VwGH vom 25.09.1991, 90/16/0073
Beachte
Besprechung in:
ÖStZB 1992, 138;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der OHG "H" in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 14 - 2/L-98/1/23/83, betreffend Zurückweisung einer Berufung (Eingangsabgaben und Säumniszuschlag), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Verwaltungsgerichtshof hat zunächst von Amts wegen die (von der Beschwerdeführerin ausdrücklich behauptete und von der in der Folge immer als belangte Behörde bezeichneten Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland nicht in Zweifel gezogene) Berechtigung der Beschwerdeführerin zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde zu prüfen.
Dazu ergibt sich aus den vorgelegten (u.a. aus Ablichtungen des Handelsregisters - nunmehr Firmenbuch - sowie dazu eingereichter Schriftstücke enthaltenden) Verwaltungsakten und der von der Beschwerdeführerin ihrer Beschwerde angeschlossenen Ablichtung eines Auszuges aus dem Handelsregister im wesentlichen folgendes:
Im Handelsregister war die Beschwerdeführerin - (eine am ) mit der Firma H & Co. (begonnene OHG) - eingetragen gewesen. Adolf E. hatte jedenfalls seit dem als selbständig vertretungsbefugter Gesellschafter der Beschwerdeführerin für sie Erklärungen gegenüber dem in der Folge immer als Zollamt bezeichneten Zollamt Wien abgegeben und nicht nur dabei dieser Behörde gegenüber den Stempel bzw. Briefpapier mit dem Briefkopf "H-OHG" gebraucht. Der sowohl die Beschwerdeführerin als auch Adolf E. im Eingangsabgabenverfahren vor dem Zollamt vertretende Steuerberater hatte die Beschwerdeführerin dabei in Schriftsätzen mit "H E. & Co. OHG" oder mit "H-OHG" bezeichnet. Im Handelsregister war das Erlöschen der eingangs angeführten Firma am eingetragen worden. Die Rechtsverhältnisse der Beschwerdeführerin sind jedenfalls gegenüber dem Eingangsabgabengläubiger Bund noch nicht abgewickelt.
Nun beeinträchtigen die Auflösung einer Personenhandelsgesellschaft und die Löschung ihrer Firma im Handelsregister nach dem Gesellschaftsrecht ihre Parteifähigkeit so lange nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählen auch die Abgabengläubiger - noch nicht abgewickelt sind (siehe z.B. das in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis vom , Zl. 82/15/0177, ÖStZB 14/1984, S. 264, mit weiteren Hinweisen). Da bei der Beschwerdeführerin Vollbeendigung nicht eintrat, bedarf es im vorliegenden Fall keiner Auseinandersetzung mit den einander widersprechenden Entscheidungen des OGH zur Frage, was Rechtens sein soll, wenn während eines Prozesses bei einer beklagten Personenhandelsgesellschaft Vollbeendigung eintritt (siehe z.B. Mahr, Rechtsprobleme bei Vollbeendigung einer Personenhandelsgesellschaft während eines Rechtsstreites, GesRZ 1990, S. 148 ff).
Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist schon an dieser Stelle - ganz abgesehen davon, daß das Firmenschlagwort (Kurzbezeichnung) ein frei gewählter Bestandteil der eingetragenen Firma in Alleinstellung ist (siehe z.B. Holzhammer, Österreichisches Handelsrecht I2,
Wien-New York 1982, S. 35 f, und die dort angeführten Beispiele) - darauf hinzuweisen, daß in der Übernahme der vom Steuerberater und von Adolf E. als allein vertretungsbefugter Gesellschafter der Beschwerdeführerin für diese gewählten Kurzbezeichnung ("H-OHG") ihrer Firma durch (das Zollamt Wien und) die belangte Behörde jedenfalls keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit erblickt werden kann.
Mit der im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Berufungsentscheidung wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Zollamtes vom , Zl. St - 10/9662/14/MA/80-Zi, im wesentlichen unter Anführung des § 278 BAO deshalb zurück, weil der vom Steuerberater verfaßte Antrag vom auf Verlängerung der Berufungsfrist (Hinweis auf Blatt 203 der Akten des Zollamtes) nach seinem klaren Wortlaut nicht den zitierten, an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid des Zollamtes, sondern (nur) den dem Steuerberater (gesondert, und zwar) gleichfalls am zugestellten, an Adolf E. gerichteten Bescheid des Zollamtes (ebenfalls) vom , betroffen habe, die am eingebrachte Berufung (der Beschwerdeführerin) daher verspätet sei und das Zollamt diesen gegebenen Grund zur Zurückweisung nicht aufgegriffen habe.
Im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob sich der erwähnte Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist (im Sinne der belangten Behörde) nur auf den Adolf E. betreffenden Bescheid des Zollamtes bezog oder (im Sinne der Beschwerdeführerin) auch auf den sie betreffenden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auf Grund des nachstehend ergänzend dargestellten unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhaltes erwogen:
Wie die betreffenden zwei Rückscheine beweisen, wurde auch der Adolf E. betreffende Bescheid des Zollamtes vom , Zl. St - 10/9662/13/MA/80-Zi, dem Steuerberater am zugestellt. Mit diesem Bescheid wurde gegenüber Adolf E. eine Eingangsabgabenschuld zuzüglich Säumniszuschlag in der Höhe von insgesamt S 1,267.929,-- geltend gemacht, weil diese Eingangsabgabenschuld gemäß § 174 Abs. 3 lit. c in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ZollG 1955 kraft Gesetzes entstanden sei. Weiters wurde im Spruch dieses Bescheides - mit der Bemerkung, daß an die Beschwerdeführerin unter einem ein gesonderter Abgabenbescheid ergehe - festgestellt, daß gemäß § 6 Abs. 1 BAO mit der Beschwerdeführerin hinsichtlich des genannten Betrages ein Gesamtschuldverhältnis bestehe.
Weiters machte das Zollamt mit dem gesondert ausgefertigten Bescheid vom , Zl. St - 10/9662/14/MA 80-Zi, die genannte Schuld unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 BAO gegenüber der Beschwerdeführerin geltend, weil für sie die Schuld gemäß § 174 Abs. 4 ZollG 1955 gleichzeitig entstanden sei. Auch im Spruch dieses Bescheides wurde mit Anführung des § 6 Abs. 1 BAO festgestellt, daß zusätzlich mit Adolf E. hinsichtlich des erwähnten Betrages ein Gesamtschuldverhältnis bestehe, und darauf hingewiesen, an den Genannten ergehe unter einem ein gesonderter Abgabenbescheid.
Am langte beim Zollamt folgender, vom Steuerberater mit dem Datum verfaßter Schriftsatz ein:
"Betrifft: Abgabenkonto 0nn-nnn1
Adolf E., 1020 Wien, ...
Da ich beabsichtige gegen den mir am 1981 12 17 zugestellten Bescheid vom 1981 12 15 über die Neuberechnung von Abgaben (Zoll, EUSt, AF) das Rechtsmittel der Berufung einzubringen, die mir zur Verfügung stehende Zeit jedoch nicht ausreicht, erlaube ich mir das höfliche
Ersuchen
zu stellen, eine Fristverlängerung zur Einbringung des Rechtsmittels bis zum
zu gewähren.
Im Falle der Stattgabe verzichte ich auf einen
diesbezüglichen Bescheid.
Adolf E."
Bedenkt man, daß der Steuerberater nicht nur in späteren Schriftsätzen, sondern schon in früheren (gleichartige Eingangsabgabenfälle betreffenden) Schriftsätzen (Berufung vom , Vorlageantrag vom , Berufung vom ) an das Zollamt zumindest im Betreff sowohl die Beschwerdeführerin als auch Adolf E., und zwar mit den weiteren Worten "wir" und "uns" oder einem Hinweis auf die Eigenschaft des Adolf E. als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gebrauchte, dann kann der vorstehend zitierte Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist nicht als einer auch von der Beschwerdeführerin gestellter gewertet werden, zumal das angeführte Abgabenkonto (selbst nach dem Vorbringen in der Beschwerde) auch Adolf E. betraf.
Auf Grund des § 273 Abs. 1 lit. b BAO hat die Abgabenbehörde erster Instanz eine Berufung, die gegen einen von ihr erlassenen Bescheid eingebracht worden ist, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Gemäß § 278 BAO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz zu prüfen, ob ein von der Abgabenbehörde erster Instanz nicht aufgegriffener Grund zur Zurückweisung der Berufung vorliegt. Ist ein solcher Grund gegeben, so hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Zurückweisung mit Bescheid auszusprechen.
Dem Ausspruch der Zurückweisung der Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nach § 278 BAO steht eine - im vorliegenden Fall die (verspätete) Berufung der Beschwerdeführerin vom gegen den Bescheid des Zollamtes vom , Zl. St - 10/9662/14/MA/80-Zi, als unbegründet abweisende - Berufungsvorentscheidung (hier des Zollamtes vom , Zl. St - 10/9662/34/MA/80-Zi) nicht entgegen (siehe z.B. die Erkenntnisse vom , Zl. 481/65, Slg. Nr. 3306/F, vom , Zl. 83/15/0043, ÖStZB 10/1984, S. 206, und vom , Zl. 88/15/0131, ÖStZB 22/1989, S. 425).
Abschließend wird zur Vermeidung von Mißverständnissen bemerkt, daß
1. der angeführte, Adolf E. betreffende Bescheid des Zollamtes von der belangten Behörde mit Berufungsentscheidung vom , Zl. GA 14 - 2/L-98/1/22/83, aufgehoben wurde, im wesentlichen weil bei allen betreffenden Eingangsabfertigungen die Beschwerdeführerin als Warenempfängerin aufschien und die Ware auch jeweils übernahm (siehe § 174 Abs. 4 zweiter Satz ZollG 1955, wonach sich der Verfügungsberechtigte in den Fällen des ersten Satzes dieser Gesetzesstelle von der für ihn entstandenen Zollschuld durch den Nachweis befreien kann, daß der Warenempfänger die Ware übernommen hat),
2. der Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der betreffenden Berufungsfrist nach Lage der vorgelegten Verwaltungsakten unerledigt ist.
Die vorliegende Beschwerde ist als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.