VwGH vom 11.02.1994, 93/17/0345
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung 6 - Rechnungsamt) vom , Zl. Kto. 7050896, betreffend Abweisung eines Ratenansuchens i.A. Übertretung des Wiener Getränkesteuergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den an die Beschwerdeführerin gerichteten - in Kopie angeschlossenen - Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung 6 - Rechnungsamt) vom , mit dem wie folgt abgesprochen wurde:
"Dem Ansuchen der Frau H vom um ratenweise Entrichtung der über sie verhängten Geldstrafe von S 37.953,-- laut Beilage wird gemäß § 54b (3) des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG 1950, in der derzeit geltenden Fassung, keine Folge geleistet.
Der aushaftende Betrag ist sofort nach Zustellung dieses Bescheides zu entrichten."
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, laut Vermögensverzeichnis gemäß § 31a und § 47 Abgabenexekutionsordnung - abgelegt am - sei mit Recht anzunehmen, daß die Geldstrafe uneinbringlich sei. Dies werde außerdem durch das Nichteinhalten der Ratenbewilligungen vom , und bestätigt. Da die Beschwerdeführerin in ihrem Ansuchen keine konkreten Angaben darüber gemacht habe, aus welchen Mitteln sie die Raten bezahlen werde, sondern nur auf ihre schwierige finanzielle Lage hinweise, die keine ausreichende Grundlage für eine Ratenbewilligung darstelle, sei das Ansuchen abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von "gesetzlichen Vorschriften" geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich wie folgt in ihrem
Recht verletzt:
"Da mich dieser Bescheid der belangte Behörde in dem gesetzlich gewährleisteten Recht, daß eine Strafe nach Verstreichen der Vollstreckungsverjährungsfrist gemäß § 31
(3) VStG nicht mehr gegen mich fällig gestellt und/oder vollstreckt wird, verletzt, erhebe ich ..."
In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin vor, der Bescheid vom , mit welchem eine Verwaltungsstrafe von S 73.000,-- und im Falle der Nichteinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe von 42 Tagen verhängt worden sei, sei am rechtskräftig geworden. Die Vollstreckungsverjährung sei somit am eingetreten. Die Fälligstellung des aushaftenden Betrages durch den Bescheid vom sei somit nach Ablauf der Vollstreckungsverjährung erfolgt. Die Vollstreckungsverjährung sei von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu berücksichtigen. Aus der Formulierung des Bescheides und insbesondere aus seiner Begründung
("Lt. Vermögensverzeichnis gem. § 31a Abg. EO u. § 47 Abg. EO in der derzeit geltenden Fassung, abgelegt am ist mit Recht anzunehmen, daß die Geldstrafe uneinbringlich ist") ergebe sich eindeutig, daß der bekämpfte Bescheid nur erlassen worden sei, um die Ersatzfreiheitsstrafe vollstrecken zu können. Der Bescheid vom sei daher rechtswidrig. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Zlen. 82/03/0057, 0058) ergebe sich eindeutig, daß durch die Gewährung von Strafaufschub in Form von Ratenzahlungen der Eintritt der Vollstreckungsverjährung nicht gehindert werde. In der zitierten Entscheidung habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, daß die Nichtgenehmigung einer weiteren Teilzahlung deswegen nicht rechtswidrig gewesen sei, weil ansonsten der Eintritt der Vollstreckungsverjährung lange vor dem Termin der letzten Ratenzahlung gelegen wäre. Deshalb sei "die Fälligstellung der aushaftenden Beträge vor dem Ablauf der Vollstreckungsverjährung erfolgt". Damit sei explizit dargelegt worden, daß eine Stundung in Form von Ratenzahlungsgenehmigungen den Eintritt der Vollstreckungsverjährung nicht hindere.
§ 31 Abs. 3 VStG lautet:
"(3) Sind seit dem im Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden. Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof sowie Zeiten, während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen."
Nach § 54b Abs. 1 VStG sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen zu vollstrecken.
Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat gemäß § 54b Abs. 3 VStG die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen.
Soweit sich die Beschwerdeführerin dagegen wendet, daß nach Ablauf der Vollstreckungsverjährung eine (inhaltlich abweisende) Entscheidung über den Antrag nicht mehr gefällt werden dürfe, ist die Beschwerdeführerin im Grunde im Recht.
Nach Eintritt der Vollstreckungsverjährung kann dem Antrag auf Teilzahlung (oder Zahlungsaufschub) mangels Vorliegens einer vollstreckbaren Geldschuld nicht mehr stattgegeben werden. Besteht doch der normative Gehalt der Bewilligung einer Teilzahlung (oder eines Zahlungsaufschubes) darin, daß (in zeitlicher Hinsicht) die allgemeine Anordnung des § 54b Abs. 1 VStG in die Zukunft verschoben wird. Ist mit Ablauf der Ausschlußfrist des § 31 Abs. 3 VStG die rechtliche Möglichkeit der Vollstreckung der rechtskräftig verhängten Strafe verwirkt, so ist einem inhaltlichen Abspruch über den Antrag auf Teilzahlung (oder auch Zahlungsaufschub) der Boden entzogen. Ein dennoch getroffener (inhaltlich abweisender) Abspruch über den Antrag erschöpft sich aber in seinem normativen Gehalt darin, daß es bei der allgemeinen Anordnung des § 54b Abs. 1 VStG zu bleiben hat. Die Regel über die Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 3 VStG wird damit nicht berührt.
Derart wurde die Beschwerdeführerin in ihren Rechten nicht verletzt, wenn es die Behörde unterlassen hat Feststellungen zu treffen, ob nicht bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist.
Soweit sich das Beschwerdevorbringen aber gegen die "Fälligstellung" richtet, mangelt es insoweit an einer Rechtsverletzungsmöglichkeit. Nach § 54b Abs. 1 VStG sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen (oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen) ohne vorhergehende "Fälligstellung" zu vollstrecken; die Vollstreckbarkeit einer Geldstrafe ist vielmehr allein an die Rechtskraft des (Straf-)Bescheides geknüpft (vgl. dazu auch zur diesbezüglich inhaltsgleichen Regelung des § 53 Abs. 1 VStG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 516/1987 das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 9410/A). Vor diesem Hintergrund kommt der Wendung, daß der "aushaftende Betrag sofort nach Zahlung dieses Bescheides zu entrichten" sei, keine normative Wirkung zu. Diese Wendung stellt sich vielmehr als eine Erinnerung an eine ex lege bestehende Zahlungsverpflichtung dar.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht.