VwGH vom 24.04.2002, 2002/16/0092
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde 1) des A,
2) der M und 3) des G, alle in St. Marein/Graz, alle vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in Graz, Grazbachgasse 39/III, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , GZ. FA 7 A-485-119/01-4, betreffend Grundsteuerbefreiung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde St. Marein bei Graz),
Spruch
I.) den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, insoweit sie vom Drittbeschwerdeführer
erhoben ist, zurückgewiesen und II.) zu Recht erkannt:
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründung
ad I.):
Der im Vorstellungsverfahren von der Gemeindeaufsichtsbehörde erlassene angefochtene Bescheid erging nur an den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, die mit ihrer Vorstellung einen an sie gerichteten Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei bekämpft hatten.
Da somit der angefochtene Bescheid gar nicht an den Drittbeschwerdeführer ergangen ist, mangelt es ihm an der Berechtigung zur Beschwerdeführung, weshalb seine Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen ist (vgl. dazu den Beschluss vom heutigen Tag Zl. 2002/16/0067, und die dort zitierte hg. Vorjudikatur).
ad II.):
Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender unstrittige Sachverhalt:
Der Erstbeschwerdeführer stellte am betreffend ein ihm und seiner Ehegattin (der Zweitbeschwerdeführerin) je zur Hälfte gehörendes Grundstück einen Antrag auf zeitliche Grundsteuerbefreiung.
Dem Antrag wurde vom Bürgermeister der mitbeteiligten Partei meritorisch nicht stattgegeben (wobei dem angefochtenen Vorstellungsbescheid diesbezüglich keine Details zu entnehmen sind).
Gegen den erstinstanzlichen Bescheid berief auch die Zweitbeschwerdeführerin. Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei wurde die Berufung beider Miteigentümer abgewiesen.
Dagegen erhoben beide Vorstellung an die belangte Behörde.
Die belangte Behörde fällte darüber folgenden Spruch:
"Gemäß § 101 der Stmk. Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115, i. d.g.F., in Verbindung mit § 68 Abs. 4 lit. a des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, i.d.g.F., wird der Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde St. Marein bei Graz vom , GZ.: 920-1/628/2001, betreffend Grundsteuerbefreiung,
behoben."
Dieser Spruch wird im angefochtenen Bescheid - auszugsweise - wie folgt
begründet:
"Gemäß § 192 Stmk. Landesabgabenordnung - LAO ist zur Einbringung einer Berufung jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Dieser Gesetzesstelle zufolge ist zur Einbringung einer Berufung nur derjenige berechtigt, an den der Bescheid ergangen ist. Das ist derjenige, der im Spruch des Bescheides genannt ist (vgl. § 70 Abs. 2 LAO). Dies gilt unter der weiteren unabdingbaren Voraussetzung, dass ihm gegenüber der Bescheid wirksam geworden ist, d.h., der Bescheid ihm auch zugestellt wurde.
§ 213 Abs. 1 LAO bestimmt, dass die Abgabenbehörde II. Instanz, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden hat. Wie sich aus dieser Gesetzesbestimmung ergibt, darf die Abgabenbehörde II. Instanz nur dann meritorisch entscheiden, wenn die Berufung zulässig und nicht verspätet ist. Entscheidet die Berufungsbehörde - wie im Vorstellungsfall - über eine unzulässige Berufung im Sinne einer Abweisung der Berufung meritorisch anstatt dieselbe als unzulässig zurückzuweisen, so ist diese Entscheidung objektiv rechtswidrig. Die Abweisung der Berufung statt der Zurückweisung bedeutet gegenständlich aber auch eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte, da mit Bescheid der Berufungsbehörde unter Aufrechterhaltung des Ergebnisses des erstinstanzlichen Verfahrens über eine Steuerbefreiung erstmals (abweislich) entschieden wird.
Die Aufsichtsbehörde sah sich deshalb veranlasst, den in Ansehung der Frau Maria Schönberger von einer unzuständigen Behörde erlassenen Bescheid zu beheben."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, wobei die Beschwerdeführer den Beschwerdepunkt wie folgt formulieren:
"Der angefochtene Bescheid verletzt die Beschwerdeführer in ihren Rechten, insbesondere verstößt der Bescheid gegen § 2 Abs. 3 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes, wonach über den Umfang, die Dauer und das Ausmaß der Steuerbefreiung von Amtswegen zu entscheiden ist. Der Bescheid verletzt aber auch die Beschwerdeführer, Maria und Günther Schönberger, in ihrem Recht auf Wahrung der Parteistellung, wie es sich aus § 8 AVG ergibt.
Der angefochtene Bescheid verstößt aber auch gegen § 192 LAO in Verbindung mit § 193 Abs. 3 leg. cit. und § 74 LAO sowie § 58 und 59 AVG. Er verletzt daher die Beschwerdeführer in ihren Rechten."
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach ständiger hg. Judikatur ist die von § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG geforderte bestimmte Bezeichnung des Beschwerdepunktes nicht Selbstzweck, sondern unter dem Gesichtspunkt von rechtlicher Relevanz, dass es dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen obliegt, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung der Beschwerdeführer behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (vgl. dazu Steiner, Beschwerdepunkte und Beschwerdegründe in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen, 65 und die dort - insbesondere auch in FN 20 - angeführte hg. Judikatur).
Jede außerhalb des Beschwerdepunktes gelegene Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist der verwaltungsgerichtlichen Prüfung entzogen (Steiner a.a.0. mwN in FN 23).
Ein bloßes Gesetzeszitat allein genügt zur bestimmten Bezeichnung des Beschwerdepunktes nicht (Steiner a.a.0. 70 mwN in FN 69).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage sind der Beschwerde nur zwei bestimmt bezeichnete, von den Beschwerdeführern als verletzt erachtete Rechte zu entnehmen, und zwar einerseits das ihrer Meinung nach bestehende "Recht auf amtswegige Entscheidung über die Steuerbefreiung" und andererseits das "Recht auf Wahrung der Parteistellung".
In beiden Rechten wurden Erst- und Zweitbeschwerdeführer aber durch die den Berufungsbescheid zur Gänze behebende Vorstellungsentscheidung (die in materieller Hinsicht betreffend die von den Beschwerdeführern angestrebte Grundsteuerbefreiung keine Aussagen enthält und die daher insoweit auch für das vor den Gemeindeinstanzen fortzusetzende Verfahren keinerlei Bindungswirkung entfalten kann) nicht verletzt. Die belangte Behörde hätte nämlich einerseits anstelle der Berufungsbehörde über die Steuerbefreiung von Amts wegen meritorisch gar nicht entscheiden dürfen, weil ihr nur Kassations-, nicht aber Abänderungsbefugnis zusteht (vgl. dazu z.B. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 563) und hat andererseits gerade durch die Aufhebung des Berufungsbescheides die Parteistellung insbesondere der Zweitbeschwerdeführerin gewahrt, weil sie darauf Bedacht genommen hat, dass hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin gar kein erstinstanzliches Verfahren stattgefunden hat.
Somit ergibt sich bereits aus dem Beschwerdeinhalt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, weshalb die Beschwerde hinsichtlich Erst- und Zweitbeschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Wien, am