VwGH vom 25.03.1999, 98/20/0577
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur, Dr. Nowakowski, Dr. Hinterwirth und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des I J in Wien, geboren am , vertreten durch Dr. Markus Andreewitch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stallburggasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 200.761/0-V/13/98, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundeskanzleramt) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, seinen Angaben zufolge ein Staatsangehöriger von Liberia, reiste am in das Bundesgebiet ein und beantragte am Asyl.
Mit Bescheid vom wies das Bundesasylamt den Asylantrag nach Einvernahme des Beschwerdeführers gemäß § 3 AsylG 1991 ab.
Die Angaben des Beschwerdeführers hielt das Bundesasylamt in seinem Bescheid wie folgt fest:
"Ihre Familie sei im Bürgerkrieg ums Leben gekommen. Von 1989 bis 1997 hätten Sie sich in Libyen aufgehalten. Als Sie im Jänner 1997 zusammen mit Ihrem Bruder wieder in Ihre Heimatstadt zurückgekehrt seien, hätten Sie feststellen müssen, daß in Ihrem Elternhaus jemand anderer gewohnt habe. Es sei Ihnen gesagt worden, daß das Haus Ihrer Eltern jetzt das Haus des Charles Taylor sei. Daraufhin hätten Sie sich direkt zum Anwalt Ihres Vaters begeben. Der Anwalt habe Ihnen gesagt, daß Ihr Vater im Bürgerkrieg umgekommen sei, er habe das Haus nicht verkauft. Die jetzigen Bewohner würden sich illegal dort aufhalten. Er habe Ihnen geraten, vorerst nichts zu unternehmen, und hätten Sie ab diesem Zeitpunkt im Haus des Anwaltes gewohnt. Im Mai 1997 seien Sie dann zusammen mit Ihrem Bruder nochmals zu Ihrem Elternhaus gegangen. Mit den Bewohnern sei es folglich zu Streitigkeiten gekommen. Einer sei ins Haus gegangen, hätte ein Gewehr geholt und Ihren Bruder angeschossen, welcher in der Folge verstorben sei. Danach seien Sie ins Nachbarhaus geflüchtet, hätten dort Benzin geholt, Ihr Elternhaus damit übergossen und dieses angezündet.
Danach seien Sie zum Anwalt Ihres Vaters gegangen und hätten ihm alles erzählt. Später habe Ihnen der Anwalt gesagt, daß Sie von den Leuten des Charles Taylor gesucht würden und diese Sie, falls sie Sie finden würden, töten würden. Dies sei der Grund für Ihre Flucht gewesen.
Auf Befragung über Ihre Heimatstadt Monrovia bzw. über Liberia gaben Sie folgendes an:
Die St. James Street, in der Sie gewohnt hätten, würde im Westen von Monrovia liegen, den Namen des Bezirkes bzw. Stadtteiles könnten Sie nicht angeben. Die wichtigsten Hauptstraßen in Monrovia seien die Broad Street, die Benson-Street und Camp Johnson. Als Tageszeitungen führen sie die Newsweek, Newsline und Punch an. Sie würden dem Stamm der Kongo angehören, und sei Ihre Muttersprache Englisch. Folglich gaben Sie die gesetzlichen Feiertage mit folgenden Daten und Bezeichnungen an:
01. Mai als Tag der Arbeit, 27. Mai als Kindertag, 14. Februar als Valentinstag und 14. September als Unabhängigkeitstag bzw. Tag der Befreiung. Als politische Parteien nannten Sie die NPC (National Political Congress) und die DPC (Democratic Political Congress), wobei der jetzige Präsident Charles Taylor der letzteren angehöre. Durch Monrovia würden zwei Flüsse fließen, der St. Paul- und der St. James-Fluß. In Liberia würde es 13 Bundesstaaten geben und bezeichneten Sie diese mit Grand Bassa, Monrovia, Simeo, Nimba, Loaf und Bong. Die Telefon-Vorwahl von Monrovia gaben Sie mit 009 an, die Telefon-Vorwahl von Liberia mit 210. Ihr Geburtsdatum schrieben Sie auf Aufforderung mit "" auf und behaupteten, daß dies die in Liberia gebräuchliche Datumsschreibweise sei. Eine Identitätskarte hätten Sie nie besessen. Auf Vorhalt, daß man in Liberia ohne Identitätskarte keinen Reisepaß erhalten kann, gaben Sie an, daß Sie einen Studentenausweis gehabt hätten. Auf die Frage, wann Sie Schulferien gehabt haben, gaben Sie an, daß man, wenn man im Jänner in die Schule eintritt, im April Ferien habe."
Davon ausgehend gelangte das Bundesasylamt zu dem Ergebnis, der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft machen können, daß er liberianischer Staatsangehöriger sei. Demnach sei auch dem übrigen Vorbringen des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit abzusprechen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung, in der er im wesentlichen Verfahrensmängel geltend machte. Insbesondere brachte er vor, daß die Behörde ihrer Ermittlungspflicht nicht hinreichend nachgekommen sei, wonach sie durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken gehabt hätte, daß die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht, oder ungenügende Angaben vervollständigt würden. Die Niederschrift vom sei in mehreren Punkten mangelhaft. Er habe in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt ausgesagt, daß er "wegen des herrschenden Bürgerkriegs und aus politischen Gründen" seine Heimat habe verlassen müssen. Wäre die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen, hätte sie die Details seiner Flucht näher nachfragen können und auch weitere Informationen einholen müssen, um festzustellen, daß seine Angaben der Wahrheit entsprächen. Die Behörde hätte ihn mit ihren Zweifeln konfrontieren müssen, um ihm die Möglichkeit zur Entgegnung bzw. zur Aufklärung zu geben. Wäre dies erfolgt, so hätte er alle Mißverständnisse ausräumen und die Behörde von seiner Wahrhaftigkeit überzeugen können.
Der Beschwerdeführer beantragte schließlich ein Gutachten der Vereinten Nationen zur Situation in Liberia sowie zur Gefährdung seiner Person infolge einer behördlichen asylrelevanten Verfolgung einzuholen, insbesondere ihn (nochmals) persönlich einzuvernehmen.
Im übrigen sei auch die rechtliche Qualifikation der Behörde erster Instanz unrichtig.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (im folgenden: AsylG) ab.
In der Begründung verwies die belangte Behörde zunächst auf das im Bescheid des Bundesasylamtes festgehaltene Vorbringen des Beschwerdeführers, welchen "Teil des erstinstanzlichen Bescheides (sie) auch zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides" erhebe.
Nach Wiedergabe der Berufung und Darlegung des gemäß § 44 Abs. 1 AsylG anzuwendenden Rechtslage (nach dem Asylgesetz 1997) führte die belangte Behörde zur Begründung ihres Bescheides im wesentlichen aus:
"Eine Aussage ist grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren, wenn das Vorbringen des Asylwerbers hinreichend substantiiert ist; er sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. seine Erlebnisse zu machen. Weiters muß das Vorbringen plausibel sein, dh. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist unter anderem dann nicht erfüllt, wenn die Ausführungen des Antragstellers betreffend allgemeine Fakten und Verhältnisse im Heimatland zu als notorisch zu qualifizierenden Umständen in Widerspruch stehen.
Eine grobe Unkenntnis über notorische Tatsachen oder über Umstände, welche dem Antragsteller - gemäß seinem Alter, seinem Bildungsgrad und seiner sozialen und kulturellen Herkunft - bekannt sein müßten, indiziert grundsätzlich die Unglaubwürdigkeit des gesamten Vorbringens. Weiters scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Asylwerber den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage, wenig detailliert bzw. nicht eindeutig zeitlich eingrenzbar schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt.
Hiezu wird ausgeführt, daß sich der Antragsteller jedenfalls in grober Unkenntnis betreffend grundsätzlicher Fakten bzw. Umstände seines angeblichen Heimatstaates Liberia befindet (Unkenntnis gesetzlicher Feiertage, Unkenntnis bzw. falsche Bezeichnung bzw. Abkürzung der Partei des Charles Taylor; die vom Antragsteller angegebenen liberianischen Tageszeitungen existieren nicht; es existieren auch keine Tageszeitungen mit auch nur annährend ähnlichen Bezeichnungen; Unkenntnis über telefonische Vorwahl Monrovias; Antragsteller verwendet nicht die in Liberia gebräuchliche Schreibweise von kalendarischen Daten etc).
Es war dem Antragsteller sohin jedenfalls nicht möglich, eine Reihe der vom einvernehmenden Beamten der Behörde erster Instanz an ihn gerichteten Fragen mit objektivierbaren Antworten richtig zu beantworten. Eingedenk der angegebenen Schulbildung wäre es dem Antragsteller jedenfalls zumutbar gewesen, im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme diesbezüglich den Tatsachen entsprechende Angaben betreffend seinen Heimatstaat zu machen.
Da die Angaben des Antragstellers in wesentlichen bzw. zentralen Passagen seiner Aussage offensichtlich nicht den Tatsachen entsprechen bzw., da er in keiner Weise den Eindruck erwecken konnte, tatsächlich aus Liberia zu stammen, war aufgrund der zugrundezulegenden Gesamtbetrachtung der Angaben dem Antragsteller sohin jegliche persönliche Glaubwürdigkeit zu versagen."
Unabhängig von der Bewertung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers seien diesem mit Schreiben der belangten Behörde vom die sich "seit der Asylantragstellung gänzlich geänderten politischen Verhältnisse, die aktuelle Entwicklung der Lage in Liberia - und diese aufgrund eines dem unabhängigen Bundesasylsenates vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten mit Note vom , und von der Österreichischen Botschaft Abidjan erstellten Länderbericht vom April 1998 - zur Kenntnis gebracht bzw. "diesem Gelegenheit geboten worden, innerhalb einer Frist von zwei Wochen Stellung zu nehmen". Eine solche Stellungnahme sei nicht erstattet worden. Auf der Grundlage dieses Länderberichtes vom April 1998 werde nachstehender Sachverhalt festgestellt:
"Aufgrund des geschlossenen Abkommens von Abuja im August 1996 sowie aufgrund der entschlossenen Haltung der von der afrikanischen Staatengemeinschaft eingesetzten internationalen Friedenstruppe ECOMOG konnten die vormals zum Zeitpunkt der Ausreise des Antragstellers in Liberia herrschenden Bürgerkriegshandlungen beendet werden. Insbesondere die Bildung sogenannter sicherer Zonen durch die ECOMOG bildet die Basis für die Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung im Land sowie für die Möglichkeit der Rückkehr von Flüchtlingen. Seit diesem Zeitpunkt findet eine sukzessive Entwaffnung der vormaligen Bürgerkriegsparteien seitens der internationalen Friedenstruppe statt. Am wurden in Liberia erfolgreich demokratische Wahlen abgehalten und standen diese Wahlen unter der Beobachtung der Vereinten Nationen. Die abgehaltenen Wahlen fanden geordnet und ohne Gewaltakte oder Einschüchterungen statt.
Die Übergangsregierungen und natürlich auch die neue Regierung unter Präsident Taylor haben alles daran gesetzt, von legistischer Seite her einen Mindeststandard an Menschen- und Bürgerrechten wieder in Kraft zu setzen bzw. zu schaffen. Die neue Regierung hat im November 1997 überdies eine Kommission für Menschenrechte eingerichtet. Mittlerweile vermögen verschiedene Menschenrechtsgruppen im Land frei zu arbeiten. Gemäß internationalen Medienberichten sowie gemäß der Einschätzung internationaler Beobachter befindet sich Liberia daher auf dem Weg zur Demokratisierung und Wiederherstellung der staatlichen Institutionen. Aufgrund der unter Mithilfe der ECOMOG bewirkten Verbesserung der allgemeinen Sicherheitssituation sind bis dato etwa 100.000 Personen (intern Vertriebene und Flüchtlinge) in ihre Heimatorte zurückgekehrt. Die Repatriierung von in die Nachbarstaaten geflohenen Liberianern erfolgt überdies unter Hilfe von UNHCR. Die liberianischen Behörden arbeiten mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Unterstützung von Flüchtlingen - insbesondere aus Sierra Leone - zusammen.
Ausdrücklich wird hervorgehoben, daß es dem Antragsteller im Falle der Rückkehr nach Liberia - dies unter Zugrundelegung der Angaben des Antragstellers zu seiner Staatsangehörigkeit und seinen angegebenen Fluchtgründen als wahr - jedenfalls möglich ist, sich unter den Schutz bzw. in den Schutz- bzw. Einflußbereich der Regierung oder der mit der Regierung kooperierenden ECOMOG-Friedenstruppen zu begeben, und er daher nicht zu befürchten hat, von seiten Angehöriger einer der vormals agierenden Rebellenarmeen behelligt zu werden.
Aufgrund der nunmehr grundlegend geänderten Verhältnisse im (angeblichen) Heimatstaat liegen die Gründe, welche den Antragsteller zum vormaligen Zeitpunkt angeblich zum Verlassen seines (angeblichen) Heimatlandes bewogen haben, nicht mehr vor, weshalb auch jedenfalls nicht davon ausgegangen werden kann, daß er sich pro futuro auf wohlbegründete Furcht vor asylrechtlich relevanter Verfolgung berufen kann."
Die Asylbehörden seien zwar verpflichtet, das Einzelschicksal eines Antragstellers jeweils vor dem gesamtpolitischen Hintergrund der Verhältnisse im betreffenden Heimatland einer Beurteilung zu unterziehen, weshalb den beantragten Länderberichten des UNHCR sowie anderen Hinweisen auf Länderberichte gleicher Qualifikation "nicht jegliche Bedeutung für die Entscheidung des Einzelfalles abgesprochen werden" könne. Da der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren aber keine konkreten, unmittelbar seine Person betreffenden
"Verfolgungsindizien glaubhaft machen konnte, war auf die Einholung der vom Berufungswerber beantragten Ländergutachten zu verzichten, da aus den etwa zu erhebenden allgemeinen im Heimatland des Antragstellers herrschenden Rahmenbedingungen jedenfalls nichts für die unmittelbare spezifische Situation des Antragstellers zu gewinnen wäre; dies deshalb da, wie erwähnt, der Antragsteller gänzlich keine ihn persönlich betreffenden Gefährdungsmomente von massiver Qualität glaubhaft zu machen vermochte. Überdies bot der obzitierte, von der österreichischen Berufsvertretungsbehörde erstellte Länderbericht eine wohl hinreichende Basis für die Beurteilung der herrschenden Situation in Liberia, weshalb schon aus diesem Grunde auf die Einholung eines weiteren Situationsberichtes zu verzichten war".
Von einer mündlichen Verhandlung habe Abstand genommen werden können, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage unter zentraler Berücksichtigung des niederschriftlichen Vorbringens in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen sowie "objektiverseits durch den obgenannten Länderbericht" geklärt sei.
Weiters führte die belangte Behörde noch aus, daß gemäß § 44 Abs. 1 AsylG im angegebenen Fall keine Verpflichtung bestanden habe, eine "Nonrefoulement-Prüfung vorzunehmen". Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Blickwinkel einer Verfahrensverletzung macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den Beschwerdeführer persönlich einzuvernehmen. Gemäß Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG iVm § 67d AVG dürfe der unabhängige Bundesasylsenat von einer mündlichen Verhandlung nur dann absehen, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage iVm der Berufung geklärt erscheine. Ein "krasseres Beispiel für die Verpflichtung des Bundesaslysenates eine mündliche Verhandlung anzuberaumen", sei "kaum denkbar". Die belangte Behörde habe "selbst festgestellt, daß die im vorangegangenen Verfahren relativierten Umstände bzw. Ereignisse nicht als Sachverhalt festgestellt werden konnten, da den gesamten Aussagen des Antragstellers die Glaubwürdigkeit zu versagen" sei. "So müßte es gerichtsnotorisch sein, daß gerade Afrikaner nicht in den uns eigenen Nationalitätenkategorien denken, sondern es herrscht ein Denken nach Stammeszugehörigkeit". Ausdrücklich sei darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer angegeben habe, "dem Stamm der Kongo anzugehören". Es sei somit durchaus möglich, daß der Beschwerdeführer - ohne sein Wissen - ein Staatsbürger eines anderen Landes sei, hinsichtlich welchem die begründete Furcht vor Verfolgung hätte untersucht und festgestellt werden müssen. Weiters sei die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers damit begründet, daß sich dieser in grober Unkenntnis betreffend grundsätzliche Fakten bzw. Umstände seines angeblichen Heimatstaates befinde. Ob bzw. inwieweit diese Angaben des Beschwerdeführers in seiner Niederschrift vom faktisch unrichtig seien, werde weder erklärt noch begründet. Die Unrichtigkeit der angegebenen Tatsachen betreffend Liberia könne wohl nicht als gerichtsnotorisch anzusehen sein. Demgemäß hätte es diesbezüglich einer entsprechenden Begründung bzw. der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurft. Überdies sei die Begründung der belangten Behörde in sich widersprüchlich. Einerseits werde festgestellt, den gesamten Aussagen des Antragstellers sei die Glaubwürdigkeit zu versagen, dennoch begründe die belangte Behörde - wohl ausgehend von der liberianischen Staatsangehörigkeit - die Ablehnung des Asylantrages damit, der Beschwerdeführer könne sich angesichts des Länderberichtes von 1998 nicht auf eine wohlbegründete Furcht vor asylrechtlich relevanter Verfolgung berufen.
Diesem Vorbringen kommt zwar Berechtigung zu, im Ergebnis aber keine Entscheidungsrelevanz:
Der unabhängige Bundesasylsenat ist gemäß Art. 129 und 129c B-VG idF BGBl. I Nr. 87/1998 ein unabhängiger Verwaltungssenat. Er hat gemäß § 23 AsylG das AVG anzuwenden. Deshalb finden für das Verfahren vor dem unabhängigen Bundesasylsenat zwar auch die Bestimmungen des AVG für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenaten, insbesondere die Bestimmung des § 67d AVG Anwendung, sofern im AsylG oder in einem anderen Gesetz keine spezielle Bestimmung normiert ist. Im AsylG findet sich zu § 67d AVG keine spezielle Regelung. Gemäß Art. II Abs. 1 Z. 43a EGVG hat der unabhängige Bundesasylsenat § 67d AVG jedoch mit der Maßgabe anzuwenden, daß eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint. Im Sinne dieser Bestimmung ist der Sachverhalt vor dem unabhängigen Bundesasylsenat allerdings (nur) dann als geklärt anzusehen, wenn er nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde und in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehens eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird (vgl. insoweit dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/01/0308). Nicht zutreffend ist zwar die Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe ihm anders als das Bundesasylamt erstmals die Glaubwürdigkeit aufgrund angenommener "grober Unkenntnis betreffend grundsätzlicher Fakten bzw. Umstände seines angeblichen Heimatstaat Liberia" versagt. Derselbe Begründungsduktus findet sich nämlich schon im Bescheid des Bundesasylamtes, allerdings hat weder das Bundesasylamt noch die belangte Behörde nachvollziehbar begründet, warum die Antworten des Beschwerdeführers zu den ihm gestellten Fragen (den gesetzlichen Feiertagen in Liberia, liberianischen Tageszeitungen, die in Liberia gebräuchliche Schreibweise von kalendarischen Daten etc.) anläßlich seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt unrichtig seien. Dazu finden sich weder Feststellungen in diesen Bescheiden noch irgendwelche Ermittlungsergebnisse in den vorgelegten Verwaltungsakten. Der Beschwerdeführer weist mit Recht darauf hin, daß es sich bei den als maßgeblich angesehenen Daten nicht um notorische Umstände handelt. Es genügt aber nicht, daß Tatsachen allein bei der Behörde bekannt seien. Im Hinblick auf den in der Berufung gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf seine Einvernahme in einer mündlichen Verhandlung, in welcher er hätte darlegen können, daß die von ihm gemachten Angaben wahr seien, er aus politischen Gründen verfolgt werde und er auch allfällige Mißverständnisse hätte aufklären können - in diesem Zusammenhang wurde auch das in erster Instanz aufgenommene Verhandungsprotokoll als mangelhaft gerügt -, hätte die belangte Behörde von der mündlichen Verhandlung nicht Abstand nehmen dürfen. Angesichts fehlender nachvollziehbarer Feststellungen zu den angeführten Umständen auch im Bescheid der belangten Behörde selbst, hat diese ihren Bescheid mit einem weiteren Verfahrensmangel belastet. Die belangte Behörde wäre überdies im Sinne obiger Ausführungen zu den gesetzlichen Voraussetzungen für die zulässige Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung schon deshalb zur Durchführung einer solchen gemäß § 67d AVG verpflichtet gewesen, weil sie selbständige Ermittlungen durchgeführt und einen nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesenen Sachverhalt neu festgestellt hat. Auch wenn die belangte Behörde dem Beschwerdeführer durch Vorhalt der von ihr ermittelten - mangels Aufliegens des erwähnten Länderberichtes im Akt nicht nachvollziehbaren - Ergebnissen Parteiengehör eingeräumt hat, ändert dies nichts daran, daß sie dennoch eine mündliche Verhandlung hätte anberaumen müssen. In einem solchen Fall war sie jedenfalls nicht (mehr) berechtigt, gemäß Art. II Abs. 1 Z 43a EGVG von der grundsätzlich vorgesehenen mündlichen Verhandlung abzusehen.
Allerdings führt nicht jede Verfahrensverletzung zur Aufhebung eines mangelhaften Bescheides, sondern nur dann, wenn die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten bzw. vorliegenden Verfahrensverletzungen zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Ist diese Relevanz nicht offenkundig, so hat der Beschwerdeführer dies entsprechend konkret darzutun.
In der vorliegenden Beschwerde finden sich keinerlei konkrete Ausführungen dahingehend, zu welchen konkreten asylrelevanten Sachverhaltsfeststellungen die belangte Behörde im Falle der Vermeidung der angeführten Verfahrensfehler, insbesondere bei Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers als wahr, hätte gelangen können. Ausgehend von den Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt wäre bei Zugrundelegung eines derart behaupteten Sachverhaltes lediglich anzunehmen, im Mai 1997 sei es im Zusammenhang mit einem Streit um das Elternhaus des Beschwerdeführers zu einer Auseinandersetzung mit den aktuellen Bewohnern dieses Hauses gekommen. Danach hätte der Beschwerdeführer dieses Haus mit Benzin übergossen, angezündet und wäre deshalb von "den Leuten des Charles Taylors" gesucht worden. Diesen Angaben kann aber für sich allein nicht entnommen werden, daß der Beschwerdeführer aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention sein Heimatland verlassen hätte. Auch der in der Berufung angeführte Umstand, es habe in seinem Heimatstaat Bürgerkrieg geherrscht, begründet für sich allein nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Welche weiteren Aufklärungen eine Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde hätte ergeben können, wird in der Beschwerde nicht konkret dargelegt.
Damit kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde überdies aufgrund des - im Akt nicht aufliegenden - Länderberichtes vom April 1998 annehmen durfte, der Beschwerdeführer sei jedenfalls auch infolge geänderter politischer Verhältnisse einer asylrelevanten Verfolgung in Liberia nicht ausgesetzt.
Entgegen dem Standpunkt in der Beschwerde war die belangte Behörde gemäß § 44 Abs. 1 AsylG nicht verpflichtet, in solchen Fällen, in denen die Entscheidung der Behörde erster Instanz vor dem erging, eine Non-refoulement-Prüfung vorzunehmen.
Von der beantragten Verhandung war gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abzusehen.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes
nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am