VwGH vom 19.03.2003, 2002/16/0258
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der E Immobilien GesmbH & Co KG in K, vertreten durch Kubac, Svoboda & Kirchweger, Rechtsanwälte in Wien, Kantgasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ RV 378-09/07/02, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom erwarb die A & A OEG von der beschwerdeführenden Kommanditgesellschaft als Verkäuferin 80/4002 Anteile (W 10) und 82/4002 Anteile (W 55) jeweils verbunden mit Wohnungseigentum an der Liegenschaft EZ 1597 Grundbuch Margarethen um den Kaufpreis von S 5,443.476,--. In Punkt II Z 2 der Vertragsurkunde wurde vereinbart, einen Teil des Gesamtkaufpreises gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der B. Barter GmbH zu bezahlen. Der Käufer übergebe dem Vertragserrichter daher einen Barterscheck über S 2,268.115,-- sowie einen Barbetrag in Höhe von S 3,175.361,--.
Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der A & A OEG von diesem Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer in Höhe von S 190.522,-- vor.
Am schlossen die Vertragsparteien eine "Auflösungsvereinbarung" ab. Darin wurde zunächst festgestellt, dass die Käuferin einen Teilbetrag des Kaufpreises im Barter-Verrechnungsweg von S 1,900.000,-- beglichen habe. Von der Anzahlung entfalle ein Teilbetrag von S 685.424,50 auf die Wohnung W 10, sodass eine Kaufpreisforderung von S 1,843.070,30 offen sei. Auf die Wohnung W 55 entfalle eine anteilige Anzahlung von S 1,214.575,50, sodass die offene Kaufpreisforderung S 1,700.405,70 betrage. Die vertragsgegenständlichen Eigentumswohnungen seien noch nicht übergeben worden, eine Einverleibung des Eigentumsrechts der Käuferin sei noch nicht erfolgt. Die Vertragsteile vereinbarten daher die Aufhebung des Kaufvertrags vom hinsichtlich der Eigentumswohnung W 55. Wörtlich wurde in der Vereinbarung ausgeführt:
Das hiedurch bei der B Barter GmbH für die Käuferin aus der Anzahlung entstehende Guthaben in der Höhe von S 1,214.575,50 wird von der Käuferin zur Bezahlung der Kaufpreisteilzahlung in der gleichen Höhe für Mag. Cornelia A., welche gleichzeitig einen Kaufvertrag über die gegenständliche Eigentumswohnung W 55 mit der Verkäuferin abschließt, verwendet. Die diesbezügliche Verrechnungsabwicklung erfolgt seitens sämtlicher Vertragsteile gesondert.
Mit Schriftsatz vom wurde daraufhin die Abänderung der festgesetzten Grunderwerbsteuer beantragt.
Nach einem entsprechenden Vorhalt wurde in einer Eingabe vom ausgeführt, der Grund, warum die Rückzahlung für den Ankauf von Mag. Cornelia A. verwendet worden sei, sei darin gelegen gewesen, dass die von der A & A OEG geleistete Anzahlung in Form einer Barter-Verrechnung geleistet worden sei und dass eine Bar-Rückerstattung daher nicht möglich gewesen sei. Es sei daher diese Rückerstattung ebenfalls im Verrechnungsweg vorgenommen worden. In einem diesem Schreiben angeschlossenen, mit datierten Schriftstück wurde von den Vertragsparteien des Kaufvertrages vom bestätigt, dass durch die Auflösungsvereinbarung die "wirtschaftliche Verfügungsmacht" an der Wohnung W 55 wiederum an die Verkäuferin zurückgegangen sei.
Mit einem Vorhalt vom wurde Dipl. Ing. Peter A. aufgefordert, aus der Buchhaltung der A & A OEG den Nachweis zu erbringen, dass der Anzahlungsbetrag von S 1,900.000,--
auf Grund der Auflösung wieder im Vermögen der A & A OEG aufgeschienen sei.
In der Folge wurde eine "Auflösungsvereinbarung" vom vorgelegt, wonach der Kaufvertrag (auch) hinsichtlich der 80/4002 Anteile verbunden mit der Eigentumswohnung W 10 aufgehoben worden sei. Aus einer gleichzeitig vorgelegten Vollmachtsurkunde war ersichtlich, dass über das Vermögen des Dipl. Ing. Peter A. das Konkursverfahren eröffnet worden war. Der im Schriftsatz vom erbetene Nachweis wurde nicht erbracht.
Daraufhin erließ das Finanzamt am an den Masseverwalter im Konkurs des Dipl. Ing. Peter A. einen Bescheid, wonach dem Antrag vom um "Nichteinhebung" der mit Bescheid vom vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer nicht stattgegeben werde. Begründet wurde der Bescheid damit, dass kein Nachweis erbracht worden sei, dass die geleistete Anzahlung wieder in das Vermögen der A & A OEG "bzw in die Konkursmasse" zurückgelangt sei.
Sodann wurde der Beschwerdeführerin die Grunderwerbsteuer für den Erwerbsvorgang vom mit Bescheid vom vorgeschrieben.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, die Käuferin habe lediglich im Verrechnungsweg einen Anteil von S 1,900.000,-- geleistet. Die Rückgängigmachung sei auf Grund der von der Käuferin verschuldeten Leistungsstörung erfolgt. Die wirtschaftliche Verfügungsmacht sei wiederum an die Verkäuferin zurückgegangen. Die Verkäuferin, die als Bauträger Interesse an der Weiterveräußerung der Wohnungseigentumsobjekte gehabt habe, habe selbstverständlich hinsichtlich der 82/4002 Anteile den Vorschlag der Käuferin, über dieses Objekt einen Kaufvertrag mit der Tochter eines der persönlich haftenden Gesellschafter der Käuferin abzuschließen, akzeptiert, ohne hiebei einen Anspruch der Käuferin auf ein wie immer geartetes Verfügungsrecht über dieses Objekt anzuerkennen. In einem gesonderten Schriftsatz beantragte die Beschwerdeführerin die Abänderung der festgesetzten Grunderwerbsteuer.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise stattgegeben. Der Steuer wurde dabei nur der Erwerb der Eigentumswohnung W 55 unterzogen. In der Begründung des Bescheides wurde, abgesehen von umfangreichen Darstellungen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ausgeführt, für den Erwerber "der Liegenschaften" sei mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages die Grunderwerbsteuerschuld entstanden. Diese habe durch die mit der Veräußerin getroffene Auflösungsvereinbarung nicht rückgängig gemacht werden können, wobei gleichzeitig der Verkauf des Liegenschaftsanteils an die "Tochter der Gesellschafter" vereinbart worden sei. Der nach § 17 GrEStG gegenüber der A & A OEG erlassene Bescheid sei rechtskräftig geworden.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird.
Ein vorerst nicht zur Abgabenleistung herangezogener Gesamtschuldner wird wie hier im Fall seiner späteren Heranziehung durch die Rechtskraft eines in einem anderen Verfahren erlassenen Bescheides in seinen Verteidigungsmöglichkeiten nicht beschränkt (vgl die hg Erkenntnisse vom , Zl 92/16/0013, und vom , Zl 92/13/0016). Dies gilt auch für einen Bescheid, der über einen Antrag iS des § 17 (Abs 4) GrEStG erlassen worden ist. Der - überdies an keine der beteiligten Parteien, sondern an den Masseverwalter im Konkurs des Gesellschafters Dipl. Ing. Peter A. ergangene (!) - Bescheid vom war daher im Beschwerdefall entgegen der Auffassung der belangten Behörde ohne jede Bedeutung.
Im Übrigen ist jedoch davon auszugehen, dass ein Erwerbsvorgang dann rückgängig gemacht iS des § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG ist, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. Ein Erwerbsvorgang ist also nur dann rückgängig gemacht, wenn der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss inne hatte, wiedererlangt hat (vgl zB Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II - Grunderwerbsteuer, § 17 Rz 14 und die dort wiedergegebene hg Rechtsprechung). Dabei hat bei derartigen Begünstigungstatbeständen wie § 17 GrEStG der die Begünstigung in Anspruch nehmende Steuerpflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl Fellner, aaO, § 17 GrEStG, Rz 6).
Erfolgte die Rückgängigmachung des Kaufvertrages hingegen nur, um den Verkauf des Grundstückes an den im Voraus bestimmten neuen Käufer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Kaufvertrages gleichsam uno actu erfolgen, hat der Verkäufer in Wahrheit nicht die Möglichkeit wiedererlangt, das Grundstück einem Dritten zu verkaufen. Eine Rückgängigmachung liegt also dann nicht vor, wenn ein Vertrag zwar formell, aber nur zu dem Zweck aufgehoben wird, gleichzeitig das Grundstück auf eine vom Käufer ausgesuchte andere Person zu übertragen (vgl zB Fellner, aaO, § 17 GrEStG, Rz 15, und die dort angeführte hg Rechtsprechung).
Im Beschwerdefall wurde in der Berufung ausdrücklich vorgebracht, dass die neue Käuferin der Liegenschaftsanteile von der als ursprüngliche Käuferin aufgetretenen Gesellschaft namhaft gemacht worden ist. Der Vorhalt der Abgabenbehörde, einen Nachweis über die Behandlung des Anzahlungsbetrages von S 1,900.000,-- in den Büchern der Gesellschaft zu erbringen, blieb unbeantwortet. Vielmehr ist in der Auflösungsvereinbarung vom selbst festgehalten, dass gleichzeitig das bei der B. Barter GmbH entstehende Guthaben der OEG an die Tochter der Gesellschafter, die neue Käufer - aus welchem Titel auch immer - abgetreten wird.
Hatte aber - wie im Falle des insoweit vergleichbaren hg Erkenntnisses vom , Zl 98/16/0029, - der Verkäufer seine Zustimmung zur Vertragsaufhebung am gleichen Tag erteilt, an dem er mit dem vom Beschwerdeführer namhaft gemachten zweiten Käufer kontrahierte und wurde überdies der Kaufpreis(- teil) an den Käufer nicht zurückgezahlt, dann lag eine Rückgängigmachung iS des § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG nicht vor.
Daraus folgt aber, dass der angefochtene Bescheid im Ergebnis dem Gesetz entspricht. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der "allenfalls" beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs 1 Z 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. I Nr. 501/2001.
Wien, am