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VwGH vom 27.08.1990, 90/15/0031

VwGH vom 27.08.1990, 90/15/0031

Betreff

X-regGenmbH gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 11-282/2/89, betreffend Rechtsgebühr:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist betreffend eine Darlehenssumme von S 752.000,--, die von der Beschwerdeführerin an die Y Gemeinnützige Genossenschaft m. b.H. gewährt wurde und die in dem von der Niederösterreichischen Landesregierung genehmigten Finanzierungsplan nicht enthalten war (der Finanzierungsplan enthielt nur eine Darlehenssumme von S 2,188.000,--, tatsächlich gewährt wurde aber schließlich ein Darlehen von S 2,940.000,--), die Frage strittig, ob darauf die Gebührenbefreiungsbestimmung des § 35 Abs. 2 Wohnbauförderungsgesetz 1968 (BGBl. Nr. 280/1967 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 232/1972, im folgenden kurz: WBFG) zur Anwendung kommt und ob der dort geforderte Nachweis des Zweckes des Rechtsgeschäftes von der Beschwerdeführerin "in sonst geeigneter Weise" erbracht wurde, konkret: in Gestalt einer von der Beschwerdeführerin der Abgabenbehörde vorgelegten grundbücherlichen Vorrangseinräumungserklärung des Landes Niederösterreich vom .

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid verneinte die belangte Behörde diese Frage im wesentlichen mit der Begründung, der begünstigte Zweck für den Darlehensteil in der Höhe von S 752.000,-- sei von der Beschwerdeführerin weder durch die Vorlage des Finanzierungsplanes noch in sonst geeigneter Weise nachgewiesen worden. Im übrigen seien die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden nicht bereits zur Zeit der Entstehung der Gebührenschuld (Beurkundung des Darlehens) vorgelegen und spiele auch die von der Beschwerdeführerin erhobene Einrede, daß die Darlehensvaluta nicht zugezählt worden sei, keine Rolle, weil der Darlehensnehmer in der Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde vom erklärt hätte, die dargeliehenen Sachen erhalten zu haben (§ 33 TP 8 Abs. 3 GebG).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, allenfalls Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem, "aus § 35 WBFG 1968 erfließenden Recht auf Gebührenbefreiung" verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 35 WBFG lautet auszugsweise:

"(1) Die durch dieses Bundesgesetz veranlaßten Schriften und die nach Maßgabe des Finanzierungsplanes zur Finanzierung eines nach diesem Bundesgesetz geförderten Bauvorhabens erforderlichen Rechtsgeschäfte sind von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit.

(2) Ohne Rücksicht auf eine Förderung nach diesem Bundesgesetz sind Rechtsgeschäfte, die zu den in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Zwecken (§ 1 Abs. 1) mit Gebietskörperschaften, mit Fonds von Gebietskörperschaften, die mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet sind, oder mit gemeinnützigen Bauvereinigungen abgeschlossen werden, von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit, sofern der begünstigte Zweck durch Vorlage des Finanzierungsplanes oder in sonst geeigneter Weise nachgewiesen wird."

Zunächst ist darauf hinweisen, daß nach der hg. Judikatur eine Gebührenbefreiung gemäß Abs. 1 der zitierten Gesetzesstelle nur unter der Voraussetzung stattfindet, daß das in Rede stehende Rechtsgeschäft (hier ein Darlehensvertrag) ein nach dem Wohnbauförderungsgesetz gefördertes Bauvorhaben betrifft und in dem der Förderungsstelle vorgelegten Finanzierungsplan aufscheint (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 88/15/0012, 0023). Da im vorliegenden Fall das in Streit stehende Darlehen in dem der erteilten Förderung zu Grunde gelegten Finanzierungsplan aber unstrittigermaßen nicht aufscheint (vgl. dazu auch die Seiten 3 bzw. 65 der Verwaltungsakten), kommt sohin eine Anwendung des Befreiungstatbestandes gemäß § 35 Abs. 1 WBFG auf den Beschwerdefall von vornherein nicht in Frage.

Zur Entscheidung steht daher allein das Problem, ob sich für die von der Beschwerdeführerin begehrte Befreiung aus § 35 Abs. 2 leg. cit. etwas gewinnen läßt. Die belangte Behörde hat diese Frage im angefochtenen Bescheid im Ergebnis verneint, weil sie die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Urkunde (Vorrangseinräumungserklärung des Landes Niederösterreich) als nicht geeignet erachtete, den vom Befreiungstatbestand geforderten, "in sonst geeigneter Weise" zu erbringenden Nachweis darzustellen. Die belangte Behörde, die damit implicite ganz offensichtlich die Zulässigkeit der Anwendung des § 35 Abs. 2 WBFG auf den Beschwerdefall anerkannt hat, nimmt nunmehr in ihrer Gegenschrift den Rechtsstandpunkt ein, die zitierte Bestimmung könne auf den vorliegenden Sachverhalt, nämlich auf ein gefördertes Bauvorhaben, gar nicht zur Anwendung kommen.

Dieser Meinung tritt der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Gründen bei:

§ 35 Abs. 2 WBFG wurde als Ersatz für die vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntis vom , Zl. G 33/70, Slg. 6421, aufgehobene Vorschrift des § 19 Abs. 2 Bundes-Wohn- und Siedlungsfondsgesetz 1921, BGBl. Nr. 252 (im folgenden: BWSFG), geschaffen und entspricht nach dem Willen des Gesetzgebers "dieser Bestimmung annähernd" (vgl. 29 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen NR XII. GP, Seite 19). Das Nebeneinander der nunmehr geltenden Befreiungstatbestände der Absätze 1 und 2 des § 35 WBFG ist demnach in gleicher Weise zu interpretieren wie vorher die Rechtslage angesichts des Nebeneinanders der Vorschriften des § 35 Abs. 1 WBFG idF BGBl. Nr. 280/1967 und des § 19 Abs. 2 BWSFG 1921, BGBl. Nr. 252.

Dazu hat schon der Verfassungsgerichtshof in seinem oben zitierten Erkenntnis deutlich ausgesprochen, daß § 19 Abs. 2 BWSFG 1921 nicht in dem Bereich zur Anwendung kommt, für den § 35 Abs. 1 WBFG Gebührenbefreiungen vorsah.

Dies ergibt sich nunmehr auch eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut, weil die einleitenden Worte des Abs. 2 des § 35 WBFG ("ohne Rücksicht auf eine Förderung") sinnvoller Weise nur so verstanden werden können, daß die Befreiungstatbestände des Abs. 2 nur dann eingreifen, wenn kein bereits gefördertes Objekt vorliegt. Dem Gesetzgeber des geltenden § 35 WBFG kann nämlich nicht unterstellt werden, er hätte für geförderte Objekte im Rahmen des § 35 Abs. 1 leg. cit. die Gebührenbefreiung u.a. davon abhängig gemacht, daß das Rechtsgeschäft vom Finanzierungsplan umfaßt ist, und daneben für gleichgelagerte Fälle im Wege des Abs. 2 leg. cit. auch noch den Weg eröffnet, den relevanten Zweck des Bauvorhabens (§ 1 Abs. 1 WBFG) "in sonst geeigneter Weise" nachzuweisen. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, dann hätte er dies schon bei der Formulierung des Abs. 1 leg. cit. leicht zum Ausdruck bringen können.

Diese Differenzierung zwischen den verschiedenen Anwendungsbereichen der Abs. 1 und 2 des § 35 WBFG ist auch logisch und vernünftig:

Liegt nämlich bereits ein gefördertes Projekt vor, so bestimmt sich die Frage nach der Gebührenfreiheit jener Rechtsgeschäfte, die seiner Finanzierung dienten, ausschließlich nach dem der Förderung zu Grunde liegenden Finanzierungsplan. Was in diesem nicht enthalten ist, wurde der Förderung gar nicht zu Grunde gelegt und verdient daher auch keine Gebührenbefreiung. Liegt hingegen (noch) kein gefördertes Projekt vor, so kann sich die Lösung der Frage, ob ein Geschäft einem der Zwecke des § 1 Abs. 1 WBFG dient und damit gebührenfrei ist, entweder aus einem bereits vorliegenden Finanzierungsplan ergeben oder aber, wenn ein solcher noch nicht vorhanden ist, sinnvoller Weise auch "auf andere Art" erwiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof, der in seinem Erkenntnis vom , Zlen. 88/15/0012, 0023, die Frage, ob der Abs. 2 des § 35 WBFG in Fällen, in denen eine Förderung nach dem Wohnbauförderungsgesetz bereits gewährt wurde, überhaupt anwendbar ist, noch ausdrücklich dahingestellt ließ (weil der damals entschiedene Fall eine weitere Aussage zu diesem Problem gar nicht verlangte), verneint diese Frage jetzt ausdrücklich.

Daraus folgt aber, daß die belangte Behörde im Ergebnis ihren Bescheid nicht mit der von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtswidrigkeit belastet hat, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen und ein weiteres Eingehen auf die Frage entbehrlich ist, ob es sich bei der von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Vorrangseinräumung um ein taugliches Beweismittel im Sinne des Abs. 2 des § 35 WBFG handelt.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom , BGBl. Nr. 206.