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VwGH vom 21.05.2003, 2002/17/0290

VwGH vom 21.05.2003, 2002/17/0290

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des LS in G, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Schachner, Rechtsanwalt in 3390 Melk, Bahnhofstraße 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. 17.367/188-I/7/02, betreffend Rinderprämien 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem "Mehrfachantrag Tiere 2000" vom beantragte der Beschwerdeführer für 22 Tiere die Mutterkuhprämie und mit dem weiteren Antrag vom für sieben Mutterkühe die Zuteilung von Prämienansprüchen für Mutterkühe aus der nationalen Reserve.

Mit Bescheid vom bewilligte der Vorstand für den Geschäftsbereich (GB) III der Agrarmarkt Austria - AMA dem Beschwerdeführer gemäß Art. 41 der Verordnung (EG) Nr. 2342/99 für das Kalenderjahr 2000 einen 60 %igen Vorschuss auf die Rinderprämien in Höhe von insgesamt EUR 2.431,80. Der Berechnung des Vorschusses wurden eine Futterfläche von 26,90 ha, eine Fördergrenze von 53,80 Großvieheinheiten (GVE) und 22 GVE Mutterkühe zu Grunde gelegt.

Mit Bescheid vom setzte der Vorstand für den GB III der AMA die individuelle Höchstgrenze für die Gewährung der Mutterkuhprämie (Quote) ab dem Jahr 2000 mit 22 Stück fest.

Am fand im Betrieb des Beschwerdeführers eine Vor-Ort-Kontrolle statt. In seinem Prüfbericht hielt der Prüfer fest, von den 22 beantragten Tieren seien zwischen Antragstellung und Vor-Ort-Kontrolle zwei Tiere verendet. Am Betrieb des Beschwerdeführers gebe es seit eine Veterinärsperre. Von den laut Registerauszug insgesamt 37 Tieren des Betriebes seien 36 Tiere vorgefunden worden und ein Tier sei zum Zeitpunkt der Kontrolle unauffindbar geblieben (die Rinder könnten sich am gesamten landwirtschaftlichen Betrieb frei bewegen). Bei 26 Tieren hätten die Prüfer die Ohrmarkennummern ablesen können. Bei 10 Tieren hätten die Ohrmarken gefehlt. Die Tiere hätten zur Identitätsfeststellung nicht angebunden werden können. Bei den 10 Tieren, bei denen die Ohrmarken gefehlt hätten, sei ersichtlich gewesen, dass diese Ohrmarken gehabt hätten. Laut Auskunft des Beschwerdeführers habe dieser bereits vor der Vor-Ort-Kontrolle erhoben, dass bei 5 Tieren die Ohrmarken gefehlt hätten. Der Beschwerdeführer habe bereits mit der Bezirksbauernkammer Kontakt bezüglich der Ohrmarken aufgenommen. Bei insgesamt 11 mit den Ohrmarkennummern näher beschriebenen Tieren, sei die Kennzeichnung daher nicht korrekt gewesen. Die Ohrmarken seien seit längerer Zeit ausgerissen und würden vom Landwirt nachbestellt und eingezogen werden. Laut Auskunft des Beschwerdeführers seien die Ohrmarken erst in letzter Zeit ausgerissen (ganzjährige Freilandhaltung); der Beschwerdeführer stelle die Qualität der Ohrmarken in Frage. Die Tiere verlören die Ohrmarken ohne fremde Einwirkung.

In seinem Prüfbericht (Beanstandungsverzeichnis) hielt der Prüfer ferner fest, dass 11 Tiere keine Ohrmarken gehabt hätten und die Identität "klar" sei.

Anlässlich einer weiteren Kontrolle am stellten die Prüfer in ihrem Prüfbericht fest, es hätten bei allen Tieren die Ohrmarkennummern abgelesen werden können und die Kennzeichnung sei in Ordnung.

Mit Bescheid vom "bewilligte" der Vorstand für den GB III der AMA auf Grund der Anträge des Beschwerdeführers für das Kalenderjahr 2000 Rinderprämien (Endabrechnung) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 in der Höhe von EUR 0,00.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er betreibe seit 1979 Mutterkuhhaltung. Die Mutterkühe würden samt Kälbern während des ganzen Jahres in Freiland gehalten. Die Tiere könnten sich auf einer Fläche von 26,9 ha bewegen und zusätzlich stünden auch 3 ha an Waldweide zur Verfügung. Diese Art der Haltung sei auch im Rahmen der Biokontrolle als eine sehr artgerechte und tierfreundliche Halteform mit einer "TGI" von 29 Punkten bewertet worden. Mit dieser Art der Tierhaltung sei aber verbunden, dass die Tiere häufig die Ohrmarken verlören (abstreiften). Die Ohrmarken seien für dauernde Freilandhaltung absolut nicht geeignet und entsprächen qualitativ nicht. Da die Tiere die Anbindung nicht gewohnt seien, sei eine laufende Kontrolle und ein permanentes Nachziehen der Ohrmarken sehr schwer möglich. In regelmäßigen Abständen werde die Tierkennzeichnung vom Beschwerdeführer überprüft und fehlende Ohrmarken würden ergänzt. Dieser Umstand sei bei der Überprüfung durch die AMA am bestätigt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, die Kennzeichnung der Rinder mit Ohrmarken ermögliche deren Identifikation. Die Einhaltung dieser Bestimmung sei daher zwingende Voraussetzung für die Prämiengewährung, weil durch Ohrmarkennummern die Nachvollziehbarkeit aus veterinärhygienischer Sicht und Herkunftsgründen gewährleistetet werde und die Erfüllung der Prämienvoraussetzungen (z.B. Halteverpflichtung) überprüft werden könne. Wichtig sei dabei, dass diese Ohrmarken den Tieren eingezogen seien, um Manipulationsmöglichkeiten zu vermeiden. Dem Art. 10d der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999 sei zu entnehmen, dass ein Rind zum Zeitpunkt der Kontrolle nur dann als festgestellt gelte, wenn es mit Ohrmarken gekennzeichnet sei bzw. für den Fall, dass es zwei Ohrmarken habe, lediglich eine verloren sei. Im Beschwerdefall sei bei der Vor-Ort-Kontrolle festgestellt worden, dass acht beantragte Mutterkühe keine eingezogenen Ohrmarken gehabt hätten bzw. diese ausgerissen gewesen seien. Diese Tiere würden nach der zitierten Rechtslage als nicht ordnungsgemäß identifizierbar gelten und seien als nicht festgestellt zu werten. Die Prämienvoraussetzungen lägen daher nicht vor. Eine sofortige Nachbestellung der Ohrmarke auf Grund der Feststellungen der Vor-Ort-Kontrolle könne diesen Mangel nicht heilen. Da somit acht Tiere nicht festgestellt seien, kämen die Sanktionsbestimmungen des Art. 10b Abs. 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 im Ausmaß von 100 % zum Tragen. Zur "Gefährlichkeit der Kennzeichnung der Tiere" sei auszuführen, dass die Bestimmungen über die Identifizierbarkeit/Feststellbarkeit objektiv formuliert seien, um eine allfällige Betrugsgefahr zu reduzieren. Beurteilt werde die objektive Prämienfähigkeit des Tieres. Sobald eine Voraussetzung für die Prämiengewährung - aus welchen Gründen auch immer - fehle, werde die Prämie nicht gewährt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich, aus der Beschwerde erkennbar, in seinem Recht auf Gewährung der Rinderprämie 2000 verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"TITEL I

Kennzeichnung und Registrierung von Rindern

Artikel 1

(1) Nach Maßgabe dieses Titels schafft jeder Mitgliedstaat ein System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern.

(2) Dieser Titel gilt unbeschadet von Seuchentilgungs- und Seuchenbekämpfungsvorschriften der Gemeinschaft und unbeschadet der Richtlinie 91/496/EWG und der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92. Die Bestimmungen der Richtlinie 92/102/EWG, die speziell Rinder betreffen, verlieren jedoch ab dem Zeitpunkt, zu dem die Tiere gemäß dem vorliegenden Titel gekennzeichnet werden müssen, ihre Geltung.

...

Artikel 3

Das System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern

beruht auf folgenden Elementen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
Ohrmarken zur Einzelkennzeichnung von Tieren,
b)
elektronischen Datenbanken,
c)
Tierpässen,
d)
Einzelregistern in jedem Betrieb.
Die Kommission und die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats haben Zugang zu allen unter diesen Titel fallenden Informationen. Die Mitgliedstaaten und die Kommission treffen geeignete Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass alle Betroffenen, einschließlich der einschlägigen von dem Mitgliedstaat anerkannten Verbraucherorganisationen, Zugang zu diesen Informationen erhalten können, sofern die im einzelstaatlichen Recht vorgeschriebenen Erfordernisse der Vertraulichkeit und des Datenschutzes gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften gewährleistet sind.
Artikel 4

(1) Alle Tiere eines Betriebs, die nach dem geboren sind oder nach diesem Datum für den innergemeinschaftlichen Handel bestimmt worden sind, werden mit von der zuständigen Behörde zugelassenen Ohrmarken an beiden Ohren gekennzeichnet. Beide Ohrmarken sind mit einem einheitlich gestalteten Kenncode versehen, mit dem die einzelnen Tiere und ihre Geburtsbetriebe identifiziert werden können. Abweichend davon dürfen Tiere, die vor dem geboren sind und nach diesem Datum für den innergemeinschaftlichen Handel bestimmt worden sind, bis zum gemäß der Richtlinie 92/102/EWG gekennzeichnet werden.

...

Artikel 24

(1) Die Verordnung (EG) Nr. 820/97 wird aufgehoben.

(2) Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 820/97 gelten als Verweise auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle im Anhang zu lesen."

Diese Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 trat am in Kraft. Die Verordnung (EG) Nr. 820/97 hatte - abgesehen von Formulierungsabweichungen - in den zitierten Bestimmungen einen gleichen Inhalt.

Die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom betreffend Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999 der Kommission vom hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"TITEL IV

KONTROLLEN

Artikel 6

(1) Die Verwaltungskontrollen und die Kontrollen vor Ort werden so durchgeführt, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Bedingungen für die Gewährung der Beihilfen und Prämien eingehalten wurden.

...

Artikel 10

...

(5) Ist der Betriebsinhaber aus Gründen, die mit den natürlichen Lebensumständen seiner Herde zusammenhängen, nicht in der Lage, seiner Verpflichtung nachzukommen, die für eine Prämie gemeldeten Tiere während des obligatorischen Haltungszeitraums zu halten, so bleibt der Prämienanspruch für die Anzahl der prämienfähigen Tiere erhalten, die während des Zeitraums tatsächlich gehalten wurden, sofern der Betriebsinhaber die zuständige Behörde hierüber innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Feststellung der Reduzierung seines Tierbestands schriftlich in Kenntnis gesetzt hat. Unbeschadet der in Einzelfällen zu berücksichtigen tatsächlichen Umstände können die zuständigen Behörden insbesondere die folgenden natürlichen Lebensumstände einer Herde anerkennen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
Tod eines Tieres durch Krankheit;
b)
Tod eines Tieres infolge eines Unfalls, für den der Betriebsinhaber nicht verantwortlich gemacht werden kann.
Artikel 10a

(1) Die im Betrieb vorhandenen Rinder werden für die Prämien nur berücksichtigt, wenn es sich um die im Beihilfeantrag ausgewiesenen Tiere handelt.

...

Artikel 10b

(1) Ergibt sich bei einer Verwaltungs- oder Vor-Ort-Kontrolle eine Differenz zwischen der Zahl der in einem Beihilfeantrag angegebenen Tiere und der Zahl der als prämienfähig festgestellten Tiere, so wird die Beihilfe außer im Falle höherer Gewalt und nach Anwendung von Artikel 10 Abs. 5 hinsichtlich der natürlichen Lebensumstände gemäß Absatz 2 gekürzt.

(2) Betrifft ein Antrag nicht mehr als 20 Tiere, so wird der Beihilfebetrag wie folgt gekürzt:

a) um den Prozentsatz der festgestellten Differenz, wenn diese nicht mehr als zwei Tiere beträgt, oder

b) um den doppelten Prozentsatz der festgestellten Differenz, wenn diese mehr als zwei, aber höchstens vier Tiere beträgt.

Beträgt die Differenz mehr als vier Tiere, so wird keine Prämie gewährt.

In den sonstigen Fällen wird der Beihilfebetrag wie folgt gekürzt:

a) um den Prozentsatz der festgestellten Differenz, wenn diese bis zu 5 % beträgt, oder

b) um den doppelten Prozentsatz der festgestellten Differenz, wenn diese mehr als 5 % und höchstens 20 % beträgt.

Beträgt die Differenz mehr als 20 %, so wird keine Beihilfe gewährt.

Die Prozentsätze in Unterabsatz 1 Buchstaben a) und b) sind auf der Grundlage der beantragten Anzahl, die Prozentsätze in Unterabsatz 3 Buchstaben a) und b) auf der Grundlage der festgestellten Anzahl zu berechnen.

...

Artikel 10d

Ein Rind gilt im Sinne der Artikel 10 und 10a zum Zeitpunkt

der Vor-Ort-Kontrolle als festgestellt, wenn es

a) durch einen Rinderpass gemäß Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 identifiziert ist, in dem gemäß Artikel 7 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich derselben Verordnung mindestens Geburtsdatum, Geschlecht, Umsetzungen und Todesdatum des Tieres vermerkt sind;

b) gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 in die elektronische Datenbank aufgenommen wurde und gemäß Artikel 7 derselben Verordnung ordnungsgemäß im Register des Betriebsinhabers geführt ist;

c) gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 mit Ohrmarken gekennzeichnet ist;

d) sich - falls für das Rind eine Gemeinschaftsbeihilfe beantragt wurde - an dem vom Antragsteller gemäß Artikel 5 Absatz 1 vierter Gedankenstrich der vorliegenden Verordnung angegebenen Ort befindet.

Ein Rind das eine der beiden Ohrmarken verloren hat, gilt jedoch als festgestellt, wenn es durch die Erfüllung aller anderen in Unterabsatz 1 genannten Bedingungen eindeutig identifiziert werden kann..."

Im angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass acht beantragte Mutterkühe über keine eingezogenen Ohrmarken verfügt hätten bzw. diese ausgerissen gewesen seien. Diese Tiere hätten nach der zitierten Rechtslage als nicht ordnungsgemäß identifizierbar und somit als nicht festgestellt zu gelten. Der angefochtene Bescheid trifft dabei keine Unterscheidung zwischen den vor dem und solchen nach diesem Tag geborenen Tieren. Eine solche Differenzierung nach dem Alter der Tiere wäre jedoch wegen der unterschiedlichen Kennzeichnungspflichten und den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen im Falle des Fehlens der Ohrmarken anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle erforderlich gewesen.

Die Verordnung (EG) Nr. 2801/1999, mit der die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 geändert wurde, erging nach der Verordnung (EG) Nr. 820/97, mit der u.a. in Art. 4 die Kennzeichnung von Tieren, die nach dem geboren wurden, mit Ohrmarken in beiden Ohren festgelegt wurde. Für vor diesem Datum geborene Tiere blieb die Kennzeichnung mit einer Ohrmarke an nur einem Ohr zulässig. Die Tiere, die vorschriftsgemäß nach diesen Bestimmungen mit nur einer Ohrmarke gekennzeichnet waren, bedurften auch dann keiner nachfolgenden Neukennzeichnung mit zwei Ohrmarken, wenn die einzige Ohrmarke entweder beschädigt oder verloren gegangen ist.

Nach Art. 10d Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999 gilt ein Rind als festgestellt, wenn es gemäß Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 820/97 mit Ohrmarken gekennzeichnet ist. Weiters ist in Art. 10d dieser Verordnung geregelt, dass ein Rind, das eine der beiden Ohrmarken verloren hat, als festgestellt gilt, wenn es durch die Erfüllung aller anderen in Unterabsatz 1 genannten Bedingungen eindeutig identifiziert werden kann.

Ungeregelt bleibt in der Verordnung (EG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999 der Fall, dass die Kennzeichnung zulässigerweise mit nur einer Ohrmarke erfolgt ist und das Tier diese eine Ohrmarke verloren hat oder eine eingezogene Ohrmarke so beschädigt ist, dass die Ohrmarkennummer nicht abgelesen werden kann. Davon, dass die Möglichkeit des Verlorengehens oder der Beschädigung von Ohrmarken besteht und dies nicht automatisch den Verlust der Begünstigung nach sich zieht, geht auch das gemeinschaftliche Verordnungsrecht aus, weil es diesen Fall, allerdings nur bezogen auf die Kennzeichnung mit zwei Ohrmarken, ausdrücklich regelt.

Die Kennzeichnung mit Ohrmarken dient der effizienten Kontrolle des Vorhandenseins der für bestimmte Förderungen angemeldeten Tiere. Daneben bestehen aber noch weitere Kontrollelemente, wie der Rinderpass und die Registerführung. Stimmen die Ohrmarkennummern mit den Angaben im Rinderpass und im Register nicht überein, dann ist zu prüfen, ob die Ohrmarke bei einem bestimmten Tier rechtmäßig eingezogen und die Angaben im Rinderpass und im Register fragwürdig sind oder aber mit den Ohrmarken manipuliert worden ist. Der Ohrmarke kommt daher nicht allein die alles entscheidende Bedeutung zu, ob ein Tier als festgestellt gelten kann.

Das Gemeinschaftsrecht regelt in der Verordnung (EG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999 weiters nicht den Fall, dass die an einem Tier eingezogene Ohrmarke vom Betriebsinhaber als verloren festgestellt und dies vor Durchführung einer Kontrolle gemeldet wurde. Aus dem Inhalt dieser Verordnung kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass im Fall eines vom Betriebsinhaber festgestellten und von ihm nicht zu vertretenden Abstreifens der Ohrmarken durch ein Tier damit auch schon die Förderung endgültig verloren ginge.

Anlässlich der Prüfung hielt der Prüfer in seinem Prüfbericht vom auch fest, dass bei insgesamt 11 Tieren (8 davon betrafen die 22 angemeldeten Tiere) keine Ohrmarken vorhanden gewesen seien, die Identität aber "klar" sei.

Anlässlich der Prüfung am hielt der Prüfer im seinem Prüfbericht fest, es hätten bei allen Tieren die Ohrmarkennummern abgelesen werden können und die Kennzeichnung sei in Ordnung. Dies bedeutet, dass nicht nur in diesem Prüfungszeitpunkt, der ca. einen Monat nach jener Prüfung lag, bei der es zu den Beanstandungen gekommen war, alle Ohrmarken eingezogen waren, sondern auch eine Übereinstimmung mit den Rinderpässen und dem Register des Betriebsinhabers gegeben war.

Wenn nun trotz Fehlens der Ohrmarke über die Identität der Tiere anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle am kein Zweifel bestand, dann kann im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999 nicht davon ausgegangen werden, dass die Tiere nicht als festgestellt anzusehen wären. Dies vor allem auch deswegen, weil die eingezogenen Ohrmarken zwar als eine wesentliche Kennzeichnung, nicht aber als Selbstzweck anzusehen sind. Diese Kennzeichnung hat unter anderem die Verhinderung von Betrugshandlungen zum Ziel. Wenn aber trotz Fehlens der einen Ohrmarke anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle auf Grund der übrigen Belege die Identitätsfeststellung vorgenommen wird, dann ist dieses Tier auch im Fall des Fehlens der Ohrmarke bei der Vor-Ort-Kontrolle festgestellt. Hinzu kommt im Beschwerdefall, dass nach den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers die Ursache für das Fehlen der Ohrmarken in der besonderen Art der ganzjährigen Tierhaltung im Freiland lag und keine Feststellungen im angefochtenen Bescheid über Hinweise auf Manipulationen mit der Ohrmarke getroffen wurden. Weiters wurden bei einer Nachkontrolle keine Beanstandungen festgestellt.

Die belangte Behörde hätte daher Feststellungen über das Alter der Tiere und darüber zu treffen gehabt, ob die beanstandeten Tiere zulässigerweise mit nur einer einzigen Ohrmarke gekennzeichnet waren oder ob sie mit zwei Ohrmarken zu kennzeichnen gewesen wären. Erst dann kann beurteilt werden, welche Rechtsfolgen aus dem Fehlen der Ohrmarken anlässlich der in Rede stehenden Vor-Ort-Kontrolle abzuleiten gewesen wären. Da die belangte Behörde solche Feststellungen unterließ, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einem Verfahrensmangel, bei dessen Vermeidung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Im fortzusetzenden Verfahren werden somit zunächst Feststellungen über das Geburtsdatum der beanstandeten Tiere zu treffen sein, um danach beurteilen zu können, wie die Tiere zu kennzeichnen waren und ob bzw. allenfalls in welchem Ausmaß die beantragte Rinderprämie 2000 wegen Fehlens der Ohrmarken zu versagen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die für den Schriftsatzaufwand geltend gemachte Umsatzsteuer von EUR 181,60, die neben dem Schriftsatzaufwand nicht gesondert zuzuerkennen war.

Wien, am

Fundstelle(n):
OAAAE-53583