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VwGH vom 26.06.2002, 96/13/0167

VwGH vom 26.06.2002, 96/13/0167

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Ronald Rast und Dr. Christian Werner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Lugeck 1/5/17, gegen den am mündlich verkündeten und mit Datum schriftlich ausgefertigten Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat Ia), Zl. GA 15-92/1242/06, betreffend Einkommensteuer für 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 916,72 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezog im Streitjahr neben weiteren Einkünften auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Vermietung einer Eigentumswohnung in Wien 19, W-Straße.

Seiner Einkommensteuererklärung für 1991 samt Beilagen und den weiteren im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Eigentumswohnung erst kurz vor Beginn der Vermietungstätigkeit gekauft worden war. In dem mit datierten Kaufvertrag ist festgehalten, dass das Inventar aus E-Herd, Geschirrspüler, Abwasch, Kästen und einer Gasthermenheizung bestehe, dass beim Kaufpreis von 2,400.000 S auf die Liegenschaft ein Betrag von 180.000 S, auf Gebäude ein Betrag von 1,980.000 S und auf Inventar ein Betrag von 240.000 S entfalle und dass der Gesamtkaufpreis am bezahlt worden und am selben Tag die Übergabe der Wohnung durch Übergabe der Schlüssel erfolgt sei. Dem im Verfahren vorgelegten Mietvertrag vom zufolge habe der Beschwerdeführer diese Eigentumswohnung mit beginnend auf die Dauer von zwei Jahren gegen ein monatliches Mietentgelt von 20.000 S zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskostenpauschale sowie "ein Entgelt für Möbelbenutzung von pauschal 100.000 S für die Mietdauer" samt dem "völlig neuwertigen Inventar gemäß beiliegender Inventarliste" vermietet.

Für das Streitjahr machte der Beschwerdeführer als Werbungskosten u.a. geltend:

"Abschreibungen: Baukosten 31.644,43 S; Einrichtungen neu 67.548,24 S; Einrichtungen alt (mussten dem Verlangen des Mieters entsprechend ersetzt werden) 240.000 S".

Mit dem Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für 1991 fest, berücksichtigte jedoch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anstelle der u.a. geltend gemachten Werbungskosten für Abschreibungen "Einrichtungen alt" von 240.000 S lediglich eine "jährliche AfA von 24.000 S". Das Finanzamt begründete dies damit, dass die Gasthermenheizung nicht sofort abgesetzt werden könne, "sondern ..... quasi aktiviert und im Wege der AfA auf 10 Jahre abgeschrieben" werde.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass die im vorgelegten Kaufvertrag angeführten Gegenstände (E-Herd, Geschirrspüler, Abwasch, Kästen und Gasthermenheizung) auf Wunsch des Mieters demontiert und verschrottet bzw. verbrannt worden seien. Es sei eine vollständig neue Küche samt Geräten und Maschinen sowie neue sanitäre Einrichtungen, die auch eine neue Gasheizung beinhalteten, angeschafft worden. Die Kästen seien durch Schrankwände ersetzt worden. Die Abschreibung des Betrages von 240.000 S sei zu Recht erfolgt, weil die genannten Gegenstände am nicht mehr vorhanden gewesen seien. Eine Aktivierung solcher nicht vorhandener Gegenstände sei dem geltenden Einkommensteuerrecht fremd. Die neu angeschafften Gegenstände seien ordnungsgemäß aktiviert worden und würden je nach Nutzungsdauer auf fünf bis zehn Jahre abgeschrieben. Die vom Finanzamt vorgenommene Aktivierung des Betrages von 240.000 S finde im Gesetz keine Deckung.

Mit der Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung des Beschwerdeführers ab und erkannte dem geltend gemachten Betrag von 240.000 S die Werbungskosteneigenschaft zur Gänze ab. Da die in Rede stehenden Gegenstände (Inventar laut Kaufvertrag) lediglich auf Wunsch eines Mieters entfernt worden seien, läge auch eine außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung nicht vor. Ein Zusammenhang mit dem gesonderten Mietentgelt für die Nutzung der neuen Möbel könne nicht festgestellt werden.

Im daraufhin eingebrachten Vorlageantrag legte der Beschwerdeführer dar, dass die Eigentumswohnung für Vermietungszwecke erworben worden sei, wobei für das abgewohnte Inventar eine Ablöse von 240.000 S an den Voreigentümer bezahlt worden sei. Die Eigentumswohnung hätte unter Beibehaltung der abgewohnten Einrichtungsgegenstände zu einem monatlichen Mietzins von höchstens 110 S/m2, das seien für 101 m2 11.110 S, monatlich vermietet werden können. Der Mieter habe sich bereit erklärt, bei einem Ersatz der abgewohnten Einrichtungsgegenstände durch neue einen monatlichen Mietzins von 20.000 S plus 3.472 S für (vorläufig) 24 Monate zu bezahlen, was dem 2,1-fachen des oben angeführten Mietzinses entspreche. Voraussetzung für diesen wesentlich erhöhten Mietzins sei demnach die Entfernung der abgewohnten Einrichtungsgegenstände gewesen. Im vorliegenden Fall wären die Anschaffungskosten der alten Einrichtung in Höhe von 240.000 S auf die restliche Verwendungsdauer verteilt als Werbungskosten (§ 16 Abs. 1 Z 8 iVm § 7 EStG) absetzbar gewesen. Um höhere Einnahmen zu erzielen, seien die alten abgewohnten Einrichtungsgegenstände durch neue ersetzt worden, sodass eine Vollabschreibung dieser alten Gegenstände als Werbungskosten geboten gewesen sei. Der wirtschaftliche Zusammenhang mit der Erwerbung höherer Einnahmen aus Vermietung sei somit zweifelsfrei gegeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und setzte die Einkommensteuer neu fest. Dabei wurde vom geltend gemachten Betrag von 240.000 S ein Betrag von 3.600 S 1,5 %) als Werbungskosten berücksichtigt.

Aus § 16 Abs. 1 EStG 1988 ergebe sich, dass Aufwendungen für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig seien, als dies ausdrücklich zugelassen sei. Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern seien, außer im Wege der AfA oder von Renten zum Erwerb der Einkunftsquelle und Wertminderungen bzw. der Verlust von Wirtschaftsgütern, ausgenommen im Fall außergewöhnlicher technischer oder wirtschaftlicher Abnutzung, keine Werbungskosten. Der Beschwerdeführer habe nicht nachweisen können, dass nach Anschaffung des Wirtschaftsgutes Umstände eingetreten seien, welche die Nutzbarkeit gegenüber den Verhältnissen im Anschaffungszeitpunkt wesentlich reduziert hätten. Vielmehr ergebe sich aus den vom Beschwerdeführer im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegten Unterlagen und Stellungnahmen, dass bereits vor bzw. während der Anschaffung der Eigentumswohnung der Ersatz des alten Inventars vorgenommen worden sei. Eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung wäre überdies nur in dem Jahre möglich gewesen, in dem sich diese außergewöhnliche Abnutzung herausgestellt hätte bzw. ereignete. Der Zustand der betreffenden Wirtschaftsgüter habe jedoch spätestens im Zeitpunkt der Schlüsselübergabe (laut Kaufvertrag am ) bzw. bereits mit der üblicherweise anzunehmenden vorhergehenden Wohnungsbesichtigung bekannt gewesen sein müssen. Allfällige vergebliche oder überhöhte Aufwendungen für den Ankauf von abgewohntem, also noch verwendbarem, Inventar in Höhe von 240.000 S, um es in der Folge zu verschrotten bzw. zu verbrennen, würden keine außergewöhnliche Abschreibung rechtfertigen, weil die Wirtschaftsgüter hiedurch weder in ihrer technischen noch in ihrer wirtschaftlichen Nutzbarkeit eingeschränkt worden seien. Die vom Beschwerdeführer selbst gewählte "technische Beseitigung" des Wirtschaftsgutes (Verschrottung, Verbrennen) stelle auch keine außergewöhnliche technische Abnutzung dar, sondern sei der privaten Vermögenssphäre zuzurechnen. Nach Ansicht der belangten Behörde sei der Teil der Anschaffungskosten, der nach dem gesonderten Ausweis im Kaufvertrag auf das Inventar entfalle, nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise den Anschaffungskosten der Eigentumswohnung hinzuzurechnen. Die diesbezüglichen Kosten seien somit zu aktivieren und im Wege der AfA in Höhe von 1,5 % mit 3.600 S als Werbungskosten zu berücksichtigen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

§ 16 Abs. 1 EStG 1988 lautet:

"§ 16. (1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im Folgenden ausdrücklich zugelassen ist. ... Werbungskosten sind auch:

.....

8. Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung (§§ 7 und 8). Gehört ein Gebäude oder ein sonstiges Wirtschaftsgut nicht zu einem Betriebsvermögen, so gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung Folgendes:

a) Grundsätzlich sind die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu Grunde zu legen. Bei der Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist § 6 Z 11 und 12 zu berücksichtigen. § 13 ist anzuwenden.

.....

d) Wird ein vom Steuerpflichtigen früher angeschafftes oder hergestelltes Wirtschaftsgut erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet, dann sind der Bemessung der Absetzung für Abnutzung die ungekürzten tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu Grunde zu legen. Wurde ein Gebäude vor mehr als zehn Jahren oder ein sonstiges Wirtschaftsgut vor mehr als einem Jahr angeschafft oder hergestellt, dann darf der höhere gemeine Wert angesetzt werden.

e) Bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, können ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage (lit. a bis d) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.

....."

Die belangte Behörde rechnete den Teil der Anschaffungskosten, der gemäß dem gesonderten Ausweis im Kaufvertrag auf das Inventar entfiel, "nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise" den Anschaffungskosten der Eigentumswohnung hinzu. Eine nähere Begründung, welche Sachverhaltsannahme dem zu Grunde lag, bleibt die belangte Behörde allerdings schuldig.

Dass es sich nicht um Einrichtungsgegenstände, die somit selbständig bewertbar sind und für Zwecke der AfA gesondert vom Gebäude behandelt werden können (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III A15, Tz 5 zu § 7 EStG, S. 5), gehandelt hätte, wird im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt. Die belangte Behörde nahm offenbar an, es handle sich um "vergebliche oder überhöhte Aufwendungen" für den Ankauf von abgewohntem Inventar, nicht um es (gemeinsam mit der Wohnung) zu vermieten, sondern um es in der Folge zu verschrotten bzw. zu verbrennen, somit nicht um Aufwendungen zur Anschaffung eines eigenen Wirtschaftsgutes "Inventar", sondern - unbeschadet der betraglichen Aufgliederung des Gesamtkaufpreises für die Eigentumswohnung in Grund und Boden, Gebäude und Inventar - zur Anschaffung der Eigentumswohnung.

Für die Richtigkeit einer solchen Annahme bestehen durchaus Hinweise, wie etwa das Missverhältnis zwischen dem angeblich auf das Inventar entfallenden Kaufpreisanteil von 240.000 S einerseits, der erst nach Beginn der Inventarerneuerung, also nachdem der Mieter gefunden war und seine Wünsche geäußert hatte, im Kaufvertrag vom schriftlich festgehalten wurde, und andererseits die vom Beschwerdeführer selbst gewählte Bezeichnung des Inventars als "abgewohnt" und der Umstand der "Verschrottung bzw. Verbrennung", ohne irgendeinen Erlös aus den gerade um 240.000 S gekauften Gegenständen zu erzielen.

Mit dem von der belangten Behörde nicht widerlegten Berufungsvorbringen, die im Kaufvertrag angeführten Gegenstände, seien auf Wunsch des Mieters demontiert und verschrottet bzw. verbrannt worden, lässt sich die den angefochtenen Bescheid zu tragen geeignete Sachverhaltsannahme, beim Kauf der Wohnung habe dem Beschwerdeführer eine das abgewohnte Inventar betreffende Vermietungsabsicht gefehlt, nicht ohne nähere Erläuterung in Einklang bringen. Den vorgelegten Verwaltungsakten ist nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt hätte, zur Frage des Fehlens einer Vermietungsabsicht hinsichtlich des alten Inventars Stellung zu nehmen. In der Beschwerde führt der Beschwerdeführer dementsprechend ins Treffen, dass er beim Ankauf der Eigentumswohnung keineswegs vorgehabt habe, die alten Einrichtungsgegenstände durch neue zu ersetzen, und dass er die Gegenstände diesfalls nicht miterworben hätte. Zu Recht macht er in Ausführung der Verfahrensrüge die Verletzung des Parteiengehörs geltend.

Die in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der belangten Behörde fehlende Antwort des Vertreters des Beschwerdeführers auf die ebenfalls nicht protokollierte Frage der Vorsitzenden, ob die ersetzten Einrichtungsgegenstände nicht wertlos gewesen seien, dass der Beschwerdeführer diese Gegenstände besichtigt habe und sicherlich keinen überhöhten Preis dafür bezahlt hätte, dass die Einrichtungsgegenstände noch verwendbar gewesen seien, aber nur eine Miete von 110 S je m2 und Monat eingebracht hätten, während nach Anschaffung der neuen Einrichtung 232,40 S je m2 und Monat bezahlt würden, bezeichnete die Vorsitzende des Berufungssenates auf nachträglichen Ergänzungsantrag des Beschwerdeführers in einem Aktenvermerk als "keine im Spruch anderslautende Entscheidung nach sich" ziehend. Tatsächlich lässt diese Antwort zwar weder eine Absicht, die alten Einrichtungsgegenstände zu vermieten, noch ein Fehlen einer solchen Absicht zwingend erkennen, wäre aber in eine von der belangten Behörde anzustellende Beweiswürdigung aufzunehmen gewesen.

Somit hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, was zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG führen musste.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das abgewiesene Mehrbegehren betrifft einerseits die geltend gemachte Umsatzsteuer, welche im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist, andererseits die Stempelgebühren für Beilagen, welche über die Gebühr für die Beilage des angefochtenen Bescheides (vier Bogen) hinausgehen. Gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 EuroG, BGBl. I Nr. 72/2001, waren die Beträge in Euro auszudrücken.

Wien, am