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VwGH vom 20.06.1990, 90/16/0015

VwGH vom 20.06.1990, 90/16/0015

Beachte

Besprechung in:

AnwBl 1/1991, S 43;

Betreff

S gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 13-7/S-288/1/1/86, betreffend Einforderung kraft Gesetzes entstandener Eingangsabgaben

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens waren in den Jahren 1982 und 1983 auf Antrag der Internationalen Spedition W Gesellschaft m.b.H., die gegenüber der Zollbehörde als Anmelder iSd § 51 ZollG aufgetreten war, beim Hauptzollamt Wien - offenbar - für den Beschwerdeführer als Empfänger insgesamt fünf Sendungen mit Schallplatten aus den Niederlanden durch Verzollung zum freien Verkehr abgefertigt worden. Auf Grund der Angaben in den bezughabenden schriftlichen Anmeldungen, es handle sich um Ursprungserzeugnisse iSd Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, BGBl. Nr. 466/1972, und der jeweils vorgelegten und vom ausländischen Lieferer der Waren, der B, selbst ausgestellten Ursprungserklärungen auf dem Formblatt EUR. 2 waren die Schallplatten zollfrei belassen worden.

Da nach einem dem Bundesministerium für Finanzen im Rahmen der gegenseitigen Amtshilfe gemäß Art. 16 des Protokolls Nr. 3, welches die materiellen und formellen Ursprungsregeln und die Bestimmungen über die Methoden der Zusammenarbeit der Zollverwaltungen festlegt und das Kernstück des zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft abgeschlossenen und im Range eines Gesetzes stehenden Freihandelsabkommens bildet (vgl. Art. 11 des obzitierten Abkommens), zugekommenen Bericht der niederländischen Zollbehörden der obgenannte ausländische Exporteur die Eigenschaft der Schallplatten als Ursprungserzeugnisse iSd Art. 8 des Protokolls Nr. 3 nicht nachweisen konnte, hatte das Hauptzollamt Wien mit Bescheid vom im Grunde des § 12 Abs. 1 des EG-Abkommen-Durchführungsgesetzes, BGBl. Nr. 468/1972, idF des BGBl. Nr. 545/1984, ausgesprochen, daß für die "Firma S" die Eingangsabgabenschuld in der Gesamthöhe von 28.782 S gemäß § 174 Abs. 3 lit. c ZollG kraft Gesetzes entstanden sei, was zuzüglich 2 % Säumniszuschlag in Höhe von 487 S insgesamt 29.269 S ergebe.

Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Abgabenbehörde zweiter Instanz wies mit den an die "Firma S" gerichteten Bescheid vom die gegen den erstinstanzlichen Bescheid am erhobene, von "B. S" unterfertigte und mit der Stampiglie "S" versehene Berufung als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und Gleichheit vor dem Gesetz. Die Behandlung der Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom , B 1328/88, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt, weil die gerügten Rechtsverletzungen nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung einfachgesetzlicher, insbesondere verfahrensrechtlicher Bestimmungen wären. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen. Gleichzeitig wurde die Beschwerde nach Art. 144 Abs. 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Der Beschwerdeführer erstattete im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Beschwerdeergänzung, in welcher er Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machte.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen; er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Der Spruch hat den Bescheidadressaten zu nennen, das ist bei einem eine hoheitliche Regelung für den Einzelfall darstellenden Abgabenbescheid derjenige, an den das Leistungsgebot gerichtet wird, von dem also die Erbringung der Leistung verlangt wird. Diese Bezeichnung hat bei der Bekanntgabe von Bescheiden, die schriftlich zu erteilen sind, grundsätzlich in der Weise zu geschehen, daß der Name der Person, an die sich der Abgabenbescheid richtet, im Abgabenbescheid angegeben wird. Denn in der bestehenden Rechtsordnung ist es der Name, durch den eine Person von den anderen unterschieden wird.

Die Firma eines Kaufmannes ist der Name, unter dem er im Handel seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt (§ 17 Abs. 1 HGB). Ein Name kann keine Rechte und keine Pflichten haben (vgl. im Zusammenhang das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 83/06/0161). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits u.a. in seinem Erkenntnis vom , Zlen. 997, 998/73, dargetan hat, kommt einer Firma, d.h. dem Namen, unter dem ein Kaufmann seine Geschäfte betreibt und mit der er fertigt (§ 17 HGB), Rechtspersönlichkeit nicht zu. Die Firma ist kein selbständiges Rechtssubjekt, sondern nur Kennzeichen des Unternehmens, dessen Rechtsträger der Kaufmann als physische Person ist (vgl. hiezu sinngemäß SZ 22/44). Die "Firma" kann somit nicht Abgabepflichtiger (Zollschuldner) sein.

Die Firma "S" stellt keine Rechtsperson dar, an die rechtswirksam ein Abgabenbescheid gerichtet werden könnte. Durch die Bestätigung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides erkannte die belangte Behörde nicht, daß dieser - mangels einer Rechtsperson als Adressaten - ins Leere gegangen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/16/0041).

Bei diesem Mangel handelt es sich nicht um ein formelles Versehen, sondern um die materiell falsche Bezeichnung des Abgabenschuldners. Deshalb wird ein solcher materieller Mangel auch nicht dadurch geheilt, daß aus der Aktenlage - etwa aus der Unterschrift des Berufungsschriftsatzes - auf den in Wirklichkeit gemeinten Adressaten geschlossen werden kann. Die notwendige Unheilbarkeit dieses Mangels zeigt sich schon darin, daß auf Grund eines solchen Bescheides die Eingangsabgabenschuld nicht aus dem Vermögen des vom Spruch des Leistungsgebotes nicht erfaßten Beschwerdeführers beigetrieben werden könnte. Anders als in dem z.B. der von Angst-Jakusch-Pimmer, Die Exekutionsordnung12, Wien 1989, S 72, E 9 zu § 7, zitierten Entscheidung zugrundeliegenden Fall befindet sich im vorliegenden neben dem Zunamen mit dem Zusatz Firma kein (also auch nicht derselbe) Vorname.

Die belangte Behörde hätte sich daher auf die Zurückweisung der Berufung wegen Unzulässigkeit derselben zu beschränken gehabt. Zu der von ihr getroffenen Erledigung war die belangte Behörde nicht berechtigt, weshalb der angefochtene Bescheid aus dem dargelegten Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden mußte, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen einzugehen war. Die Entscheidung selbst konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat erfolgen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom , BGBl. Nr. 206. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem für Schriftsatzaufwand allein vorgesehenen PAUSCHbetrag ein Zuspruch für Umsatzsteuer im Gesetz nicht vorgesehen ist; Aufwendungen im verfassungsgerichtlichen Verfahren werden von den Bestimmungen des VwGG über den Aufwandersatz nicht erfaßt.