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VwGH vom 30.07.2002, 96/14/0162

VwGH vom 30.07.2002, 96/14/0162

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der SL in L, vertreten durch Dr. Jürgen Nowotny, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Obere Donaustraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom , Zl 6/196/1-BK/Mi-1992, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1986, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von 947,24 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am gründeten die durch ihre beiden Geschäftsführer HL und WS vertretene V GmbH als Komplementärin sowie HL und WS als Kommanditisten mit Haftungseinlagen von je 100.000 S die V GmbH & Co KG (idF nur: KG). Am Betriebsvermögen und am Erfolg der KG waren die V GmbH, der die Kosten ihrer Geschäftsführung als Vorwegbezug zu ersetzen waren, zu 10 % sowie HL und WS zu je 45 % beteiligt. Für den Fall des Konkurses über das Vermögen eines Kommanditisten war iSd § 138 HGB vereinbart, dass der betroffene Kommanditist aus der KG ausscheidet, wobei auf den Tag der Abschichtung eine Bilanz zwecks Ermittlung des Ausscheidungsguthabens zu erstellen ist. Die KG wird dann mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt.

Über das Vermögen des Kommanditisten WS wurde am der Konkurs eröffnet. Ungeachtet der eben erwähnten Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag wurde WS weder zum abgeschichtet und ein Ausscheidungsguthaben ermittelt, noch dessen Ausscheiden aus der KG dem (damaligen) Handelsregister zur Eintragung angemeldet.

Mit von HL, WS und der Beschwerdeführerin (Ehefrau des HL) am unterfertigtem Schreiben meldeten diese dem (damaligen) Handelsregister zur Eintragung an, WS sei aus der KG ausgeschieden und habe seinen Kommanditanteil im Weg der Sonderrechtsnachfolge mit gleichen Rechten und Pflichten an die Beschwerdeführerin übertragen, die in die KG eingetreten sei. Dem weichenden Kommanditisten WS sei für die Abtretung seines Kommanditanteiles keine Abfindung aus dem Gesellschaftsvermögen bezahlt oder zugesichert worden.

Mit Beschluss vom wurden die im Schreiben vom beantragten Änderungen im (damaligen) Handelsregister durchgeführt.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist primär strittig, ob die Beschwerdeführerin bereits am (Ansicht der belangten Behörde) oder frühestens am (Meinung der Beschwerdeführerin) als Kommanditistin in die KG eingetreten ist, ihr somit bereits im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmerin zuzurechnen sind oder nicht.

Unter Hinweis auf die grundsätzliche Formfreiheit bei der Gestaltung von Personengesellschaften und den Inhalt des am abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages führt die belangte Behörde aus, WS wäre vertragskonform im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen, somit am , aus der KG ausgeschieden, weswegen nach der Rechtslage sein Kommanditanteil zunächst den verbleibenden Gesellschaftern, somit der V GmbH und HL im Verhältnis ihrer jeweiligen Beteiligung zugewachsen wäre. Ein in eine bestehende Personengesellschaft eintretender Gesellschafter treffe seine vertraglichen Vereinbarungen mit den Gesellschaftern als solche, nicht jedoch mit der Gesellschaft. Wenn die Beschwerdeführerin erst im Jahr 1987 als Kommanditistin in die KG eingetreten wäre, hätte sie nur mit den im Jahr 1987 an der KG beteiligten Gesellschaftern, somit der V GmbH und HL, eine Vereinbarung über den Erwerb eines Kommanditanteiles abschließen können. Die Zustimmung des WS zum Eintritt Beschwerdeführerin in die KG wäre mangels dessen Gesellschafterstellung im Jahr 1987 auf keinen Fall erforderlich gewesen. Dass die Beschwerdeführerin ihre Vereinbarung auch mit WS getroffen habe, wobei überdies der Gesellschafterwechsel von WS auf die Beschwerdeführerin im Weg der Sonderrechtsnachfolge mit gleichen Rechten und Pflichten der vertraglichen Vereinbarung zugrunde gelegt worden sei, spreche für den Eintritt der Beschwerdeführerin in die KG mit Wirkung ab . Offenkundig sollte die Beschwerdeführerin die Stellung des am zwangsweise aus der KG ausgeschiedenen Kommanditisten WS einnehmen. In freier Beweiswürdigung nimmt die belangte Behörde daher an, der Wille aller an der KG jemals Beteiligten sei auf die Übernahme des dem WS gehörenden Kommanditanteiles durch die Beschwerdeführerin unmittelbar nach dessen zwangsweisen Ausscheiden aus der KG gerichtet gewesen. Da für die Gründung einer Gesellschaft Willensübereinstimmung ausreiche, komme es weder auf Anmeldungen beim noch auf Eintragungen in das (ehemalige) Handelsregister an, weswegen der Beschwerdeführerin als Gesellschafterin der KG bereits im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmerin zuzurechnen seien.

Die Beschwerdeführerin stimmt zunächst den Ausführungen der belangten Behörde über die grundsätzliche Formfreiheit bei der Gestaltung von Personengesellschaften zu. Sie weist jedoch darauf hin, dass weder der Masseverwalter noch WS oder auch die V GmbH und HL die Abschichtung des WS wegen der Eröffnung des Konkurses über dessen Vermögen verlangt hätten. Vielmehr sei es der Wille der Gesellschafter gewesen, die KG unverändert fortzusetzen. Die Gesellschafter hätten somit keineswegs bereits am die Absicht gehabt, den Kommanditanteil des WS im Weg der Sonderrechtsnachfolge mit gleichen Rechten und Pflichten an sie zu übertragen. Erst mit der am abgeschlossenen Vereinbarung hätten alle an der KG jemals Beteiligten ihren Willen zum Eintritt der Beschwerdeführerin als Kommanditistin in die KG bekundet. Der Schluss der belangten Behörde, der Wille aller an der KG jemals Beteiligten sei auf die Übernahme des dem WS gehörenden Kommanditanteiles durch die Beschwerdeführerin unmittelbar nach dessen zwangsweisen Ausscheiden aus der KG gerichtet gewesen, entbehre somit jeder Grundlage. Überdies würde es sich hiebei um eine rückwirkende Vereinbarung über einen Gesellschafterwechsel handeln, die weder handels- noch abgabenrechtliche Wirkungen hätte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Entscheidend ist, ob die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung, es habe bereits am zwischen allen an der KG jemals Beteiligten Willensübereinstimmung dahingehend bestanden, "dass SL (Beschwerdeführerin) spätestens zum letzten Zeitpunkt, in dem WS noch Kommanditist gewesen ist (also am ), dessen Kommanditanteile übernimmt", der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand hält.

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, sie somit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl für viele das hg Erkenntnis vom , 96/14/0034).

Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid nicht.

Wie die belangte Behörde zu Recht erkannt hat, wäre vertrags- und gesetzeskonform im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des WS, somit am , falls kein neuer Kommanditist in die KG eingetreten wäre, der Kommanditanteil des WS zunächst den verbleibenden Gesellschaftern, somit der V GmbH und HL im Verhältnis ihrer jeweiligen Beteiligung zugewachsen (vgl § 138 HGB iVm Art 7 Nr 15 EVHGB).

Die belangte Behörde ist zu dem Schluss gelangt, der Willensentschluss, der Beschwerdeführerin den Kommanditanteil des WS an der KG zu übertragen, sei bereits am zustande gekommen. Allerdings hat die belangte Behörde diesbezüglich keine Tatsachenfeststellungen getroffen. Die bloße Vermutung, die Beschwerdeführerin sei bereits am Tag der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des WS als Kommanditistin in die KG eingetreten, reicht nicht aus, ihr bereits im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmerin zuzurechnen. Dazu kommt, dass die Annahme der belangten Behörde, der Wille aller an der KG jemals Beteiligten sei auf die Übernahme des dem WS gehörenden Kommanditanteiles durch die Beschwerdeführerin unmittelbar nach dessen zwangsweisen Ausscheiden aus der KG gerichtet gewesen, mit dem nach außen erkennbaren Willen des HL und des WS nicht in Einklang zu bringen ist. Zu einer derartigen Annahme hätte die belangte Behörde nur dann gelangen dürfen, wenn trotz des Verhaltens der KG sowie des HL und des WS nach dem aus anderen Umständen der Schluss hätte gezogen werden können, die Beschwerdeführerin habe bereits im Streitjahr einen Kommanditanteil erworben. Der Umstand, dass WS das Schreiben vom mit unterfertigt hat, trägt die Annahme der belangten Behörde nicht.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als mangelhaft und unschlüssig begründet, weswegen er gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war. Es erübrigte sich daher auf die Frage der Höhe der der Beschwerdeführerin im Streitjahr zuzurechnenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmerin einzugehen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001. An Kostenersatz waren 908 EUR für Schriftsatzaufwand und in EUR umgerechnete, erforderliche Stempelgebühren von 540 S zuzuerkennen.

Wien, am