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VwGH vom 12.11.1990, 90/15/0154

VwGH vom 12.11.1990, 90/15/0154

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Wetzel, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , Zl. 1171-4/1990, betreffend Kraftfahrzeugsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Der Beschwerdeführer - ein Rechtsanwalt - hatte betreffend den für ihn zugelassenen Pkw Marke X Type Y für die Monate November 1988 bis Juni 1989 die Kraftfahrzeugsteuer im gesetzlichen Ausmaß von S 1.800,-- nicht entrichtet, weshalb das Finanzamt Bregenz mit Bescheid vom gemäß § 8 Abs. 4 und 5 Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952 (KfzStG) eine Abgabenerhöhung von S 675,-- festsetzte.

Dagegen berief der Beschwerdeführer, und das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und setzte in Abänderung des Erstbescheides die Abgabenerhöhung gemäß § 8 Abs. 4 lit. b KfzStG mit S 1.800,-- fest. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer unstrittigermaßen über einen Zeitraum von 8 Monaten keine Kraftfahrzeugsteuer entrichtet habe und daß ab dem zweiten Monat Wiederholungshandlungen vorgelegen seien. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Beschwerdeführer Rechtsanwalt und mit den Bestimmungen des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vertraut sei, erachtete die belangte Behörde die Erhöhung im Ausmaß des einfachen Betrages (100 %) der fehlenden Steuer für angemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und "Mangelhaftigkeit des Verfahrens". Der Beschwerdeführer erachtet sich einerseits in seinem Recht auf "Nichtverschlechterung der Rechtsfolgen im Falle eines lediglich vom Beschuldigten erhobenen Rechtsmittels (Verbot der reformatio in peius)" verletzt und andererseits im Recht auf gesetzmäßige Ausmessung der Abgabenerhöhung gemäß § 8 Abs. 4 lit. b und Abs. 5 KfzStG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 8 Abs. 4 lit. b und Abs. 5 KfzStG lauten:

"(4) Zur Sicherung der Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes kann die Abgabenbehörde nach ihrem Ermessen von den Personen, die zur Zahlung der Steuer verpflichtet sind oder bei Wegfall des Befreiungsgrundes zur Zahlung der Steuer verpflichtet wären, eine Abgabenerhöhung ...

b) bis zum Zweifachen der fehlenden Steuer erheben, wenn eine nach diesem Bundesgesetz in Stempelmarken zu entrichtende Steuer nicht oder nicht vorschriftsmäßig entrichtet wird.

(5) Bei Festsetzung der Abgabenerhöhung ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem Abgabenschuldner bei Beachtung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes das Erkennen der Steuerpflicht und der Besonderheit der Steuerentrichtung zugemutet werden konnte und ob er die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erstmalig oder bereits wiederholt nicht eingehalten hat. Bei Festsetzung einer Abgabenerhöhung wegen Überschreitung einer Frist ist zu berücksichtigen, ob die Frist nur geringfügig oder beträchtlich überschritten wurde."

§ 289 BAO lautet:

"(1) Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat, sofern die Berufung nicht gemäß § 278 zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie kann aber auch die Abgabenbehörde erster Instanz zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung anweisen, sofern § 276 Abs. 2 nicht entgegen steht.

(2) Die Abgabenbehörde zweiter Instanz ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen."

Der inhaltlichen Rechtsrüge der Beschwerde, die vermeint, es liege ein Verstoß gegen das sogenannte Verbot der Verböserung vor, ist zu entgegnen, daß es sich bei Anwendung des Abgabenerhöhungstatbestandes gemäß § 8 Abs. 4 KfzStG nicht um eine finanzstrafrechtliche Maßnahme handelt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/15/0059), sodaß § 161 Abs. 3 Finanzstrafgesetz hier nicht zur Anwendung kommt.

Zu den weiteren Argumenten des Beschwerdeführers, die er sowohl unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit als auch eines Verfahrensmangels ins Treffen führt, nämlich die nicht entsprechende Berücksichtigung, daß die Kraftfahrzeugsteuer für den Monat Oktober 1988 ohnehin entrichtet worden sei, daß der Schaden gering sei und daß der Beschwerdeführer den gesamten Steuerbetrag ohnehin spätestens im nachfolgenden Oktober (1989) entrichtet hätte, ist folgendes zu sagen:

Zum einen hat die belangte Behörde sehr wohl beachtet, daß der Fehlbetrag erst ab November 1988 entstand (eine gesonderte Feststellung, daß die Steuer für Oktober 1988 entrichtet war, ist sohin entbehrlich); zum anderen erweist sich die vorgenommene Erhöhung um 100 % mit Rücksicht auf die Rechtskundigkeit des Beschwerdeführers und den verhältnismäßig langen Zeitraum von acht Monaten (welche Zurechnungselemente die belangte Behörde bei ihrer Ermessensübung zutreffend berücksichtigt hat) sowie unter Bedachtnahme auf den zulässigen Erhöhungsrahmen von 200 % als durchaus dem Gesetz entsprechend (vgl. dazu das von der belangte Behörde zutreffend zitierte, zu einem im wesentlichen gleichgelagerten Fall ergangenen hg. Erkenntnis vom , Zlen. 81/17/0201, 0202, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird; ähnlich auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/15/0070).

Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessensspielraum in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hätte.

Da bereits dem Beschwerdeinhalt zu entnehmen war, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.