VwGH vom 18.03.2002, 2002/17/0015
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des HS in A, vertreten durch Dr. Peter Steinbauer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Burgring 10, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 7 - 481 - 269/01-1, betreffend Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Admont, Hauptstraße 36, 8911 Admont), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer eine jährliche Kanalbenützungsgebühr ab in der Höhe von S 4.530,97 (EUR 329,28) vorgeschrieben. Die Gebührenvorschreibung beruhte auf einer Berechnungsfläche von 187,23 m2 und einem Einheitssatz von S 22,--.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er insbesondere ausführte, dass die mitbeteiligte Marktgemeinde zur Finanzierung der Kosten der ersten Ausbaustufe für die Kläranlage Admont-Hall anstelle der Erhöhung der Kanalbenützungsgebühr richtigerweise gemäß § 2 Abs. 2 des Kanalabgabengesetzes 1955 einen weiteren Kanalisationsbeitrag hätte vorschreiben müssen.
Mit Bescheid vom gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde der Berufung keine Folge. Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde von der Ermächtigung nach dem Kanalabgabengesetz 1955, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 71 (im Folgenden: KanalabgabenG 1955), in der letzten Fassung LGBl. Nr. 80/1988, Gebrauch gemacht und am eine neue Kanalabgabenordnung beschlossen habe, die in der Folge vom 9. November bis 24. November an der Amtstafel angeschlagen gewesen sei. Die Kanalabgabenordnung sollte mit Wirkung ab in Kraft treten. Gemäß § 7 KanalabgabenG 1955 trete die Kanalabgabenordnung mit dem auf die Kundmachungsfrist folgenden Monatsersten in Kraft. Im Hinblick auf die Kundmachung vom 9. November bis 24. November sei das Inkrafttretensdatum somit durch das Kanalabgabengesetz gedeckt gewesen.
Im Übrigen wird ausgeführt, dass die Vorstellungsbehörde an ordnungsgemäß kundgemachte Verordnungen bis zu einer allfälligen Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof im Rahmen des Verordnungsprüfungsverfahrens gemäß Art. 139 B-VG gebunden sei.
Zur Höhe der Kanalbenützungsgebühr wird festgehalten, dass der Vorwurf, die Erhöhung der Kanalbenützungsgebühren sei nicht gerechtfertigt, durch das Ergebnis der durchgeführten Gemeindegebarungsüberprüfung entkräftet werden könne. Bei der Gebarungsprüfung sei nämlich festgestellt worden, dass auf Grund der zu knappen Kalkulation des für die Berechnung der Kanalbenützungsgebühren geltenden Einheitssatzes in der Höhe von S 19,--/m2 Bemessungsfläche eine Einschränkung des finanziellen Handlungsspielraumes sowie die zukünftige Verschuldung des Gemeindehaushaltes nicht verhindert werden könne. Aus diesem Grund sei der Gemeinde nahegelegt worden, die Gebühren für die Kanalbenützung auf S 23,--/m2 Bemessungsfläche zu erhöhen. Die Festlegung eines neuen Einheitssatzes in der Höhe von S 22,--/m2 sei demnach aus Gründen der Wirtschaftlichkeit gerechtfertigt gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer geltend macht, dass die Gemeinde keine Erhöhung der Kanalbenützungsgebühren vornehmen hätte dürfen, sondern lediglich einen weiteren Kanalisationsbeitrag im Sinne des § 2 Abs. 2 KanalabgabenG 1955 vorschreiben hätte dürfen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom über die Erhebung der Kanalabgaben durch die Gemeinden des Landes Steiermark (Kanalabgabengesetz 1955), LGBl. Nr. 71/1955, zuletzt geändert durch die Kanalabgabengesetznovelle 1988, LGBl. Nr. 80, lauten:
"Abgabeberechtigung
§ 1.
Die Gemeinden des Landes Steiermark, welche öffentliche Kanalanlagen zur Ableitung von Abwässern errichten und betreiben, werden auf Grund des § 8 Abs. 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, durch Beschluss des Gemeinderates eine einmalige Abgabe zur Deckung der Kosten der Errichtung und der Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalisationsbeitrag) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben.
Gegenstand der Abgabe.
§ 2.
(1) Der Kanalisationsbeitrag ist einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiete zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.
(2) Bei Neulegung öffentlicher Kanäle ist der einmalige Kanalisationsbeitrag für alle anschlusspflichtigen Liegenschaften ohne Rücksicht auf ihren tatsächlichen Anschluss zu leisten. Ein weiterer Kanalisationsbeitrag ist, unbeschadet der Bestimmungen des § 1, auch für den Umbau, die Erneuerung oder die Verbesserung der technischen Einrichtungen von Abwasserreinigungsanlagen für bereits bestehende Kanäle zu entrichten, sofern diese baulichen Maßnahmen im Hinblick auf die technische Entwicklung auf Grund von gesetzlichen Bestimmungen bescheidmäßig festgelegt werden. Die Beitragspflicht entsteht zur Hälfte bei Baubeginn und zur Hälfte bei Vorliegen der technischen Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Kanalanlage oder Fertigstellung der Abwasserreinigungsanlage.
...
Kanalbenützungsgebühren
§ 6.
(1) Die Erhebung von laufenden Gebühren für die Benützung von öffentlichen Kanalanlagen (Kanalbenützungsgebühren) obliegt dem freien Beschlussrechte der Gemeinden.
(2) Die Kanalbenützungsgebühren dürfen das Jahreserfordernis für Instandhaltung und Betrieb der Kanalanlage, einschließlich zu leistender Annuitäten für die Rückzahlung von Darlehen, die für Errichtung, die Erweiterung, den Umbau oder die Erneuerung der technischen Einrichtungen der öffentlichen Kanalanlage aufgenommen worden sind, sowie die Bildung einer angemessenen Erneuerungsrücklage, nicht überschreiten.
(3) Sofern die Kanalabgabenordnung der Gemeinde nicht anderes bestimmt, entsteht die Gebührenschuld für die Kanalbenützung mit dem 1. des Monates, in dem der öffentliche Kanal in Benützung genommen wird."
Sowohl § 1 als auch § 6 KanalabgabenG 1955 ermächtigen die Gemeinden des Landes Steiermark im Sinne des § 8 Abs. 5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, zur Ausschreibung von Abgaben auf Grund freien Beschlusses des Gemeinderates. Eine derartige Ermächtigung kann von der Gemeinde ausgenützt werden, die Gemeinde ist jedoch in Ermangelung einer gemäß § 8 Abs. 6 F-VG angeordneten gesetzlichen Verpflichtung frei, von der Ermächtigung Gebrauch zu machen oder nicht. Wie der Verfassungsgerichtshof zu Benützungsgebühren und Interessentenbeiträgen im Zusammenhang mit dem Wasseranschluss bzw. mit Beiträgen zu Kanalisationsanlagen ganz allgemein, insbesondere aber auch zum Steiermärkischen KanalabgabenG 1955 ausgesprochen hat, ist es zulässig, die Errichtung einer Kanalanlage (teilweise nicht über Anschlussgebühren, sondern) über Kredite zu finanzieren und die Rückzahlung dieser Kredite in den Benützungsgebühren zu decken (vgl. das Erkenntnis VfSlg. 15.608/1999 mit Hinweis auf das zum Steiermärkischen KanalabgabenG 1955 ergangene Erkenntnis VfSlg. 11.294/1987 mwN.). Der Verfassungsgerichtshof hat daher auch im Erkenntnis Slg. 11.294/1987 festgestellt, dass die Fassung des § 6 Abs. 2 KanalabgabenG 1955 vor der Novelle LGBl. Nr. 67/1986, welche die Einbeziehung der Kosten für die Errichtung der Anlage in die Berechnung der Benützungsgebühren ausschloss, wegen unzulässiger Einschränkung der bundesgesetzlichen Ermächtigung der Gemeinden zur Abgabenerhebung im Finanzausgleichsgesetz durch das Landesgesetz verfassungswidrig war (vgl. nunmehr den Hinweis auf die zu leistenden Annuitäten für die Rückzahlung von Darlehen, die für Errichtung, die Erweiterung, den Umbau oder die Erneuerung der technischen Einrichtungen der öffentlichen Kanalanlage aufgenommen worden sind, in § 6 Abs. 2 KanalabgabenG 1955 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 67/1986). Die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers stünde der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes entgegen und kommt daher für die Auslegung des KanalabgabenG 1955 nicht in Betracht.
Auch der Verwaltungsgerichtshof hat zum KanalabgabenG schon in seinem Erkenntnis vom , Zl. 83/17/0244, und im Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 83/17/0245, ausgesprochen, dass sich aus der Rechtsnatur des (steiermärkischen) Kanalisationsbeitrages als Interessentenbeitrag nicht ergebe, dass die Aufwendungen für die öffentliche Anlage oder Einrichtung zur Gänze durch Abgabenleistungen (nach § 2 des KanalabgabenG 1955 als Kanalisationsbeitrag) hereingebracht werden müssten; es bestünde auch die Möglichkeit zur Überwälzung der Kosten im Wege über die laufenden Kanalbenützungsgebühren.
Es kann daher dem KanalabgabenG 1955 auch unter Berücksichtigung der Verfassungsrechtslage kein anderer Inhalt beigemessen werden als der, dass die Gemeinden frei sind, die Errichtungskosten für die Erneuerung von Kläranlagen durch die Ausschreibung von weiteren Kanalisationsbeiträgen im Sinne des § 2 Abs. 2 KanalabgabenG 1955, oder aber im Rahmen der Abdeckung des Gesamtaufwandes für die Kanalisationsanlage durch Kanalbenützungsgebühren gemäß § 6 KanalabgabenG 1955 zu decken.
Im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angesprochene Gebarungsprüfung und die diesbezüglich mit der Beschwerde vorgelegte Kopie des Protokolls der Gemeinderatssitzung vom , in welcher auf die auf Grund dieser Prüfung getroffene Feststellung der fehlenden Kostendeckung im Gebührenhaushalt der Gemeinde Bezug genommen wird, bestehen beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom .
Soweit in der Beschwerde weiters geltend gemacht wird, dass weder aus dem Abgabenbescheid der mitbeteiligten Marktgemeinde noch aus dem Berufungsbescheid und auch nicht aus dem angefochtenen Bescheid hervorgehe, woraus sich die vorgeschriebene erhöhte Kanalbenützungsgebühr ergebe, sind die Beschwerdeführer auf die ständige hg. Rechtsprechung zu verweisen, dass im Abgabenbescheid keine Begründung für die Höhe der in der Abgabenordnung festgesetzten Höhe des Einheitssatzes erforderlich ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/17/0120, und vom , Zl. 89/17/0199). Die Pflicht der Abgabenbehörde zur Begründung ihrer Bescheide erstreckt sich nicht auf die Darlegung der für den Verordnungsgeber bei Erlassung der Verordnung bestimmend gewesenen Faktoren. Da der vom Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung als Teil derselben festgesetzte Einheitssatz Verordnungscharakter aufweist, stellt es weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit noch einen Begründungsmangel dar, wenn in den gemeindebehördlichen Abgabenbescheiden lediglich der in der Kanalabgabenordnung der Gemeinde festgesetzte Einheitssatz, nicht aber die für dessen Berechnung maßgebenden Faktoren dargestellt werden. Im Hinblick auf die vom Amt der Landesregierung der Gemeinde nach Gebarungsprüfung vorgeschlagene Erhöhung des Einheitssatzes auf S 23,--, die von der mitbeteiligten Marktgemeinde durch Erhöhung auf S 22,-- gar nicht in vollem Umfang durchgeführt wurde, bestehen seitens des Verwaltungsgerichtshofes auch keine Bedenken gegen die dem Bescheid zu Grunde liegende Kanalabgabenordnung. Es besteht daher kein Anlass zur Antragstellung vor dem Verfassungsgerichtshof auf Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen bestehen aber auch keine Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der angewendeten Verordnung was die Ausnützung der Ermächtigung zur Ausschreibung von Kanalbenützungsgebühren auch zur Deckung des Rückzahlungserfordernisses für Errichtungskosten anlangt. Auch insofern ist der Anregung, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Aufhebung der Verordnung zu stellen, nicht nachzukommen.
Zu dem Beschwerdeeinwand, dass dem Beschwerdeführer nicht die gesamte Kanalbenützungsgebühr für das in seinem Miteigentum stehende Grundstück vorgeschrieben hätte werden dürfen, ist Folgendes auszuführen:
Nach § 6 der am beschlossenen Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde ist der Eigentümer der an die öffentliche Kanalanlage angeschlossenen Liegenschaft (gegebenenfalls der Bauwerkseigentümer) Abgabeschuldner der Kanalbenützungsgebühr.
Nach § 4 Steiermärkische Landesabgabenordnung sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB).
Wie der Verwaltungsgerichtshof zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach der Tiroler Landesabgabenordnung iVm § 2 des Gesetzes vom , LGBl. für Tirol Nr. 23/1969, über die Erhebung einer Abgabe für die erstmalige Herstellung zeitgemäßer Gehsteige in der Landeshauptstadt Innsbruck ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/17/0374), sind die Miteigentümer einer Liegenschaft, wenn eine materiell-rechtliche Abgabenverpflichtung den Eigentümer schlechthin trifft, Mitschuldner zur ungeteilten Hand, sofern sich in der materiell-gesetzlichen Grundlage kein Anhaltspunkt findet, dass den Miteigentümern die Abgabe nur anteilig vorzuschreiben wäre. Abgabepflichtig sind daher auch hinsichtlich der gegenständlichen Kanalbenützungsgebühr die einzelnen Miteigentümer des Grundstücks (und nicht eine "Gesamtheit der Miteigentümer", wie in der Beschwerde formuliert wird).
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0171) ist die Behörde im Fall des Vorliegens einer Solidarschuld nicht verpflichtet, Abgabenbescheide gegen jeden der in Betracht kommenden Abgabenschuldner zu erlassen. Dass der Beschwerdeführer vor der Vorstellungsbehörde einen Ermessensfehler bei der Ausübung des der Abgabenbehörde im Fall von Miteigentum zukommenden Ermessens, welchen der Miteigentümer sie zur Abgabenleistung heranzieht, geltend gemacht hätte, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr an den Beschwerdeführer war daher nicht rechtswidrig.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am