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VwGH vom 23.05.1990, 90/17/0118

VwGH vom 23.05.1990, 90/17/0118

Betreff

G-reg GenmbH gegen Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MDR-G 1/90, betreffend Säumniszuschlag in Angelegenheit einer Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Baumschutzgesetz

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.0. Aus dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/17/0181, der Beschwerde und dem nunmehr angefochtenen Bescheid ergibt sich nachfolgender Sachverhalt:

1.1. Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin gemäß § 9 des Wiener Baumschutzgesetzes eine Ausgleichsabgabe in Höhe von S 1,016.000,-- vor. Die Zahlung dieses Abgabenbetrages erfolgte innerhalb einer gesetzten Nachfrist unbestritten nicht.

Nach Ablauf dieser Frist verzichtete die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom auf die dem Abgabenbescheid vom zugrundeliegende Fällungsbewilligung vom . Mit Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom wurde sodann auf Grund dieser Verzichtserklärung der Abgabenbescheid vom behoben.

1.2. Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Stadt Wien gemäß § 164 der Wiener Abgabenordnung (WAO), LGBl. Nr. 21/1962 in der Fassung Nr. 38/1983, der Beschwerdeführerin wegen nicht fristgerechter Bezahlung der Ausgleichsabgabe von S 1,016.000,-- einen Säumniszuschlag in der Höhe von S 20.320,-- vor. Eine dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Abgabenberufungskommission vom abgewiesen.

Mit Erkenntnis vom , Zl. 84/17/0181, wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen den zuletzt genannten Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

1.3. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 13. und 14. Bezirk, vom wurde festgestellt: "Gemäß § 5 Abs. 1 Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440 i.d.g.F., wird festgestellt, daß es sich bei der Liegenschaft Wien. B-gasse 5, Grundstück Nr. 97/40, EZ 1299, KG. X, um Wald handelt. Durch diese Feststellung ist der Bescheid vom , MBA 13/14-B 562/1/81, gegenstandslos."

Mit Antrag vom begehrte die Beschwerdeführerin die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Vorschreibung des Säumniszuschlages mit der Begründung, daß neue Tatsachen hervorgekommen seien. Mit dem Bescheid vom sei festgestellt worden, daß die Basis für die Berechnung des Säumniszuschlages gegenstandslos geworden sei.

1.4. Mit Bescheid vom wies die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien gemäß §§ 235 und 237 WAO den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des durch Bescheid der Abgabenberufungskommission vom rechtskräftig festgesetzten Säumniszuschlages von S 20.320,-- ab. In der Begründung dieses Bescheides wird das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/17/0181, ausführlich wiedergegeben. Daraus ergebe sich, daß der Inhalt des Bescheides des Magistrates vom ungeeignet sei, einen Wiederaufnahmsgrund zu bilden, weil er das Vorliegen einer formellen Abgabenzahlungsschuld nicht zu beseitigen vermöge. Der Hinweis auf § 229 WAO müsse schon deshalb ins Leere gehen, da der Bescheid betreffend die Festsetzung des Säumniszuschlages auf keinem Meß- oder Zerlegungsbescheid beruhe.

1.5. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß §§ 235 ff WAO verletzt.

Wäre schon im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides über den Säumniszuschlag bekannt gewesen, daß der Grundlagenbescheid rechtlich nicht existent sei, so hätte überhaupt kein Bescheid über den Säumniszuschlag ergehen dürfen, da hiezu keine rechtliche Grundlage gegeben gewesen sei. Es sei daher unzutreffend, vom Vorliegen einer formellen Abgabenzahlungsschuld auszugehen. Daß diese Tatsache erst im Jahr 1989 hervorgekommen sei, ändere nichts an der Unzulässigkeit der Erlassung des Bescheides über den Säumniszuschlag.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Dreiersenat erwogen:

2.1.1. § 235 Abs. 1 WAO lautet:

"Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und


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a)
...
b)
Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder
c)
der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte."

2.1.2. Die belangte Behörde hat zur Widerlegung der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, der Bescheid des Magistrates vom über die Gegenstandslosigkeit der Feststellung des auf das Wiener Baumschutzgesetz gestützten Bewilligungsbescheides vom über die Fällung bestimmter Bäume, bilde einen Wiederaufnahmstatbestand in Angelegenheit der Vorschreibung des Säumniszuschlages infolge nicht rechtzeitiger Entrichtung der rechtskräftig vorgeschriebenen Ausgleichsabgabe, auf das Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 84/17/0181, hingewiesen. Dort heißt es, daß bei festgesetzten Abgaben die Frist zur Entrichtung des Säumniszuschlages ohne Rücksicht auf die sachliche Richtigkeit der Festsetzung der Abgabe besteht. Die Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlages setzt nicht den Bestand einer sachlich richtigen Abgabenschuld voraus, sondern nur den einer formellen Abgabenzahlungsschuld. Wird gegen eine vermeintlich unrichtige Abgabenfestsetzung berufen, kann dies mit Rücksicht darauf, daß dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung zukommt, die Verwirkung des Säumniszuschlages nicht hindern, wenn die Abgabe zum bescheidmäßig vorgesehenen Fälligkeitstag nicht entrichtet wird. Auch eine spätere allfällige Herabsetzung dieser Schuld (und zwar gegebenenfalls bis auf Null) hat auf den durch Säumnis verwirkten Säumniszuschlag keinen Einfluß.

Diese Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes bringen unmißverständlich zum Ausdruck, daß eine Akzessorietät des Säumniszuschlages in dem von der Beschwerdeführerin gedachten Sinne nicht gegeben ist. Entscheidend für die Verhängung des Säumniszuschlages ist im Beschwerdefall die Nichtentrichtung der festgesetzten Abgabe innerhalb der eingeräumten Nachfrist auf Grund des zum damaligen Zeitpunkt dem Rechtsbestand angehörenden Abgabenfestsetzungsbescheides (der im übrigen lediglich auf Grund einer Verzichtserklärung auf die Fällungsbewilligung nach dem genannten Zeitpunkt behoben wurde). Wenn das die entscheidenden Tatbestandsvoraussetzungen für die Verhängung des Säumniszuschlages sind und nicht die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung an sich, dann ist nicht erkennbar, inwiefern der Bescheid des Magistrates vom den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Wiederaufnahmsgrund nach § 235 Abs. 1 lit. b WAO - oder auch nach lit. c dieser Gesetzesstelle - zu bilden vermöchte und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Säumniszuschlagsbescheid herbeigeführt hätte.

Die beschwerdeführende Partei wurde somit in dem als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht verletzt.

2.2.1. In der Beschwerde heißt es weiters, die belangte Behörde vertrete zu Unrecht den Standpunkt, der Hinweis auf § 229 WAO gehe schon deshalb ins Leere, weil der Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages auf keinem Meß- oder Zerlegungsbescheid beruhe. Gemäß § 166 WAO betrage der Säumniszuschlag vielmehr 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages. Die Höhe des Säumniszuschlages sei daher von der Höhe des Grundlagenbescheides abhängig. Der Säumniszuschlagsbescheid sei ein Folgebescheid, auf den § 229 WAO anzuwenden sei. In diesem Falle wäre sohin eine amtswegige Aufhebung des Bescheides über die Verhängung des Säumniszuschlages vorzunehmen gewesen.

2.2.2. Wie sich schon aus den Ausführungen des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 84/17/0181, entnehmen läßt, erweist sich auch dieser Beschwerdeeinwand als unzutreffend. Der Verwaltungsgerichtshof ist in der genannten Entscheidung erkennbar (Seite 5) davon ausgegangen, daß es sich beim Säumniszuschlag, der gemäß § 2 Abs. 2 lit. d WAO eine Nebengebühr der Abgaben darstellt, um einen Nebenanspruch zu den Abgaben handelt und daß die Nebenansprüche gemäß § 2 Abs. 1 WAO selbst Abgaben im Sinne der WAO sind. Der Säumniszuschlag weist daher grundsätzlich eine abgabenrechtliche Selbständigkeit auf, die Akzessorietät hingegen bedarf einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (wie sie z.B. im § 221a Abs. 2 BAO, der in der WAO keine Entsprechung hat, enthalten ist). Der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte § 229 WAO betrifft nun nicht das Verhältnis der Festsetzung einer Abgabe zur Festsetzung einer anderen Abgabe, sondern behandelt Meß- und Zerlegungsfragen innerhalb ein und derselben Abgabe.

§ 229 WAO ist daher auf den Säumniszuschlag bei nachträglichem Wegfall der ihm zugrundeliegenden Abgabenverpflichtung nicht anzuwenden. Bei diesem Ergebnis war nicht auf die Frage einzugehen, ob der einen Wiederaufnahmsantrag abweisende angefochtene Bescheid die beschwerdeführende Partei in ihren - vermeintlich - aus § 229 WAO erfließenden Rechten überhaupt verletzen konnte.

2.3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

2.4. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkennntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.