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VwGH vom 30.10.2001, 96/14/0170

VwGH vom 30.10.2001, 96/14/0170

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Dr. Urtz, über die Beschwerde des Ing. J B in H, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , 405/2-10/Fs-996, betreffend Sicherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Handelsvertreter, vermittelt seit rund 15 Jahren für ausländische Auftraggeber Kunststoffgranulat. In den Jahren 1990 bis 1993 erklärte er Umsätze von rund 1,115.000 S 987.000 S 896.000 S und 789.000 S sowie Gewinne von rund 26.000 S 54.000 S 70.000 S und 69.000 S. Da anlässlich einer auch das Jahr 1990 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung Umsatzverkürzungen festgestellt wurden, setzte das Finanzamt den Umsatz mit rund 1,156.000 S und den Gewinn mit rund 113.000 S fest. Die dementsprechenden Bescheide erwuchsen bis zu einer in der Folge gemäß § 99 Abs 2 FinStrG durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung zunächst in Rechtskraft. Hinsichtlich des im Anschluss an diese Prüfung durchgeführten Verfahrens wird auf das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, 98/14/0014, verwiesen.

Im März 1996 teilte die deutsche Abgabenbehörde mit, das deutsche Unternehmen MKV GmbH & Co KG (idF nur: die MKV) habe in den Jahren 1990 bis 1993 auf Grund von Rechnungen der liechtensteinischen Gesellschaft WSCE (idF nur: die WSCE) dem Beschwerdeführer rund 351.000 DM, 324.000 DM, 173.000 DM und 256.000 DM für Umsatzvermittlung in Österreich bar ausbezahlt.

Da der Beschwerdeführer die von der deutschen Abgabenbehörde mitgeteilten Umsätze nicht erklärt hatte, ordnete das Finanzamt am gemäß § 232 BAO die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Beschwerdeführers zur Sicherung der in den Jahren 1990 bis 1993 (jährlich aufgegliedert in Einkommen- und Gewerbesteuer) entstandenen Abgabenschuld von rund 4,6 Mio S an. Zur Begründung führte das Finanzamt unter Hinweis auf die Mitteilung der deutschen Abgabenbehörde im Wesentlichen aus, eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabenschuld bestehe schon wegen des dringenden Verdachtes einer Abgabenhinterziehung. Die Höhe der Abgabenschuld stehe im krassen Missverhältnis zu den Zahlungsmöglichkeiten des Beschwerdeführers. Wie sich überdies aus der Aktenlage ergebe, sei der Beschwerdeführer Banken rund 1 Mio S schuldig. Schließlich sei durch die Verlagerung der Zahlungen auf die WSCE der Zugriff auf die dem Beschwerdeführer zunächst bar zugeflossenen Beträge verwehrt.

In der Berufung wandte der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, weder sei der Tatbestand, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpften, verwirklicht, noch sei die Einbringung der behaupteten Abgabenschuld gefährdet bzw wesentlich erschwert. Das Finanzamt habe keinen Beweis erbracht, dass ihm von der MKV tatsächlich Beträge bar ausbezahlt worden seien. Eine bloße Vermutung bzw ein bloßer Verdacht reiche im Zusammenhang mit unbewiesenen Anschuldigungen zur Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht aus. Vielmehr müsse das Finanzamt den Beweis erbringen, dass ein zur Steuerpflicht führender Tatbestand verwirklicht worden sei. Der Verdacht einer Abgabenhinterziehung reiche nicht aus, um anzunehmen, dass die Abgabeneinbringung gefährdet oder erschwert sei. Die Behauptung, die Höhe der Abgabenschuld stehe im krassen Missverhältnis zu seinen Zahlungsmöglichkeiten, stütze sich auf Feststellungen der vor zwei Jahren durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung. Das Finanzamt habe es unterlassen, seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit festzustellen. Da er über einen entsprechenden Immobilienbesitz verfüge, könne nicht davon ausgegangen werden, die Abgabeneinbringung sei gefährdet oder erschwert. Er habe weder Zahlungen verlagert, noch die Absicht, Abgabenschulden nicht zu entrichten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 232 BAO und der hiezu ergangenen hg Rechtsprechung zunächst ausführte, der Tatbestand, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpften, sei verwirklicht, weil dem Finanzamt im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages auf Grund der Mitteilung der deutschen Abgabenbehörde bereits bekannt gewesen sei, dass der Beschwerdeführer nicht erklärte Provisionen von der MKV erhalten habe. Dazu komme, dass bereits in früheren Jahren Umsatzverkürzungen festgestellt worden seien. Im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages sei die Einbringung der Abgabenschuld gefährdet bzw erschwert gewesen. Der Beschwerdeführer habe in den Jahren 1992 und 1993 geringe Gewinne, im Jahr 1994 bei annähernd gleichen Umsätzen sogar einen Verlust erklärt. Bei dieser Sachlage habe das Finanzamt im Hinblick auf eine voraussichtliche Abgabenschuld von rund 4,6 Mio S zu Recht einen Sicherstellungsauftrag erlassen. Überdies sei der Immobilienbesitz des Beschwerdeführers mit Pfandrechten von fast 1 Mio S belastet. Da der Beschwerdeführer behaupte, er habe die von der MKV erhaltenen Provisionen an die WSCE weiter geleitet, sei dem Finanzamt der Zugriff auf die dem Beschwerdeführer zunächst bar zugeflossenen Beträge verwehrt. Aus dem Gesamtbild der Verhältnisse ergebe sich somit das negative Bild eines Abgabepflichtigen, der bestrebt sei, sich der Abgabenentrichtung zu entziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages setzt zunächst die Verwirklichung jenes Tatbestandes voraus, an den die Abgabepflicht geknüpft ist. Die Verwirklichung dieses Tatbestandes muss im Hinblick auf die auch für Sicherstellungsaufträge geltende Begründungspflicht iSd § 93 Abs 3 lit a BAO in der Begründung des Sicherstellungsauftrages bzw in der diesen bestätigenden Berufungsentscheidung dargetan werden. Die Begründung muss in diesem Zusammenhang jedenfalls erkennen lassen, welcher konkrete Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde und welche Erwägungen im Rahmen der Beweiswürdigung dafür maßgebend waren.

Der angefochtene Bescheid genügt diesen Anforderungen. Ein Sicherstellungsauftrag ist kein abschließender Sachbescheid iSd § 183 Abs 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende Sofortmaßnahme, die dazu dient, selbst vor Feststellung der exakten Höhe der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabenschuld gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass diese nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grund nach mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Tatbestandes entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind (vgl das hg Erkenntnis vom , 92/15/0115).

Der belangten Behörde lagen auf Grund der Mitteilung der deutschen Abgabenbehörde gewichtige Anhaltspunkte für die Entstehung der Abgabenschuld vor. Ob die Abgabenschuld tatsächlich entstanden ist, ist in einem Sicherstellungsverfahren - wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat - nicht zu entscheiden. Bei der gegebenen Sachlage kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Sicherstellung dem Grund nach als gerechtfertigt angesehen hat.

Eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung einer Abgabenschuld liegt schon dann vor, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen und den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff die Einbringung der Abgabenschuld voraussichtlich gesichert erscheint. Der Annahme der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung einer Abgabenschuld müssen entsprechende Tatsachenfeststellungen zugrunde liegen. Vom Abgabenschuldner selbst gesetzte Gefährdungshandlungen sind hingegen nicht erforderlich (vgl nochmals das hg Erkenntnis vom , 92/15/0115).

Die belangten Behörde ist daher nicht rechtswidrig vorgegangen, wenn sie auf Grund des im Wesentlichen unbestrittenen Sachverhaltes aus dem Gesamtbild der Verhältnisse in Anbetracht einer voraussichtlichen Abgabenschuld von rund 4,6 Mio S deren Einbringlichkeit als gefährdet bzw wesentlich erschwert angesehen hat. Überdies ist der Beschwerdeführer den Feststellungen des Finanzamtes, die Höhe der Abgabenschuld stehe im krassen Missverhältnis zu seinen Zahlungsmöglichkeiten, lediglich mit dem Hinweis auf einen vorhandenen Immobilienbesitz entgegen getreten. Da dieser Immobilienbesitz aber unbestritten mit Pfandrechten von fast 1 Mio S belastet ist, wäre wegen dessen nur bedingter Verwertungsmöglichkeit die Einbringung der Abgabenschuld zumindest wesentlich erschwert.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am