VwGH vom 19.03.2003, 2002/16/0168
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des Ing. J, vertreten durch Dr. Michael Datzik, Rechtsanwalt in Wien IX, Währingerstraße 16/3/24, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. ZRV/60-13/99, betreffend Haftung für Einfuhrumsatzsteuerschulden, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Note vom kündigte das Hauptzollamt Wien dem Beschwerdeführer an, seine Haftung als Geschäftsführer der Komplementär GmbH einer KG für vier konkrete, vor dem fällig gewordene Einfuhrumsatzsteuerschulden der KG, deren Einbringung vergeblich versucht worden sei, in Anspruch zu nehmen. Dabei waren die vier Schulden jeweils mit der Geschäftszahl, dem Zahlungstermin und der Höhe angegeben.
Darauf antwortete der Beschwerdeführer wie folgt:
"Zu Ihrem Schreiben vom möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich bei der Fa. Allin als gewerberechtlicher Geschäftsführer nebenberuflich tätig war.
Mein Ansprechpartner in dieser Firma war Hr. BM Ing. G, mit dem ich einen speziellen Werkvertrag abgeschlossen hatte.
Mit Geldangelegenheiten war ich nicht vertraut, da ich, wie oben erwähnt, nur gewerberechtlich tätig war.
Für die Konkursmasseverwaltung wurde ein eigener Anwalt bestellt."
Mit Haftungsbescheid vom zog daraufhin das Hauptzollamt Wien den Beschwerdeführer (wiederum unter konkreter Anführung der vier Einfuhrumsatzsteuerschulden mit Aktenzahl, Datum der Fälligkeit und der Beträge der Höhe nach) zur Haftung heran.
Dagegen berief der Beschwerdeführer mit folgendem Vorbringen:
"Ich war bei dieser Firma im Angestelltenverhältnis und NICHT zeichnungsberechtigt, da ich einen notariellen Zusatzvertrag hatte.
Für alle Angelegenheit zu dieser Causa wenden sie sich bitte an den Masseverwalter, der eigens zu diesem Zweck bestellt wurde."
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies die Behörde erster Instanz die Berufung als unbegründet ab, wobei darauf hingewiesen wurde, dass der Umstand einer vertragsmäßig vorgenommenen Beschränkung seiner Befugnisse als Geschäftsführer ein Verschulden des Beschwerdeführers bedeute.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer eine als Vorlageantrag zu behandelnde Eingabe folgenden Inhalts:
"Ich war bei dieser Firma in Angestelltenverhältnis tätig und bezog ein bescheidenes Gehalt. Zeichnungsberechtigt war ich, da ich einen notariellen Zusatzvertrag hatte, nur mit einem
2. Prokuristen der Firma. Ich hatte alleine keinerlei finanzielle Befugnisse.
Da ich keinerlei Einblick in finanzielle Transaktionen hatte, und auch meine Unterschrift auf keinen Belegen vorzufinden ist, weise ich die an mich gestellte Forderung zurück."
Einem in den Verwaltungsakten befindlichen Umlaufbeschluss vom 23. Juni bzw. 1. bzw. ist zu entnehmen, dass neben dem Beschwerdeführer auch Frau C zur selbstständig vertretungsbefugten Geschäftsführerin bestellt wurde. Aus einem weiteren in den Verwaltungsakten befindlichen Gesellschafterbeschluss vom ist zu entnehmen, dass die Genannte mit Wirkung vom als Geschäftsführerin abberufen wurde.
Die Erlassung von Abgabenbescheiden betreffend die Einfuhrumsatzsteuerschulden gegenüber der KG ist aus den Verwaltungsakten nicht ersichtlich; die betreffende Forderungsanmeldung im Konkurs erfolgte auf Grund von Rückstandsausweisen.
Die belangte Behörde milderte mit Bescheid vom den vorgeschriebenen Betrag mit Rücksicht auf einen beim zweiten Geschäftsführer hereingebrachten Teilbetrag (was jetzt nicht mehr beschwerdegegenständlich ist) und wies die Berufung im Übrigen als unbegründet ab, wobei sie davon ausging, dass über die KG mit Beschluss des HG Wien vom der Konkurs eröffnet worden sei. Dieser Konkurs sei dann am mangels Kostendeckung wieder aufgehoben worden; die Gläubiger hätten keine Quoten erhalten. Die Komplementär GmbH sei mit Beschluss des HG Wien vom , 5 Se 631/95v aufgelöst worden. Der Beschwerdeführer, der seit 1988 selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Komplementär GmbH gewesen sei, habe keinen Nachweis für sein fehlendes Verschulden erbracht.
Betreffend die bei Heranziehung des Beschwerdeführers erfolgte Ermessensübung verwies die belangte Behörde darauf, dass vom zweiten Geschäftsführer ein Betrag von ATS 150.000,-- hereingebracht wurde, sodass dem Beschwerdeführer nur mehr der Rest von ATS 46.331,20 angelastet werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, nicht zur Haftung herangezogen zu werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 9 Abs. 1 BAO lautet:
"(1) Die in den §§ 80ff bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können."
Nach ständiger hg. Judikatur hat der zur Haftung herangezogene Vertreter darzulegen, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls anzunehmen ist, dass Verschulden vorliegt (vgl. dazu z. B. die bei Ritz, BAO Kommentar2 Rz 22 zu § 9 BAO referierte hg. Judikatur).
Insoweit die Beschwerde dazu den Standpunkt vertritt, der Beschwerdeführer habe durch seine Eingabe vom sein fehlendes Verschulden dargetan, ist darauf zu verweisen, dass nach der bereits zitierten hg. Rechtsprechung dem Vertreter die konkrete und schlüssige Darstellung der Gründe obliegt, die seine Schuldlosigkeit begründen. Es obliegt dem zur Haftung herangezogenen Vertreter eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast (Ritz a.a.O. unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0280). Dieser qualifizierten Mitwirkungspflicht ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren in keiner Weise nachgekommen, weshalb der Vorwurf der Beschwerde, die belangte Behörde habe diesbezüglich ihre Ermittlungspflicht verletzt, ins Leere geht.
Dasselbe gilt für die in der Beschwerde angezogene Problematik einer Aufgabenverteilung zwischen den beiden Geschäftsführern. Auch diesbezüglich hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keineswegs schlüssig dargelegt, dass er auf Grund einer internen Arbeitsaufteilung mit der Entrichtung von Abgaben nichts zu tun hatte und dass er seiner jedenfalls bestandenen Überwachungspflicht gegenüber dem zweiten Geschäftsführer ohnehin entsprochen hätte (siehe dazu Ritz, a.a.O. Rz 23).
Die Ausführungen der Beschwerde betreffend das Vorhandensein der Geschäftsführerin Harbich stehen mit dem in den Verwaltungsakten befindlichen Gesellschafterbeschluss vom nicht im Einklang, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.
Insoweit die Beschwerde damit argumentiert, dass ab ein weiterer Geschäftsführer (J) vorhanden gewesen sei, handelt es sich um eine unbeachtliche Neuerung, auf die nicht eingegangen werden muss.
Das Beschwerdevorbringen, dem Beschwerdeführer sei keine Kenntnis über den Bescheid betreffend den Abgabenanspruch an sich verschafft worden, geht ebenfalls ins Leere, weil vorliegendenfalls die Erlassung von Abgabenbescheiden nicht aktenkundig ist und dem Beschwerdeführer ohnehin im Wege des Vorhaltes vom vor Erlassung des Haftungsbescheides konkret bekannt gegeben wurde, um welche Art von Abgaben, nämlich Einfuhrumsatzsteuerschulden der KG, es sich handelt. Dem Beschwerdeführer wäre es somit freigestanden, in der von ihm gegen den Haftungsbescheid erhobenen Berufung auch die Abgabenansprüche selbst zu bekämpfen (vgl. Ritz a.a.O., Rz 6 Abs. 2 zu § 248 BAO), wovon der Beschwerdeführer aber keinen Gebrauch gemacht hat.
Insoweit die Beschwerde die Ermessensübung der belangten Behörde angreift, ist ihr nicht zu folgen, weil die belangte Behörde nachvollziehbar dargelegt hat, dass sie vom zweiten Geschäftsführer ohnehin eine Summe von ATS 150.000,-- einbringlich gemacht und den Beschwerdeführer daher nur mit dem Rest in Höhe von ATS 46.331,20 belastet hat. Damit hat sie im Ergebnis den vom Beschwerdeführer rudimentär vorgebrachten Umstand, an der Nichtentrichtung der Abgabenschuldigkeit weniger beteiligt gewesen zu sein als der zweite Geschäftsführer, im Rahmen ihrer Ermessensübung ohnehin ausreichend berücksichtigt. Die Entscheidung der belangten Behörde ist daher jedenfalls nicht mit Ermessensüberschreitung oder Ermessensmissbrauch belastet.
Da der Beschwerdeführer schließlich im Verwaltungsverfahren auch nichts in Richtung einer fehlenden Kausalität seines Verhaltens dargelegt hat, konnte die belangte Behörde ausgehend vom nicht entkräfteten Verschulden des Beschwerdeführers auch die Kausalität des Verhaltens des Beschwerdeführers annehmen, weil bei Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben besteht (Ritz a. a.O. Rz 24 zu § 9 BAO und die dort referierte hg. Judikatur).
Sohin erweist sich der angefochtene Bescheid insgesamt als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am