VwGH vom 17.10.2002, 2002/17/0238
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Z in Linz, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. RV1560/1-10/2001, betreffend Antrag auf Aussetzung der Einhebung von Werbeabgabe für das Jahr 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin hat an Werbeabgabe für das Jahr 2000 im Zeitraum zwischen und insgesamt einen Betrag von S 330.499,-- selbst berechnet und entrichtet. Am erklärte die Beschwerdeführerin die Werbeabgabe für das Jahr 2000 mit S 330.498,-- (richtig wohl:
S 330.499,--).
Mit Bescheid des Finanzamtes Linz vom wurde die
Werbeabgabe für das Jahr 2000 mit S 330.499,-- festgesetzt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung,
wobei sie die Auffassung vertrat, die Bestimmungen des Werbeabgabegesetzes 2000, BGBl. I Nr. 29/2000 (im Folgenden: WerbeAbgG), seien verfassungswidrig und verstießen gegen Gemeinschaftsrecht. Die Beschwerdeführerin beantragte unter einem die Aussetzung der Einhebung der Werbeabgabe.
Mit Bescheid des Finanzamtes Linz vom wurde der Aussetzungsantrag der Beschwerdeführerin mit der Begründung abgewiesen, der Werbeabgabenbescheid weiche nicht von ihrer Abgabenerklärung ab.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin gleichfalls Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Berufung gegen den die Aussetzung der Einhebung der Abgabe verweigernden Bescheid des Finanzamtes Linz vom als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 212a Abs. 1 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (im Folgenden: BAO), sei die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhänge, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweiche, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liege, zurückzuführen sei. Gemäß § 212a Abs. 2 lit. b BAO sei die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, insoweit mit der Berufung ein Bescheid in Punkten angefochten werde, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabenpflichtigen abweiche. Vorliegendenfalls habe die Beschwerdeführerin erstmals in ihrer Berufung die Auffassung vertreten, es sei keine Werbeabgabe zu entrichten. Dieses Vorbringen habe bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 212a Abs. 1 und 2 lit. b BAO vorlägen, außer Betracht zu bleiben. Maßgeblich sei, dass der erstinstanzliche Abgabenbescheid von den Erklärungen der Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Abgabenverfahren nicht abgewichen habe.
Darüber hinaus liege im gegenständlichen Fall aber auch keine Nachforderung im Sinne des § 212a Abs. 1 BAO vor. Die Beschwerdeführerin habe gemäß § 4 Abs. 1 WerbeAbgG monatlich die Werbeabgabe selbst berechnet, der erstinstanzlichen Behörde bekannt gegeben und entrichtet. Im erstinstanzlichen Abgabenbescheid vom sei die Werbeabgabe in Höhe der geleisteten monatlichen Zahlungen festgesetzt worden. Es ergebe sich aus diesem mit Berufung angefochtenen Bescheid daher keine Nachforderung.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Darin machte sie geltend, § 212a Abs. 2 lit. b BAO sei gleichheitswidrig. Die Beschwerdeführerin sei aus dem Grunde der §§ 119, 120 BAO verpflichtet, richtige Abgabenerklärungen abzugeben. Dies bedeute, dass ihre Abgabenerklärungen auch einer verfassungswidrigen Rechtslage zu entsprechen hätten. § 212a Abs. 2 lit. b BAO würde daher einen
sich rechtswidrig verhaltenden Steuerpflichtigen gegenüber einem
sich rechtmäßig verhaltenden Steuerpflichtigen begünstigen. § 212a Abs. 2 lit. a BAO stelle insoweit keinen ausreichenden Ausgleich dar. Ebenso, so heißt es in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde, liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, wenn die Zuerkennung der Aussetzung der Einhebung einer Abgabe vom Entstehen einer Nachforderung abhänge.
Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 192/02-3, lehnte dieser die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Die Beschwerde behaupte die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer als verfassungswidrig erachteten gesetzlichen Bestimmung, nämlich des § 212a Abs. 2 lit. b BAO. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lasse die behauptete Rechtsverletzung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Aussetzung der Einhebung der Werbeabgabe verletzt. Sie macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag geltend, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2 sowie § 4 Abs. 1 bis 3 WerbeAbgG lauten:
"§ 1. (1) Der Werbeabgabe unterliegen Werbeleistungen, soweit sie im Inland gegen Entgelt erbracht werden. Wird eine zum Empfang in Österreich bestimmte Werbeleistung in Hörfunk und Fernsehen vom Ausland aus verbreitet, dann gilt sie als im Inland erbracht.
...
§ 3. ...
(2) Der Abgabenanspruch entsteht mit Ablauf des Monats, in dem die abgabenpflichtige Leistung erbracht wird.
...
§ 4. (1) Der Abgabenschuldner hat die Abgabe selbst zu berechnen und bis zum 15. des zweitfolgenden Monats nach Entstehen des Abgabenanspruches zu entrichten. ...
(2) Eine gemäß § 201 der Bundesabgabenordnung festgesetzte Abgabe hat die im Abs. 1 genannte Fälligkeit.
(3) Der Abgabenschuldner wird nach Ablauf des Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) zur Werbeabgabe veranlagt. Bis zum 31. März eines jeden Jahres hat der Abgabenschuldner dem Finanzamt eine Jahresabgabenerklärung für das vorangegangene Jahr zu übermitteln. In diese sind die Arten der Werbeleistungen und die darauf fallenden Entgelte aufzunehmen."
§ 212a Abs. 1, 2 und 5 BAO in der Fassung der wiedergegebenen Teile dieser Gesetzesbestimmung nach der Novelle BGBl. Nr. 312/1987 lautet (auszugsweise):
"§ 212a. (1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
a) insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig
erfolgversprechend erscheint, oder
b) insoweit mit der Berufung ein Bescheid in Punkten
angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des
Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine
Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.
...
(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. ..."
Vor dem Verwaltungsgerichtshof wiederholt die Beschwerdeführerin ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 212a Abs. 2 lit. b BAO und vertritt weiters mit näherer Begründung die Auffassung, die Abgabe einer Steuererklärung stelle kein Anbringen im Sinne des § 212a BAO dar. Hilfsweise vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, bei verfassungskonformer Interpretation der in Rede stehenden Gesetzesbestimmung ergebe sich, dass ihr Aussetzungsantrag berechtigt sei.
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid nicht nur auf den Ausschlussgrund des § 212a Abs. 2 lit. b BAO (bzw. auf das Fehlen der entsprechenden in § 212a Abs. 1 BAO geregelten Voraussetzung) gestützt, sondern auch darauf, dass aus dem mit Berufung angefochtenen Abgabenbescheid des Finanzamtes Linz vom keine Nachforderung resultierte, zumal die darin vorgeschriebene Abgabe von der Beschwerdeführerin bereits entrichtet worden war.
Diesem selbstständig tragenden Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides tritt die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht entgegen. Sie ist auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, ist doch unter "Nachforderung" im § 212a Abs. 1 BAO jede aus einer Abgabenfestsetzung resultierende Zahlungsverpflichtung zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/14/0164, sowie das zur entsprechenden Bestimmung des § 160a Abs. 1 der Wiener Abgabenordnung in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 21/1988 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0152). Vorliegendenfalls resultierte aber aus der Abgabenfestsetzung vom keine weitere Zahlungsverpflichtung der Beschwerdeführerin, hatte sie den dort vorgeschriebenen Abgabenbetrag doch vor Erlassung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides bereits entrichtet.
Schon aus diesem Grunde ist der belangten Behörde kein vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmender Vollzugsfehler vorzuwerfen.
Gegen die vorliegendenfalls von der belangten Behörde zu Recht verneinte in § 212a Abs. 1 BAO umschriebene Voraussetzung des Resultierens einer Nachforderung aus dem mit Berufung angefochtenen Abgabenbescheid sind beim Verwaltungsgerichtshof - ebenso wenig wie bereits beim Verfassungsgerichtshof - Bedenken vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes entstanden. Es erweist sich nicht nur sachlich gerechtfertigt, sondern auch unmittelbar evident, dass die Einhebung einer Abgabe nur dann ausgesetzt werden kann, wenn Einhebungsschritte in Betracht kommen. Dies ist aber bei einer bereits entrichteten Abgabe nicht der Fall (vgl. im Übrigen zur Zumutbarkeit, Abgaben auf Grund eines als verfassungswidrig erachteten Gesetzes zunächst selbst zu bemessen und zu entrichten und sodann im Wege eines Antrages auf Rückerstattung derselben die Verfassungswidrigkeit geltend zu machen, etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 93/17/0404, und vom , Zl. 99/17/0173, je mwN aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, deren Begründungen hier mit der Maßgabe zutreffen, dass vorliegendenfalls die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes nicht im Wege eines Rückerstattungsantrages, sondern etwa im Wege des gemäß § 4 Abs. 3 WerbeAbgG vorgesehenen Veranlagungsverfahrens hätte geltend gemacht werden können).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die nicht in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am