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VwGH vom 28.11.2001, 96/13/0076

VwGH vom 28.11.2001, 96/13/0076

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der EM in W, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA 8 - 1620/95, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe für den Zeitraum bis , zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hatte u.a. im Streitzeitraum für ihre beiden 1982 bzw. 1987 geborenen Kinder Familienbeihilfe bezogen. Auf der ihr ausgestellten Familienbeihilfenkarte war der Anspruch auf Familienbeihilfe mit einer Befristung bis bescheinigt. Auf Grund eines von der Beschwerdeführerin ausgefüllten und eingebrachten Vordrucks "Überprüfung bzw. Änderung des Anspruches auf Familienbeihilfe" wurde der Anspruch (neuerlich) "ab Mai 92 bescheinigt und die Befristung eingetragen".

Mit Bescheid vom stellte das Finanzamt fest, dass die Beschwerdeführerin die Familienbeihilfe im Streitzeitraum zu Unrecht bezogen habe und daher gemäß § 26 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG - zurückzuzahlen habe. Das Finanzamt begründete seinen Bescheid im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin im Streitzeitraum den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen nicht im Bundesgebiet gehabt habe.

In der dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, dass "gemäß § 207 Abs. 4 BAO die Rückzahlung dieser Beihilfen verjährt" sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung abgewiesen und als Begründung angeführt, dass "durch die Verlängerung der Familienbeihilfe am die Verjährung unterbrochen" worden sei.

Im Vorlageantrag führt die Beschwerdeführerin aus, dass "die Eintragung der Verlängerung des Anspruchs auf Familienbeihilfe des Jahres 1992 nicht die Verjährung des Rückvergütungsanspruches von Familienbeihilfe der Jahre 1987 und 1988 unterbrechen" könne.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die mit Einbringung des Vorlageantrages wiederum als unerledigt geltende Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde stützt sich darauf, dass für die Unterbrechung der Rückforderungsverjährung die am vorgenommene Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe und die in weiterer Folge durchgeführte Verlängerung des mit befristet gewesenen Familienbeihilfenanspruches als abgabenbehördliche Prüfung zu gelten habe.

Die Behandlung der gegen den nunmehr angefochtenen Bescheid vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde lehnte dieser mit Beschluss vom , B 2059/95-7, ab. Über nachträglichen Antrag der Beschwerdeführerin wurde die Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 2059/95-9, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist im Beschwerdeverfahren ausschließlich die Frage, ob der Rückforderungsanspruch auf Familienbeihilfe für den Streitzeitraum bei Erlassen des erstinstanzlichen Bescheides verjährt war, insbesondere, ob die Verjährungsfrist unterbrochen war.

Zu Recht bekämpft die Beschwerde die Ansicht der belangten Behörde, welcher "das Argument, der Familienbeihilfenanspruch für 1987 sei ein anderer als jener des Jahres 1992 unverständlich" erscheint. Wie sich Abgabenansprüche für bestimmte Zeiträume bereits durch den Zeitpunkt ihres Entstehens (vgl. allgemein § 4 BAO) und davon abgeleitet auch durch den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist zu ihrer Festsetzung (vgl. § 208 BAO) unterscheiden, ist auch der Familienbeihilfenanspruch für das selbe Kind für unterschiedliche Zeiträume unterschiedlich (siehe § 10 Abs. 2 FLAG sowie die verschiedenen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 FLAG oder die unterschiedlichen anspruchsberechtigten Personen - §§ 2a und 11 FLAG).

Gemäß § 207 Abs. 4 BAO in der für den Streitfall anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 151/1980 verjährte das Recht, den Ersatz zu Unrecht geleisteter oder die Rückzahlung zu Unrecht bezogener Beihilfen zu fordern, sowie das Recht auf Rückforderung zu Unrecht zuerkannter Erstattungen, Vergütungen oder Abgeltungen von Abgaben und Beiträgen in fünf Jahren.

Die Verjährung begann nach § 208 Abs. 1 lit. c BAO in den Fällen des § 207 Abs. 4 mit dem Ablauf des Jahres, in dem die rückzufordernden Beihilfen, Erstattungen, Vergütungen oder Abgeltungen geleistet wurden. Nach § 209 Abs. 1 BAO wird die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Dass der von der Beschwerdeführerin ausgefüllte Vordruck ihr zum Zwecke des Ausfüllens und damit zur Überprüfung, ob die bisher bezogene Familienbeihilfe zu Recht bezogen und allenfalls ein Rückforderungsanspruch gegeben wäre, zugesandt worden wäre, worin vergleichbar den Zusendungen von Abgabenerklärungen für bestimmte Zeiträume eine Unterbrechungshandlung gesehen werden könnte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/15/0070), wird nicht behauptet und geht aus den vorgelegten Verwaltungsakten auch nicht hervor.

Als die Verjährung unterbrechende Amtshandlungen kommen grundsätzlich abgabenbehördliche Prüfungen in Betracht (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung2, Rz. 13 ff zu § 209, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung).

Die Beschwerde wendet sich dagegen, dass die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid als abgabenbehördliche Prüfung gewertete Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe mehr beinhaltet hätte als das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen im April 1992 und für die vorhersehbare Zukunft, und meint, dass diese Überprüfung, mithin keine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für den Streitzeitraum gewesen sei. Weiters bringt die Beschwerde vor, dass zu einer solchen von der belangten Behörde gesehenen Prüfung der Kalendermonate des Streitzeitraums kein diesbezüglicher Anhaltspunkt aus dem Akteninhalt ersichtlich sei und es betreffend Prüfung der Rückforderungsvoraussetzungen an der Außenwirksamkeit fehle.

Den vorgelegten Verwaltungsakten fehlt - wie auch dem angefochtenen Bescheid - jeglicher Hinweis darauf, worin die Überprüfung des Rückzahlungsforderungsanspruches bzw. des Anspruchs auf Familienbeihilfe im Streitzeitraum bestanden hätte. Sollte es zu einer Vorsprache der Beschwerdeführerin beim Finanzamt zum Zwecke der Verlängerung der Bescheinigung des Familienbeihilfenanspruchs auf der Familienbeihilfenkarte am gekommen sein und im Zuge dieser Vorsprache eine Überprüfung stattgefunden haben, so fehlt es an einem aktenmäßigen Nachweis (vgl. in diesem Zusammenhang etwa zum Inhalt eines als Unterbrechungshandlung in Frage kommenden Telefongesprächs das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/13/0012). Denn Amtshandlungen sind (bei Zutreffen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen) nur dann unterbrechungswirksam, wenn sie in ihrer rechtlichen Gestalt als Behördenmaßnahmen über den Amtsbereich der Behörde hinaustreten und hiefür ein aktenmäßiger Nachweis besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/14/0156).

Einziger aktenmäßiger Anhaltspunkt ist die Eintragung auf der Familienbeihilfenkarte, welche durch den in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen, von der Beschwerdeführerin eingereichten Vordruck mit dem vom Finanzamt ausgefüllten Teil aktenkundig ist, wonach der Anspruch auf Familienbeihilfe "ab Mai 1992 bescheinigt" ist und "die Befristung " auf der Familienbeihilfenkarte eingetragen worden ist. Ein Hinweis auf eine Überprüfung des Anspruchs für den Streitzeitraum geht daraus nicht hervor, wie auch nicht hervorgeht, dass eine Überprüfung mehr als eine bloß behördeninterne Kontrolle der vorliegenden Unterlagen gewesen wäre. Für die von der belangten Behörde getroffene Annahme, die "Überprüfung" gelte als abgabenbehördliche Prüfung (wohl im Sinn der §§ 147 ff BAO) besteht keine aktenmäßig gedeckte Feststellung.

Somit kann als einzige der Aktenlage entnehmbare nach außen erkennbare Amtshandlung in diesem Zusammenhang die Eintragung der (neuerlichen) Befristung des Anspruchs auf Familienbeihilfe auf der Familienbeihilfenkarte gesehen werden. Diese Eintragung kann aber nicht als nach außen wirksame Amtshandlung zur Geltendmachung eines Rückforderungsanspruches der Familienbeihilfe für den Streitzeitraum gewertet werden.

Die belangte Behörde ist somit zu Unrecht vom Vorliegen einer Unterbrechung der Verjährung im Jahr 1992 ausgegangen (auf das aus den vorgelegten Verwaltungsakten lediglich erschließbare Vorhalteverfahren im Jahr 1993 ist nicht zuletzt wegen des Fehlens der ergangenen Vorhalte in den vorgelegten Verwaltungsakten - vgl. abermals das erwähnte hg. Erkenntnis vom -

nicht einzugehen) und hat deshalb rechtsirrig die Verjährung des Rückforderungsanspruches für nicht gegeben gesehen. Sie hat dadurch den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am