VwGH vom 28.04.2005, 2002/16/0062

VwGH vom 28.04.2005, 2002/16/0062

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der R GmbH in K, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid des Berufungssenates IV der Region Innsbruck bei der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , Zl. ZRV103/1-I4/98, betreffend Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten fuhr der Lastkraftwagenfahrer K (und sein Beifahrer) mit dem Lastkraftwagen des ungarischen Unternehmens H am über das Zollamt Deutschkreutz nach Österreich. Die Warensendung war von CMR-Frachtbriefen begleitet, in denen verschiedene Damenbekleidung für einen Empfänger (T) in Deutschland als Ladung angegeben war.

Das Zollamt Deutschkreutz wurde ein T 1 (externes Versandverfahren) vorgelegt, in dem als Versender das ungarische Unternehmen L, als Empfänger T in Deutschland, 990 Colli Damenbekleidung und als Hauptverpflichtete die Beschwerdeführerin angegeben waren. In dem Anmeldungsformular T 1 waren in der Spalte Anmelder/Vertreter sowie "Ort und Datum, Unterschrift und Namen des Vertreters" - nach den vorgelegten Verwaltungsakten keine Eintragungen enthalten.

Das Zollamt Deutschkreutz fertigte die Sendung als "konform" ab.

Das Hauptzollamt Ulm stellte nach Verbringung der beförderten Waren nach Deutschland fest, dass mit dem Lastkraftwagen auch 63 Kartons mit insgesamt 3.427 Stangen Zigaretten verschiedener Marken von Ungarn über Österreich nach Deutschland verbracht worden sind und schrieb mit Steuerbescheid vom - bzw. Steueränderungsbescheid vom - dem Lastkraftwagenfahrer K die Tabaksteuer von DM 99.470,-- vor.

Mit Bescheid vom schrieb das Hauptzollamt Wien der Beschwerdeführerin wegen Entziehung von

685.400 Stück Zigaretten aus der zollamtlichen Überwachung gemäß Art. 203 Abs. 1 und Abs. 3 ZK in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) Eingangsabgaben von S 1,496.563,-- (davon Zoll S 452.947,--, Einfuhrumsatzsteuer S 344.535,-- und Tabaksteuer S 700.081,--) vor.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, auf Grund des Ergebnisses durchgeführter Ermittlungen des Hauptzollamtes Ulm stehe fest, dass von K 990 Packstücke mit Textilien und

685.400 Stück Zigaretten dem Zollamt Deutschkreutz gestellt worden seien. Durch die Beschwerdeführerin seien lediglich die gestellten Textilien zur Überführung in das externe Versandverfahren angemeldet worden. Am seien im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle in Deutschland auf dem Hänger neben den im Versandschein angeführten Waren noch 63 Kartons mit insgesamt

3.427 Stangen Zigaretten verschiedener Marken entdeckt worden, die vor dem Übertritt über die EU-Außengrenze beim Zollamt Deutschkreutz in Ungarn verladen worden seien. Diese Zigaretten seien auf dem Versandschein T 1 nicht angeführt worden. Für sie sei auch keine andere Anmeldung abgegeben worden. Diese Zigaretten seien ohne Einverständnis der Abgabestelle gemäß Artikel 47 ZK vom Amtsplatz verbracht worden, wodurch sie der zollamtlichen Überwachung entzogen worden seien. Da die Beschwerdeführerin als Hauptverpflichtete und damit Anmelder die Waren in ihrer Verfügungsgewalt gehabt habe, diese nicht angemeldet und ohne Mitwirkung der Zollbehörde vom Amtsplatz entfernt worden seien, habe die Beschwerdeführerin als Verfügungsberechtigte Pflichten aus der vorübergehenden Verwahrung verletzt und sei deshalb als Zollschuldner gemäß Artikel 203 Abs. 1 und 3 vierter Anstrich heranzuziehen. Es handle sich hiebei um einen verschuldensunabhängigen Tatbestand. Für die Zollschuldnerschaft komme es weder auf ein Verschulden noch auf das Wissen oder Wissenmüssen um das Entziehen an. Da die Zollschuld an dem Ort entstehe, wo der Tatbestand eingetreten und verwirklicht worden sei (Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung durch Wegbringung der im Spruch genannten Waren vom Amtsplatz des Zollamtes Deutschkreutz) liege die Zuständigkeit für die Abgabenerhebung beim Hauptzollamt Wien und somit im Mitgliedstaat Österreich.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, der Lastkraftwagenfahrer K habe lediglich die Textilien gestellt, die Stellung der Zigaretten aber offenkundig mit dem Vorsatz des Schmuggels unterlassen. Die Beschwerdeführerin habe weder den Transport durchgeführt noch organisiert, sie habe keinerlei wie immer geartete Beziehung zu dem Fahrer gehabt und von der Beiladung der Zigaretten gewusst. Sie habe daher auch keine Anmeldung dafür erstellen können. Von der Beschwerdeführerin sei für die gestellten 990 Colli Textilien ein T 1 (externes Versandverfahren) ausgestellt worden, welches vom Zollamt Deutschkreutz eröffnet worden sei. Dieser Versandschein sei vom deutschen Zollamt konform rückgemeldet worden. Damit sei das Versandverfahren abgeschlossen. Es sei unmöglich, dass ein Grenzspediteur sämtliche Ladungen, für welche er Zolldokumente ausstelle, kontrolliere, weil der Verkehr dadurch in Kürze zusammenbrechen würde. Auch das Zollamt Deutschkreutz habe aus selbigen Gründen die Ladung nicht kontrolliert und den vorhandenen ungarischen Raumverschluss belassen. Die Behauptung des Zollamtes, dass die Beschwerdeführerin als Hauptverpflichtete und damit Anmelder die Waren in Verfügungsgewalt gehabt habe, treffe bestenfalls theoretisch und nur für die ihr vom Fahrer erklärten und von ihr angemeldeten Waren zu. Der LKW-Fahrer habe die verladene Ware zum Teil gestellt bzw. offenbar die Stellung eines anderen Teiles unterlassen. Tatsache sei jedenfalls, dass er während des gesamten Aufenthaltes im Grenzbereich und auch danach die Ware in Verwahrung gehabt habe. Über die Zigaretten hätte die Beschwerdeführerin mangels Wissens darüber niemals Verfügungsgewalt gehabt. Die Verantwortung dafür, dass die Zigaretten nicht gestellt worden seien und vom Amtsplatz entfernt worden seien, liege ausschließlich beim Lastkraftwagenfahrer K. Dieser für den Schmuggel verantwortliche Fahrer sei von der Polizei und vom deutschen Zoll eindeutig ermittelt worden. Dieser hafte damit ausschließlich für die entzogenen Abgaben. Lediglich der Umstand, dass der Schuldige möglicherweise nicht für die Abgaben aufkommen könne, rechtfertige keinesfalls die Heranziehung der Beschwerdeführerin zur Zahlung. Die Zigaretten seien in Deutschland aufgefunden worden. Die Beschwerdeführerin gehe davon aus, dass diese beschlagnahmt worden seien. Das Schmuggelgut stehe also zur Verfügung und könne somit bei einer Verwertung für die darauf lastenden Abgaben haften und aufkommen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen die Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Wien vom als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde die Ansicht, die Zigaretten und die Textilien seien "unzweifelhaft" beim Zollamt Deutschkreutz gestellt worden. Mittels Gestellung werde der Zollbehörde mitgeteilt, dass sich eine eingeführte Ware bei der Zollstelle oder an einem anderen zugelassenen Ort befinde. Nicht das tatsächliche Verbringen sei entscheidend, sondern nur die Mitteilung. Dabei werde jedoch logisch vorausgesetzt, dass die Ware körperlich am bezeichneten Ort sei. Bei der Mitteilung sei ausreichend, auf das Vorhandensein von Waren hinzuweisen. Eine genaue Bezeichnung sei nur im Ausnahmefall erforderlich. Vielmehr seien die allgemeinen und im Rahmen der Lehre über Willenerklärungen entwickelten Grundsätze anzuwenden. Es müsse eine willentliche Handlung mit Erklärungsgehalt vorliegen. Auch schlüssiges Handeln, durch dessen Erklärungsinhalt der Zollstelle die erforderliche Kenntnis über das Eintreffen von Waren vermittelt werde, genüge. Die Gestellung sei eine Mitteilung allgemeiner Natur und beziehe sich insbesondere nicht auf Art und Menge der eingetroffenen Waren; diese Bemessungsgrundlagen seien Gegenstand der Zollanmeldung. Der Inhalt lasse sich reduzieren auf den Erklärungsgehalt: "Es sind Waren eingetroffen".

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nicht alle Waren in jedem Fall offensichtlich erkennbar geladen seien, müsse die Reichweite der Gestellungsmitteilung in Bezug auf die Waren, die von der Reichweite erfasst seien, eingegrenzt sein. So könne sich die Mitteilung ohne weitere Zusätze nur auf diejenigen Waren beziehen, mit deren Vorhandensein der befasste Zöllner unter normalen Umständen auch rechnen könne. Versteckte oder verheimlichte Waren seien ohne eine qualifizierte Mitteilung nicht gestellt, weil die Zollstelle ohne besondere, nicht für den Normalfall geschaffene Maßnahmen ihre Befugnisse ausüben könne. In diesem Fall liege eine schlüssige Gestellung vor. Es seien Textilien, u.a. in Kartons, gestellt worden, wobei auch Kartons mit Zigaretten dabei gewesen seien. Hiebei handle es sich bei beiden Waren um eine übliche Verpackung und auch um eine übliche Art der Beförderung. Die Waren seien weder versteckt noch verheimlicht worden. Vom Zeitpunkt der Gestellung an bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung befänden sich die gesamten Waren im Status der vorübergehenden Verwahrung. Mit der Abgabe der Zollanmeldung deklariere sich die Beschwerdeführerin klar als Anmelder der Waren, welche mit dem LKW transportiert und dem Zollamt Deutschkreutz gestellt worden seien. Spätestens ab diesem Zeitpunkt habe die Beschwerdeführerin nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch die Verfügungsgewalt über die gesamte Ware gehabt. Ob vor der Abgabe einer Zollanmeldung die Partei zwecks Überprüfung der Waren eine Vorbesichtigung anstrebe oder nicht, liege in der Entscheidungsgewalt des Anmelders. Werde auf diese Möglichkeit verzichtet und wie im Beschwerdefall von der Beschwerdeführerin als beauftragtes Speditionsunternehmen nur die Zollabfertigung für den transportierenden Frachtführer übernommen, so habe sie Unregelmäßigkeiten im Sinne des unternehmerischen Risikos in Kauf genommen. Tatsächlich sei von der Beschwerdeführerin nur der Teil der Waren - nämlich die Textilien -

mit Abgabe der Zollanmeldung in das externe Versandverfahren überführt und von den Zollbehörden zu diesem Zollverfahren abgefertigt und in weiterer Folge freigegeben worden. Die restliche Ware - nämlich die 3.427 Stangen Zigaretten - seien ebenfalls auf dem LKW transportiert worden, jedoch ohne hiefür die notwendigen zollrechtlichen Verfahrensvorschriften einzuhalten. Werde die vorübergehende Verwahrung als Ausdruck zollamtlicher Überwachung tatsächlich ohne Pflichtverletzung und ohne Zustimmung der Zollbehörden beendet, so entstehe die Zollschuld nach Artikel 203 ZK auf Grund des Verlassens des Amtsplatzes ohne Erlaubnis.

Im Beschwerdefall sei eine Beförderung im faktischen Versandverfahren durchgeführt worden. Die Beschwerdeführerin habe verschiedene Textilien zum Versandverfahren angemeldet. Tatsächlich hätten sich neben den angemeldeten Waren auch Zigaretten auf dem Transportmittel befunden, welche durch die Nichtanmeldung der zollamtlichen Überwachung entzogen worden seien. Dem stehe nicht entgegen, dass der Transport mittels Raumverschlusses gesichert worden sei. Denn die Zollbehörden wüssten nichts von dieser zugepackten Ware und hätten damit auch keinen Zugriff auf diese. Dies deshalb, weil die Waren, welche unter zollamtlicher Überwachung stünden, erst durch die Zollanmeldung konkretisiert würden. Die nicht angemeldeten Waren seien mit dem Verlassen des Amtsplatzes der Aufmerksamkeit und damit dem Zugriff der Zollbehörden entzogen worden. Durch diesen Umstand sei der Zollschuldentstehungstatbestand des Artikels 203 ZK verwirklicht.

Artikel 203 Abs. 3 ZK normiere Zollschuldner in vier Personengruppen, welche gesamtschuldnerisch verpflichtet seien. Gemäß vierter Anstrich dieser Bestimmung werde, soweit ein Entziehen aus der vorübergehenden Verwahrung oder einem Zollverfahren vorliege, derjenige Zollschuldner, der die Verpflichtung daraus einzuhalten habe. Für die Zollschuldnerschaft komme es weder auf Verschulden des Pflichteninhabers noch auf das Wissen oder Wissenmüssen um das Entziehen an. Ausreichend allein sei die Verfahrensinhaberschaft. Weil es nicht um Strafbarkeiten gehe, sondern um Verantwortlichkeiten, könne der Verfahrensinhaber auch ohne persönliche Pflichtverletzung in Anspruch genommen werden. Er habe dafür einzustehen, dass Waren, die sich in seinem Verantwortungsbereich befänden, in den unmittelbaren Wirtschaftskreislauf eingegangen seien. Wegen dieser Zollschuldnerstellung könne im Einzelfall vielfach offen gelassen werden, wer entzogen habe. Der Rückgriff auf den Pflichteninhaber sei immer möglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Eingangsabgaben verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Zeitpunkt der Zollschuldentstehung maßgebenden

Bestimmungen des Zollkodex lauten auszugsweise:

"Artikel 37

(1) Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, unterliegen vom Zeitpunkt des Verbringens an der zollamtlichen Überwachung. Sie können nach dem geltenden Recht zollamtlich geprüft werden.

(2) Sie bleiben so lange unter zollamtlicher Überwachung, wie es für die Ermittlung ihres zollrechtlichen Status erforderlich ist, und, im Fall von nicht Gemeinschaftswaren unbeschadet des Artikels 82 Abs. 1, bis sie ihren zollrechtlichen Status wechseln, in eine Freizone oder ein Freilager verbracht, wieder ausgeführt oder nach Artikel 182 vernichtet oder zerstört werden.

Artikel 38

(1) Die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren sind vom Verbringer unverzüglich und gegebenenfalls unter Benutzung des von den Zollbehörden bezeichneten Verkehrsweges nach Maßgabe der von diesen Behörden festgelegten Einzelheiten zu befördern:

a) zu der von den Zollbehörden bezeichneten Zollstelle oder einem anderen von diesen Behörden bezeichneten oder zugelassenen Ort ...

(2) Übernimmt eine andere Person nach dem Verbringen der Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft die Beförderung dieser Waren, insbesondere infolge einer Umladung, so geht die Verpflichtung nach Abs. 1 auf diese andere Person über.

...

Artikel 40

Waren, die nach Maßgabe des Artikels 38 Abs. 1 Buchstabe a) bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort eintreffen, sind von der Person zu gestellen, welche die Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht hat oder die gegebenenfalls die Beförderung der Waren nach dem Verbringen übernimmt.

...

Artikel 43

Vorbehaltlich des Artikels 45 ist für die nach Artikel 40 gestellten Waren eine summarische Anmeldung abzugeben. Die summarische Anmeldung ist abzugeben, sobald die Waren gestellt worden sind. Die Zollbehörden können jedoch für die Abgabe dieser Anmeldung eine Frist einräumen, die spätestens am ersten Arbeitstag nach dem Tag der Gestellung der Waren endet.

Artikel 202

(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht,

a) wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird oder

b) wenn eine solche Ware, die sich in einer Freizone oder einem Freilager befindet, vorschriftswidrig in einen anderen Teil des Zollgebiets der Gemeinschaft verbracht wird.

Im Sinne dieses Artikels ist vorschriftswidriges Verbringen jedes Verbringen unter Nichtbeachtung der Artikel 38 bis 41 und 177 zweiter Gedankenstrich.

...

(3) Zollschuldner sind:

- die Person, welche die Ware vorschriftswidrig in

dieses Zollgebiet verbracht hat;

- die Personen, die an diesem Verbringen beteiligt

waren, obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen

müssen, dass sie damit vorschriftswidrig handeln;

- die Personen, welche die betreffende Waren erworben

oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie in dem Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Waren wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden war.

Artikel 203

(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht,

- wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.

(2) Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, indem die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.

(3) Zollschuldner sind:

- die Person, welche die Ware der zollamtlichen

Überwachung entzogen hat;

- die Personen, die an dieser Entziehung beteiligt

waren, obwohl sie wussten oder billigerweise hätten wissen müssen,

dass sie die Ware der zollamtlichen Überwachung entziehen;

- die Personen, welche die betreffende Ware erworben

oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbs

oder Erhalts der Ware wussten oder billigerweise hätten wissen

müssen, dass diese der zollamtlichen Überwachung entzogen worden war;

- gegebenenfalls die Person, welche die

Verpflichtungen einzuhalten hatte, die sich aus der vorübergehenden Verwahrung einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware oder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben."

Gemäß Artikel 4 Z 13 ist im Sinne dieses Zollkodex zollamtliche Überwachung: Allgemeine Maßnahmen der Zollbehörden, um die Einhaltung des Zollrechts und gegebenenfalls der sonstigen für Waren unter zollamtlicher Überwachung geltenden Vorschriften zu gewährleisten.

Gemäß Artikel 4 Z 19 ZK ist Gestellung die Mitteilung an die Zollbehörden in der vorgeschriebenen Form, dass sich die Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort befinden.

Gemäß § 37 ZollR-DG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 126/1998 kann die zur Gestellung von Waren erforderliche Mitteilung bei der Zollstelle mündlich, nicht auch fernmündlich, schriftlich oder durch Vorlage von Begleitpapieren erfolgen.

Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, die ins Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Zigaretten seien gestellt worden und die Beschwerdeführerin habe die Zigaretten durch die Nichtanmeldung zum Versandverfahren der zollamtlichen Überwachung entzogen.

Der EuGH hat in einem ähnlich gelagerten Fall eines Zigarettenschmuggels in seinem richtungsweisenden Urteil vom , Rs C-195/03, Merabi Papismedov u.a., Folgendes ausgeführt:

"31 Wenn bei der Gestellung der Waren gemäß

Artikel 40 des Zollkodex gleichzeitig eine summarische Anmeldung oder eine Zollanmeldung abgegeben wird, bei der die Beschreibung der Warenart nicht mit den Tatsachen übereinstimmt, fehlt es somit an der Mitteilung an die Zollbehörden gemäß Artikel 4 Nummer 19 des Zollkodex, dass die Waren eingetroffen sind. Unter diesen Umständen kann nicht allein deswegen, weil bestimmte Dokumente vorgelegt wurden, davon ausgegangen werden, dass diesen Behörden, die für die Erfassung der Waren erforderlichen Informationen zugegangen wären. Die in den bei der Gestellung vorgelegten Dokumenten enthaltenen Angaben müssen nämlich auch zutreffend sein. Wird in diesen Anmeldungen ein wichtiger Teil der gestellten Waren nicht erwähnt, muss angenommen werden, dass sie vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht wurden.

32 Auf die erste Frage ist daher zu antworten, dass Waren, bei deren Gestellung eine summarische Anmeldung abgegeben und ein externes gemeinschaftliches Versandpapier ausgefertigt wurde, nicht vorschriftsmäßig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wurden, wenn für sie in den bei den Zollbehörden eingereichten Unterlagen eine unrichtige Bezeichnung angegeben wurde."

Auch im Beschwerdefall fehlt es wegen der Nichtangabe der Zigaretten in den Fracht- und Zollpapieren an der Mitteilung an die Zollbehörden gemäß Artikel 4 Z 19 ZK, dass die Waren (Zigaretten) eingetroffen sind. Somit wurden die Zigaretten nicht gestellt (vgl. die Entscheidungsgründe des , auf die verwiesen wird). Die nationale Bestimmung des § 37 ZollR-DG in der zitierten Fassung steht der Gemeinschaftsrechtsbestimmung nicht entgegen.

Die belangte Behörde verkannte durch die Ansicht, die Zigaretten seien im Beschwerdefall gestellt worden, die Rechtslage. Da die Zigaretten jedoch nicht gestellt wurden, entstand die Zollschuld entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht nach Artikel 203 ZK, sondern nach Artikel 202 ZK. Damit fehlen auch Feststellungen darüber, wer diese Zigaretten vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht hat sowie Erwägungen, für den Fall, dass mehrere Zollschuldner in Betracht kommen, über das Auswahlermessen bei der Heranziehung des Zollschuldners.

Schon aus diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere Art. 3 Abs. 2.

Wien, am