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VwGH vom 27.06.1991, 90/16/0097

VwGH vom 27.06.1991, 90/16/0097

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der 1. A, 2. B und 3. C gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 11 - 1495/89, betreffend Erbschaftssteuer,

A.

den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen;

B.

zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet

abgewiesen.

C.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Am war Dkfm. Gerold B ... (in der Folge: Erblasser) ohne Hinterlassung einer (gültigen) Erklärung seines letzten Willens (über sein ganzes Vermögen) gestorben. Die Erstbeschwerdeführerin (die Ehegattin des Erblassers) sowie die Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin (die Töchter des Erblassers) hatten je zu einem Drittel bedingte (mit Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars) Erbserklärungen abgegeben.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (in der Folge: FA) setzte mit "vorläufigem Abgaben- und Haftungsbescheid" vom 1. gegenüber der Erstbeschwerdeführerin für ihren Erwerb durch Erbanfall gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG Erbschaftssteuer mit einem Betrag von S 2.445,-- fest und machte 2. und 3. je die persönliche Haftung der Erstbeschwerdeführerin als Gesamtschuldnerin (§ 6 BAO) für die Steuer der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin (je S 2.445,--) geltend.

Eine Erbschaftssteuerfestsetzung gegenüber der Zweit- oder der Drittbeschwerdeführerin für deren Erwerb durch Erbanfall ist den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen.

Gegen den Bescheid des FA vom brachten die Beschwerdeführerinnen in einem von ihrem Vertreter verfaßten gemeinsamen Schriftsatz vom rechtzeitig Berufung ein.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das FA (nur) die Berufung der Erstbeschwerdeführerin als unbegründet ab, weil die Voraussetzungen des § 200 Abs. 1 BAO vorlägen (die Erben hätten bereits im Jahre 1985 ihre Erbserklärungen abgegeben und ein Teilinventar erstellt) und die gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG erfolgte Besteuerung auf Grund des vom Vertreter der Beschwerdeführerinnen vorgelegten Teilinventars vom vorgenommen worden sei.

Nachdem die Erstbeschwerdeführerin rechtzeitig ihren Antrag vom auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz eingebracht hatte, wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (in der Folge: belangte Behörde) die Berufung der Erstbeschwerdeführerin mit Berufungsentscheidung vom als unbegründet ab und stellte gleichzeitig fest, die Festsetzung bleibe bis zum Abschluß des Ermittlungsverfahrens vorläufig. Als Begründung verwies die belangte Behörde im wesentlichen auf die Bestimmungen der §§ 8 Abs. 5, 12 und 27 ErbStG sowie 200 Abs. 1 BAO und darauf, daß die Summe der Einheitswerte der vom Erblasser hinterlassenen Liegenschaften auf Grund des erwähnten Teilinventars S 733.419,-- betrage.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt wird.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor. In dieser wird die Abweisung der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin als unbegründet und die Zurückweisung der Beschwerde der Zweit- der Drittbeschwerdeführerin mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit beantragt.

Zunächst ist - von Amts wegen - zu prüfen, ob der Beschwerde der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht oder nicht.

Zu dieser Frage ist - im Sinn des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG unter Anführung des mit weiteren Hinweisen begründeten, mit einem Erkenntnis verbundenen Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/16/0210, ÖStZB 15/16/1990, S. 253, - folgendes darzulegen:

Es erging (sowohl der erstinstanzliche Bescheid vom als auch) die nunmehr angefochtene Berufungsentscheidung nur gegenüber der Erstbeschwerdeführerin. So wie - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - gemäß §§ 246 und 248 BAO zur Einlegung einer Berufung nur derjenige berechtigt ist, an den der Bescheid ergangen ist, und Personen, die nach Abgabenvorschriften für die den Gegenstand eines angefochtenen Bescheides bildende Abgabe als Gesamtschuldner oder als Haftungspflichtige in Betracht kommen, von den Abgabenbehörden aber nicht herangezogen worden sind, gemäß § 257 BAO nur das Recht zusteht, einer Berufung, über die noch nicht entschieden ist, beizutreten, kann aber demjenigen, dem gegenüber ein abgabenrechtlicher Bescheid nicht ergangen ist und dem gegenüber er auch nicht wirkt, vor dem Verwaltungsgerichtshof keine Beschwerdelegitimation zukommen.

Abgabenrechtliche Haftungen setzen wohl den Bestand einer Schuld (§ 4 BAO) voraus, nicht jedoch, daß diese Schuld dem Abgaben(Erst)schuldner gegenüber auch bereits geltend gemacht wurde; sie haben daher keinen akzessorischen Charakter. Wenn auch dem Erstschuldner gegenüber der Anspruch noch nicht geltend gemacht worden wäre, würde doch durch den Haftungsbescheid ein Gesamtschuldverhältnis begründet, welches dem Erstschuldner gegenüber allerdings erst mit Erlassung des Abgabenbescheides wirksam wird.

Wie der Verwaltungsgerichtshof z.B. in seinem Beschluß vom , Zl. 90/16/0005, mit weiterem Hinweis, dargetan hat, vermag die (bloße) Anführung als Berufungswerber in der Berufungsschrift die vom Gesetz geforderte schriftliche förmliche Erklärung als Beitretender zur Berufung nicht zu ersetzen.

Die Beschwerde der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin ist daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Wie er bereits wiederholt (siehe z.B. sein gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführtes Erkenntnis vom , Zl. 87/16/0010, ÖStZB 24/1988, S. 553, mit weiterem Hinweis) dargetan hat, stellt sich nach § 8 Abs. 5 ErbStG der im Abs. 4 umschriebene Erhöhungsbetrag als MINDESTsteuer dar, die unter allen Umständen einzuheben ist, auch wenn die Zuwendung an sich steuerfrei ist oder infolge Abzuges von Freibeträgen ganz oder zum Teil frei bleibt. Weiters ist die Erhöhung als MINDESTsteuer aber auch dann einzuheben, wenn der Nachlaß infolge Überschuldung zu keiner Erbschaftssteuer führen könnte, wenn zum Nachlaß Liegenschaften nicht gehörten.

Auf Grund des § 12 Abs. 1 Z. 1 ErbStG entsteht die Steuerschuld - abgesehen von den hier nicht in Betracht kommenden Fällen der lit. a) bis h) - bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tode des Erblassers.

Gemäß § 13 Abs. 1 ErbStG ist bei Erwerben von Todes wegen der Erwerber Steuerschuldner.

Nach § 13 Abs. 2 ErbStG haftet neben den im Abs. 1 Genannten der Nachlaß sowie jeder Erbe in Höhe des Wertes des aus der Erbschaft Empfangenen für die Steuer der am Erbfall Beteiligten als Gesamtschuldner.

§ 27 Abs. 1 erster Satz ErbStG bestimmt, daß auf Grund der Steuererklärung der ihr entsprechende Betrag der Steuer vom Finanzamt vorläufig festzusetzen ist.

Aus den dargelegten Erwägungen ist die vorliegende Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin unbegründet und daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG durch den nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat abzuweisen.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.