VwGH vom 27.09.1990, 90/16/0101

VwGH vom 27.09.1990, 90/16/0101

Betreff

AM gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl GA 11 - 1183/35/89, betreffend Stundungszinsen

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit zunächst vorläufig, später endgültig erklärtem Bescheid vom wurde dem Beschwerdeführer Erbschaftssteuer vorgeschrieben. Dieser Bescheid ist noch nicht in Rechtskraft erwachsen.

Über Ansuchen des Beschwerdeführers stundete das Finanzamt mit Bescheid vom den aushaftenden Rückstand zunächst bis zum . In der Folge stundete das Finanzamt auf Grund weiterer Ansuchen diesen Rückstand mit fünf Bescheiden bis zum . Erst mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer Stundungszinsen für den Zeitraum vom bis fest, wobei es die Berechnung der Stundungszinsen von 218.792 S gesondert darstellte.

Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, sowohl im Bescheid über die erstmalige Stundung vom als auch in den weiteren diesbezüglichen Bescheiden sei der Hinweis enthalten, Stundungszinsen würden bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen mit gesondertem Bescheid angefordert werden. Trotz dieser Ankündigung seien jedoch über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren Stundungszinsen nicht festgesetzt worden. Mit dieser Vorgangsweise habe das Finanzamt den Anschein erweckt, keine Stundungszinsen geltend machen zu wollen und habe daher gemäß §§ 863 und 1444 ABGB eindeutig auf Stundungszinsen verzichtet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung unter Hinweis auf die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung mit der Begründung ab, Stundungszinsen für Erbschaftssteuer gehörten zu den Nebenansprüchen. Der Abgabenanspruch hinsichtlich der Stundungszinsen sei frühestens im Jahr 1985 entstanden, weswegen das Recht auf Festsetzung derselben im Jahr 1989 noch nicht verjährt gewesen sei. Bei der Festsetzung von Stundungszinsen stehe der Abgabenbehörde auch kein Ermessen zu, weswegen die diesbezüglichen Ausführungen ebenso wie der Hinweis auf zivilrechtliche Bestimmungen ins Leere gingen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn erhobenen Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit, Treu und Glauben, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie inhaltliche Bestimmtheit der Gesetze durch die Bestimmungen des § 212 Abs 2 BAO behauptet worden war, unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung (VfSlg 11281/87 und 8313/1978) mit Beschluß vom , B 1488/89-3, ab und trat sie gemäß Art 144 Abs 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer "durch den .... Bescheid vom in meinem Recht auf materielle Wahrheitsfindung gemäß § 115 Abs 1 und 3 BAO, in meinem Recht auf Billigkeit gemäß §§ 20 BAO, 212 BAO, 236 BAO, 237 BAO und in meinem Recht auf gleichmäßige Behandlung aller Abgabepflichtigen gemäß § 114 BAO verletzt" und macht unter weitwendiger Wiederholung seiner Ausführungen im Berufungsverfahren sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit die Ausführungen in der Beschwerde verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte betreffen, oblag deren Prüfung ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof, weshalb sich ein Eingehen auf diese Beschwerdeausführungen erübrigte.

Der Beschwerdeführer behauptet, in seinem Recht auf materielle Wahrheitsfindung verletzt zu sein. Diese Behauptung ist unverständlich, weil die Höhe des gestundeten Rückstandes nicht strittig war. Er zeigt auch nicht auf, welche Ermittlungen die belangte Behörde unterlassen habe bzw zu welchen im Spruch anders lautenden Bescheid sie hätte kommen können. Der bloße Hinweis auf § 115 Abs 1 und 3 BAO vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Die Beschwerdeausführungen, "die Tatsache, daß mir nach dem Ablauf von mehr als drei Jahren ein extrem hoher Zinsenbetrag vorgeschrieben wurde, stellt einen Verstoß gegen § 114 BAO dar; gemäß § 114 BAO müssen nämlich alle Abgabepflichtigen gleichmäßig behandelt werden; von einer gleichmäßigen Behandlung gemäß § 114 BAO durch die belangte Behörde kann überhaupt keine Rede sein, da regelmäßig Stundungszinsen durch die Finanzverwaltung bereits nach einem Jahr vorgeschrieben werden," sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Denn mit diesem Vorbringen wird keineswegs eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte aufgezeigt, sondern vielmehr behauptet, daß gegenüber anderen Abgabepflichtigen in der Regel Nebengebühren bereits zeitnäher nach bewilligter Stundung festgesetzt werden. Eine derartige Vorgangsweise greift jedoch nicht in die Rechtsphäre des Beschwerdeführers ein. Vielmehr war er durch die später erfolgte Festsetzung der Stundungszinsen gegenüber anderen Abgabepflichtigen durch den erlangten Zinsvorteil begünstigt. Eine Verletzung der Bestimmungen des § 114 BAO erblickt der Verwaltungsgerichtshof daher in der erst später erfolgten Festsetzung von Stundungszinsen nicht.

Was die umfangreichen Ausführungen des Beschwerdeführers zum Ermessen bei der Festsetzung von Stundungszinsen betrifft, so genügt es darauf hinzuweisen, daß der Abgabenbehörde beim Vollzug der Bestimmungen des § 212 Abs 2 BAO kein Ermessen eingeräumt ist. Es erübrigte sich daher, auf den behaupteten Ermessensmißbrauch einzugehen. Mangels Ablaufes der Verjährungsfrist wurden die strittigen Stundungszinsen - wie die belangte Behörde bereits ausgeführt hat - zu Recht festgesetzt. Auch bei Anwendung der Bestimmungen der §§ 207 ff BAO ist der Abgabenbehörde kein Ermessen eingeräumt. Die Sonderregelungen des Abgabenverfahrensrechtes lassen den vom Beschwerdeführer in Hinsicht der Bemessungsverjährung angestellten Vergleich mit dem Zivilrecht als fehl am Platz erkennen (vgl Slg Nr 5956/F).

Hinsichtlich der Behauptung, die Bestimmungen des § 212 Abs 2 BAO widersprächen mangels Determinierung dem Legalitätsprinzip, genügt es, auf das im bereits erwähnten Beschluß des Verfassungsgerichtshofes zitierte Erkenntnis VfSlg 11281/1987 hinzuweisen. Die unterschiedliche Höhe der jeweils für bestimmte Zeiträume festgesetzten Stundungszinsen ergibt sich aus der Änderung des jeweils geltenden Zinsfußes für Eskontierungen der Österreichischen Nationalbank.

Der Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 236 und 237 BAO sowie die diesbezüglichen Ausführungen gehen ins Leere, weil die belangte Behörde ausschließlich über die Festsetzung von Stundungszinsen, nicht jedoch über eine Nachsicht oder eine Entlassung aus der Gesamtschuld entschieden hat.

Was schließlich die Frage der eventuellen Abschreibung der bereits entrichteten Stundungszinsen und den damit möglichen Zinsnachteil betrifft, so stellt sich dies als eine vom Gesetzgeber gewollte Folge dar, die der Verfassungsgerichtshof nicht zum Anlaß genommen hat, die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen des § 212 Abs 2 BAO in Frage zu stellen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war diese gemäß § 35 Abs 1 VwGG durch einen nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.