VwGH vom 20.06.1990, 90/16/0037
Betreff
G gegen Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 6-1/H 32/2/1/1989/Bi, betreffend Befreiung von einer Eingangsabgabenschuld
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bezüglich des Sachverhaltes und des bisherigen Verfahrensablaufes wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf das die beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/16/0138, verwiesen, mit welchem der Bescheid der belangten Behörde vom im ersten Rechtsgang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden war. Der Gerichtshof hatte hierbei für bestimmend erachtet, daß eine Rechtsmittelbehörde solange nicht über eine gegen eine erstinstanzliche Zollfestsetzung eingebrachte Berufung entscheiden könne, als der Abgabenbehörde erster Rechtsstufe ein unerledigter, auf Befreiung von der Zollschuld nach § 174 Abs. 4 zweiter Satz ZollG gestützter Antrag vorliege.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Ersatzbescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid des Hauptzollamtes Linz vom , mit dem - in Übereinstimmung mit den spruchmäßigen Feststellungen der belangten Behörde im ersten Rechtsgang - festgestellt worden war, daß sich die beschwerdeführende Partei von der für sie gemäß § 174 Abs. 3 lit. c iVm § 3 Abs. 2 ZollG kraft Gesetzes entstandenen Abgabenschuld in Höhe von insgesamt 67.065 S hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 38.872 S gemäß § 174 Abs. 4 ZollG befreit habe und der darüber hinausgehende Mehrbetrag im Ausmaß von 28.195 S (richtig wohl: 28.193 S) mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen abzuweisen sei, keine Folge. Zur Begründung führte die belangte Behörde, soweit für die Beschwerde von Relevanz, in Übereinstimmung mit ihren Ausführungen im ersten Rechtsgang aus, für die laut Warenerklärung vom , WE-Nr. 536/000398/00/83, an die "X" in Y, gelieferte Sendung werde seitens der beschwerdeführenden Partei der, an der gleichen Anschrift wohnhafte, R als Warenempfänger im Sinne der zollgesetzlichen Vorschriften namhaft gemacht. Da aber feststehe, daß nicht die in der Warenerklärung angeführte und nachweislich gar nicht existierende Firma, sondern vielmehr ein Dritter Käufer und damit auch Empfänger der fraglichen Waren gewesen sei, sei auch eine wesentliche Voraussetzung für die Entstehung eines Gesamtschuldverhältnisses zwischen dem gemäß § 174 Abs. 3 lit. c ZollG heranzuziehenden Verfügungsberechtigten und dem Warenempfänger, nämlich die namentliche Bezeichnung des Letztgenannten in der schriftlichen Warenerklärung, nicht erfüllt. Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei könne die Anführung einer Wohnanschrift die vom Gesetzgeber geforderte namentliche Bezeichnung des Warenempfängers nicht ersetzen, sodaß im vorliegenden Falle die Zollschuld einzig und allein für die beschwerdeführende Partei entstanden sei. Komme aber ein Gesamtschuldverhältnis in der von § 174 Abs. 4 erster Satz ZollG vorgesehenen Art gar nicht zustande, bestehe für den Verfügungsberechtigten - arg.: "... in diesen Fällen ..." auch keine Möglichkeit, sich gemäß dem Abs. 4 letzter Satz der zitierten Gesetzesstelle von der für ihn entstandenen Zollschuld zu befreien (vgl. VwSlg. 5788/F), sodaß ein entsprechender Antrag mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen abzuweisen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Befreiung von der für sie kraft Gesetzes entstandenen Eingangsabgabenschuld in Höhe von insgesamt 28.193 S verletzt. Sie führt hiezu aus, die wechselseitigen Standpunkte seien die gleichen wie im ersten Rechtsgang. Dementsprechend stimmen die Rechtsausführungen wörtlich überein.
Daß im vorliegenden Streitfalle im Feld 4 der schriftlichen Anmeldung vom , WE-Nr. 536/000398/00/83, als Empfänger der Ware die "Fa. X, Y" genannt ist, ist unbestritten und aktenkundig. Weiters gibt die beschwerdeführende Partei zu, daß es sich hier um einen "Decknamen" handelt. Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob in einem solchen Falle für den Anmelder die Befreiungsbestimmung des § 174 Abs. 4 zweiter Satz ZollG zum Tragen kommen kann oder nicht.
Gemäß § 174 Abs. 3 lit. c ZollG entsteht die Zollschuld kraft Gesetzes für den, der durch unrichtige oder unvollständige Angaben in der Anmeldung bewirkt, daß eine zollpflichtige Ware zollfrei oder unter Festsetzung eines geringeren Zollbetrages vom Zollamt ausgefolgt wird, hinsichtlich des unerhoben gebliebenen Zollbetrages.
Als Zollschuldner nach dieser Bestimmung kann demnach nur in Betracht kommen, wer unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat. Es liegt im Wesen der Tätigkeit einer Zollspedition, daß sie sowohl für die Zahlung der Eingangsabgaben als auch für die Richtigkeit der von ihr den Zollbehörden vorgelegten Anmeldungen und sonstigen Unterlassungen einzustehen hat. Das Zollverfahren ist grundsätzlich ein Antragsverfahren (vgl. § 52 Abs. 2 lit. a ZollG). Die Zollschuld ist eine persönliche Zahlungspflicht des Anmelders (§ 51 Abs. 1 ZollG), somit der mit der Durchführung des Zollverfahrens beauftragten Spedition; diese hat die Zahlungspflicht auf Grund der an sie ergangenen schriftlichen Anordnung aus ihrem Vermögen zu erfüllen (VwSlg. 5788/F und 5991/F).
Im Grunde des § 174 Abs. 4 erster Satz ZollG entsteht diese nach Abs. 3 lit. c für den Anmelder entstandene Zollschuld im selben Zeitpunkt auch für den Empfänger (Gesamtschuldverhältnis gemäß § 179 Abs. 3 ZollG), falls dieser in der schriftlichen Anmeldung genannt ist.
Der mit der Konjunktion "falls" eingeleitete Konditionalsatz im Zusammenhang mit dem verbum legale "genannt ist", gibt die Bedingung an, unter der das im übergeordneten Satz angeordnete Entstehen eines Gesamtschuldverhältnisses eintritt: Der wahre Empfänger, das ist derjenige, für den die Waren auf Grund des der Einfuhr zugrundeliegenden Rechtsgeschäftes bestimmt sind, also der Vertragspartner des Versenders (vgl. VwSlg. 5506/F und 5990/F), muß in der schriftlichen Anmeldung richtig genannt sein. Denn in der bestehenden Rechtsordnung ist es der Name, durch den eine Person von den anderen unterschieden wird.
Nur in "diesen Fällen" kann sich der Anmelder nach der Anordnung des § 174 Abs. 4 zweiter Satz ZollG von der für ihn entstandenen Zollschuld unter der weiteren Voraussetzung befreien, daß er nachweist, daß der (wahre) Empfänger die Ware übernommen hat.
Bei einer Einsetzung eines Decknamens in der schriftlichen Anmeldung als Empfänger kommt, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 1389/74, eingehend dargelegt hat, und auf welches unter Bezugnahme auf § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, für den Anmelder die Befreiungsbestimmung des § 174 Abs. 4 zweiter Satz ZollG nicht zum Tragen.
Bei dem klaren Wortlaut des Gesetzes ist der Gerichtshof nicht der Auffassung, daß die im Beschwerdefalle maßgebende Gesetzesstelle einer Interpretation nach den Vorstellungen der beschwerdeführenden Partei zugänglich ist.
Damit erweist sich die Rechtsrüge der beschwerdeführenden Partei als unbegründet. In Hinsicht darauf war es schon aus diesem Grunde entbehrlich, auf deren Verfahrensrüge einzugehen.
Die solcherart zur Gänze unbegründete Beschwerde war daher gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat erfolgen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom , BGBl. Nr. 206.