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VwGH 11.04.1991, 90/16/0038

VwGH 11.04.1991, 90/16/0038

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Die Förderung der Errichtung einer Wohnstätte nach dem WFG 1968 bzw 1984 ist ohne rechtliche Bedeutung für die besondere Ausnahme von der Besteuerung nach § 4 Abs 1 GrEStG 1955.
Normen
RS 2
Ein offener Balkon kann nicht einer Loggia gleichgesetzt werden. Die Bodenfläche einer Loggia zählt zur Wohnnutzfläche einer Arbeiterwohnstätte

(Hinweis E , 89/16/0001, 0002;

E , 89/16/0210; E , 90/16/0142).
Normen
RS 3
Eine unsachliche Differenzierung kann nicht darin liegen, daß für verschiedene Abgaben verschiedene Befreiungsbestimmungen getroffen werden

(Hinweis E , 1330/74; ÖStZB 9/1975, 82).
Normen
RS 4
Den Fragen, aus welchen Gründen die Erfüllung des begünstigten Zweckes innerhalb der gesetzlichen Frist von acht Jahren unterblieb, und ob den Erwerber an dieser Nichterfüllung ein Verschulden trifft oder nicht, kommt bei der Anwendung des § 4 Abs 2 GrEStG 1955 rechtliche Bedeutung nicht zu (Hinweis E , 83/16/0076).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 29/1-9/Mü-1990, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der FRAGE streitentscheidend, OB (im Sinn der belangten Behörde) DIE BODENFLÄCHE DER

- bereits nach dem betreffenden (nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von dem später als Verkäufer nochmals anzuführenden Ehepaar als Grundeigentümer und einer Immobilienverkehrs- und Baubetreuungsgesellschaft m.b.H. - in der Folge: Gesellschaft - als Bauwerber unterfertigten, am bei der zuständigen Baubehörde eingelangten) Einreichplan vom nicht über die (auch von der Beschwerdeführerin nie in Zweifel gezogene innere) Baufluchtlinie (§ 20 Abs. 4 Z. 2 O.ö. ROG., LGBl. Nr. 18/1972 in der ursprünglichen - und geltenden - Fassung) vorkragende, mit einer freien Öffnung von fünf Seiten umbaute, jedoch in diesem Plan als Balkon, der nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin ursprünglich nur von vier Seiten hätte umschlossen sein sollen, bezeichnete -

LOGGIA in dem "von der Beschwerdeführerin zur Errichtung einer Arbeiterwohnstätte gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955" (in der Folge: GrEStG) auf Grund des Kaufvertrages vom von dem erwähnten Ehepaar erworbenen, in Oberösterreich gelegenen Grundstück unter Zuhilfenahme von Mitteln der Wohnbauförderung "errichteten" Einfamilienhauses ZU dessen (dann 130 m2 um 6,95 m2 übersteigende) WOHNNUTZFLÄCHE GEHÖRT ODER (wie die Beschwerdeführerin vermeint) NICHT.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst wird zur Vermeidung von Mißverständnissen bemerkt, daß die Parteien des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens stillschweigend, aber nach § 12 Abs. 2 erster Satz GrEStG 1987 zutreffend, für die Lösung der angeführten Frage noch die Bestimmungen des GrEStG maßgebend erachten.

Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG ist jedes Erkenntnis zu begründen. Soweit die Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung klargestellt ist, genügt es, diese anzuführen.

Auf Grund des § 4 Abs. 1 Z. 2 GrEStG, in der im Beschwerdefall gemäß Abschnitt VIII Art. II Z. 1 des Abgabenänderungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 557, anzuwendenden Fassung durch Art. I Z. 2 dieses Abschnittes sind beim Arbeiterwohnstättenbau von der Besteuerung ausgenommen

a) der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten,

b) der erste Erwerb einer geschaffenen oder vom Veräußerer zu schaffenden Arbeiterwohnstätte durch eine Person, die die Wohnstätte als Eigenheim übernimmt,

c)

...

d)

...

Nach § 4 Abs. 2 erster Satz GrEStG unterliegen u.a. die im Abs. 1 Z. 2 lit. a und b bezeichneten Erwerbsvorgänge mit dem Ablauf von acht Jahren der Steuer, wenn das Grundstück vom Erwerber nicht innerhalb dieses Zeitraumes zu dem begünstigten Zweck verwendet worden ist.

Gemäß § 4 Abs. 2 dritter Satz GrEStG unterliegen u.a. die im Abs. 1 Z. 1 bis 4 bezeichneten Erwerbsvorgänge der Steuer, wenn der begünstigte Zweck innerhalb von acht Jahren aufgegeben wird.

Wenn sich die Beschwerdeführerin dadurch beschwert erachtet, daß das begünstigte Nutzflächenausmaß nicht deutlich, sondern nur in geringfügigem Ausmaß überschritten werde, dann scheint sie folgendes zu übersehen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (siehe z.B. die Erkenntnisse vom , Zl. 1656/80, ÖStZB 12/1982, S. 184, vom , Zlen. 88/16/0207, 0208, ÖStZB 15/16/1990, S. 263, und zuletzt vom , Zl. 89/16/0026) dargetan hat, darf eine Arbeiterwohnstätte im Sinn des § 4 Abs. 1 Z. 2 GrEStG eine Nutzfläche von 130 m2 nicht übersteigen. Bereits in dem angeführten Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof zwar Verständnis dafür gezeigt, daß in diesem Höchstausmaß vom damaligen Beschwerdeführer eine Härte gesehen werde, aber darauf hingewiesen, daß der Grundsatz der Rechtssicherheit gebiete, dieses Höchstausmaß als solches anzuerkennen. Daher hat der Verwaltungsgerichtshof auch Wohnnutzflächen von 130,95 m2 (siehe z.B. das schon wiederholt angeführte Erkenntnis vom ) oder 131,33 m2 (siehe z.B. das bereits angeführte Erkenntnis vom ) als befreiungsschädlich ansehen müssen.

Wenn die Beschwerdeführerin mit ihrem Hinweis auf das - z.B. in der ÖStZB 12/1967, S. 96, veröffentlichte - Erkenntnis vom , Zl. 1085/66, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, der Begriff der Arbeiterwohnstätte gehöre nicht so sehr dem Steuer- als dem Sozialrecht an, einen Widerspruch zu der oben angeführten Rechtsprechung aufzeigen möchte, dann übersieht sie vor allem, daß auch dieses Erkenntnis einen Fall betroffen hat, in dem die Wohnnutzfläche eines Einfamilienhauses 130 m2 (schon bei Einrechnung hier nicht näher zu bezeichnender Flächen von insgesamt 7,67 m2) überstiegen hatte und daher nicht als Arbeiterwohnstätte angesprochen worden ist.

Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung ist die Förderung der Errichtung einer Wohnstätte nach dem WFG 1968 (oder nach dem hier nicht in Betracht kommenden WFG 1984) ohne rechtliche Bedeutung für die besondere Ausnahme von der Besteuerung nach § 4 Abs. 1 GrEStG (siehe z.B. das u.a. eine Loggia betreffende Erkenntnis vom , Zlen. 88/16/0046, 0060, ÖStZB 11/1989, S. 176, das bereits angeführte vom und das vom , Zlen. 89/16/0001, 0002).

Z.B. in dem zuletzt zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof den von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Begriff der Loggia (zumindest fünfseitig umbauter Raum mit einer freien Öffnung, der nicht über die Baufluchtlinie vorkragt) unter Bedachtnahme auf das WFG 1968 (und das WFG 1984) klargestellt. Daraus ergibt sich eindeutig, daß ein offener Balkon nicht einer Loggia gleichgesetzt werden kann. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof auch in seinen Erkenntnissen vom , Zl. 89/16/0210, und vom , Zl. 90/16/0142, u.a. ausgesprochen, daß die Bodenfläche einer Loggia zur Wohnnutzfläche einer Arbeiterwohnstätte zähle.

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, im EStG 1972 erfolge eine Gleichstellung von Loggia und Balkon, dann schwebt ihr vermutlich die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. d EStG 1972 in der Fassung BGBl. Nr. 550/1979 vor bzw. die im Zusammenhang mit einem Loggiaverbau als Energiesparmaßnahme stehende Rechtsprechung (siehe z.B. die Erkenntnisse vom , Zl. 83/13/0061, ÖStZB 22/1984, S. 436, und vom , Zlen. 88/14/0209, 0210, ÖStZB 23/24/1989, S. 455).

Ganz abgesehen davon, daß die angeführte Bestimmung des EStG 1972 von WohnRAUM und nicht von WohnNUTZFLÄCHE spricht, kann entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung eine unsachliche Differenzierung nicht darin liegen, daß für verschiedene Abgaben verschiedene Befreiungsbestimmungen getroffen werden (siehe z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 1330/74, ÖStZB 9/1975, S. 82).

Wenn die Beschwerdeführerin noch vorbringt, der Architekt und die Gesellschaft habe das Wohnhaus planwidrig errichtet, weil ursprünglich die Balkonfläche lediglich von vier Seiten habe umschlossen sein sollen, und zwar vom Mauerwerk und dem Fußboden, die fünfte Fläche (Seite), nämlich die obere Holzdecke über dem "Balkon" sei erst im Zug der Bauarbeiten von den beiden Genannten - offensichtlich um das Aussehen des Hauses zu verschönern - veranlaßt worden, dann ist auf diese Ausführungen schon deshalb nicht einzugehen, weil den Fragen, aus welchen Gründen die Erfüllung des begünstigten Zweckes innerhalb der gesetzlichen Frist von acht Jahren unterblieb, und ob dem Erwerber an dieser Nichterfüllung ein Verschulden trifft oder nicht, bei der Anwendung des § 4 Abs. 2 GrEStG rechtliche Bedeutung nicht zukommt (siehe z.B. das - im angefochtenen Bescheid zutreffend zitierte, z.B. in der ÖStZB 1/1985, S. 9, veröffentlichte - Erkenntnis vom , Zl. 83/16/0076, mit weiteren Hinweisen).

Aus allen dargelegten Erwägungen ist die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Zusatzinformationen


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Fundstelle(n):
SAAAE-52938