VwGH vom 28.10.1993, 93/18/0424
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-400207/4/Gf/La, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom , Zl. Sich 07-15507-1993, wurde gegen den Beschwerdeführer ein befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Beschwerdeführer erhob rechtzeitig Berufung an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom , Zl. Sich 07-15507-1993, wurde über den Beschwerdeführer zur Sicherung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Durchführung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus sofort vollzogen. Am wurde der Beschwerdeführer wegen Haftunfähigkeit aus der Schubhaft entlassen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (die belangte Behörde), die am zur Post gegeben wurde.
Mit dem angefochtenen "Beschluß" (gemeint wohl: Bescheid) wies die belangte Behörde diese Beschwerde als unzulässig zurück.
Begründend führte die belangte Behörde aus, daß Voraussetzung einer Beschwerde nach § 51 Abs. 1 FrG sei - wie aus dem Gesetzestext unzweifelhaft hervorgehe -, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung auch tatsächlich in Schubhaft angehalten werde, was im vorliegenden Fall offensichtlich nicht zutreffe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem gesetzlich gewährleisteten Recht auf meritorische Entscheidung über seine Beschwerde vom verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen der §§ 51, 52 FrG lauten wie folgt:
"§ 51. (1) Wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen.
(2) Die Beschwerde kann auch bei der Behörde eingebracht werden, der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist; erfolgt die angefochtene Anhaltung in Vollziehung eines Schubhaftbescheides, so kann die Beschwerde auch bei der Behörde eingebracht werden, die den Bescheid erlassen hat.
(3) Wird die Beschwerde bei der Behörde gemäß Abs. 2 eingebracht, so hat diese dafür zu sorgen, daß sie, sofern die Anhaltung des Beschwerdeführers nicht schon vorher geendet hat, dem unabhängigen Verwaltungssenat spätestens zwei Tage nach dem Einlangen vorliegt. Die Behörde, die den Beschwerdeführer anhält, hat dem unabhängigen Verwaltungssenat ein Ende der Anhaltung während des Beschwerdeverfahrens unverzüglich mitzuteilen.
(4) Hat die Anhaltung des Fremden hingegen schon vor Ablauf der Frist des Abs. 3 geendet, so ist die Behörde gemäß Abs. 2 verpflichtet, die Beschwerde dem unabhängigen Verwaltungssenat ohne unnötigen Aufschub vorzulegen.
§ 52. (1) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.
(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67 c bis 67 g sowie 79 a AVG mit der Maßgabe, daß
1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und
2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.
(3) Beschwerden, bei denen § 67 c Abs. 2 AVG nicht eingehalten wurde, sind zur Behebung der Mängel unter Gewährung einer kurzen Frist zurückzustellen. Die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung. Ein solcher Antrag hemmt den Ablauf der Entscheidungsfrist des Abs. 2 Z. 2.
(4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden. Die Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides ist jedoch als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Fremde vor der Festnahme deswegen auch den Verwaltungsgerichtshof angerufen hat."
§ 51 Abs. 1 FrG räumt im Lichte des Art. 6 Abs. 1 PersFrG jedermann, der festgenommen oder angehalten wird, somit allen bereits festgenommenen oder angehaltenen Personen das Beschwerderecht ein. Dem noch in Freiheit befindlichen Adressaten eines Schubhaftbescheides steht dieses Beschwerderecht nicht zu. Aus dieser Bestimmung ergibt sich darüber hinaus, daß dieses Beschwerderecht dem im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung bereits Freigelassenen ebenfalls nicht mehr zusteht.
Nach dieser Bestimmung steht sohin das Beschwerderecht an den unabhängigen Verwaltungssenat nur den tatsächlich festgenommenen oder angehaltenen Personen zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/18/0180, sowie zur insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 5a Fremdenpolizeigesetz das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 346/91, und Folgezahlen). Da diese Voraussetzungen auf den Beschwerdeführer nicht zutrafen, erweist sich die mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid infolge Unzulässigkeit ausgesprochene Zurückweisung der an die belangte Behörde erhobenen Beschwerde als rechtmäßig.
Der Auffassung der Beschwerde, daß der Schubhaftbescheid "gleichsam in der Luft hänge", ist zu entgegnen, daß durch die Freilassung des Beschwerdeführers auf Grund der Haftunfähigkeit die Schubhaft gemäß § 49 Abs. 1 Z. 2 als formlos aufgehoben anzusehen ist. Für diesen Fall gilt gemäß § 49 Abs. 2 FrG der ihr zugrunde liegende Bescheid als widerrufen. Damit kann auf Grund dieses Bescheides eine neuerliche Inhaftnahme nicht erfolgen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.