VwGH vom 24.04.2002, 96/13/0151
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der Gemeinde S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 8-1626/93, betreffend ua. Haftung für Lohnsteuer für den Zeitraum bis , zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 936,34 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Gefolge einer Lohnsteuerprüfung für den Zeitraum bis zog das Finanzamt die beschwerdeführende Gemeinde mit Bescheid vom ua. zur Haftung für Lohnsteuer auf Grund von Fehlberechnungen in Höhe von S 41.346,-- heran. Nach der Begründung des Bescheides war darin unter anderem die "Nachversteuerung der Sprachzulage" im Betrag von S 35.828,-- für neun Bedienstete für das Jahr 1991 enthalten, welche nicht einer "SEG-Zulage gemäß § 68 EStG 1988" entspreche.
In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass in der betreffenden Gemeinde die kroatische Sprache auf Grund einer Verordnung der Bundesregierung zusätzlich zur deutschen Amtssprache als Amtssprache zugelassen sei. Den Beamten, welche bei einer in der auf Grund des § 2 Abs. 1 Z 3 des Volksgruppengesetzes ergangenen Verordnung angeführten Behörde oder Dienststelle beschäftigt seien, gebührte auf Antrag eine monatliche Vergütung gemäß § 20d des Gehaltsgesetzes 1956. Die Vergütung gelte als Erschwerniszulage. Dasselbe gelte sinngemäß für die Vertragsbediensteten.
Die Kindergärtnerinnen hätten laut § 2a des Burgenländischen Kindergartengesetzes in den Gemeinden des Burgenlandes mit ua. kroatischer Bevölkerung, in denen ein Kindergarten errichtet ist, zusätzlich zur deutschen auch die kroatische Sprache zu verwenden. In Kindergärten werde eine Dienstzulage in der Höhe von 70 v.H. der im § 59a Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 für Lehrer in zweisprachigen Schulklassen vorgesehenen Dienstzulage gewährt.
Da die kroatische Sprache neben der deutschen Sprache permanent anzuwenden sei, bedeute dies für die Dienstnehmer eine außerordentliche Erschwernis, die über die üblichen Arbeitsbedingungen innerhalb der vergleichbaren Berufsgruppe hinausgehe, zumal die gesetzlichen Vorschriften zwingend die Anwendung der kroatischen Sprache neben der deutschen Sprache vorschrieben.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung ab, weil Fremdensprachenzulagen nicht als Erschwerniszulagen gemäß § 68 EStG 1988 und mehr Wissen oder die Kenntnis von Fremdsprachen nicht als Erschwernis angesehen werden könnten.
Im darauf eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass für Kindergärtnerinnen im Bundesgebiet die Zweisprachigkeit nicht als Anstellungserfordernis gegeben sei, während dies für eine Anstellung als Kindergärtnerin in bestimmten Gemeinden des Burgenlandes Beschäftigungsvoraussetzung sei. Die Betreuung der Kinder habe (wohl im Kindergarten der Beschwerdeführerin) permanent zweisprachig zu erfolgen. Dies stelle eine klare Erschwernis im Vergleich zur einsprachigen Kindergartenbetreuung dar und ergebe für die einzelnen Erzieher deutlich größere Belastungen durch die dauernd notwendige erhöhte Aufmerksamkeit, Inanspruchnahme und Verfügbarkeit.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Die belangte Behörde beschränkt sich im angefochtenen Bescheid zunächst auf die Feststellung, dass im vorliegenden Fall die Besteuerung der nach § 20d Gehaltsgesetz 1956 den Bediensteten der Gemeinde ausbezahlten Zulage strittig sei. Im Übrigen erschöpft sich der angefochtene Bescheid in der Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen (des § 68 Abs. 1 und 5 EStG 1988), in der Anführung von Rechtsprechung zu diesen Bestimmungen und in der Aussage, dass zwar die näher beschriebene formalrechtliche und funktionelle Bedingung für die Steuerfreiheit erfüllt seien, nicht jedoch die materiell-rechtliche Bedingung. Aus welchen Überlegungen und Erwägungen die belangte Behörde zu diesem Ergebnis gelangt, führt sie ohne Darstellung der konkreten Sachverhaltssituation nicht aus.
Die Prüfung der inhaltlichen Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof setzt das Vorliegen eines Bescheides voraus, in dessen Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst werden. Vor allem hat die Begründung eines Bescheides den für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Sachverhalt in einer für die Nachprüfung durch den Gerichtshof tauglichen Weise festzustellen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0200, und jüngst das hg. Erkenntnis vom , 96/13/0045). Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid nicht.
Gemäß § 68 Abs. 1 und 5 EStG 1988 sind unter anderem Erschwerniszulagen unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Als solche Zulagen sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen. Diese Begünstigung setzt ua. voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeiten verrichtet, die überwiegend unter Umständen erfolgen, welche die eben angeführten Voraussetzungen erfüllen. Der Arbeitnehmer muss also während der Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, welche der genannten außerordentlichen Erschwernis unterliegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 99/14/0342).
Feststellungen, um welche Art von Bediensteten es sich handelte und welche Tätigkeit diese in welchem Umfang verrichteten, hat die belangte Behörde nicht getroffen. Der angefochtene Bescheid enthält - wie auch die vorgelegten Verwaltungsakten - keinen Hinweis darauf, dass die Beschwerdeführerin aufgefordert worden wäre, die Tätigkeiten der betroffenen Arbeitnehmer näher zu beschreiben, um eine Beurteilung, ob eine Erschwernis im Sinne des § 68 Abs. 5 EStG 1988 vorliege, zu ermöglichen. Mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren zu einem Teil ihrer Bediensteten, nämlich zu den Kindergärtnerinnen, hat sich die belangte Behörde nicht befasst.
Da somit die Begründung des angefochtenen Bescheides zur Prüfung seiner inhaltlichen Rechtmäßigkeit nicht hinreicht, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am