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VwGH vom 25.06.1998, 96/15/0041

VwGH vom 25.06.1998, 96/15/0041

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des G P in G, vertreten durch

Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, Roseggerkai 3/6/11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat I), vom , Zl. B P3-6/95, betreffend Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom wurde der Beschwerdeführer - ein Handelsvertreter - schuldig erkannt, er habe in Graz vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht einerseits durch zu hohe Angaben von Vorsteuern eine Verkürzung der Umsatzsteuer für 1989 um 119.743 S, andererseits durch Nichterklärung von Einnahmen und zu hohe Angaben von Vorsteuern und Ausgaben Umsatzsteuer für 1990 um 117.947 S, Einkommensteuer für 1989 um 150.632 S, für 1990 um 111.630 S und für 1991 um 28.812 S sowie Gewerbesteuer für 1989 um

76.457 S, für 1990 um 48.971 S und für 1991 um 12.062 S verkürzt. Weiters habe er unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen nach § 21 UStG 1972 eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für Jänner bis Dezember 1992 in Höhe von 69.527 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten. Er habe hiedurch die Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG und nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen. Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG werde über ihn unter Bedachtnahme auf § 41 Abs. 1 FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von 800.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Monate) und eine Freiheitsstrafe von einem Monat verhängt.

Der Beschwerdeführer berief und beantragte, die Strafe herabzusetzen bzw. den Ausspruch über die Strafe aufzuheben. Vorverurteilungen, auf welche sich der Spruchsenat bezogen habe, lägen 20 bzw. 12 Jahre zurück. Es sei die Bestimmung des § 186 FinStrG betreffend die Tilgung von Bestrafungen nicht beachtet worden. Es sei zu Unrecht angenommen worden, daß die Voraussetzungen der Strafverschärfung bei Rückfall

iSd § 41 FinStrG vorlägen. Bei Berücksichtigung dieser Umstände sowie der Lebensverhältnisse, der Einkommens- und Vermögenverhältnisse des Beschwerdeführers hätte eine mildere Strafe verhängt werden müssen.

Die belangte Behörde gab der Berufung teilweise Folge, indem sie die Geldstrafe auf 500.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Wochen) und die Freiheitsstrafe auf zwei Wochen herabsetzte. Abgesehen von einer als getilgt anzusehenden Bestrafung aus dem Jahr 1975 sei der Beschwerdeführer bereits zweimal rechtskräftig wegen Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG bestraft worden (Erkenntnis des Finanzamtes Graz-Stadt vom und Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom ). Die Bestrafung vom sei nicht getilgt, weil die Strafe am vollzogen worden sei und mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz eine neuerliche Verurteilung vor Ablauf der fünfjährigen Tilgungsfrist erfolgt sei. Für die Strafverschärfung bei Rückfall nach § 41 FinStrG müsse der Täter die Strafen aber zumindest teilweise vor der Anlaßtat verbüßt haben. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Abgabenhinterziehung sei mit Erlassung des Abgabenbescheides für 1991 am bewirkt worden. Da der Beschwerdeführer die Ersatzfreiheitstrafe für die gerichtliche Verurteilung im Zeitraum vom 29. September bis zum verbüßt habe, seien die Voraussetzungen der Strafschärfung nach § 41 FinStrG nicht erfüllt. Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG werde die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet. Der Verkürzungsbetrag liege im gegenständlichen Fall bei

735.781 S. Die Strafbemessung sei eine Ermessensentscheidung. Der Beschwerdeführer sei in keiner Lage des Verfahrens schuldeinsichtig gewesen. Er bestreite seinen Lebensunterhalt seit nunmehr beinahe 20 Jahren durch Steuerhinterziehung. Er erwarte sich nun eine lebenslange Pension, die ihm die österreichischen Staatsbürger finanzieren müssen, sei aber selber nie bereit gewesen, die Abgaben dem Gesetz entsprechend abzuführen. Unter Außerachtlassung des § 41 FinStrG halte die belangte Behörde eine Geldstrafe von 500.000 S für angemessen. Dabei seien erschwerend zwei Vorstrafen berücksichtigt worden. Selbst unter Bedachtnahme auf die schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnisse würde eine weitere Herabsetzung der Geldstrafe keine ausreichende Sanktion der wiederholten, mit direktem Vorsatz begangenen Abgabenhinterziehung darstellen und der erforderlichen Spürbarkeit entbehren. Gemäß §§ 33 Abs. 5 iVm 15 Abs. 2 FinStrG sei auf eine Freiheitsstrafe nur zu erkennen, wenn es ihrer bedürfe, um den Täter von weiteren Finanzvergehen abzuhalten oder der Begehung durch andere entgegenzuwirken. Da der Beschwerdeführer trotz mehrerer Verurteilungen nicht bereit gewesen sei, seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, könne der spezialpräventive Erfolg bei ihm durch die Verhängung einer Geldstrafe allein nicht erreicht werden. Aufgrund des beharrlichen Verhaltens des Beschwerdeführers (Nichtführung von Aufzeichnungen, Nichterklärung von Einnahmen, Nichtabfuhr von Umsatzsteuer) und der Schuld und der Täterpersönlichkeit sei die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe erforderlich, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Finanzvergehen abzuhalten. Darüberhinaus sei bei der letzten gerichtlichen Verurteilung nur deshalb von der Verhängung einer Freiheitsstrafe abgesehen worden, weil aufgrund des reumütigen Geständnisses ein Wohlverhalten des Beschwerdeführers zu erwarten gewesen sei; diese Erwartung habe sich aber nicht erfüllt. Bei der Strafbemessung seien aber auch generalpräventive Umstände zu berücksichtigen. Das Unterbleiben einer adäquaten Ahndung der jahrelang und wissentlich begangenen Abgabenhinterziehung mit einem sehr hohen Schadensbetrag sei nicht nur geeignet, in der Öffentlichkeit Unverständnis zu erwecken, sondern könne auch einen entsprechend nachteiligen Effekt bei anderen Abgabepflichtigen erwecken. Der Einwand, das Finanzstrafverfahren gelange wegen der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht niemandem zur Kenntnis, sei verfehlt, weil generalpräventive Überlegungen nicht bloß bei bereits gegebener Publizität anzustellen seien. Die Verhängung der Freiheitsstrafe sei aus spezial- und generalpräventiven Gründen unbedingt erforderlich gewesen; dabei habe aber mit einer Strafe von zwei Wochen das Auslangen gefunden werden können.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit die Beschwerde vorbringt, ein Teil der von der Behörde als verkürzt angesehenen Entgelte sei in Wahrheit bloß eine Akontozahlung (auf Vertreterprovisionen) gewesen, Vorauszahlungen seien aber im Geltungsbereich des UStG 1972 nicht umsatzsteuerpflichtig, zeigt sie damit nicht auf, daß für die betreffenden Leistungen die Umsatzsteuerpflicht nicht im hier relevanten Zeitraum entstanden wäre, zumal die Umsatzsteuerpflicht nicht von der zivilrechtlichen Fälligkeit von Forderungen abhängt. Zudem hat der Beschwerdeführer derartige Einwendungen im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht und in seiner Berufung gegen das Straferkenntnis nur die Strafbemessung bekämpft. Hinsichtlich des Schuldausspruches war sohin Teilrechtskraft eingetreten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/13/0021).

Die Strafbemessung rügt der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, er habe im Verwaltungsverfahren eingewendet, daß er kein Einkommen beziehe und ein Pensionsansuchen gestellt habe. Für die Abgabenschuld habe ihm das Finanzamt die Entrichtung in monatlichen Raten von je 3.500 S gestattet. Die verhängte Geldstrafe habe in Anbetracht dieser wirtschaftlichen Situation die Wirkung einer unbedingten Freiheitsstrafe in Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe.

Die Strafbemessung ist eine Ermessensentscheidung, die der Verwaltungsgerichtshof nur dahingehend überprüft, ob die Behörde vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

§ 23 FinStrG lautet auszugsweise:

"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters.

(2) Bei Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Im übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

(3) Bei Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu erkennen.

Gemäß § 15 Abs. 2 FinStrG ist auf eine Freiheitsstrafe nur zu erkennen, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Finanzvergehen abzuhalten oder der Begehung von Finanzvergehen durch andere entgegenzuwirken.

Die belangte Behörde hat bei der Strafzumessung auf die Schuld des Beschwerdeführers, auf seine Vorstrafen, auf das Fehlen von Milderungsgründen sowie auf spezial- und generalpräventive Überlegungen Bedacht genommen, aber auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers berücksichtigt. Daß der Täter nur geringes Einkommen bezieht, steht als solches der Verhängung einer Geldstrafe nicht entgegen (vgl. Leitner, Grundzüge des österreichischen Finanzstrafrechts, 120). Es ist nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde ihr Ermessen bei der Strafzumessung nicht dem Gesetz entsprechend geübt hätte.

In Anbetracht seines Pensionsansuchens und in Anbetracht der Geheimhaltung von Finanzstrafverfahren sei, so bringt dies der Beschwerdeführer weiters vor, die Bestrafung weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen erforderlich gewesen.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß ein Steuerpflichtiger durch die Einbringung eines Pensionsansuchens noch keineswegs von der Hinterziehung von Abgaben abgehalten ist. Auch was die Frage der Generalprävention anlangt, vermag die Beschwerde einen Ermessensfehler der belangten Behörde nicht aufzuzeigen. Der Beschwerdeführer verkennt nämlich, daß generalpräventive Erwägungen keineswegs nur in Fällen bereits vorliegender entsprechender Publizität anzustellen sind, sondern ganz allgemein. Abgesehen vom Informationsstand der an einem Strafverfahren beteiligten Personen wäre nämlich das Unterbleiben einer adäquaten Ahndung des Verhaltens des Beschwerdeführers durchaus geeignet, durch späteres Bekanntwerden einen entsprechend nachteiligen Effekt bei anderen Abgabepflichtigen zu erzeugen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , 93/15/0232).

Soweit der Beschwerdeführer schließlich einwendet, die belangte Behörde hätte eine bedingte Strafnachsicht aussprechen müssen, ist ihm entgegenzuhalten, daß eine solche im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren vom Gesetz nicht vorgesehen ist.

Die Beschwerde zeigt sohin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.