VwGH vom 18.09.2003, 2002/16/0160

VwGH vom 18.09.2003, 2002/16/0160

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der B Treuhand GmbH in Wien, vertreten durch die Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ RV 115-09/06/02, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Rechtsnachfolgerin der B. Beteiligungsfonds AG. Bei einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass von der Z Unternehmensfonds AG zum insgesamt fünf Genussrechtsfonds an die B. Beteiligungsfonds AG übertragen worden waren. Im Lagebericht zum Jahresabschluss 1993 der B. Beteiligungsfonds AG war dazu ausgeführt worden:

Die Geschäftsbereiche Genussschein- und Gewinnscheinfonds - letztere wurden bisher im Rahmen der 100 %igen Tochtergesellschaft Z Unternehmensfonds AG gestioniert - werden in der B Beteiligungsfonds AG zusammengefasst. Verbunden mit dieser Maßnahme steigt die Bilanzsumme dieser Gesellschaft um rund 330 Mio S....

In der Bilanz der B Beteiligungsfonds AG wurden unter den Aktiven "Beteiligungen für Gewinnscheinfonds" in Höhe von S 330,230.000,-- und unter den Passiven "Genussrechte gemäß § 174 AktG" in Höhe von S 330,050.000,-- ausgewiesen.

In einer Vorhaltsbeantwortung vom wurde von der B Beteiligungsfonds AG ausgeführt, die Z Unternehmensfonds AG habe sämtliche Unternehmensfonds per an die B Beteiligungsfonds AG übertragen. Die Übertragung sei entgeltlos erfolgt.

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der B. Beteiligungsfonds AG gemäß § 2 Z 1 KVG iVm § 6 Abs 1 Z 2 KVG Gesellschaftsteuer in Höhe von S 3,834.380,-- vor. Ausgehend von der Auffassung der Abgabenbehörde, dass "Genussscheinfonds" übertragen wurden, wurde der Wert der übertragenen Fonds nach dem Wiener Verfahren 1989 geschätzt.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde insbesondere ausgeführt, die Ausgabe von Schuldverschreibungen könne gemäß § 174 Abs 1 AktG nur auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung erfolgen. Die Hauptversammlung der Rechtsvorgängerin habe einen derartigen Hauptversammlungsbeschluss nie gefasst. Es gebe daher keine Gewinnscheine dieser Aktiengesellschaft, sondern nach wie vor nur Genussrechte der Z Unternehmensfonds AG. Die Genussrechte seien gesellschaftsrechtlich solche der Z Unternehmensfonds AG geblieben, wobei lediglich das Sondervermögen, das diese Gewinnbeteiligung vermittle, von einer Aktiengesellschaft an die andere übertragen worden sei. Punkt 8 a) der Fondsrichtlinie bestimme, dass die Übertragung des Fonds mit Zustimmung des Aufsichtsrates möglich sei, wenn sichergestellt werde, dass durch die Übertragung keine Verschlechterung der Position der Gewinnscheininhaber erfolge und insbesondere deren Recht auf einen Anteil auf Jahres- und Abwicklungsüberschuss des Fonds wie deren Informationsrecht gewahrt blieben. Das Genussrecht sei nach wie vor "am Fonds" und nicht an der verwaltenden AG. Es seien daher weder Genussrechte "neu begründet" worden noch einer anderen Kapitalgesellschaft neu zugeordnet worden. Es treffe auch nicht zu, dass durch die Übertragung der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin ein Forderungsverhältnis auf Gewinnauszahlung begründet worden wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, Gegenstand der vormaligen Z Unternehmensfonds sei unter anderem der Erwerb und die Verwaltung von in Fonds zusammengefassten Unternehmensbeteiligungen gewesen, die durch die Ausgabe von Gewinnscheinen finanziert worden seien. Nach den Fondsrichtlinien habe die Z Unternehmensfonds AG mit den durch die Ausgabe der Gewinnscheine aufgebrachten Mitteln den Z Unternehmensfonds errichtet, dessen gesamtes Vermögen in ihrem Eigentum stehe und von ihr in einem eigenen Rechnungskreis verwaltet werde. Die Z Unternehmensfonds AG habe die durch die Ausgabe der Gewinnscheine aufgebrachten Mittel im eigenen Namen zu mindestens 90 % in Beteiligungen an inländischen Unternehmen angelegt. Der Jahresüberschuss werde auf die ausgegebenen Gewinnscheine ausgeschüttet. Der Abwicklungsüberschuss sei an die Gewinnscheininhaber im Verhältnis des Nennbetrages auszuzahlen. Die Z Unternehmensfonds AG sei zum eine hundertprozentige Tochter der Beschwerdeführerin gewesen. Die Geschäftsbereiche Genusschein- und Gewinnscheinfonds seien bei der Beschwerdeführerin zusammengefasst worden, wodurch die Bilanzsumme der Beschwerdeführerin um rund 330 Millionen S gestiegen sei. Zum seien die Genussrechte in Höhe von S 330,050.000,-- an die Beschwerdeführerin übertragen worden. Durch die Eingliederung der Genussrechte habe die Beschwerdeführerin eine Stärkung ihres Betriebskapitals erfahren, da sich die Bilanzsumme entsprechend erhöht habe. Da die Gesellschaftsrechte die Kapitalgesellschaft gewechselt hätten und die Gesellschafter "plötzlich", ohne ihr Zutun, an einer neuen Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen seien, liege ein Erwerb von Gesellschaftsrechten durch den ersten Erwerber (im Sinne des § 2 Z 1 KVG 1934) vor.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, für den streitgegenständlichen Sachverhalt und dessen Auswirkungen, den die belangte Behörde als unentgeltliche Übertragung im Rahmen einer Unternehmensstrukturierung (mit Neuzuordnung von Genussrechten erstmals an die Beschwerdeführerin) bezeichne, keine Gesellschaftsteuer entrichten zu müssen.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 2 Z 1 des auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden KVG 1934 unterliegt der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber der Gesellschaftsteuer. Nach § 6 Abs 1 Z 2 KVG 1934 gelten Genussrechte als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften.

Derartige Genussrechte räumen einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung gegenüber der Kapitalgesellschaft ein (vgl Dorazil, Kapitalverkehrsteuergesetz2, 144). Eine besondere Art von Genussrechten ist im Beteiligungsfondsgesetz, BGBl. Nr. 111/1982, geregelt. Nach § 1 dieses Gesetzes ist ein Beteiligungsfonds ein in einem eigenen Rechnungskreis zusammengefasstes Vermögen im Eigentum einer Beteiligungsfondsgesellschaft, das durch die Ausgabe von Genussscheinen finanziert wird und dem Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen dient. Die Beteiligungen können gemäß § 14 Abs 2 Beteiligungsfondgesetz nur in der Rechtsform einer Kommanditbeteiligung, einer stillen Beteiligung oder einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft erfolgen. Der erste Erwerb solcher Genussscheine unterliegt der Gesellschaftsteuer (Dorazil, aaO, 145).

Die belangte Behörde vertritt zusammengefasst die Auffassung, durch die Übertragung von Beteiligungsfonds der Z Unternehmensfonds AG an die B Beteiligungsfonds AG sei ein Ersterwerb von Gesellschaftsrechten iS des § 2 Z 1 KVG 1934 eingetreten. Damit wird sie dem festgestellten Sachverhalt nicht gerecht:

Wie insbesondere dem in den Akten erliegenden Jahresabschluss zum zu entnehmen ist, wurden von der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt die Unternehmensbeteiligungen der Z Unternehmensfonds AG erworben. Diese Beteiligungen waren von der Z Unternehmensfonds AG durch das in den "Beteiligungsfonds" zusammengefasste Vermögen erworben worden. Der Beschwerdeschrift ist dabei zu entnehmen, dass die Beteiligung an Unternehmen in der Rechtsform von stillen Gesellschaften erfolgte.

Diese Beteiligungen wurden dabei von der B Beteiligungsfonds AG keineswegs - was beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens verkennen - unentgeltlich oder "entgeltlos" erworben, vielmehr bestand die Gegenleistung für diese Abtretung der Beteiligungen an Unternehmen in der Übernahme der in der Bilanz ausgewiesenen Verbindlichkeiten gegenüber den Genussscheininhabern.

Durch den in Rede stehenden Vorgang wurden entgegen der Auffassung der belangten Behörde keineswegs Genussrechte in Höhe von S 330,050.000,-- an die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin übertragen: Die Position "Genussrechte S 330,050.000,--" steht nicht auf der Aktivseite der Bilanz zum , sondern auf ihrer Passivseite. Die Gesellschaft hat somit im Gegenteil die Verbindlichkeiten gegenüber den Genussscheininhabern übernommen. Von der Erfüllung des Tatbestandes nach § 2 Z 1 iVm § 6 Abs 1 Z 2 KVG 1934 kann somit keine Rede sein. Auf Grund dieser Verkennung des Sachverhaltes hat es die belangte Behörde auch unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, ob durch die zum erfolgte Abtretung der Rechte aus Beteiligungen an Unternehmen - in der Rechtsform der stillen Gesellschaft - abgabenrechtliche Tatbestände etwa iS des damals geltenden § 33 TP 16 oder 21 GehG erfüllt worden sind.

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am