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VwGH vom 21.12.1999, 98/19/0246

VwGH vom 21.12.1999, 98/19/0246

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des am geborenen SJ, zuletzt in Innsbruck, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG wird die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck namens des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl. AufG-23513-1, gemäß § 19 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom war über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot verhängt worden. Dieses Aufenthaltsverbot wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben.

Mit einer am bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangten, als "Erstantrag" bezeichneten Eingabe beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Als Aufenthaltszweck gab er die beabsichtigte Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit als Fabriksvorarbeiter an. Die zunächst ebenfalls ausgefüllte Rubrik "Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft" wurde im Antragsformular durchgestrichen.

Aus einem Erhebungsbericht der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom und aus Angaben der Ehegattin des Beschwerdeführers in einer Einvernahme vom geht hervor, dass der Beschwerdeführer auf Grund des über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes im Oktober 1993 das österreichische Bundesgebiet verlassen hatte. Auf Grund eines ihm erteilten Touristensichtvermerkes mit Geltungsdauer vom bis ist der Beschwerdeführer demnach wieder in das Bundesgebiet eingereist.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck namens des Landeshauptmannes von Tirol vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom gemäß "§ 4 Abs. 1 i.V.m. §§ 1, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1" des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Der Bescheid wurde am zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am (Tag des Einlangens bei der erstinstanzlichen Behörde) Berufung.

Mit seiner am zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde machte der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde geltend.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom , der belangten Behörde zugestellt am , wurde diese gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgefordert, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid nachzuholen und dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder bekannt zu geben, weshalb eine Säumnis nicht vorliege.

Mit Note vom forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer unter anderem auf, eine aktuelle ausländerbeschäftigungsrechtliche Bewilligung vorzulegen.

Mit Eingabe vom gab der Beschwerdeführer, ohne eine solche Bewilligung vorzulegen, bekannt, sein Befreiungsschein sei am abgelaufen.

Am legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt "zur weiteren Veranlassung" dem Verwaltungsgerichtshof vor.

Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes teilte die belangte Behörde am mit, dass die in § 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, für das Bundesland Tirol festgelegte Quote für Erwerbstätige, Schüler, Pensionisten und privat Aufhältige in diesem Jahr nicht ausgeschöpft wurde.

Die Quote für das Bundesland Tirol gemäß § 3 Abs. 7 Z. 2 der Niederlassungsverordnung 1998, BGBl. II Nr. 371/1997 (für Erwerbstätige), sei mit ausgeschöpft worden.

Mit Verfügung vom hielt der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer die Streichung des Aufenthaltszweckes der "Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft" im Antragsformular, sowie den Erhebungsbericht der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom und die in diesem Zusammenhang stehenden oben angeführten Angaben seiner Ehegattin vor.

Eine Äußerung des Beschwerdeführers zu diesem Vorhalt erfolgte nicht.

Am teilte die belangte Behörde weiters mit, dass die Quote für das Bundesland Tirol gemäß § 3 Abs. 7 Z. 2 der Niederlassungsverordnung 1999, BGBl. II Nr. 424/1998, noch offen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 19 Abs. 3,§ 23 Abs. 1 und § 112 FrG 1997 lauten

(auszugsweise):

"§ 19. ...

...

(3) Beabsichtigt der Fremde in Österreich eine unselbstständige Erwerbstätigkeit auszuüben, so darf ihm die Erstniederlassungsbewilligung überdies nur erteilt werden, wenn für ihn eine Sicherungsbescheinigung oder eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde oder wenn er über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügt; ...

...

§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen. ...

...

§ 112. Verfahren zur Erteilung eines Sichtvermerkes sowie Verfahren zur Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, oder gemäß der §§ 113 und 114 anhängig werden, sind nach dessen Bestimmungen - je nach dem Zweck der Reise oder des Aufenthaltes - als Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels oder als Verfahren zur Erteilung eines Erstaufenthaltstitels oder eines weiteren Aufenthaltstitels fortzuführen. ..."

Auf Grund der oben wiedergegebenen Erhebungen der Bundespolizeidirektion Innsbruck und der Angaben der Ehegattin des Beschwerdeführers geht der Verwaltungsgerichtshof zunächst davon aus, dass der Beschwerdeführer im Oktober 1993 das Bundesgebiet verlassen hatte und erst im Jahr 1997 wieder nach Österreich zurückkehrte.

Unabhängig von der Frage, ob der nach seinen Angaben in Österreich geborene Beschwerdeführer vor Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn über Berechtigungen zum Aufenthalt im Bundesgebiet verfügte, welche einer Niederlassungsbewilligung im Verständnis des § 23 Abs. 1 FrG 1997 gleichgehalten werden könnten, war das Verfahren über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach dem gemäß § 112 FrG 1997 schon deshalb als solches zur Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung weiterzuführen, weil der Beschwerdeführer nach Ablauf eines ihm allenfalls vor Verhängung des Aufenthaltsverbotes erteilten Aufenthaltstitels nicht auf Dauer niedergelassen geblieben ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/19/0291).

Da sich der Beschwerdeführer zum Vorhalt betreffend die Streichung der Angaben in der Rubrik "Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft" nicht äußerte, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass diese Streichung dem Antragswillen des Beschwerdeführers entsprochen hat. Sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung war demnach ausschließlich auf den Aufenthaltszweck der Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit gestützt.

Dieser Aufenthaltszweck konnte während der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes aus dem Grunde des § 6 Abs. 1 letzter Satz AufG, während jener des Fremdengesetzes 1997 aus dem Grunde des § 14 Abs. 3 erster Satz zweiter Halbsatz FrG 1997 nicht geändert werden.

Der Antrag des Beschwerdeführers war daher nach dem Vorgesagten während der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes im Rahmen der gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, für das Bundesland Tirol festgelegten Quote für "Erwerbstätige, Schüler, Pensionisten und privat Aufhältige" zu behandeln. Im Jahr 1998 war für den in Rede stehenden Antrag die nach der Niederlassungsverordnung 1998, BGBl. II Nr. 371/1997, für das Bundesland Tirol gemäß § 3 Abs. 7 Z. 2 für Drittstaatsangehörige zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit sowie für deren Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder festgelegte Quote maßgeblich.

Nach den Angaben der belangten Behörde war die erstgenannte Quote während des gesamten Jahres 1997 offen, die zweitgenannte Quote war erst am geschlossen.

Die am zur Post gegebene, am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Säumnisbeschwerde erweist sich jedenfalls als zulässig, weil der belangten Behörde zur Entscheidung über die am erhobene Berufung ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten bei offener Quote zur Verfügung stand. § 9 Abs. 3 AufG oder § 22 FrG 1997 stehen daher der Beurteilung, die belangte Behörde sei säumig gewesen, keinesfalls entgegen.

Da die belangte Behörde auch die ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingeräumte dreimonatige Nachfrist, deren Beginn allenfalls zwischen dem (der Zustellung der hg. Verfügung vom ) und dem Inkrafttreten der Niederlassungsverordnung 1999 am gehemmt gewesen sein könnte, bei offener Quote gemäß § 3 Abs. 7 Z. 2 der Niederlassungsverordnung 1999, ungenützt verstreichen ließ, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

In der Sache ist nun Folgendes auszuführen:

Wie oben bereits dargelegt, führt der Beschwerdeführer als alleinigen Aufenthaltszweck die Absicht, in Österreich eine unselbstständige Erwerbstätigkeit auszuüben, ins Treffen. Gemäß § 19 Abs. 3 FrG 1997 darf diesfalls eine Erstniederlassungsbewilligung nur erteilt werden, wenn für den Fremden eine Sicherungsbescheinigung oder eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde oder wenn er über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügt. Derartige ausländerbeschäftigungsrechtliche Bewilligungen hat der Beschwerdeführer aber trotz der diesbezüglichen Aufforderung der belangten Behörde vom nicht - auch nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - dargetan.

Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer über derartige Bewilligungen derzeit nicht verfügt. Der Bewilligung seines Antrages steht folglich § 19 Abs. 3 FrG 1997 entgegen.

Auf Grund der unbedingten Formulierung "darf nur erteilt werden" ist davon auszugehen, dass bei einer auf § 19 Abs. 3 FrG 1997 gestützten abweislichen Entscheidung eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Interessen des Fremden gemäß Art. 8 MRK nicht geboten ist. Gerade auf solche familiären Interessen hat der Beschwerdeführer seinen Antrag allerdings ohnedies nicht gestützt.

Im Hinblick auf diesen Umstand und auf die Unzulässigkeit einer Änderung des Aufenthaltszwecks während des anhängigen Verfahrens vermag daher sein Vorbringen in der Säumnisbeschwerde, seine Ehegattin sowie seine Eltern und seine Brüder seien in Österreich aufhältig, er sei Epileptiker, weshalb es dringend notwendig sei, dass er sich einer entsprechenden Behandlung unterziehe, die ihm in Jugoslawien verwehrt sei, dem Antrag nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Im Übrigen ist der Beschwerdeführer auch darauf zu verweisen, dass Art. 8 MRK keine allgemeine Verpflichtung des Staates, einem Fremden einen Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung zur Niederlassung zum Zwecke des Familiennachzuges zu gewähren, normiert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/19/0651).

Die Berufung des Beschwerdeführers war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 19 Abs. 3 FrG 1997 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am

Fundstelle(n):
DAAAE-52729