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VwGH vom 17.02.2000, 98/18/0219

VwGH vom 17.02.2000, 98/18/0219

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der F Ö, (geb. ), in Dornbirn, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 908/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei am illegal ohne gültiges Reisedokument über Ungarn in das Bundesgebiet gelangt und habe am einen Asylantrag gestellt. Dieser Asylantrag sowie eine Berufung gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien in zweiter Instanz rechtskräftig negativ beschieden worden. Demnach halte sich die Beschwerdeführerin, die weder über einen Einreise- noch über einen Aufenthaltstitel verfüge, unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und sei diesbezüglich bereits von der Fremdenpolizei rechtskräftig bestraft worden. Die Ausweisung der Beschwerdeführerin sei daher - vorbehaltlich der Bestimmung des § 37 Abs. 1 FrG - im Grund des § 33 Abs. 1 leg. cit. gerechtfertigt.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde der Bestimmung des § 37 Abs. 1 FrG betreffe, sei zunächst festzuhalten, dass neben ihrem Bruder mehrere Cousins der Beschwerdeführerin in Österreich lebten. Seit dem sei die Beschwerdeführerin zudem mit einem in Österreich aufhältigen türkischen Staatsangehörigen verheiratet, weshalb von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin auszugehen sei.

Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit der Ausweisung aufgrund des Dringend-geboten-seins dieser Maßnahme im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien von der Beschwerdeführerin in gravierender Weise verletzt worden. Andererseits seien die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Verbleib in Österreich angesichts ihres noch keineswegs langen Aufenthaltes in der Dauer von etwa drei Jahren, der überdies unrechtmäßig gewesen sei, keinesfalls so stark ausgeprägt, und zwar auch unter Bedachtnahme auf die von ihr dargestellte familiäre Situation, dass sie schwerer zu gewichten sein würden als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse, zumal sie von vornherein nicht mit einem längeren Aufenthalt in Österreich habe rechnen können und dennoch einen türkischen Staatsangehörigen geheiratet habe.

Was das Vorbringen der Beschwerdeführerin anlange, als Ehegattin eines türkischen Staatsangehörigen, der seit Jahren ununterbrochen in Österreich beschäftigt wäre, hätte sie Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt (Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei zum Assoziationsabkommen), und wäre ihr daher in Österreich das Aufenthaltsrecht zu gewähren, sei Folgendes festzuhalten: Der genannte Art. 7 habe zum Inhalt, dass Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers das Recht hätten, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie einerseits die Genehmigung erhalten hätten, zu ihm zu ziehen, andererseits seit mindestens drei Jahren einen ordnungsgemäßen Wohnsitz im betreffenden Mitgliedstaat hätten. Auf Grund der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin - die im Übrigen erst seit einem dreiviertel Jahr verheiratet sei - keine Genehmigung erhalten habe, zu ihrem Gatten zu ziehen, sei Art. 7 auf sie nicht anwendbar. Die Beschwerdeführerin sei rechtens nicht imstande, eine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet zu erlangen und ihren Aufenthalt dadurch zu legalisieren. Die damit bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten gewesen seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet. Es würde dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen grob zuwiderlaufen, wenn ein Fremder auf diese Weise den Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte. Der mit der Ausweisung bewirkte Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin sei daher zum Schutz der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen dringend geboten.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht gegen die Auffassung der Behörde, dass ihr Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden sei, und dass sie weder über einen Einreise- noch über einen Aufenthaltstitel (nach nationalem Recht) verfüge. Die Beschwerde lässt auch unbestritten, dass die Beschwerdeführerin wegen unbefugten Aufenthaltes - nach Ausweis der Verwaltungsakten:

vom bis zum - rechtskräftig bestraft worden sei.

1.2. Die Beschwerde vertritt indes den Standpunkt, dass der Beschwerdeführerin ein von der behördlichen Erteilung unabhängiges assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht im Sinn des Art. 7 des auf der Grundlage des Assoziierungsabkommens EWG/Türkei ex 1963 gefassten Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei zukomme. Diese Auffassung ist verfehlt. Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in dieser Hinsicht in den für seine Erledigung wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes als auch in Ansehung der zu lösenden Rechtsfragen - jenem, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/18/0424, zugrunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf diese Entscheidung verwiesen. Dazu kommt noch, dass die Beschwerdeführerin nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid zum Zeitpunkt seiner Erlassung erst seit einem dreiviertel Jahr verheiratet war und auch von daher nicht davon gesprochen werden kann, dass der Beschwerdeführerin, die in der Beschwerde ihre behauptete Berechtigung nach Art. 7 leg. cit. von ihrem Ehemann ableitet, bei ihrer Einreise im Jahr 1994 die Genehmigung erteilt werden hätte können, zu ihrem Ehemann zu ziehen.

1.3. Nach dem Gesagten begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig in Österreich aufhalte und vorliegend der Tatbestand des § 33 Abs. 1 zweiter Halbsatz FrG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2. Auch die Beurteilung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grund des § 37 Abs. 1 FrG durch die belangte Behörde kann nicht als rechtswidrig erkannt werden. In Anbetracht ihrer Bindung zu ihrem sich in Österreich rechtmäßig aufhaltenden Ehemann und der Dauer ihres Aufenthaltes ist die belangte Behörde zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass mit der vorliegenden Ausweisung ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin verbunden ist. Ebenso zutreffend hat die belangte Behörde aber die Auffassung vertreten, dass die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung ihres Aufenthaltes nicht überwögen. Das hier maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten weist aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) einen hohen Stellenwert auf. Dieses maßgebliche öffentliche Interesse wurde durch den zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthalt der Beschwerdeführerin in der Dauer von fast vier Jahren erheblich beeinträchtigt; dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin ihren unrechtmäßigen Aufenthalt auch trotz der unbestrittenen rechtskräftigen Bestrafung fortgesetzt hat. Die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet werden dadurch erheblich relativiert, dass diese auf ihren unberechtigten Aufenthalt zurückzuführen sind; dies gilt - wie im angefochtenen Bescheid herausgestrichen - auch für die Ehe der Beschwerdeführerin, die zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als die Beschwerdeführerin nicht damit rechnen durfte, ohne die erforderliche Bewilligung auf Dauer in Österreich bei ihrem (türkischen) Ehegatten verbleiben zu dürfen. Mit ihrem Vorbringen, noch nie gegen österreichische Gesetze verstoßen zu haben, ist für die Beschwerdeführerin im Grund des § 37 Abs. 1 FrG nichts gewonnen, weil derartige Umstände weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung des die Ausweisung gebietenden öffentlichen Interesses zur Folge haben. Dem im Hinblick auf das Gebot der Achtung des Privat- und Familienlebens im § 37 Abs. 1 FrG verankerten Ausweisungshindernis kann im Übrigen auch nicht die Bedeutung unterstellt werden, es wäre für Fremde zulässig, sich durch die Missachtung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geltenden Vorschriften und die derart bewirkten privaten und familiären Beziehungen im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass entgegen der Beschwerde aus Art. 8 EMRK ein allgemeines Recht des Fremden auf Familienzusammenführung in einem bestimmten Staat bzw. eine allgemeine Verpflichtung des Staates, eine Familienzusammenführung auf seinem Gebiet zuzulassen, nicht abgeleitet werden kann. (Vgl. zum Ganzen das schon genannte hg. Erkenntnis vom .)

3. Im Hinblick auf das oben II.1. zitierte hg. Erkenntnis Zl. 98/18/0424 (einschließlich der dort verwiesenen Rechtsprechung) bestand keine Veranlassung, der Anregung zu folgen, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen.

4. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte im Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

5. Die Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am