VwGH vom 11.03.1993, 93/18/0056
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in B, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom , Zl. Frb-4250/92, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Aufhebung des bestehenden Aufenthaltsverbotes gemäß § 8 des Fremdenpolizeigesetzes (im folgenden: FPG) ab.
In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, über den Beschwerdeführer sei bereits im Jahre 1976 ein bis zum befristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden. Dessen ungeachtet sei er im Jahre 1978 eingereist und habe sich somit einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz schuldig gemacht. Nach Ablauf dieses Aufenthaltsverbotes und nach erfolgter Wiedereinreise habe er im Jahre 1980 wegen Begehung diverser Verwaltungsübertretungen erneut achtmal rechtskräftig einer Bestrafung zugeführt werden müssen. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom sei über den Beschwerdeführer infolge zahlreicher rechtskräftiger Bestrafungen wegen diverser Verwaltungsübertretungen, insbesondere nach der StVO und dem KFG, aber auch nach dem FPG, dem Paßgesetz und der Gewerbeordnung sowie wegen einer gerichtlichen Verurteilung wegen Vergehens nach § 168 Abs. 1 StGB ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden. Nachdem der Beschwerdeführer das Bundesgebiet verlassen habe, sei er am trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes illegal in das Bundesgebiet eingereist, weshalb er jeweils wegen einer Übertretung nach dem Grenzkontrollgesetz und dem FPG rechtskräftig mit einer Geldstrafe belegt worden sei. Dennoch sei dem Beschwerdeführer mittels Erteilung von Vollstreckungsaufschüben bzw. Sichtvermerken der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet gestattet worden. Zu der neuerlichen Einreise entgegen dem Aufenthaltsverbot komme, daß am mittels eines Alkomaten festgestellt worden sei, daß der Beschwerdeführer in alkoholisiertem Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt habe. Der Beschwerdeführer habe einen Atemalkoholgehalt von 0,48 mg/l (unterer Meßwert) aufgewiesen. Das Strafverfahren sei bei der Behörde erster Instanz anhängig, wobei allerdings auf Grund des ordnungsgemäß angeführten Alkotests die Verwaltungsübertretung als erwiesen angenommen werden könne. Infolge dieses Vorfalles sei dem Beschwerdeführer auch die Lenkerberechtigung entzogen worden. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand stelle einen schweren Bruch der österreichischen Rechtsordnung dar, da alkoholisierte Lenker von Kraftfahrzeugen in hohem Maße an Verkehrsunfällen mit schwersten Sach- und Personenschäden beteiligt seien. Weiters sei der Beschwerdeführer wegen Übertretung nach dem Jugendgesetz, der Gewerbeordnung und dem KFG rechtskräftig bestraft worden. Aber auch die vom Beschwerdeführer begangenen Übertretungen nach dem Grenzkontroll- und dem Paßgesetz seien keineswegs als unerhebliche Verwaltungsübertretungen anzusehen. In Anbetracht dieser Rechtsbrüche könne von einem Wegfall der Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, nicht gesprochen werden. Durch sein Verhalten habe der Beschwerdeführer erkennen lassen, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet nach wie vor eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle.
An persönlichen und familiären Verhältnissen seien vom Beschwerdeführer lediglich geltend gemacht worden, daß er sich seit drei Jahren auf Grund befristeter Aufenthaltserlaubnisse in Österreich aufhalte. Weiters könne dem Akt entnommen werden, daß er geschäftsführender Gesellschafter einer näher angeführten Ges.m.b.H. in Bludenz sei, wobei er als Gastwirt tätig werde. Die Tätigkeit eines Gastwirtes könne von ihm auch im Ausland ausgeübt werden. In Anbetracht dieser nicht allzu gewichtigen persönlichen Einwendungen - auch das Ausmaß der Integration sei nach einem dreijährigen Aufenthalt nicht sehr groß - würden die nachteiligen Folgen der "Abstandnahme von der Erlassung" eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Der Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes sei daher abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 8 FPG ist das Aufenthaltsverbot von der Behörde, die es erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.
Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhang mit § 3 FPG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die für die Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei allerdings auch solche Umstände zu berücksichtigen sind, welche seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetreten sind und gegen die Aufhebung desselben sprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/18/0512).
Ausgehend davon vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Was zunächst die Einreise des Beschwerdeführers unter Mißachtung des Aufenthaltsverbotes anlangt, so fällt diese schwer ins Gewicht, bringt doch gerade dieses Verhalten sehr augenfällig zum Ausdruck, daß der Beschwerdeführer keine Bedenken hat, sich über die für ihn maßgebenden fremdenpolizeilichen Vorschriften hinwegzusetzen (vgl. das soeben zitierte hg. Erkenntnis). Daß der Beschwerdeführer "zu seiner Familie zurückgekehrt" sei, ändert daran nichts. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde auch davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer am eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO begangen hat und diese Tat insoweit berücksichtigen, daß sie gegen die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes spricht, auch wenn das diesbezügliche Verwaltungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sein sollte. Selbst wenn der Beschwerdeführer in diesem Verwaltungsverfahren vorgebracht haben sollte, er hätte kurz vor der Messung der Atemluft auf Alkoholgehalt "aufgestoßen", wodurch das Ergebnis durch den auf die Mundschleimhäute gelangten Alkohol verfälscht worden sei, so wäre für ihn nichts gewonnen. Dem ist nämlich entgegenzuhalten, daß nach der ständigen hg. Rechtsprechung zur Bestimmung des § 5 Abs. 4a StVO als einziges Beweismittel zur Entkräftung des Ergebnisses einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät im Sinne des § 5 Abs. 2a lit. b StVO die Bestimmung des Blutalkoholgehaltes in Betracht kommt; im übrigen hätte der Alkomat kein Meßergebnis geliefert, sondern "REST" angezeigt, wenn die Atemluft des Beschwerdeführers bei Durchführung des Testes durch den im Mund befindlichen Alkohol beeinträchtigt gewesen wäre (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/02/0191). Daß der Beschwerdeführer aber eine Blutabnahme verlangt habe, wird von ihm nicht behauptet. Im Hinblick auf die große Gefahr, die alkoholisierte Lenker von Kraftfahrzeugen für die Allgemeinheit darstellen, sind die hier maßgebenden öffentlichen Interessen - worauf die belangte Behörde zu Recht verwiesen hat - von sehr großem Gewicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/18/0505).
Demgegenüber fallen jene Umstände, die der Beschwerdeführer zu seinen Gunsten ins Treffen führt, nicht entscheidend ins Gewicht. Zu Recht hat die belangte Behörde darauf verwiesen, daß der Beschwerdeführer seinen Beruf als Gastwirt auch in einem anderen Land ausüben kann. Daß der Betrieb des gastgewerblichen Unternehmens, an welchem der Beschwerdeführer beteiligt ist und von dessen Einnahmen auch seine Familie lebt, ohne die Anwesenheit des Beschwerdeführers in Österreich nicht möglich sein soll, ist nicht erkennbar. Auch ist es dem Beschwerdeführer verwehrt, solche Tatsachen für sich ins Treffen zu führen, die entgegen den den Aufenthalt im Bundesgebiet regelnden Vorschriften geschaffen wurden, wobei nur die Dauer eines rechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich bei der Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/18/0026). In diesem Zusammenhang ist allerdings zu bemerken, daß die Erteilung eines Sichtvermerkes infolge des bestehenden rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 25 Abs. 3 lit. c Paßgesetz rechtswidrig war und zu versagen gewesen wäre, es sei denn, daß dem Beschwerdeführer eine Bewilligung gemäß § 6 Abs. 1 FPG erteilt worden wäre, wofür sich jedoch kein Anhaltspunkt bietet. Selbst wenn sich daher die gesamte Familie des Beschwerdeführers in Österreich aufhält, ist es sohin im Ergebnis nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes abgewiesen hat.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.