VwGH vom 19.11.1998, 96/15/0058
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde der D Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer, Dr. Andreas Peyrer-Heimstätt und Dr. Leonhard Romig, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Mahlerstraße 7, gegen den Bescheid der Gemeinde Wien (Abgabenberufungskommission) vom , Zl. MD-VfR - D 19/95, betreffend Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Gemeinde Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin bietet den Hotelgästen in diversen Wiener Hotels die Möglichkeit, über eine zentrale Anlage auf den in den Hotelzimmern vorhandenen Fernsehgeräten Videofilme gegen Entgelt anzusehen.
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob diese entgeltliche Einspielung von Videofilmen der Vergnügungssteuer nach dem Wiener Vergnügungssteuergesetz 1987 - VGSG, LGBl. Nr. 43/1987, unterliegt.
Die belangte Behörde bejahte dies im wesentlichen mit der Begründung, die Vorführung von Filmen (auch z.B. Videofilmen) unterliege dem Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Z. 1 VGSG und es könne der Ansicht der Beschwerdeführerin, wonach die Vorführung von Videofilmen nur dann steuerpflichtig sei, wenn die Breite des projizierten Bildes mehr als 5 m betrage, nicht nachvollzogen werden. Ebenso könne dem von der Beschwerdeführerin herangezogenen Vergleich der gegenständlichen Videofilmvorführungen mit dem Kabelfernsehen nicht nähergetreten werden. Eine Aufführung sei auch dann öffentlich, wenn der Zutritt im wesentlichen jedermann freistehe bzw. der bestimmte oder bestimmbare Teilnehmerkreis nicht durch solche Beziehungen verbunden sei, die seine Zusammenkunft als eine solche der Privatsphäre erscheinen lasse. Die räumliche Gemeinsamkeit der Personen, denen Werke vorgeführt werden, sei nicht entscheidend. Es komme auch nicht darauf an, daß die Werkvermittlung gleichzeitig stattfinde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen des Wiener
Vergnügungssteuergesetzes 1987 lauten:
"§ 1. (1) Folgende im Gebiet der Stadt Wien veranstaltete
Vergnügungen unterliegen einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes:
1. Vorführung von Filmen (auch z.B. Videofilmen) und Projektionen durch Fernsehempfangsanlagen (§ 4);
...
§ 4. (1) Die Steuer beträgt 20 vH des Entgeltes, wenn Filme vorgeführt werden, in denen in mehr als 10 vH des Filmes sexuelle Handlungen dargestellt werden. Die Pauschsteuer nach § 3 ist mit dem Zweifachen des dort angeführten Satzes zu entrichten.
(2) In allen anderen Fällen beträgt die Steuer 10 vH des Entgeltes und die Pauschsteuer nach § 3 die Hälfte des dort angeführten Satzes.
...
(Die folgenden Abs. 3 bis 5 behandeln die Höhe des Vergnügungssteuer bei bestimmten Filmvorführungen.)
...
(6) Die Abs. 1 bis 5 gelten auch für Projektionen durch Fernsehempfangsanlagen, wenn die Breite der projizierten Bilder mehr als 5 m beträgt, sowie für auf anderen Materialien als herkömmlichen Kinofilmen aufgezeichnete Filme, z.B. Videofilme."
Die Beschwerdeführerin vertritt im wesentlichen die Ansicht, das im § 4 Abs. 6 leg. cit. genannte Erfordernis einer Breite der projizierten Bilder von mehr als 5 m gelte auch für die im letzten Halbsatz dieser Bestimmung genannten "auf anderen Materialien als herkömmlichen Kinofilmen aufgezeichnete Filme, z.B. Videofilme".
Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.
Bereits § 1 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. unterscheidet zwischen der Vorführung von Filmen und einer Projektion durch Fernsehempfangsanlagen. Das Vorführen von Videofilmen wird durch den Klammerausdruck "auch z.B. Videofilmen" eindeutig der Vorführung von Filmen gleichgestellt. Eine Projektion durch Fernsehempfangsanlagen unterscheidet sich schon dadurch erheblich von der Vorführung von Filmen oder Videofilmen, daß auf diese Weise lediglich das ausgestrahlte Fernsehprogramm auf einen größeren Bildschirm als den eines normalen Fernsehgerätes übertragen wird. Erst dadurch wird es praktisch möglich, das Fernsehprogramm mittels eines einzigen Empfängers einer größeren Zahl von Personen vorführen zu können. Die in § 4 Abs. 6 leg. cit. enthaltene Einschränkung der Vergnügungssteuerpflicht auf die Fälle einer Projektion des Fernsehprogrammes auf einen mehr als 5 m breiten Bildschirm dient offensichtlich dazu, das dieser Vergnügungssteuerpflicht unterliegende Vorführen von Fernsehprogrammen vom sonst üblichen Betrachten des Fernsehbildes auf einem Fernsehgerät oder einer kleinen Projektionswand zu unterscheiden. Eine Vorführung des Fernsehprogrammes für einen größeren Personenkreis ist - wie dargestellt - erst dann möglich, wenn das Fernsehbild in einer gewissen Größe gezeigt wird; dann stellt sich die Betrachtung eines Fernsehprogrammes ähnlich einer Kinovorführung dar und soll demgemäß auch der Vergnügungssteuerpflicht unterliegen.
Davon unterschiedlich ist das Vorführen von Videofilmen zu beurteilen, welche sich lediglich im Trägermaterial von Kinofilmen unterscheiden, denn anders als im Fall einer Projektion durch Fernsehempfangsanlagen kann bei der Vorführung von Videofilmen nicht nur das laufende Fernsehprogramm gezeigt werden. Weder eine sprachliche ("Die Abs. 1 bis 5 gelten ... sowie für auf anderen Materialien als herkömmlichen Kinofilmen aufgezeichnete Filme, z.B. Videofilme") noch eine am Normzweck orientierte Auslegung vermag somit die Ansicht zu stützen, daß die Vorführung von Videofilmen die in § 4 Abs. 6 leg. cit. genannte Breite der projizierten Bilder verlangt. Mit dem letzten Halbsatz der zitierten Bestimmung sollen lediglich Videofilme den Kinofilmen gleichgestellt werden.
Demgemäß verbleibt für die Bejahung oder Verneinung einer Vergnügungssteuerpflicht die Beantwortung der Frage, ob die von der Beschwerdeführerin getätigte Vorgangsweise eine "Vorführung von Videofilmen" im Sinn des § 1 Abs. 1 Z. 1 und des § 4 Abs. 6 leg. cit. darstellt. Bereits im Erkenntnis vom , Zl. 89/15/0080, legte der Verwaltungsgerichtshof dar, daß eine öffentliche Aufführung ("Vorführung" nach der Begriffsbildung des Urheberrechts) dann gegeben ist, wenn der Zutritt im wesentlichen jedermann freisteht, die Aufführung also nicht von vornherein auf einen in sich geschlossenen, nach außen begrenzten Kreis von Teilnehmern abgestimmt ist, aber auch dann, wenn die Veranstaltung zwar nicht allgemein zugänglich, der bestimmte oder bestimmbare Teilnehmerkreis aber nicht durch solche Beziehungen verbunden ist, die seine Zusammenkunft als eine solche der Privatsphäre erscheinen lassen. Letzteres trifft dort zu, wo der Kreis der Teilnehmer durch ein persönliches Band verbunden und durch wechselseitige Beziehungen untereinander oder zum Veranstalter nach außen abgegrenzt ist. Die räumliche Gemeinsamkeit der Personen, denen Werke vorgeführt werden, ist nicht entscheidend, weil es darauf ankommt, daß der Öffentlichkeit ein Werk zugänglich gemacht wird, und nicht auf das Zugänglichmachen des gemeinsamen Raumes, wo es gehört und gesehen werden kann. Es kommt auch nicht darauf an, daß die Werkvermittlung gleichzeitig stattfindet, sofern moderne technische Speicherungs- und Übertragungssysteme mit Hilfe eines Vervielfältigungsstückes die sukzessive Erfassung eines solchen Personenkreises ermöglichen. Nach dieser auch vom Obersten Gerichtshof (Beschluß vom , JBl 1986, 655 "Hotel-Video"; Beschluß vom , WBl 1987, 127 "Sex-Shop") vertretenen Ansicht stellt das hier zur Beurteilung stehende Anbieten von Videofilmen in den Zimmern diverser Hotels in eindeutiger Weise ein "Vorführen " dieser Videofilme dar.
Die Beschwerde vermag somit eine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit nicht aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am