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VwGH vom 18.02.1999, 96/15/0050

VwGH vom 18.02.1999, 96/15/0050

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger, Dr. Jörg Herzog, Dr. Michael Nierhaus, Dr. Ralph Forcher, Dr. Christian Riesemann und Mag. Dr. Georg Eisenberger, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom , Zl. B 11-3a/94, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1985 bis 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Baustoffhändler und verrichtet im Rahmen seines Unternehmens auch Fassadenputz- und Wärmeschutzarbeiten. Infolge von Anzeigen über "Schwarzverkäufe bzw. -arbeiten" und von Streitigkeiten des Beschwerdeführers mit seinen Arbeitnehmern über angeblich vorenthaltenen Lohn wurde eine abgabenbehördliche Prüfung vorgenommen. Nach Abschluß der Prüfung wurden die gegenständlichen Abgabenverfahren wiederaufgenommen und es erließ das Finanzamt geänderte Bescheide über Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1985 bis 1990, in denen es den erklärten Betriebsergebnissen Sicherheitszuschläge in Höhe von jeweils netto S 250.000,--, S 350.000,--, S 450.000,-- (2x), S 400.000,-- und S 300.000,-- hinzurechnete.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nur in einem geringen Umfang statt und bestätigte im wesentlichen den erstinstanzlichen Bescheid mit der Begründung, die Anwendung eines Sicherheitszuschlages gehöre zu den Elementen der Schätzung, die auf der mit Denkgesetzen in Einklang stehenden Annahme beruhe, daß bei mangelhaften, unvollständigen Aufzeichnungen nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch noch weitere Vorgänge der gleichen Art nicht aufgezeichnet worden seien. Die Höhe des Sicherheitszuschlages hänge davon ab, in welchem Ausmaß sich diese Annahme im konkreten Fall aufrecht erhalten lasse. Die stichprobenweise Überprüfung der Geschäftsunterlagen im Prüfungszeitraum habe ergeben, daß für das Jahr 1985 Kaufverträge bzw. Fakturen in fünf Fällen nicht vorgelegt worden seien, wobei der bezahlte Rechnungsbetrag in vier Fällen nicht mehr feststellbar gewesen sei. Für 1986 fehlte in drei von vier überprüften Fällen der jeweilige Kaufvertrag; die Überprüfung von vier Rechnungen des Jahres 1987 habe eine Mehrerlösdifferenz in Höhe von S 89.600,--, und von drei Fällen im Jahr 1988 eine solche von S 45.000,-- ergeben. Für 1989 habe der Prüfer bei fünf Überprüfungen in drei Fällen Mehrerlöse in Höhe von S 68.500,-- festgestellt und im Jahr 1990 in fünf von insgesamt acht überprüften Fällen Mehrerlöse von zusammen S 174.639,--. Die Erlöskürzungen wiesen überwiegend mehr als 30 und 40 % auf, in Einzelfällen sogar mehr als 50 % und nur in einem Fall sei eine Erlösdifferenz von (nur) rund 10 % festgestellt worden. Aus den Stichprobenüberprüfungen von jeweils drei bis fünf Fällen im Zeitraum 1985 bis 1989 bzw. von acht Fällen im Jahr 1990 könne nicht darauf geschlossen werden, daß der Prüfer damit bereits alle Unrichtigkeiten bei den erklärten Erlösen für den gesamten Prüfungszeitraum aufzudecken vermocht habe, sondern es sei unter Bedachtnahme auf die unterlaufene Fehlerkontinuität vielmehr davon auszugehen, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit noch weitere unentdeckte Erlöskürzungen stattgefunden hätten. Diesen sei mittels Verhängung eines Sicherheitszuschlages Rechnung getragen worden.

Vom Beschwerdeführer seien bereits in den Jahren 1979 bis 1982 Umsatzrenditen von rund 69 %, 59 %, 38 % und 27 % erwirtschaftet worden und eine Gegenüberstellung der berichtigten Gewinne nach Abzug der Umsatzsteuer und Gewerbesteuer zu den berichtigten Nettoumsätzen 1985 bis 1990 ergebe Umsatzrenditen von 34,90 %, 24,18 %, 27,38 %, 25,18 %, 24,70 % und 18,45 %. Der Sicherheitszuschlag bestehe nicht in der Zurechnung der Beträge, die den festgestellten nicht verbuchten Vorgängen entsprächen, sondern in der Zurechnung eines zusätzlichen Betrages, der die vermuteten weiteren nicht konkret feststellbaren unterlassenen Buchungen bzw. Nichteintragungen zu berücksichtigen habe. Zu den zu berücksichtigenden Umständen gehöre nach der Aktenlage, daß der Beschwerdeführer nicht nur Materiallieferungen an Errichter von Einfamilienhäusern getätigt, sondern im Rahmen daran anknüpfender Zweitaufträge auch Arbeitsleistungen (Fassadenputz- und Wärmeschutzarbeiten) erbracht habe. Über deren Umfang und vollständige Verzeichnung bestünden mit Recht gewichtige Zweifel, weil nach den Feststellungen der Betriebsprüfung für die Auftragsannahme zwei Arten von Auftragsformularen ("Kaufvertrag Nr. ..." und "Auftrag Nr. ...") verwendet worden seien, wobei die au f

dem Zweitformular angebrachten Vermerke wie "Material m. Rechnung", "Arbeit o. Rechnung" oder "Material m.R.", "Arbeit o.R." zeigten, daß es für die Geschäftspraxis des Beschwerdeführers durchaus üblich gewesen sei, Arbeitsleistungen ohne Rechnungslegung zu erbringen. Der Umstand, daß vom Beschwerdeführer von insgesamt 46 fehlenden Rechnungen nur vier vorgelegt worden seien, lasse völlig offen, in welcher Höhe Erlöse nach grundsätzlich ausgestellten, aber nicht mehr vorhandenen Rechnungen unerfaßt geblieben seien. Für den Beschwerdeführer seien neun Personen gleichzeitig oder aufeinanderfolgend ohne entsprechende Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse tätig gewesen. Den erklärten Erlösen hafte daher eine Unsicherheit an, die eine Verhängung von Sicherheitszuschlägen ohne Bedachtnahme auf die dargetanen Zweifel als realitätsfremd erscheinen ließe. Dabei sei auch zu bedenken, daß ein Steuerpflichtiger, der ihm bereits nachgewiesene Erlöskürzungen noch beharrlich bestreite, mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit eine größere Fehlerhäufigkeit aus nicht aufgedeckten Geschäften zu vertreten habe als jene Fehlerhäufigkeit, zu der er sich aus freien Stücken bekenne.

Im weiteren begründete die belangte Behörde die Höhe der Sicherheitszuschläge für die einzelnen streitgegenständlichen Jahre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann.

Nach Abs. 2 der genannten Bestimmung ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Zu schätzen ist gemäß § 184 Abs. 3 BAO ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt, oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 93/14/0173) ist eine Schätzung mit Hilfe eines Sicherheitszuschlages eine Methode, die der korrigierenden Ergänzung der Besteuerungsgrundlagen, von denen anzunehmen ist, daß sie zu niedrig ausgewiesen wurden, dient. In Fällen, in denen nähere Anhaltspunkte für eine gebotene Schätzung nicht zu gewinnen sind, kann die griffweise Zuschätzung von Sicherheitszuschlägen in Betracht kommen. Solche Sicherheitszuschläge können sich beispielsweise an den Gesamteinnahmen, an den Einnahmenverkürzungen oder auch an den Umsätzen orientieren.

Der Beschwerdeführer bekämpft die Vorgangsweise der belangten Behörde betreffend das Jahr 1985 mit dem Vorbringen, seine Umsätze seien erst im Jahr 1986 deutlich gestiegen und ein Sicherheitszuschlag für 1985 in Höhe von S 250.000,-- (50 %) sei vollkommen unbegründet. Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil - von der Beschwerde unbestritten - in keinem der fünf im Jahr 1985 überprüften Fälle eine Rechnung vorgelegt werden konnte und der Beschwerdeführer in 80 % der Fälle auch Arbeitsleistungen erbracht hat. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände dieses Falles kann daher selbst ein Sicherheitszuschlag von 50 % nicht als rechtswidrig angesehen werden.

Soweit der Beschwerdeführer auch die Sicherheitszuschläge für die Folgejahre als zu hoch wertet und darauf verweist, daß die von ihm erzielten Umsatzrenditen in den Jahren ab 1985 niedriger gewesen seien als vorher, ist ihm zu entgegnen, daß dieser Hinweis für sich allein kein Argument gegen die Höhe der Sicherheitszuschläge darstellt.

Mit dem Vorbringen, die Differenz zwischen den von ihm nicht einbekannten Erlösen und den einbekannten Erlösen betrage (nur) 15 %, verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage, weil - wie die belangte Behörde zutreffend anführt - der Sicherheitszuschlag den Zweck hat, weitere unentdeckte, im vorliegenden Fall jedoch zu vermutende Falschangaben über Erlöse zu berichtigen.

Letztlich bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe die Ausgabenseite nicht gehörig berücksichtigt, und verweist auf Lohnkosten sowie Krankenkassenbeiträge. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß sehr wohl auch entsprechende Ausgaben hinzugeschätzt wurden, wie dies aus dem Inhalt der Verwaltungsakten (OZl. 61/13 und 61/21 verso) hervorgeht. Der Beschwerdeführer zeigt keine Umstände auf, die für eine Unrichtigkeit der vorgenommenen Ausgabenschätzung sprächen.

Insgesamt vermag der Beschwerdeführer somit keine Umstände aufzuzeigen, die darauf schließen ließen, daß die griffweise und sich dementsprechend einer detaillierten Begründung entziehenden Zuschätzungen in der vorliegenden Größenordnung im Beschwerdefall unsachlich wären.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am