VwGH vom 24.05.1991, 90/16/0197
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
90/16/0229
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Lebloch, über die Beschwerden des N gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Kärnten 1. vom , GZ. 238-6/89, betreffend Schenkungssteuer, sowie 2. vom , GZ. 238-6/90, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund folgende Aufwendungen je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; und zwar zu Zl. 90/16/0197 S 3.035,-- und zu Zl. 90/16/0229 S 2.530,--.
Begründung
I.
Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens war die Mutter des Beschwerdeführers Alleineigentümerin des gemischt genutzten Grundstückes EZ 15 KG X. Die Liegenschaft hatte ein Gesamtausmaß von 5.521 m2, davon bebaut 134 m2 mit dem Wohnhaus Z 26A.
Mit zwei Notariatsakten je vom hatten die Eltern des Beschwerdeführers mit ihren beiden Söhnen L und dem Beschwerdeführer einen Schenkungs- sowie Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag abgeschlossen. Die obbezeichnete Liegenschaft war anläßlich dieser Schenkung geteilt worden, wobei L das Grundstück 120/5, landwirtschaftliche Nutzfläche, mit dem darauf bestehenden Seehaus im Katastralausmaß von
2.565 m2 und der Beschwerdeführer das Grundstück 120/6, landwirtschaftliche Nutzfläche, im Gesamtausmaß von 2.956 m2 erhielt. Laut Punkt "Drittens" der beiden diesbezüglich wörtlich übereinstimmenden Verträge galten die Übergabe und Übernahme der beiden geschenkten Grundstücke unter Übergang von Nutzung, Last, Vorteil und Gefahr mit der (am ) erfolgten Unterfertigung der beiden Verträge als vollzogen. Als Stichtag für die Verrechnung der auf die geschenkten Grundstücke entfallenden öffentlichen Abgaben war abweichend hievon der 1. Punkt Jänner 1989 vereinbart worden. Im Punkt "Sechstens" der beiden Verträge war für die Steuerfestsetzung übereinstimmend festgehalten worden, daß die geschenkten Grundstücke als Teil der Liegenschaft EZ 15 KG X einheitswertmäßig beim Finanzamt S unter dem Aktenzeichen 020-2-0062/2 erfaßt seien und für die ganze Liegenschaft zum ein Einheitswert in Höhe von 1,591.000 S bestehe. Die grundbücherliche Durchführung der Rechtsgeschäfte war mit Beschluß des Bezirksgerichtes T vom erfolgt.
Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in S dem Beschwerdeführer Schenkungssteuer in der Höhe von 141.500 S zur Zahlung vor. Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage wurde hiebei von dem zum festgestellten und vom Beschwerdeführer mit Berufung bekämpften Einheitswert der Liegenschaft in Höhe von 1, 795.000 S ausgegangen.
In der Folge gab das genannte Finanzamt der gegen den Schenkungssteuerbescheid eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers mit Berufungsvorentscheidung vom teilweise Folge und setzte die Schenkungssteuer (ausgehend von dem mit in Rechtskraft erwachsener Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes S zum festgestellten Einheitswert des Grundstückes in Höhe von 1,196.000 S) in Höhe von 81.620 S fest.
Nachdem der Beschwerdeführer rechtzeitig den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz eingebracht hatte, stellte diese durch Anfrage bei der Bewertungsstelle des Finanzamtes S fest, daß die zum festgestellten Einheitswerte auch als Hilfseinheitswerte zum heranzuziehen wären und forderte den Beschwerdeführer mit dem am seinem damaligen Rechtsfreund zugestellten Vorhalt vom unter Hinweis auf die §§ 12 und 18 ErbStG auf, binnen einer Frist von 14 Tagen bekanntzugeben, wann die Besitzübertragung ausgeführt worden, in welcher Form die Übergabe und die grundbücherliche Einverleibung erfolgt sei und wer die Abschreibung des Grundstückes veranlaßt habe. Dieser Vorhalt blieb nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens unbeantwortet.
Mit dem oben unter 1. näher bezeichneten Berufungsbescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung ebenfalls nur teilweise Folge und setzte die Schenkungssteuer mit 81.920 S fest. Zur Begründung führte die Rechtsmittelinstanz nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, aus, im Beschwerdefall bestehe Streit darüber, ob ein "besonderer Einheitswert" zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld (Tag der Übergabe und Übernahme
= ), welcher Wert betragsmäßig dem Einheitswert zum entspreche, festzustellen gewesen sei oder nicht. Zum habe der Beschwerdeführer einvernehmlich mit dem Finanzamt S den Quadratmeterpreis für das erhaltene Grundstück mit 300 S festgesetzt, sodaß die Zehntelgrenze des § 21 Abs. 1 Z. 1 lit. b BewG auch ohne Einbeziehung der Erhöhung von 35 Prozent überschritten wäre, wenn man den Einheitswert des Schenkungsobjektes zum in Relation zum "besonderen Einheitswert" zum stelle. Nach § 19 Abs. 2 ErbStG sei für inländisches Grundvermögen der Einheitswert maßgebend, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt sei oder festgestellt werde. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , Zl. 86/16/0057, unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung dargetan, daß bei Schenkungen unter Lebenden die Steuerschuld nach § 12 Abs. 1 Z. 2 ErbStG - anders als bei der Grunderwerbsteuer - grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung entstehe. Bei Liegenschaften stelle die Übergabe einer einverleibungsfähigen Schenkungsurkunde noch nicht die Ausführung der Schenkung dar. Ebenso stelle die Unterfertigung eines Kaufvertrages noch keine Besitzübertragung dar. Notwendig sei gleichfalls die Übergabe der Sache, die aber nicht durch traditio symbolica vorgenommen werden könne, weil eine Übergabe von Liegenschaften auf diese Weise im Gesetz nicht vorgesehen sei. Die Übergabe irgendwelcher "Besitzurkunden" reiche nicht aus, es bedürfe konkreter und unmittelbarer Ausführungshandlungen der Vertragsparteien, wie der Übernahme des Besitzes an einer Liegenschaft iSd §§ 309 und 312 ABGB. Wohl aber werde die Einverleibung im Grundbuch auf jeden Fall als Ausführung der Schenkung anzusehen sein. Der Beschwerdeführer habe, so führte die belangte Behörde abschließend aus, den Vorhalt, in dem er aufgefordert worden sei, bekanntzugeben, wann und in welcher Form die Übergabe erfolgt sei, unbeantwortet gelassen. Die Ausführung der Schenkung werde daher mit der Einverleibung im Grundbuch anzusehen sein. Dies sei am erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt habe aber das im Schenkungsvertrag bezeichnete Grundstück bereits einen wirtschaftlich selbständigen Teil gebildet, sodaß der zum dafür festgestellte Einheitswert in Höhe von 1,196.000 S als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die unter der hg. Zl. 90/16/0197, protokollierte und wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
II.
Gegen die Versäumung der von der belangten Behörde mit schriftlichem Vorhalt vom bestimmten Frist stellte der Beschwerdeführer am einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und gab gleichzeitig eine Stellungnahme zum seinerzeitigen Vorhalt ab. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, durch ein Versehen der mit der Aufteilung des Posteinlaufes betrauten Kanzleiangestellten, G, sei der Vorhalt nicht seinem damaligen Vertreter zur Erledigung vorgelegt worden, sondern sei in den allgemeinen Akt "F" eingeordnet worden. Erst am sei dieser Irrtum anläßlich einer routinemäßigen Aktenüberprüfung hervorgekommen. Die befaßte Kanzleiangestellte sei seit über 20 Jahren im Notariat tätig und in der Erledigung des ihr übertragenen Aufgabenbereiches sehr verläßlich. Ihr Versehen stelle daher ein unvorhergesehenes Ereignis dar, das dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden könne. Auch den damaligen Vertreter des Beschwerdeführers treffe unter Berücksichtigung der Berufserfahrung und Verläßlichkeit seiner Mitarbeiterin kein Überwachungs- und Auswahlverschulden.
Mit dem oben unter 2. angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet ab. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , Zl. 90/16/0042, dargetan, daß ein Verschulden eines Angestellten eines Rechtsanwaltes diesem nur dann als Verschulden anzulasten sei, wenn der Rechtsanwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber dem Angestellten unterlassen habe. Die regelmäßige Kontrolle wäre ihm aber dann nicht zumutbar, wenn er eine von einer erfahrenen und zuverlässigen Kanzleikraft durchgeführte rein manipulative Tätigkeit kontrolliere. Hiebei würde der Bogen der Sorgfaltspflicht überspannt. Die von G durchgeführte Tätigkeit, nämlich die Aufteilung des Posteinlaufes, könne nicht als manipulativ angesehen werden. Vielmehr habe der ausgewiesene Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die ihm zumutbare Kontrolle und Aufsichtspflicht gegenüber seiner Angestellten unterlassen. Der Vorhalt sei mittels RSb-Brief dem Notariat zugestellt worden. Wenn G die Post geöffnet und durchgelesen habe, so hätte ihr auffallen müssen, daß in dem vorliegenden Schreiben der Abgabenbehörde zweiter Instanz eine Fristsetzung vorliege und eine Aufforderung zur Stellungnahme. Hätte die Post der Notar selbst geöffnet, so hätte er eine Frist anmerken lassen und diese hätte von der Kanzleiangestellten vorgemerkt werden müssen. In dem Erkenntnis vom , Zlen. 16/3857/90, 81/16/0027, habe der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung dargetan, daß die Organisation des Kanzleibetriebes eines Rechtsanwaltes so einzurichten sei, daß u.a. auch eine vollständige und fristgerechte Erfüllung von Mängelbehebungsaufträgen gesichert erscheine. Was für Kanzleien von Rechtsanwälten gelte, werde auch auf Notare anzuwenden sein. Weiters habe er ausgesprochen, daß für die richtige Beachtung der jeweiligen Rechtsmittelfrist in einem bestimmten Fall grundsätzlich immer der Anwalt selbst verantwortlich sei, denn er selbst werde die entsprechende Frist festsetzen, ihre Anmerkung anwenden sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der ihm gegenüber seinen Kanzleiangestellten gegebenen Aufsichtspflicht überwachen müssen. Tue er dies nicht oder unterlaufe ihm hiebei ein Versehen, ohne daß er dartun könne, daß die Fristversäumung auf einem ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten des betreffenden Kanzleiangestellten beruhe und in seiner Person keinerlei Verschulden liege, so treffe ihn ein Verschulden. Dasselbe müsse auch für die Überwachung sonstiger Fristen gelten. Diese Fälle seien nicht eingetreten, die von der Abgabenbehörde zweiter Rechtsstufe gesetzte Frist sei ungenützt verstrichen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die unter der hg. Zl. 90/16/0229 protokollierte Beschwerde, in der gleichfalls Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
III.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden unter Bedachtnahme auf die Gegenschriften der belangten Behörde erwogen:
1. ZUR BESCHWERDE GEGEN DEN BESCHEID VOM 22. OKTOBER 1990
BETREFFEND DIE ABWEISUNG DES ANTRAGES AUF WIEDEREINSETZUNG IN
DEN VORIGEN STAND (BESCHWERDE ZL. 90/16/0229):
Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Die zitierte Vorschrift entspricht inhaltlich § 46 VwGG; die für die Auslegung dieser Vorschrift in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätze können daher auch hier zur Anwendung kommen.
Ein Verschulden der Partei an der Fristversäumung, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, d.h. die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben (siehe z.B. die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 87/16/0049, 0050 und vom , Zlen. 89/16/0105, 0106).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten, während das Verschulden eines Kanzleibediensteten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes dem Verschulden der Partei oder des bevollmächtigten Rechtsanwaltes nicht gleichgesetzt werden darf. Das Versehen eines Kanzleibediensteten stellt für den Rechtsanwalt und damit für die von ihm vertretene Partei dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis iSd § 308 Abs. 1 BAO dar, wenn der Rechtsanwalt, der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber dem Kanzleibediensteten nachgekommen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/16/0194).
Die dargelegten Grundsätze über die Zurechnung des Verschuldens im Falle einer Fristversäumung, hervorgerufen durch einen Fehler des Kanzleipersonals, gelten auch für Wirtschaftstreuhänder (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/16/0236) und für Notare.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter Berufung auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewiesen, weil die Fristversäumnis nicht nur auf einem Verschulden der mit der Aufteilung des Posteinlaufes betrauten Kanzleiangestellten des seinerzeitigen Rechtsfreundes des Beschwerdeführers beruhe, sondern den Notar selbst auch ein Verschulden treffe, das sich der Beschwerdeführer zurechnen lassen müsse.
Nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. die Beschlüsse vom , Zl. 84/16/0073, und vom , Zl. 87/16/0095, sowie das Erkenntnis vom , Zl. 85/16/0032) hat ein bevollmächtigter Rechtsanwalt (Notar) die Organisation seines Kanzleibetriebes so einzurichten, daß auch die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von - mit Präklusion sanktionierten - Prozeßhandlungen, etwa die fristgerechte Einbringung von Rechtsmitteln oder von Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, gesichert erscheint. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen u.a. dafür vorzusorgen, daß Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Das, was der Wiedereinsetzungswerber in Erfüllung seiner nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht vorgenommen hat, hat er im Wiedereinsetzungsantrag substantiiert zu behaupten (Beschluß vom , VwSlg. Nr. 5764/F, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Liegen Organisationsmängel vor, wodurch die Erreichung des oben genannten Zieles nicht gewährleistet ist, ist das Kontrollsystem in diesem Sinne unzureichend, oder hat der Antragsteller das Bestehen einer solchen Aufsichtspflicht überhaupt nicht erkannt, kann nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens gesprochen werden (vgl. die bereits zitierten Beschlüsse vom , Zl. 87/16/0095, und vom , Zlen. 89/16/0105, 0106).
Nach ständiger Rechtsprechung gehört es zu den Organisationserfordernissen, daß in einer Rechtsanwaltskanzlei (Notariat) eine Endkontrolle stattfindet, die sicherstellt, daß fristwahrende Schriftsätze tatsächlich gefertigt und abgesandt werden. Für diese Ausgangskontrolle ist ein Fristenkalender unabdingbar, in dem das Fristende vermerkt und diese Fristeintragung erst gestrichen wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht worden ist. Nur bei einer solchen Handhabung kann die Eintragung im Fristenkalender ihren Sicherungszweck erfüllen. Eine derartige End- oder Ausgangskontrolle gehört zu den Organisationserfordernissen, die zur Vermeidung von Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen unumgänglich sind.
Die naheliegende Frage der Fristenkontrolle an Hand des Terminkalenders wird in der Begründung zum Wiedereinsetzungsantrag nicht angesprochen, sondern nur dargetan, daß der Irrtum der mit der Aufteilung des Posteinlaufes betrauten Kanzleiangestellten anläßlich einer routinemäßigen Aktenüberprüfung erst am hervorgekommen sei. Durch eine derartige Nachkontrolle kann die Einhaltung der Frist nicht gewährleistet werden. Eine Endkontrolle in der Kanzlei des seinerzeitigen Rechtsvertreters des Beschwerdeführers, die sicherstellt, daß fristwahrende Schriftsätze tatsächlich gefertigt und abgesandt werden, ist nicht dargelegt worden. Hätte in der Kanzlei des seinerzeitigen Rechtsvertreters des Beschwerdeführers ein entsprechend organisiertes Fristenvormerk- und Kontrollsystem bestanden und wäre dieses auch im Beschwerdefalle angewendet worden, so hätte es nicht geschehen können, daß der fristengebundene Vorhalt nahezu zwei Monate lang unbearbeitet im allgemeinen Akt "F" liegen blieb. Denn es wäre noch vor Ablauf der Vorhaltsfrist bemerkt worden, daß die Sache noch nicht bearbeitet und der Vorhalt noch nicht erstellt war. In diesem Falle hätte die Möglichkeit bestanden, bis zum gesetzten Fristablauf entweder die Vorhaltsbeantwortung zu erstellen oder, falls die Zeit dazu nicht mehr ausreichte, jedenfalls einen - ersten - Antrag auf Fristverlängerung zu stellen.
Wenn daher die belangte Behörde die Voraussetzungen des § 308 Abs. 1 BAO auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers in seinem Wiedereinsetzungsantrag nicht als gegeben erachtet, so kann darin aus den angeführten Gründen eine inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht erblickt werden.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin insgesamt als unbegründet. Sie war daher durch einen nach § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2. BESCHWERDE GEGEN DEN BESCHEID VOM 8. AUGUST 1990 BETREFFEND SCHENKUNGSSTEUER (BESCHWERDE ZL. 90/16/0197):
Gegen die auf der Grundlage des zum festgestellten Einheitswertes des Grundstückes vorgenommene Festsetzung von Schenkungssteuer trägt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, die Vorgangsweise der belangten Behörde, den Übergabetermin und damit den Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung der Parteienautonomie zu entziehen, führe zu einem sowohl zivil- als auch abgabenrechtlich gesetzwidrigen Ergebnis. Dadurch werde das dispositive Recht über den Besitz- und Gefahrenübergang ausgeschaltet. Es sei den Vertragsparteien vorbehalten, den Zeitpunkt, mit dem die Schenkung vollzogen werde, ihrem Vertragswillen entsprechend frei festzusetzen. Die Fixierung dieses Termines sei ein dispositives Recht und die grundbücherliche Durchführung bewirke zwar die für den Eigentumserwerb erforderliche Übergabe, könne aber für den Übergang der Verfügungsgewalt nur insoweit herangezogen werden, als zwischen den Parteien keine diese Frage regelnde Vereinbarung zustande komme.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.
Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Schenkungen under Lebenden (erst) mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung.
Für die Wertermittlung ist nach § 18 ErbStG grundsätzlich der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgebend.
Nach § 19 Abs. 2 ErbStG ist für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für inländisches Grundvermögen und für inländische Betriebsgrundstücke der Einheitswert maßgebend, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes (Besondere Bewertungsvorschriften) auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird.
Mit der Frage, wann bei Liegenschaftsschenkungen die Zuwendung ausgeführt ist, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach befaßt. Er kam hiebei zu der Auffassung, daß eine Zuwendung grundsätzlich erst ausgeführt ist, wenn die Liegenschaft in den Besitz des Erwerbers überging. Verwiesen sei insbesondere auf die Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 1865/F, vom , Zl. 1388/68, und vom , Zl. 1329/70, wie auch auf Dorazil3, Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Rz 12.3.1.
Die belangte Behörde geht in dem angefochtenen Bescheid, nachdem der Beschwerdeführer - wie oben dargelegt - den an ihn gerichteten Vorhalt vom , er möge bekanntgeben, wann im Beschwerdefalle die Besitzübertragung ausgeführt worden ist und in welcher Form die Übergabe erfolgte, unbeantwortet gelassen hatte, im Einklang mit der diesbezüglich gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 86/16/0006 und vom , Zl. 86/16/0057) davon aus, daß zumindest die am durchgeführte grundbücherliche Übertragung der Liegenschaft in das Eigentum des Beschwerdeführers als eine zu seiner Bereicherung führende Ausführungshandlung iSd § 12 Abs. 1 Z. 2 ErbStG zu qualifizieren sei.
Die dieser Auffassung zu Grunde liegende tatbestandsbezogene Sachverhaltsannahme der belangten Behörde erweist sich als nicht rechtswidrig. Wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführt, nahm sie, mangels jeglicher Mitwirkung des Beschwerdeführers im Administrativverfahren die Verwirklichung des Schenkungsvorganges mit der grundbücherlichen Übertragung des Eigentums als gegeben an. Dieser, den angefochtenen Bescheid stützenden Sachverhaltsannahme vermag der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nichts Stichhältiges entgegenzusetzen. Seine Ausführungen in der Beschwerde, im Beschwerdefalle seien die Besitzerwerbsverhandlungen iSd § 312 ABGB schon vor Errichtung des Vertrages durch Begehung und Bezeichnung vollzogen worden, als die künftige Grenze zwischen seiner Liegenschaft und jener seines Bruders festgestellt worden sei, stellen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ein neues, und somit gemäß § 41 Abs. 1 VwGG nicht zulässiges Sachverhaltsvorbringen dar. Daß aber im Abschluß des Schenkungs- sowie Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrages noch keine Ausführungshandlung iSd § 12 Abs. 1 Z. 2 ErbStG gesehen werden kann, erhellt ganz deutlich aus den beiden bereits zitierten Erkenntnissen vom , Slg. Nr. 1865/F und vom , Zl. 1329/70.
Auch die abschließende Rüge, die Abgabenbehörde habe außer acht gelassen, daß die Feststellung des Einheitswertes für das geschenkte Grundstück als wirtschaftlich selbständige Einheit den Vollzug der Schenkung zur Voraussetzung habe und das geschenkte Grundstück, solange die Schenkung nicht ausgeführt sei, eine Einheit mit der restlichen Liegenschaft bilde, sodaß die Voraussetzungen für eine gesonderte Einheitsbewertung nicht vorgelegen seien, vermag die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen.
Maßgebend für die Besteuerung einer Liegenschaft ist gemäß § 19 Abs. 2 ErbStG jener Einheitswert, der auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt wurde. Das ist bei Einheitswertfeststellungen von Liegenschaft jeweils der Beginn eines Kalenderjahres.
Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens war mit der in Rechtskraft erwachsenen Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes S der Einheitswert der Liegenschaft des Beschwerdeführers zum mit 1,196.000 S festgestellt worden. Die Frage, ob diese Feststellung seinerzeit zu Recht erfolgt ist, entzog sich in dem anhängigen Verfahren der Kognition durch den Verwaltungsgerichtshof. Der in Rechtskraft erwachsene Einheitswertbescheid, an den die belangte Behörde bei Festsetzung der Schenkungssteuer gebunden war, ist nicht Gegenstand dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Aus der Zugrundelegung dieses unbekämpft gebliebenen Wertes läßt sich damit eine Rechtswidrigkeit des vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Schenkungssteuerbescheides nicht ableiten.
Mithin erweist sich auch die in der Schenkungssteuerangelegenheit erhobene Beschwerde als unbegründet, was deren Abweisung zur Folge haben mußte. Die Entscheidung selbst konnte ebenfalls durch einen nach § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Senat erfolgen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.