VwGH vom 29.09.1997, 93/17/0389
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde
1.) des J und 2.) der M, beide in G und vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem - 7367/4 - 1993 - Keh, betreffend Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Gurten), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bundesland Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 1.050,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde den Beschwerdeführern "für das angeschlossene Grundstück Gurten ... (Gastgewerbebetrieb)", für das Jahr 1991 eine Kanalbenützungsgebühr in Höhe von S 33.693,-- inklusive 10 % Mehrwertsteuer vorgeschrieben.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, anläßlich eines Gespräches habe im Sinne der Gleichbehandlung der Gastwirte in der Gemeinde Gurten Einvernehmen darüber erzielt werden können, daß das "Jagdstüberl" (im Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführer) hinsichtlich der Auslastung mit den Sälen, über welche die anderen Gastgewerbebetriebe verfügten, gleichgestellt werde. Einer Reduzierung der Gebühr in diesem Ausmaß hätten die Beschwerdeführer im wesentlichen nicht widersprochen. Bei diesem Gespräch sei abermals darauf hingewiesen worden, daß es auf Grund der geltenden Kanalgebührenordnung "völlig unmöglich" sei, die Kanalbenützungsgebühren nach der verbrauchten Wassermenge zu berechnen. Auf Grund dieses Gespräches seien der Grundbetrag bzw. die Bemessungsgrundlage um 25 m2, die Anzahl der Sitzplätze um 35 vermindert worden.
Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Vorstellung wurde mit dem Bescheid der O.ö. Landesregierung vom als unbegründet abgewiesen.
Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Berechnung der Kanalbenützungsgebühr stimme mit den Bestimmungen der Kanalgebührenordnung der Gemeinde Gurten überein und sei als solche auch nicht in Streit gestellt. Das Vorbringen richte sich nicht gegen die Anwendung der Verordnung, sondern gegen die Verordnung selbst. Eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Verordnung sei im Vorstellungsverfahren nicht möglich.
Diesen Bescheid bekämpften die Beschwerdeführer zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom , B 726/93-8, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens in ihrem Recht verletzt, daß ihnen gegenüber Kanalbenützungsgebühr nicht in der vorgeschriebenen Höhe festgesetzt werde. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragte ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 4 der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Gurten vom trägt die Überschrift "Kanalbenützungsgebühren" und hat folgenden Wortlaut:
"(1) Die Eigentümer der angeschlossenen Grundstücke haben eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten.
(2) Die Kanalbenützungsgebühr wird wie folgt berechnet:
a/Grundbetrag lt. Bemessungsgrundlage (§ 2)
bis 150 m2 ........................... S 900,--
151 m2 bis 200 m2 ........................... S 1.200,--
201 m2 bis 300 m2 ........................... S 1.800,--
301 m2 bis 400 m2 ........................... S 2.400,--
401 m2 bis 500 m2 ........................... S 3.000,--
je weitere angefangene 100 m2 ............... S 600,--
b/Zuschlag
für 1 ständigen Einwohner .......................... 1,00 BE
Arzt- und Dentistenpraxis .......................... 3,00 BE
für Gewerbebetriebe mit häuslichen Abwässern ....... 3,00 BE
für Betriebsangehörige (die nicht im Betriebs-
gebäude wohnen) .................................... 0,60 BE
für einen Sitzplatz im Gasthaus mit
ständigem Betrieb .................................. 0,60 BE
Fleischhauer: für je 50 Großviehschlachtungen/Jahr . 8,00 BE
für je 50 Kleinviehschlachtungen/Jahr. 4,00 BE
Damenfriseure: je 1 Waschtoilette .................. 3,00 BE
Fremdenzimmer: je 5 Betten ......................... 1,00 BE
Transportunternehmen: je KFZ zweispurig ............ 2,00 BE
Mietwagenunternehmen: je KFZ zweispurig ............ 2,00 BE
KFZ u. Servicestationen: je Waschanlage ............ 6,00 BE
Für eine Belastungseinheit (BE) werden S 300,-- verrechnet. Als Stichtag für die Gebührenermittlung lt. obigen Ansätzen wird der 15. November des Vorjahres genommen.
Für nachweislich ganzjährlich unbenutzte Objekte werden 50 % Kanalbenützungsgebühren verrechnet. Zuschläge werden gemäß den vorstehenden Absätzen in Anrechnung gebracht. Betriebe, die in der vorstehenden Aufstellung nicht enthalten sind und für den Anschluß an den Ortskanal einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen, werden nach m3-Wasserverbrauch berechnet. Je m3 verbrauchten Wassers sind dabei 1/30 der einer Bedarfseinheit entsprechenden Kanalbenützungsgebühr berechnet. Die Messung der Betriebsabwassermenge hat dabei mittels geeichtem Wasserzähler im Wasserzulauf zu erfolgen. Die Beistellung und Eichung des Wasserzählers erfolgt auf Kosten des Angeschlossenen."
Nach § 7 begann "die Rechtswirksamkeit dieser Kanalgebührenordnung" mit .
Die Regelungen über die Kanalbenützungsgebühren stützten sich ursprünglich auf § 15 Abs. 3 Z. 5 FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984, und im Streitzeitraum auf § 15 Abs. 3 Z. 5 FAG 1989, BGBl. Nr. 687/1988.
Das Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren läßt sich - abgesehen von der Wiederholung des Beschwerdevorbringens vor dem Verfassungsgerichtshof - dahin zusammenfassen, daß die gegenständliche Verordnung einen Ausschluß gewisser Sitzplätze in einem Gasthaus von der Kanalbenützungsgebühr nicht vorsehe, dennoch aber Ausnahmen gemacht worden wären, weil bei einer "buchstabengetreuen" Anwendung der Verordnung auf die vier im Gemeindegebiet ansässigen Gasthäuser die Äquivalenz gegenüber anderen Benützerkreisen nicht gewahrt gewesen wäre. Da es der Kanalgebührenordnung an jeglicher Grundlage für derartige Ausnahmen mangle, würden die mit der Abwasserbeseitigung verbundenen Kosten den Benützern nicht mehr nach sach- bzw. verursachungsgerechten Maßstäben angelastet. So fehlten auch Bestimmungen, welche Gasträume als Versammlungsstätten anzusehen und in welchem Umfang die dort vorhandenen Sitzplätze bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigen seien. Der berücksichtigte Nachlaß für das "Jagdstüberl" beruhe lediglich auf der nicht nachvollziehbaren Annahme, daß nur dieses wenig ausgelastet und daher bei der Gebührenvorschreibung nicht zu berücksichtigen sei. Ein Nachlaß im Ausmaß von nur 35 Sitzplätzen, welche das "Jagdstüberl" aufweise, erscheine weder bezogen auf die tatsächlich eingeleiteten Schmutzwässer noch im Vergleich zu den übrigen Benützern als angemessen. Aus dem gemessenen Wasserverbrauch der Beschwerdeführer ergebe sich umgerechnet pro m3 eine Belastung an Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1991 von S 26,63 (ohne USt). Demgegenüber stehe ein Kubikmeter-Preis von S 10,50 eines "4-Personen-Haushaltes" bzw. von S 10,-- für Gewerbebetriebe mit nicht nur häuslichen Abwässern. Im angefochtenen Bescheid sei daher dem Prinzip der Äquivalenz weder in genereller noch in individueller Hinsicht Rechnung getragen worden; dies obwohl bei dem ermittelten Kubikmeterpreis von S 26,63 bereits der Nachlaß für die Sitzplätze im "Jagdstüberl" berücksichtigt sei.
Dieses Vorbringen wendet sich nicht gegen eine rechtswidrige Anwendung genereller Normen, sondern geht davon aus, daß im Fall der Beschwerdeführer - offenbar auf Grund von Überlegungen der Einzelfallgerechtigtkeit - eine weitergehendere Ausnahme von den im Beschwerdefall anzuwendenden Abgabenvorschriften zu machen gewesen wäre. Daraus, daß eine (unbestritten) die Beschwerdeführer begünstigende - wenn auch gesetzwidrige - Ausnahme von den anzuwendenden Rechtsvorschriften gemacht wurde, läßt sich kein Recht auf weitere Ausnahmen ableiten und wurden diesbezüglich die Beschwerdeführer auch nicht in ihren Rechten verletzt. Auch den geltend gemachten Verfahrensrügen in der Beschwerde mangelt es daher an der rechtlichen Relevanz.
Soweit damit aber die Rechtswidrigkeit der dem angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften unter Beweis gestellt werden soll, so sieht sich der Verwaltungsgerichtshof - auch nicht in Ansehung der Wiederholung des Beschwerdevorbringens vor dem Verfassungsgerichtshof - vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht veranlaßt, aus Anlaß dieses Beschwerdefalles einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof nach Art. 139 B-VG zu stellen. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, worauf auch im Ablehnungsbeschluß vom verwiesen wird, besteht insoweit ein Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers bei der Festsetzung von Kanalgebühren, daß die Notwendigkeit besonderer Gebührenregelung für einzelne Benützer nur bei eklatant abweichenden Gegebenheiten besteht (vgl. etwa VfSlg. 13310/1992). Dahingehende Bedenken sind auch im Lichte des Beschwerdevorbringens beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Von der mitbeteiligten Partei wurde als Aufwandersatz nur der im Spruch genannte Betrag begehrt.