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VwGH vom 18.06.1993, 90/17/0339

VwGH vom 18.06.1993, 90/17/0339

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des XY-Vereins in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MDR - K 59/89, betreffend Wasserbezugs- und Wasserzählergebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4 - Ref. 6, Wasser-, Abwassergebühren, dem beschwerdeführenden Verein für das Objekt 10, T-Straße XXX, Wassergebühr und Wasserzählergebühr im Gesamtbetrag von S 239.787,-- in folgender Form vor:

"Be- Zahl Ver- Text Ge- Ver- S g

zeichnung der brauch bühr rech-

Tage m3 je nungs-

Kubik- menge

meter m3

-------------------------------------------------------------

I. WASSER-

GEBÜHR

STÄDTISCHES

WASSER 65 2444 10.20 2444 24929 00

STÄDTISCHES

WASSER 320 19358 11.00 19358 212938 00

WZ-GEBÜHR 1920 00

-------------------------------------------------------------

NETTOBETRAG 217988,20 + 10 % USt 21798,80 =

BRUTTOBETRAG 239787 00"

Weiters finden sich dort folgende Angaben:

"Frühere Ablesung Neue Ablesung

--------------------------------------------

Text Wasser- Jahr/Monat/ WZ-Stand Jahr/Monat/ WZ-Stand

zähler Tag m3 Tag m3

------------------------------------------------------------

VZ 871027 0 880504 7144

1008082 880504 7 881115 14665

TAGESDURCHSCHNITT 56.6"

Dagegen erhob der beschwerdeführende Verein eine als "Einspruch" bezeichnete Berufung.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies der Magistrat der Stadt Wien die Berufung gegen den Gebührenbescheid als unbegründet ab. Zur Begründung führte er aus, der Wasserzähler Nr. lllllll, der am in die gegenständliche Abzweigleitung eingebaut worden sei, habe am ausgebaut werden müssen, da er stillgestanden sei. Seine Anzeige sei in der Zeit zwischen der letzten ordentlichen Ablesung am und dem Tag des Ausbaues am nicht als verbindlich anzusehen. Auf Grund der bindenden Vorschrift des § 11 Abs. 4 des Wasserversorgungsgesetzes 1960, LGBl. für Wien Nr. 10 (WVG), sei die Ermittlung des Wasserbezuges in der Zeit vom bis auf der Basis des Verbrauches des Zeitraumes vom bis (37,61 m3 pro Tag) durchzuführen gewesen.

In seinem Vorlageantrag brachte der beschwerdeführende Verein - soweit für vorliegende Entscheidung noch von Bedeutung - im wesentlichen vor, zur Ermittlung des Wasserbezuges für die Zeit zwischen der letzten ordentlichen Hauptablesung am und dem Tag des Ausbaues am könne nicht vom Wasser-JAHRESBEZUG des Zeitraumes vom bis ausgegangen werden, weil dies zu einem völlig unrichtigen und verzerrten, bei Kleingartenanlagen nicht anwendbaren Ergebnis führen würde. In diesem Wasser-Jahresbezug sei auch der Wasserverbrauch in der Hauptsaison 1986 enthalten. Der Wasserbezug hätte sich nach dem Bezug in der gleichen Zeit des Vorjahres auf Grund der genauen Aufzeichnungen des beschwerdeführenden Vereines über die Ablesungen von den plombierten und relativ neuen Subzählern ermitteln lassen. Aber selbst wenn sich der Verbrauch während des gleichen Zeitraumes des Vorjahres nicht feststellen ließe, wäre der Verbrauch nach dem Wasserbezug laut dem neuen Wasserzähler für den gleichen Zeitraum vom bis abzulesen gewesen. Eine kleingärtnerische Nutzung sei in den Wintermonaten nicht möglich, sodaß der Wasserverbrauch während der Zeit von Oktober bis Mai unverhältnismäßig gering sei. Daher könne ein Wasserverbrauch in den Sommermonaten bzw. in der Zeit von Mitte Mai bis Mitte Oktober eines jeden Jahres auch nicht zur Ermittlung des Durchschnittswertes für den Wasserverbrauch vom 27. Oktober eines Jahres bis 4. Mai des folgenden Jahres herangezogen werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid entschied die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien über die Berufung wie folgt:

"Die Magistratsabteilung 4, Referat 6, hat am zu Gebührenkonto 1020065070 einen Bescheid erlassen, mit dem auf Grund des Wasserversorgungsgesetzes 1960, LGBl. für Wien Nr. 10, der Wassergebührenordnung 1987 vom , Pr.Z. 4058, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51, in der maßgebenden Fassung für die Wasserabgabestelle in W, T-Straße xxx, eine Wasserbezugsgebühr von S 24.929,-- für einen Wasserbezug von 2444 m3 in der Zeit vom bis , eine Wasserbezugsgebühr von S 212.938,-- für einen Wasserbezug von 19358 m3 in der Zeit vom bis , eine Wasserzählergebühr von S 1.920,-- festgesetzt wurden sowie ein Abrechnungsbetrag von S 86.903,-- und am , , und fällige Teilzahlungsbeträge von S 57.292,-- vorgeschrieben wurden.

Über die dagegen vom XY-Vereins, vertreten durch Herrn Dr. A, Rechtsanwalt, fristgerecht eingebrachte Berufung hat die Abgabenberufungskommission in ihrer Sitzung vom 1990-06-13 entschieden wie folgt:

Gemäß § 224 Abs. 2 der Wiener Abgabenordnung - WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, wird die Berufung als unbegründet abgewiesen."

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, der beschwerdeführende Verein bestreite nicht, daß der Wasserzähler Nr. LLLLLLL stillgestanden sei, obwohl ein Verbrauch vorgelegen habe. Somit stehe fest, daß die Anzeige dieses Wasserzählers nicht verbindlich sei; seine Daten könnten daher für die Berechnung der Wasserbezugsgebühr im Zeitraum vom bis nicht herangezogen werden. Nach den unwiderlegten Ausführungen im Abgabenbescheid erster Instanz habe der Tagesdurchschnittsverbrauch im Vorzeitraum 37,61 m3 betragen. Unter Zugrundelegung dieses Tagesdurchschnittsverbrauches ergäben sich die im erstinstanzlichen Bescheid ausgewiesenen Gebührenbeträge. Den Worten "Wasserbezug nach dem Bezug in der gleichen Zeit des Vorjahres" im § 11 Abs. 4 WVG dürfe nicht die Bedeutung unterstellt werden, daß in diesem Fall der Wasserzähler genau zu jenen Zeitpunkten abgelesen worden sein müsse, die dem Anfang und dem Ende des Bemessungszeitraumes nach dieser Gesetzesstelle entsprächen. Eine solche Auslegung würde die Vorschrift unanwendbar machen, da bei einer solchen Annahme die Abgabenbehörde "gleichsam prophetisch" den Eintritt der mangelhaften Anzeige des Wasserzählers vorhersehen müßte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach seinem Vorbringen erachtet sich der beschwerdeführende Verein in seinem Recht "auf gesetzmäßige Vorschreibung der Wassergebühren in unserer Kleingartenanlage in W, T-Straße xxx, verletzt". Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 11 Abs. 1 erster Satz WVG wird das Wasser grundsätzlich über einen von der Stadt Wien beigestellten Wasserzähler abgegeben, nach dessen Angaben die bezogene Wassermenge ermittelt wird. Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle wird der Wasserbezug, wenn kein Wasserzähler eingebaut ist oder der Wasserzähler insoweit unrichtig zeigt, als er die Fehlergrenze von 5 v.H. auf oder ab überschreitet oder ganz stillsteht, nach dem Bezug in der gleichen Zeit des Vorjahres oder, falls dieser nicht feststellbar ist, nach den Angaben des neuen Wasserzählers ermittelt.

Gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. sind vom Wasserabnehmer für das abgegebene Wasser Wasserbezugsgebühren und für die Beistellung und laufende Instandhaltung der Wasserzähler Wasserzählergebühren zu entrichten.

Der belangten Behörde ist zwar beizupflichten, wenn sie in ihrer Gegenschrift darauf verweist, daß der Wasserbezug im Zeitraum vom bis nicht auf Grund der Subzähler der einzelnen Kleingärtner ermittelt werden konnte. Nach der oben zitierten Vorschrift des § 11 Abs. 1 erster Satz WVG wird nämlich die bezogene Wassermenge nach den Angaben des VON DER STADT WIEN BEIGESTELLTEN WASSERZÄHLERS ermittelt (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 84/17/0070, und vom , Zl. 87/17/0224).

Der beschwerdeführende Verein ist jedoch im Recht, wenn er darauf beharrt, daß der Wasserverbrauch für den Zeitraum vom bis zum nicht auf Grund des Durchschnittsverbrauches im Zeitraum vom bis zum ermittelt werden durfte. Die Worte "... in der gleichen Zeit des Vorjahres ..." im § 11 Abs. 4 leg. cit. lassen keineswegs die Auslegung zu, daß anstatt eines Zeitraumes von rund 6 Monaten der Durchschnitt eines mehr als doppelt so langen Zeitraumes zur Ermittlung des Verbrauches herangezogen werden dürfte; dies umso weniger, als es keiner näheren Begründung bedarf, daß der Wasserverbrauch in einer Kleingartenanlage nach den Erfahrungen des täglichen Lebens während der Sommermonate ungleich höher ist als in den Wintermonaten. Gewiß kann nicht verlangt werden, daß in den Fällen des § 11 Abs. 4 WVG der Wasserzähler genau zu jenen Zeitpunkten abgelesen worden sein mußte, die dem Anfang und dem Ende des Bemessungszeitraumes nach § 11 Abs. 4 leg. cit. entsprechen. Immer muß es sich jedoch um einen VERGLEICHBAREN Zeitraum handeln.

War der belangten Behörde eine Feststellung in diesem Sinne nicht möglich, wäre sie verpflichtet gewesen, nach dem letzten Halbsatz der mehrfach zitierten Gesetzesstelle den Wasserbezug nach den Angaben des neuen Wasserzählers zu ermitteln, wobei es diesfalls ohne Schwierigkeiten möglich gewesen wäre, den "gleichen" wie den hier strittigen Zeitraum (dh. also vom bis ) heranzuziehen.

Da die belangte Behörde die Rechtslage im aufgezeigten Sinn verkannte, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Inhaltlich rechtswidrig ist der angefochtene Bescheid aber auch aus einem weiteren, vom beschwerdeführenden Verein nicht geltend gemachten Grund.

Gemäß § 146 Abs. 2 WAO haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit UND DIE GRUNDLAGEN DER ABGABENFESTSETZUNG (BEMESSUNGSGRUNDLAGEN) zu enthalten. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes gehört zu den Bemessungsgrundlagen notwendigerweise auch der Zeitraum, für den die jeweiligen Abgaben vorgeschrieben werden. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom , Zl. 88/13/0224, zum Ausdruck gebracht, im damals entschiedenen Beschwerdefall bringe der jeweilige Spruch der angefochtenen Bescheide durch Bezeichnung der Abgabenart UND DES ERHEBUNGSZEITRAUMES zweifelsfrei zum Ausdruck, über welche mit Berufung bekämpfte Abgabenansprüche entschieden worden sei. Anders etwa als im Falle des - gleichfalls im Akt erliegenden - Abgabenbescheides vom läßt jedoch der hier relevante, von der belangten Behörde durch Abweisung der Berufung inhaltlich übernommene Abgabenbescheid erster Instanz nicht mit hinlänglicher Deutlichkeit erkennen, auf welchen Abgabenzeitraum er sich bezieht. Erst aus dem erwähnten Abgabenbescheid vom läßt sich ersehen, daß der Magistrat der Stadt Wien offenbar die Tage von der früheren Ablesung (dort ) bis Jahresende (das waren dort 46 Tage) sowie vom 1. Jänner des Folgejahres bis zur letzten Ablesung (dort dem , das waren 262 Tage), ihrer Abgabenbemessung betreffend die Wasserbezugsgebühr zugrunde zu legen pflegt. Es kann jedoch dem Abgabepflichtigen nicht zugemutet werden, solche nicht offengelegte Berechnungsmethoden mit Hilfe scharfsinniger Denkoperationen nachzuvollziehen, wozu noch kommt, daß im Fall des Abgabenbescheides vom DREI Ablesedaten genannt sind. Daß der Bescheid eines Folgejahres nicht zur Auslegung eines früheren Bescheides herangezogen werden kann, bedarf schließlich keiner näheren Begründung.

Dieser dem Spruch des Abgabenbescheides erster Instanz anhaftende Mangel wurde auch nicht etwa dadurch saniert, daß die belangte Behörde - wie oben dargestellt - in der Einleitung ihres Bescheides in narrativer Form den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides so wiedergab, wie sie ihn zu verstehen glaubte. Tatsächlich war diese Wiedergabe unrichtig, weil, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides den Abgabenzeitraum NICHT enthielt. Die Annahme, daß der genannte Mangel des erstinstanzlichen Bescheides durch Aufnahme der Bemessungszeiträume in dem Berufungsbescheid saniert worden wäre, scheitert schon daran, daß nach der streng formal auszulegenden Vorschrift des § 146 Abs. 2 WAO die Bemessungsgrundlagen IM SPRUCH des Bescheides enthalten sein müssen, die Einleitung des angefochtenen Bescheides jedoch nach seinem Gesamtbild nicht zum Spruch gerechnet werden kann. Dies ergibt sich insbesondere daraus, daß im angefochtenen Bescheid erst NACH der vermeintlichen Wiedergabe des erstinstanzlichen Spruches die Worte folgen: "Über die dagegen ... fristgerecht eingebrachte Berufung hat die Abgabenberufungskommission ... entschieden wie folgt:" Es ist daher nicht möglich, die VOR diesen Worten aufscheinenden Ausführungen zu diesem NACHFOLGENDEN, eigentlichen normativen Spruchinhalt zu rechnen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.