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VwGH vom 23.05.1990, 90/17/0004

VwGH vom 23.05.1990, 90/17/0004

Beachte

Besprechung in:

ÖStZB 1991, 190;

Betreff

M gegen Wiener Landesregierung vom , Zl. MDR-M 42/89/Str, betreffend Verwaltungsübertretung nach dem Wiener Parkometergesetz

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am um 14.50 Uhr in Wien 10, Wiedner Gürtel 1b, ein dem behördlichen Kennzeichen nach näher bestimmtes mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne die Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet zu haben, weil der Parkschein gefehlt habe. Sie habe dadurch § 1 Abs. 3 des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Beschwerdeführerin gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz eine Geldstrafe von S 300,-- (Ersatzarreststrafe: 12 Stunden) verhängt.

Zur Begründung wurde im wesentlichen - in Erwiderung auf das Berufungsvorbringen, die Beschwerdeführerin habe ihren Pkw lediglich für die Dauer von zehn Minuten im Bereich der Kurzparkzone abgestellt - ausgeführt, daß der Landesgesetzgeber dem rechtserheblichen Begriff des "Abstellens" einen spezifischen Bedeutungsinhalt zugeordnet habe, den er im § 1 Abs. 5 des Parkometergesetzes zum normativen Ausdruck gebracht habe. Dieser Begriff des "Abstellens" umfasse sowohl das Halten als auch das Parken von mehrspurigen Fahrzeugen. Es werde daher auch durch ein zehn Minuten nicht übersteigendes Abstellen, also durch ein Halten im Sinne des § 1 Z. 27 StVO 1960, in einer Kurzparkzone der Tatbestand, an den die Abgabenvorschrift die Abgabenpflicht knüpfe, verwirklicht. Daß die Beschwerdeführerin ihr Fahrzeug nicht länger als zehn Minuten abgestellt habe, ändere nichts an der vorliegenden Übertretung, weil nur bei Entwertung eines Parkscheines die angefangene Viertelstunde unberücksichtigt bleiben könne. Daraus folge aber nicht, daß überhaupt ein Abstellen bis zu fünfzehn Minuten - ohne gleichzeitige Parkscheinentwertung - abgabenfrei wäre. Im übrigen sei nach § 1 Abs. 3 Parkometergesetz die Parkometerabgabe bereits bei Beginn der Abstellung des Fahrzeuges in einer Kurzparkzone zu entrichten. Maßgebend sei, daß der Abstellort des Fahrzeuges innerhalb einer Kurzparkzone gelegen sei. Dieser Umstand treffe im vorliegenden Fall zu. Wielange dort gehalten oder geparkt werde - und ob dieses nach der StVO 1960 erlaubt sei -, sei für das Entstehen des Gebührenanspruches nach dem Parkometergesetz nicht von Relevanz. Auch die zur Kennzeichnung einer Kurzparkzone verwendeten Verkehrszeichen ließen keineswegs den zwingenden Schluß zu, daß das Halten von mehrspurigen Fahrzeugen in Kurzparkzonen generell gebührenfrei sei; dem stehe eben die Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. entgegen. Außerdem sei es Sache des Fahrzeugabstellers, ob er die volle Parkzeit ausnütze oder nicht. Ferner habe bereits der Verfassungsgerichtshof im Rahmen seines Kompetenzfeststellungserkenntnisses zum Inhalt des Begriffes "Abgabenwesen" im Hinblick auf das Wiener Parkometergesetz festgestellt, daß nicht nur das Parken in einer Kurzparkzone abgabepflichtig sei. Die Beschwerdeführerin habe die für das Abstellen des Pkws in einer Kurzparkzone vorgesehene Abgabe entgegen der Bestimmung des § 1 Abs. 3 Parkometergesetz nicht entrichtet und danach die erforderliche Abgabenentrichtung auch nicht in der vorgesehenen Weise erkennbar gemacht. Dadurch habe sie die Abgabe zumindest fahrlässig verkürzt, weil sie den entstandenen Nachteil bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermeiden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht verletzt, "unter Zugrundelegung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes nicht der Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 3 des Wiener Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/74 i.g.F. schuldig erkannt und nach § 4 Abs. 1 leg. cit. bestraft zu werden". Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 42/1983, kann der Gemeinderat für das Abstellen von mehrspurigen Fahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung 1960 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 275/1982) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen die Entrichtung einer Abgabe vorschreiben. Von dieser Ermächtigung hat der Wiener Gemeinderat mit Beschluß vom , PrZ. 576, verlautbart im Amtsblatt der Stadt Wien vom , Heft Nr. 12, S. 99, Gebrauch gemacht.

Gemäß § 1 Abs. 3 zweiter Satz des Parkometergesetzes hat jeder Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Anordnung nach Abs. 1 getroffen wurde, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellen des Fahrzeuges zu entrichten. Nach § 1 Abs. 5 erster Satz des Parkometergesetzes umfaßt der Begriff "Abstellen" sowohl das Halten als auch das Parken von mehrspurigen Fahrzeugen.

Nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 30/1977, sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen.

Allein darüber, ob die belangte Behörde, die sich auf der Grundlage des § 1 Abs. 3 zweiter Satz des Parkometergesetzes stellende Rechtsfrage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe dem Gesetz gemäß beantwortete, geht der vorliegende Rechtsstreit.

Gemäß § 3 Abs. 1 WAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an dem die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Unter dem Tatbestand, an dessen Verwirklichung § 3 WAO das Entstehen der Abgabenschuld knüpft, ist die Gesamtheit der in den materiellen Rechtsnormen (hier das Parkometergesetz) enthaltenen abstrakten Voraussetzungen zu verstehen, bei deren konkretem Vorliegen (Tatbestandsverwirklichung) bestimmte Rechtsfolgen (Abgabenschuld und Abgabenanspruch) eintreten sollen. Die Abgabenschuld und der ihr entsprechende Abgabenanspruch entstehen somit, wenn der in der Wirklichkeit vorliegende Sachverhalt die Merkmale des in der Norm enthaltenen Tatbestandes erfüllt. Knüpft der Tatbestand an Handlungen an, so erfolgt die Verwirklichung durch die Vornahme der Handlung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 892/78). Wie sich aus der oben dargestellten Rechtslage ergibt, hat der Landesabgabengesetzgeber dem rechtserheblichen Begriff des "Abstellens" einen spezifischen Bedeutungsinhalt zugeordnet, den er im § 1 Abs. 5 des Parkometergesetzes zum normativen Ausdruck brachte. Dieser Begriff des "Abstellens" umfaßt sowohl das Halten als auch das Parken von mehrspurigen Fahrzeugen (vgl. nochmals das vorzitierte hg. Erkenntnis vom ).

Solcherart war aber zufolge Verwirklichung des Abgabentatbestandes und damit auch des Verkürzungstatbestandes nach dem Parkometergesetz die darauf gegründete Entscheidung, daß vom Begriff des "Abstellens" auch das Halten von mehrspurigen Fahrzeugen erfaßt wird, nicht als rechtswidrig zu erkennen. In diesem Sinne vermag die Rechtsrüge der Beschwerdeführerin nicht durchzudringen, "daß der Landesgesetzgeber keineswegs zwingend vorgeschrieben hat, daß mit dem bloßen Halten eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges im Bereich einer Kurzparkzone die Gebührenpflicht verwirklicht wird", und dabei - begründungslos - auf die "Ausnahmebestimmungen des § 2 sowie auf § 1 Abs. 4 leg. cit."

verweist.

Wenn aber in der Beschwerde auf die Ermächtigung des § 1 Abs. 2 des Parkometergesetzes und die darauf gegründete Verordnung der Wiener Landesregierung vom über die Art der zu verwendenden Kontrolleinrichtungen in Kurzparkzonen, LGBl. für Wien Nr. 15, - und deren § 2 Abs. 2 - verwiesen wird, wonach die Entwertung des Parkscheines durch deutlich sichtbares und haltbares Ankreuzen des Beginnes der Abstellzeit (Monat, Tag, Stunde, Minute) und Eintragung des Jahres zu erfolgen hat, wobei angefangene Viertelstunden unberücksichtigt gelassen werden können, so vermag damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt zu werden, weil aus dieser Norm erhellt, daß angefangene Viertelstunden nur bei der Entwertung des Parkscheines unberücksichtigt bleiben können. Diese Bestimmung kommt nicht zum Tragen, wenn - wie im vorliegenden Fall unbestritten feststeht - ein Parkschein, derzufolge Tatbestandsverwirklichung (Abstellen des Kraftfahrzeuges) hätte entwertet werden müssen, überhaupt nicht entwertet wurde (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Die Beschwerdeführerin bringt schließlich vor, im Hinblick auf ihren ordentlichen Wohnsitz außerhalb der Bundeshauptstadt Wien sowie des Umstandes, daß zur Kennzeichnung der Kurzparkzone lediglich das Verkehrszeichen "Parken verboten" (§ 52 Z. 13d bzw. Z. 13e StVO 1960), nicht aber das Verkehrszeichen "Halten und Parken verboten" (§ 52 Z. 13b StVO 1960) verwendet werde, der Beschwerdeführerin jedenfalls eine unverschuldete Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift zugute komme und sie auch im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG 1950 das Unerlaubte ihres Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einzusehen vermochte, wenn sie davon ausging, daß das bloße Halten keinen gebührenrechtlich relevanten Tatbestand darstelle.

Nach § 5 Abs. 2 VStG 1950 - gemäß § 254 Finanzstrafgesetz gilt für den Bereich des landesgesetzlichen Abgabenstrafrechtes das VStG 1950 - entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, kann die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemand die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 730/68, in dem in Slg. N. F. Nr. 7528/A nicht veröffentlichten Teil). Gerade von einem Kraftfahrzeuglenker muß verlangt werden, daß er über die Rechtsvorschriften - auch Abgabenvorschriften -, die er beim Lenken eines Kraftfahrzeuges zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung, BGBl. Nr. 250/1983; nach deren § 1 Abs. 1 hat derjenige, der ein Fahrzeug in einer Kurzparkzone "zum Halten oder Parken" aufstellt, unter anderem dafür zu sorgen, daß es während der Dauer der Aufstellung mit einer richtig eingestellten Parkscheibe oder mit einem richtig markierten Parkschein gekennzeichnet ist; vgl. weiters auch die betreffend Übertretung der - durch die Kurzparkzonenüberwachungsverordnung außer Kraft getretenen - Parkscheiben-Verordnung ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 1700/68,

, Zl. 732/68 und vom , Zl. 686/68, wonach bei Abstellung mehrspuriger Kraftfahrzeuge in Kurzparkzonen nur zum Halten auch die Anbringung einer Parkscheibe erforderlich ist). Im Hinblick auf den klaren Wortlaut der im Landesgesetzblatt kundgemachten Abgabenvorschrift vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu finden, daß die Beschwerdeführerin die Abgabenpflicht zur Tatzeit in entschuldbarer Unkenntnis verletzt hat. In diesem Sinne vermag aber auch der Hinweis in der Beschwerde auf anders lautende Parkgebührenvorschriften anderer Bundesländer nicht durchzudringen.

Da sohin dem angefochtenen Bescheid die ihm zur Last gelegte Rechtswidrigkeit des Inhaltes nicht anhaftet und dem Verwaltungsgerichtshof auch ein wesentlicher Verfahrensmangel von Amts wegen nicht erkennbar ist, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.