VwGH vom 24.02.1999, 96/13/0201
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V A, vom , GZ 16-95/3418/09, betreffend Einkommensteuer 1991 - 1993 (mitbeteiligte Partei: Dr. E, W), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Der Mitbeteiligte ist als Facharzt tätig. Nach dem Bericht über eine die Streitjahre umfassende abgabenbehördliche Prüfung wird eine von der Ehefrau des Mitbeteiligten gemietete Eigentumswohnung als Ordination verwendet. Ein schriftlicher Mietvertrag sei nicht abgeschlossen worden. Nach einer mündlichen Vereinbarung sei ein monatliches Entgelt von S 8.000,-- brutto vorgesehen. Vom Mitbeteiligten seien keine Zahlungen geleistet worden. In einer Kostenübernahme zur Finanzierung des gemeinsamen Lebensunterhaltes sowie in für die Ehefrau geleisteten Zahlungen für eine freiwillige Höherversicherung könne kein ursächlicher Zusammenhang mit dem Mietverhältnis gesehen werden. Von der Prüferin wurde der Mietaufwand nicht als Betriebsausgabe anerkannt; jedoch wurden die an den Bauträger geleisteten Betriebs- und Verwaltungskosten einschließlich von Darlehenszinsen als Betriebsausgaben abgesetzt.
In der Berufung gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Einkommensteuerbescheide 1991 bis 1993 wurde ausgeführt, das Mietverhältnis sei der Höhe und dem Grunde nach gerechtfertigt. In den Aufzeichnungen des Mitbeteiligten wie auch seiner Ehefrau sei die monatliche Miete von brutto S 8.000,-- als "Betriebseinnahme" bzw Betriebsausgabe ordnungsgemäß enthalten. Der Mitbeteiligte habe zugunsten seiner Ehefrau Zahlungen an das S. für Betriebskosten für 1991 von S 39.709,--, für 1992 von S 32.256,--, für 1993 von S 36.187,--, für freiwillige Höherversicherung für 1991 von S 70.193,20, für 1992 von S 83.883,20 und für 1993 von S 89.522,90, für Steuern für 1991 von S 6.166,--, für 1992 von S 5.257,-- und für 1993 von S 5.496,-- sowie auf das Bankkonto für 1992 S 4.200,-- und für 1993 von S 4.120,-- geleistet. Die Zahlungen für die Ehefrau hätten somit für 1991 S 116.068,20, für 1992 S 125.596,20 und für 1993 S 135.325,90 betragen. Daraus sei ersichtlich, daß die jährliche Miete von insgesamt S 96.000,-- jedenfalls entrichtet worden sei. Das beiderseitige Anerkenntnis sei durch die monatlichen Aufzeichnungen in beiden "Gewinnermittlungsunterlagen" ausreichend dokumentiert.
Nach Erlassung einer die Berufung abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte der Mitbeteiligte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. In dieser Eingabe wurde insbesondere ausgeführt, den monatlichen Zahlungsverpflichtungen des Mitbeteiligten gegen seine Frau stünden monatliche Forderungen (für von ihm ausgelegte Betriebskosten und Sozialversicherungsbeiträge) gegenüber. Zur Vermeidung unnötiger administrativer Arbeiten sowie Kosten des Geldverkehrs habe der Mitbeteiligte die wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten im Einvernehmen mit seiner Frau kompensiert und den sich ergebenden Überhang ausgeglichen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung Folge gegeben. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, im Hinblick auf die vom Mitbeteiligten tatsächlich zu Ordinationszwecken genutzte Eigentumswohnung und den zivilrechtlich unzweifelhaft gültig abgeschlossenen (mündlichen) Mietvertrag sowie den Umstand, daß das Mietverhältnis seit dem Beginn des Mietverhältnisses im Jahre 1978 durch den korrespondierenden Ausweis der Mietausgaben und Mieteinnahmen in den Steuererklärungen der Ehegatten der Finanzbehörde gegenüber offengelegt worden sei, liege eine nach außen ausreichend zum Ausdruck kommende Leistungsbeziehung vor. Die Zahlungen an Sozialversicherungsbeiträgen und an Steuern seien ebenso wie die Zahlungen an das S. als Kompensationszahlungen zu beurteilen. An der tatsächlichen Leistungsabwicklung, nämlich der Überlassung des Mietobjektes einerseits und der Bezahlung des Mietentgeltes in Form von Kompensationszahlungen andererseits, bestehe kein Zweifel.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen werden steuerlich nur anerkannt, wenn sie a) nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, weiters b) einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und schließlich c) zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen auch abgeschlossen worden wären (vgl zB das hg Erkenntnis vom , 93/15/0205). Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen können sowohl durch eine auf Einkunftserzielung ausgerichtete Tätigkeit als auch durch das private Naheverhältnis veranlaßt sein. Gibt es eine gleichartige Leistungsbeziehung auch gegenüber einem fremden Dritten, bei welchem eine private Veranlassung nicht in Betracht kommt, so ist in der Regel auch die zu beurteilende Leistungsbeziehung gegenüber dem Angehörigen nicht durch das private Naheverhältnis veranlaßt (vgl das hg Erkenntnis vom , 94/14/0067).
Zwischen Fremden abgeschlossene Bestandverträge enthalten jedenfalls klare Vereinbarungen über den Bestandgegenstand und das Entgelt für die Gebrauchsüberlassung. Zu solchen zwischen Fremden abgeschlossenen Vereinbarungen gehören zweifellos auch Abreden über Höhe und Fälligkeit von jeweils wiederkehrend zu entrichtenden Bestandzinszahlungen. Im Beschwerdefall wurde vom Mitbeteiligten im Verwaltungsverfahren eine Darstellung über den Inhalt des seinen Behauptungen nach mit seiner Ehefrau abgeschlossenen Mietvertrages nicht gegeben. In der Berufung wurde lediglich ausgeführt, das Mietverhältnis sei dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt. Darüber, welche Vereinbarungen mit der Ehefrau konkret über die Entrichtung des behaupteten Bestandzinses getroffen wurden, wurden vom Mitbeteiligten keine Behauptungen aufgestellt. Behauptungen darüber, welche jeweils fällige Mietezahlung mit welcher konkreten Zahlung von Verpflichtungen der Ehefrau Dritten gegenüber kompensiert worden ist, wurden ebenfalls nicht erhoben. Derartige Übernahmen der Verbindlichkeiten der Bestandgeberin, wie sie vom Mitbeteiligten behauptet werden, als Ausgleich für das jeweilige Mietentgelt ohne konkrete Festlegung der wechselseitigen Zahlungsverpflichtungen werden aber zwischen Fremden zweifellos nicht vereinbart. Überdies wurde der behauptete Überhang der für die Abdeckung der Verpflichtungen der Ehefrau des Mitbeteiligten getätigten Zahlungen entgegen dem Vorbringen im Berufungsverfahren eben gerade nicht ausgeglichen, wie aus der Gegenüberstellung der behaupteten Mietentgelte und der Leistungen für die Ehefrau ersichtlich ist. Insoweit ist auch das Vorbringen in der Gegenschrift des Mitbeteiligten, die Zahlungen von S 4.200,-- im Jahre 1992 und von S 4.120,-- im Jahre 1993 hätten dem Saldoausgleich gedient, nicht weiter verständlich. Daraus folgt aber, daß es eine Leistungsbeziehung, wie sie im Verwaltungsverfahren vom Mitbeteiligten behauptet wurde, gegenüber einem Dritten nicht gibt, sodaß von einer privaten Veranlassung der Leistungsbeziehung auszugehen ist.
Wenn die belangte Behörde demgegenüber im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen ist, im (mündlichen) Mietvertrag seien Bestandsache, Entgelt und "Befristung" geregelt und es seien ausreichende und jeden Zweifel ausschließende Vereinbarungen getroffen worden, so hat sie damit den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen und unzutreffende Schlußfolgerungen gezogen. Mit dieser unschlüssigen Beweiswürdigung hat sie aber Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.
Wien, am