen Störungen des Gleichgewichtes kann im allgemeinen angenommen werden, daß es durch Eintritt anderer Umstände in absehbarer Zeit wieder ausgeglichen wird; in solchen Fällen ist ein behördlicher Eingriff weder notwendig noch vertretbar. Wenn aber das Gleichgewicht so weitgehend gestört ist, daß es der Versicherungsunternehmung nicht möglich ist, eine solche Störung mit eigenen Mitteln zu überwinden, dann kann das Gleichgewicht nur durch eine Änderung der GESCHÄFTSGRUNDLAGEN wiederhergestellt werden. Um eine Änderung im Verordnungswege zu rechtfertigen, muß diese Störung jedenfalls so bedeutend sein, daß entweder dem Versicherungsnehmer oder der Versicherungsunternehmung, die ja wirtschaftlich die Gesamtheit der Versicherten darstellt, nicht mehr zugemutet werden kann, bestehende Versicherungsverträge nach den geltenden GESCHÄFTSGRUNDLAGEN aufrechtzuerhalten ..."
Auch daraus erhellt eindeutig, daß unter "Geschäftsgrundlagen" vom Gesetzgeber des Jahres 1949 lediglich die dem individuellen Versicherungsvertragsverhältnis zugrundeliegenden Unterlagen (Verträge, Tarife, Versicherungsbedingungen etc.) verstanden wurden, zumal ja mit dieser Novelle im wesentlichen ein Instrument für den Eingriff in bestehende VERTRÄGE geschaffen werden sollte. Es war daher nur folgerichtig, wenn der Gesetzgeber des Jahres 1978 vom selben Verständnis des Begriffes "Geschäftsgrundlagen" ausging wie jener des Jahres 1949.
Zusammenfassend ist daher zu sagen, daß die von der belangten Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides ausschließlich herangezogene Bestimmung des § 100 Abs. 2 VAG keine Rechtsgrundlage für die getroffene Verfügung darstellen konnte. Ob sie allenfalls auf eine andere Gesetzesstelle hätte gestützt werden können, war nicht zu untersuchen, da eine solche Rechtsgrundlage auch aus der Begründung der angefochtenen Bescheide nicht etwa zweifelsfrei zu erkennen ist (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Slg. 2146/A, vom , Slg. 7051/A, und vom , Slg. 7909/A, sowie vom , ZL. 81/08/0049).
Insbesondere stellt auch die in der Begründung der angefochtenen Bescheide genannte Vorschrift des § 104 Abs. 3 VAG keine solche (unmittelbar anwendbare) Rechtsgrundlage dar, weil in ihr nicht gesagt wird, auf welchem Wege sich die Versicherungsaufsichtsbehörde die Unterlagen für eine Maßnahme im Sinn dieser Gesetzesstelle verschaffen kann.
Dazu kommt, daß die oben wiedergegebene Begründung der angefochtenen Bescheide auch in tatsächlicher Hinsicht so mangelhaft ist, daß eine allfällige Subsumtion des erteilten Auftrages unter eine andere Gesetzesstelle nicht möglich erscheint. Auf die dem angefochtenen Bescheid anhaftenden Begründungsmängel wird weiter unten noch einzugehen sein.
Da die belangte Behörde die Rechtslage im aufgezeigten Sinn verkannte, hat sie ihre Bescheide schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet.
Unzutreffend ist freilich die Rechtsauffassung der Beschwerdeführer, § 104 Abs. 3 VAG in der genannten Fassung (Abs. 4 der Stammfassung) betreffe lediglich vom Tarif abweichende Besserstellungen EINZELNER Versicherungsnehmer, während regionale Tarifdifferenzierungen von dieser Vorschrift keinesfalls erfaßt werden könnten. Dem Gesetzestext ist eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen; aber auch die oben erwähnten Erläuternden Bemerkungen zur Stammfassung des VAG (Seite 70) sprechen lediglich davon, daß ungerechtfertigte Begünstigungsverträge und Sondervergütungen die HAUPTFÄLLE einer solchen Ungleichbehandlung darstellten; im übrigen decke sich der Inhalt der gegenständlichen Bestimmung mit der des § 33 Abs. 3, wonach bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit unter anderem Beiträge und Nachschußzahlungen der Mitglieder bei gleichen Voraussetzungen nur nach gleichen Gesichtspunkten bemessen sein dürfen. Auch dieser zuletzt genannten Bestimmung ist keine Einschränkung in dem von den Beschwerdeführern gewünschten Sinne zu entnehmen.
Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringen die Beschwerdeführer schließlich vor, die Leistungsfrist sei im Sinne des § 59 Abs. 2 AVG 1950 mit vier Wochen zu kurz bemessen. Ob dies zutrifft, kann im gegenwärtigen Verfahrensstadium jedoch weder bejaht noch verneint werden, weil zur Beantwortung dieser Frage jegliches sachliche Substrat fehlt. Denn weder steht - was nicht zuletzt auch eine Folge der unterlassenen Gewährung des rechtlichen Gehörs (dazu weiter unten) ist - fest, welche Zeitspanne von den Beschwerdeführern für die begehrte Vorlage benötigt würde, noch ist überhaupt den angefochtenen Bescheiden auch nur der geringste Hinweis dafür zu entnehmen, um welche Unterlagen es sich hiebei konkret handeln soll; die Spezifikation der von der belangten Behörde gemeinten Unterlagen in der Gegenschrift vermag diesen - auch im Hinblick auf ein allfälliges Vollstreckungsverfahren entscheidenden - Mangel nicht zu sanieren, der eine weitere, von den Beschwerdeführern nicht geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründet.
Zu Unrecht berufen sich die Beschwerdeführer freilich im Zusammenhang mit der ihnen eingeräumten Leistungsfrist darauf, daß nach einer Anfragebeantwortung des die Erarbeitung weiterer Unterlagen mindestens fünf Jahre dauern würde. Zutreffend verweist die belangte Behörde hiezu in ihrer Gegenschrift auf den Umstand, daß es im Beschwerdefall nicht um die Erarbeitung weiterer, sondern lediglich um die Vorlage bereits vorhandener Unterlagen geht.
In ihrer Verfahrensrüge machen die Beschwerdeführer geltend, die angefochtenen Bescheide entsprächen in keinem Punkt der Regelung des § 60 AVG 1950, wonach in der Begründung jedes Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind.
Mit diesem Vorbringen sind die Beschwerdeführer - zumindest im Ergebnis - im Recht.
Insoweit die Beschwerdeführer meinen, daß insbesondere hinsichtlich des von der belangten Behörde auszuübenden Ermessens eine hinreichende Begründung fehle, kann ihnen allerdings nicht gefolgt werden. Richtig ist, daß die Ergreifung von geeigneten Aufsichtsmaßnahmen in das Ermessen der Versicherungsaufsichtsbehörde gestellt ist. Dieses Ermessen hat sich an dem Zweck des Gesetzes im Ganzen zu orientieren, das auf die Wahrung der Belange bzw. Interessen der Versicherten abgestellt ist (vgl. die erwähnten Erläuternden Bemerkungen, Seite 67, weiters Baran, Das Versicherungsaufsichtsgesetz2, Seite 195, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/17/0177).
Gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz erforderlich ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.077/A, sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
In dieser Hinsicht kann der Begründung der angefochtenen Bescheide gerade noch entnommen werden, daß die belangte Behörde im (allfälligen) Vorhandensein ungerechtfertigter regionaler Differenzierungen der Tarife eine Ungleichbehandlung im Sinne des § 104 Abs. 3 VAG erblickt; eine Auffassung, die oben bereits als nicht rechtswidrig erkannt wurde.
Allerdings läßt sich der Begründung der angefochtenen Bescheide im übrigen nur entnehmen, daß solche regionale Tarifunterschiede bestehen, die von der belangten Behörde zum Teil (arg.: " ... keine Rechtfertigung ALLER regionalen Differenzierungen ...") als nicht gerechtfertigt erachtet werden. Worin diese Unterschiede konkret bestehen und in welchem Umfang sie von der belangten Behörde als ungerechtfertigt angesehen werden, ist der Begründung der angefochtenen Bescheide nicht zu entnehmen. Ebensowenig läßt die Begründung erkennen, ob die Verfolgung dieses Zieles die getroffene Maßnahme tatsächlich gegenüber ALLEN Beschwerdeführern in gleicher Weise rechtfertigt oder nicht.
Diese Begründungmängel haben zur Folge, daß die Beschwerdeführer über die von der belangten Behörde getroffenen Erwägungen nicht ausreichend unterrichtet wurden und daß sowohl die Beschwerdeführer an einer zweckmäßigen Verfolgung ihrer Rechte als auch der Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Bescheide auf die Rechtmäßigkeit ihres Inhaltes gehindert sind (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 100 f). Dies müßte zu einer Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG führen, ginge ihr nicht die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor (vgl. Dolp, aaO, Seite 572).
Die Beschwerdeführer machen schließlich auch - an sich zu Recht - Verletzung des Parteiengehörs geltend, ohne jedoch die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten (wenngleich - wie dargelegt - äußerst dürftigen) tatsächlichen Feststellungen zu bekämpfen und ohne darzulegen, was sie vorgebracht hätten, wäre ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden (vgl. Dolp, aaO, Seite 610). Nur hinsichtlich der festgesetzten Leistungsfrist läge daher - wie oben bereits dargelegt - diesbezüglich ein relevanter Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG vor, für den jedoch dasselbe wie oben gilt.
Aus den genannten Gründen waren daher die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auch auf § 52 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Stempelgebühren für die Beschwerde waren den Beschwerdeführern anteilig zuzusprechen.