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VwGH vom 11.04.1991, 90/16/0079

VwGH vom 11.04.1991, 90/16/0079

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

90/16/0080

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerden

1. des DN und 2. der CN gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland je vom , 1. Zl. GA 11 - 444/89 (hg. Zl. 90/16/0079), und 2. Zl. GA 11 - 444/1/89 (hg. Zl. 90/16/0080), je betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Dem Bund haben 1. der Erstbeschwerdeführer S 3.035,-- und

2. die Zweitbeschwerdeführerin S 2.530,-- an Aufwendungen zu ersetzen, und zwar je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Eine (in der Folge als Verkäuferin bezeichnete) gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft m.b.H. hatte im Jahre 1985 eine inländische Liegenschaft zur Schaffung eines Wohnhauses und zur Begründung des Wohnungseigentums erworben.

Mit Schreiben vom war der Verkäuferin von der zuständigen Landesregierung auf Grund der Bestimmungen des (in der Folge als BSWG bezeichneten) Bundes-Sonderwohnbaugesetzes 1983, BGBl. Nr. 661, in der Fassung BGBl. Nr. 482/1984 (VII. Hauptstück), zur Errichtung des geplanten Wohnhauses ein Annuitätenzuschuß für ein (auf dem Geldmarkt bei einer Kreditunternehmung aufzunehmendes) Hypothekardarlehen mit einer Laufzeit von 25 Jahren und einem Zinssatz von 8,75 % sowie ein Bauzinsenzuschuß für dieses Darlehen für einen tilgungsfreien Zeitraum von längstens zwei Jahren zugesichert worden.

Die beschwerdeführenden Ehegatten erwarben von der Verkäuferin mit Kaufvertrag vom (3./) je die Hälfte des Mindestanteiles an der erwähnten Liegenschaft, mit dem das Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung (samt Kellerraum und Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug) untrennbar zu verbinden war. Der für den ganzen Mindestanteil mit S 1,496.017,-- vereinbarte Kaufpreis war durch Eigen- (S 227.362,--) und Fremdmittel (S 1,268.655,--) aufzubringen. Die Eigenmittel waren in Raten bis , spätestens jedoch 14 Tage vor Übergabe des Kaufobjektes zu bezahlen. Die Fremdmittel wurden durch das angeführte - von den Beschwerdeführern mit dem genannten Anteil (S 1,268.655,--) übernommene - Darlehen finanziert.

Nachdem der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen die im Spruch des vorliegenden Erkenntnisses näher bezeichneten Berufungsentscheidungen der belangten Behörde erhobenen Beschwerden je mit Beschluß vom ,

1. B 1593/89-4, und 2. B 1594/89-4, abgelehnt und die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, ist in den nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren, die der Verwaltungsgerichtshof wegen ihres engen persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden hat, die Beantwortung folgender - von der belangten Behörde bejahten, von den Beschwerdeführern verneinten - Frage streitentscheidend:

Ist die von den Beschwerdeführern übernommene Darlehensschuld bei der Ermittlung der Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage mit dem Nennwert zu bewerten oder nicht?

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG ist jedes Erkenntnis zu begründen. Soweit die Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung klargestellt ist, genügt es, diese anzuführen.

Nach dem (mit § 11 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1955 inhaltsgleichen) § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 (in der Folge: GrEStG) ist Gegenleistung - von deren Wert die Steuer auf Grund des § 4 Abs. 1 GrEStG zu berechnen ist - bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Die von der belangten Behörde zutreffend vorgenommene Qualifikation der oben angeführten, von den Beschwerdeführern übernommenen Darlehensschuld als sonstige Leistung im Sinn des § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG wurde und wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten.

Gemäß § 1 Abs. 1 BewG gelten die Bestimmungen des ersten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 2 bis 17), soweit sich - wie im Fall des GrEStG 1955 und 1987 - nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften oder aus dem zweiten Teil dieses Gesetzes etwas anderes ergibt, für die bundesrechtlich geregelten Abgaben (die Grunderwerbsteuer war und ist eine gemeinschaftliche Bundesabgabe) sowie für ...

Nach § 14 Abs. 1 BewG sind Kapitalforderungen, die nicht im § 13 bezeichnet sind, und Schulden mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen.

Auf Grund des § 14 Abs. 3 BewG ist der Wert unverzinslicher befristeter Forderungen oder Schulden der Betrag, der nach Abzug von Jahreszinsen in Höhe von 5,5 v.H. des Nennwertes bis zur Fälligkeit verbleibt.

Die Beschwerdeführer übersehen zunächst, daß bei Forderungen und Schulden die Bewertung mit dem Nennwert die Regel ist, von der nur in Ausnahmefällen - nämlich wenn besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen - eine Abweichung zulässig ist. Als "besondere Umstände" sind solche anzusehen, die vom Normalfall - gemessen an den im Wirtschaftsleben durchschnittlich geltenden Konditionen - erheblich abweichen (siehe z.B. das - von den Beschwerdeführern zu Unrecht in ihren Beschwerden für ihren oben angeführten Standpunkt (auch der Zahl nach unrichtig mit 1092/73 statt richtig 1093/73) zitierte - Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 4677/F, und das Erkenntnis vom , Zl. 88/16/0050, ÖStZB 15/16/1990, S. 245).

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt dargetan, daß die Bewertung einer vom Erwerber eines Liegenschaftsanteiles übernommenen Darlehensschuld mit deren Nennwert auch dann nicht rechtswidrig ist, wenn eine Gebietskörperschaft im Rahmen der Förderung der Errichtung von Wohnungen für Zinsen und Tilgung einen Zuschuß (Annuitätenzuschuß) leistet (siehe z.B. die Erkenntnisse vom , Zl. 555/63, ÖStZB 3/1964, S. 34, und vom , Zl. 304/64, ÖStZB 2/1965, S. 11). Von dieser Auffassung im Fall der gemäß § 1 BSWG vom Bund gewährten Zinsen und Annuitätenzuschüsse abzugehen, besteht selbst unter Bedachtnahme auf § 5 Abs. 3 BSWG, wonach das Land Annuitätenzuschüsse nur auszahlen darf, wenn der Förderungswerber - das ist nach § 2 BSWG die Verkäuferin - nachweist, daß er seinen Anteil an der schuldscheinmäßigen Annuität geleistet hat, kein Anlaß.

Bereits in dem angeführten Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof weiters dargetan, daß eine unverzinsliche Forderung immer nur dann vorliegt, wenn der Gläubiger für die Hingabe des Darlehensbetrages keine Zinsen erhält. Dabei ist es unerheblich, ob der Darlehensgeber Zinsen vom Darlehensnehmer oder von dritter Seite bekommt. Zahlt für den Darlehensschuldner ein Dritter die Zinsen, dann bewirkt dieser Umstand nicht die Zinsenfreiheit des hingegebenen Darlehens. Ein solches Darlehen wird dadurch nicht zu einem unverzinslichen. Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom , Zl. 266/63, Slg. Nr. 3012/F, die Bewertung einer Schuld mit dem Nennwert nicht als rechtswidrig erkannt, wenn das von einer Kreditunternehmung gewährte Darlehen auch unter Berücksichtigung der Zinsenvergütung (damals durch den Wohnhaus-Wiederaufbaufonds) - selbst wirtschaftlich betrachtet - doch als ein (damals mit 6,5 %) verzinsliches Darlehen angesehen werden mußte, obwohl die Verzinsung den Darlehensschuldner nur mit (damals) 0,5 % jährlich belastete.

Lediglich der Vollständigkeit halber und zur Vermeidung von Mißverständnissen wird bemerkt, daß der Verwaltungsgerichtshof von der in den beiden zuletzt zitierten Erkenntnissen dargelegten Rechtsansicht mit dem angeführten Erkenntnis eines verstärkten Senates nicht abgegangen ist.

Aus allen dargelegten Erwägungen sind die vorliegenden Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, und zwar ungeachtet der Anträge der Beschwerdeführer auf Grund des § 39 Z. 6 VwGG ohne Durchführung einer Verhandlung.

Die Entscheidung über die Aufwandersätze gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.