VwGH vom 20.02.2003, 2002/16/0211
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
2002/16/0247
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerden 1.) der H in L,
2.) der E in L, 3.) des E in W, 4.) des M in W und 5.) des W in L, alle vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 49, gegen die Bescheide des Präsidenten des Landesgerichtes Wels a.) vom , Jv 976-33a/02, und b.) vom , Jv 1793-33a/02, betreffend je Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 664,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom beantragten die Beschwerdeführer, Aktionäre der T. AG, die L Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH zu Prüfern zur Durchführung einer Sonderprüfung gemäß §§ 118 ff AktG bezüglich dieser Gesellschaft zu bestellen. Mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom , 27 Fr 2693/01w, wurde eine Wirtschafts- und Unternehmensberatungsgesellschaft zum Sonderprüfer gemäß § 118 Abs 2 AktG bestellt; die Prüfung hatte sich auf bestimmt angeführte Vorgänge zu beschränken. Der weiter gehende Antrag zur Prüfung anderer Vorgänge wurde abgewiesen. Mit Eingabe vom erhoben die Beschwerdeführer gegen diesen Beschluss Rekurs.
Mit Eingabe vom beantragten die Beschwerdeführer die Rückzahlung der im Einzugsweg eingehobenen Eingabengebühr in Höhe von EUR 119,91 für die Eingabe vom , da nach Auffassung der Beschwerdeführer für ein Verfahren nach den §§ 118 ff AktG ein Gebührentatbestand nicht bestehe.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde der Rückzahlungsantrag abgewiesen. Bei dem Antrag um Bestellung eines Sonderprüfers handle es sich um einen solchen um Vornahme einer Amtshandlung des Firmenbuchgerichtes.
Gegen einen Zahlungsauftrag betreffend eine Eingabengebühr für den Rekurs zuzüglich einer Einhebungsgebühr und eines Mehrbetrages wurde ein Berichtigungsantrag erhoben. Darin wurde die Auffassung vertreten, für eine Antragstellung nach § 118 AktG sei im Gesetz nicht festgelegt, dass dafür das Firmenbuchgericht zuständig wäre. Eine Eintragung des Antrags im Firmenbuch sei nicht vorgesehen.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag nicht stattgegeben. In der Begründung wurde insbesondere ausgeführt, nach § 14 AktG verhandle und entscheide über Angelegenheiten des Aktiengesetzes der zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen zuständige Gerichtshof erster Instanz, wobei als örtlich zuständiges Gericht im Sinne dieser Bestimmung das "zuständige Firmenbuchgericht" berufen sei. Die Bestellung eines Sonderprüfers und das damit verbundene Verfahren sei ein außerstreitiges Verfahren der Handelsgerichtsbarkeit.
Durch beide Bescheide erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht, keine Gebühren vorgeschrieben zu erhalten, verletzt.
Die belangte Behörde erstattete Gegenschriften und legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden erwogen:
TP 10 GGG lautet auszugsweise:
D. Firmenbuch- und Schiffsregistersachen
I. Firmenbuch
a) Eingabengebühren für Eingaben folgender Rechtsträger:
...
6. bei Aktengesellschaften
...
Anmerkungen
Zu Z 1 lit a
1. Der Eingabengebühr nach Tarifpost 10 I lit a unterliegen Anträge auf Eintragung in das Firmenbuch, sonstige verfahrensleitende Anträge auf Vornahme einer Amtshandlung des Firmenbuchgerichts, Einreichungen gemäß §§ 277 bis 281 HGB sowie Rechtsmittel in Firmenbuchsachen.
Lehnt die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft einen Antrag auf Bestellung von Prüfern zur Prüfung eines Vorgangs bei der Gründung oder eines nicht über zwei Jahre zurückliegenden Vorgangs bei der Geschäftsführung ab, so hat das Gericht gemäß § 118 Abs 2 AktG auf Antrag einer Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, Prüfer zu bestellen.
Über Angelegenheiten, die im AktG dem Gericht zugewiesen sind, verhandelt und entscheidet, sofern es sich nicht um bürgerliche Rechtsstreitigkeiten handelt, die dem Prozessgericht zugewiesen sind, gemäß § 14 AktG der für den Sitz der Gesellschaft zuständige, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen berufene Gerichtshof erster Instanz im Verfahren außer Streitsachen.
Die Überschrift von § 120 JN lautet "Führung des Firmenbuchs; gesellschaftsrechtliche Angelegenheiten". Nach Abs 1 dieser Gesetzesstelle sind die mit Handelssachen betrauten Gerichtshöfe erster Instanz sachlich zuständig zur Führung des Firmenbuchs; die Zuständigkeitsregel des § 120 Abs 1 JN gilt für die Außerstreitverfahren nach dem AktG (Rechberger, ZPO2, Rz 1 zu
§ 120 JN; Fucik in Fasching, ZPO Komm2, Rz 2 zu § 120 JN).
Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, dass ihr Antrag iSd
§ 118 AktG keine Eingabe an das Firmenbuchgericht sei. Sie gehen nach dem Inhalt der beiden Beschwerden erkennbar davon aus, dass es sich bei Eingaben an das Firmenbuchgericht nur um solche handelt, die auf eine Eintragung im Firmenbuch iS des Firmenbuchgesetzes, BGBl Nr 10/1991, abzielen. Mit dieser Auffassung sind die Beschwerdeführer nicht im Recht:
Nach § 22 Abs 1 Rechtspflegergesetz, BGBl Nr 560/1985 idF des Art XVIII des Bundesgesetzes BGBl Nr 10/1991 - dessen Art I das Firmenbuchgesetz ist -, umfasst der Wirkungskreis des Firmenbuchs alle mit seiner Führung zusammenhängenden Geschäfte. Die sachliche Zuständigkeit des Gerichtshofs wird im angeführten § 120 Abs 1 JN nicht allein mit der Registerführung als solcher, sondern auch mit den damit zusammenhängenden gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten geregelt.
Nach der Neuregelung der Registerführung durch das Firmenbuchgesetz - dem selbst noch der Terminus "Firmenbuchgericht" fremd war - hat diese Bezeichnung des Gerichtshofes Eingang in die Rechtssprache gefunden. So ist im EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 304/1996, wie auch in den Erläuterungen zu diesem Gesetz vom "Firmenbuchgericht" die Rede. Auch wird in den Bestimmungen über die Offenlegung, Veröffentlichung und Prüfung von Jahresabschlüssen der Kapitalgesellschaften usw. in den §§ 277 ff HGB das zuständige Gericht ausdrücklich als "Firmenbuchgericht" bezeichnet. Die dort vorgesehenen Aufgaben des Gerichtshofs gehen über die bloße Registerführung weit hinaus.
Die TP 10 GGG hat ihre auf den Beschwerdefall anzuwendende Fassung im Wesentlichen durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997, BGBl I Nr. 114/1997, erhalten. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu diesem Bundesgesetz ist die Eingabengebühr unabhängig vom Ausgang des Verfahrens vor dem Firmenbuchgericht zu entrichten, somit auch dann, wenn die Eingabe zu keiner Eintragung in das Firmenbuch geführt hat, wie in den Fällen, in denen der Antrag abgewiesen wird oder in denen der Antrag auf keine Firmenbucheintragung, sondern auf eine andere Erledigung abzielt (734 BlgNR 20. GP, 69).
Schließlich wurde in die Anmerkung 1 der TP 10 GGG durch Art XVII Z 11 Steuerreformgesetz 2000, BGBl I Nr. 106/1999, die Wortfolge "Einreichungen gemäß § 277 bis 281 HGB" eingefügt. In den Erläuterungen dazu wurde ausgeführt, diese Einfügung diene lediglich der Klarstellung. Die genannten Einreichungen seien zwar schon bisher der Eingabengebühr unterlegen, da diese Einreichungen als "Anträge auf Vornahme einer Amtshandlung des Firmenbuchgerichts" zu qualifizieren seien, doch sei die Verpflichtung zur Bezahlung auch einer Eingabengebühr für diese Einreichungen von mancher Seite bezweifelt worden.
Aus all diesen Bestimmungen ist aber zu ersehen, dass der Gesetzgeber dem Gerichtshof als Firmenbuchgericht nicht allein die Registerführung über die einzutragenden Tatsachen iSd § 1 Abs 2 FBG, sondern auch die Zuständigkeit für weitere gesellschaftsrechtliche Angelegenheiten zugewiesen hat. Dies entspricht auch der Rechtslage noch vor dem FBG, da § 14 AktG das "Registergericht" ausdrücklich für das gesamte Verfahren außer Streitsachen, also die im AktG enthaltenen gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten, für zuständig erklärt hat (vgl die Regierungsvorlage zum AktG, 301 BlgNR 10. GP, 69 f). Insbesondere geht aber der Gesetzgeber auch im § 22 Abs 1 Rechtspflegergesetz davon aus, dass der Wirkungskreis in Sachen des Firmenbuchs alle mit seiner Führung zusammenhängenden Geschäfte umfasst. Nach Abs 2 Z 3 lit b dieser Gesetzesstelle bleibt dabei dem Richter unter anderem vorbehalten die Entscheidung über die gerichtliche Bestellung und Abberufung von Gründungs-, Stiftungs-, Sonder- oder Abschlussprüfern. Damit hat der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Bestellung von Prüfern in den Zuständigkeitsbereich des Firmenbuchgerichts fällt. Daraus folgt, dass es sich bei dem Antrag um Bestellung von Prüfern iS des § 118 Abs 2 AktG um einen den Gerichtsgebühren iS der TP 10 GGG unterliegenden Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung des Firmenbuchgerichtes handelt. Dies gilt, wie auch der Anmerkung 1 zu dieser Tarifpost zu entnehmen ist, ebenso für einen Rekurs gegen eine Entscheidung des Firmenbuchgerichts, mit dem die Vornahme von Prüfungshandlungen iS des § 118 Abs 2 AktG beantragt wird.
Aus den angeführten Gründen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am