VwGH vom 26.04.2000, 96/14/0176
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des VF in W, vertreten durch Dr. Michael Peschl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Rummelhardtgasse 3/16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 8 - 2313/96, betreffend Aufhebung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1994 gemäß § 299 Abs. 2 BAO und Zurückweisung der Berufung gegen die Arbeitnehmerveranlagung 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom zur Einkommensteuer für das Streitjahr veranlagt. Durch die Verteilung der vom 1. Juni bis erzielten und dem Lohnsteuerabzug unterzogenen Einkünfte auf den gesamten Veranlagungszeitraum ergab sich eine Gutschrift in Höhe von S 16.917,--. Der Begründung dieses Bescheides ist zu entnehmen, dass bei der Veranlagung der Pauschbetrag für Werbungskosten in Höhe von S 1.800,-- berücksichtigt worden sei, da die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Werbungskosten von S 629,-- diesen Pauschbetrag nicht überstiegen hätten.
Am reichte der Beschwerdeführer eine mit
"2. Antrag" versehene weitere Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1994 ein. Darin machte er erstmals Werbungskosten aus dem Titel der doppelten Haushaltsführung (Familienheimfahrten S 23.220,-- und Wohnungsaufwand S 16.800,--) geltend. Das Finanzamt nahm dies zum Anlass, das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 1994 gemäß § 303 Abs. 4 BAO von Amts wegen wieder aufzunehmen. Gleichzeitig erging ein neuer Einkommensteuerbescheid, in dem die Steuergutschrift wiederum mit S 16.917,-- festgesetzt und begründend darauf hingewiesen wurde, dass den Pauschbetrag für Werbungskosten übersteigende Aufwendungen nicht zu berücksichtigen seien, da der Familienwohnsitz des Beschwerdeführers nicht so weit von seiner Arbeitsstätte entfernt liege, dass eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden könne.
Der Beschwerdeführer erhob in der Folge Berufung lediglich gegen den Sachbescheid. Aus näher dargelegten Gründen sei ihm die tägliche Heimkehr - auch wenn die Entfernung zu seinem Familienwohnsitz lediglich 90 km betrage - nicht zumutbar. Nach abweisender Berufungsvorentscheidung stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Wiederaufnahmebescheid gemäß § 299 Abs. 2 BAO auf und sprach gleichzeitig aus, dass die Berufung gegen den Sachbescheid gemäß § 278 BAO als unzulässig zurückgewiesen werde. Begründend führte sie aus, aus dem im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Bescheid gleichen Datums gehe hervor, dass die Wiederaufnahme zu keinem im Spruch anders lautenden Bescheid geführt habe. Da das Finanzamt in diesem Punkt die Rechtslage verkannt habe, sei der der Aufhebung zugrundeliegende Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet. Mit der Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheides scheide der damit verbunden gewesene Sachbescheid aus dem Rechtsbestand aus, weshalb die dagegen anhängige Berufung nunmehr unzulässig geworden sei.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Die Wiederaufnahmsgründe müssen daher geeignet sein, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Ob dies der Fall ist, hat die die Wiederaufnahme verfügende Behörde zu beurteilen. Kommt sie bei der Prüfung dieser Frage zum Ergebnis, dass die Wiederaufnahmsgründe nicht geeignet sind, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen, darf sie die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht verfügen.
Vorauszuschicken ist, dass - anders als der Beschwerdeführer meint - die beiden Einkommensteuerbescheide vom bzw. vom tatsächlich gleich lauten und sich nur in ihrem äußeren Erscheinungsbild (im "Zweitbescheid" sind die berücksichtigten Werbungskosten gesondert ausgewiesen während im "Erstbescheid" lediglich der Gesamtbetrag der Einkünfte aufscheint) unterscheiden.
Mit dem weiteren Beschwerdevorbringen, das Verfahren sei auch dann zu Recht wieder aufgenommen worden, wenn die Behörde später ihre Meinung ändere und zur Ansicht gelange, ein anders lautender Bescheid sei nicht zu erlassen, zeigt der Beschwerdeführer gegenständlich keine Rechtswidrigkeit auf. Das Finanzamt hat nämlich - der Bestimmung des § 307 Abs. 1 BAO entsprechend - mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheid unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wieder aufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung verbunden. Auf Grund dieser Verbindung von Verfahrens- und Sachbescheid kann nicht von einer zeitlichen Abfolge unterschiedlicher Behördenmeinungen gesprochen werden. Die belangte Behörde durfte vielmehr zu Recht davon ausgehen, dass das Finanzamt die Rechtslage verkannt hat, wenn es die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt hat, obzwar die geltend gemachten Wiederaufnahmsgründe nicht geeignet waren, einen anders lautenden Bescheid herbeizuführen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am