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VwGH vom 27.04.1995, 93/17/0320

VwGH vom 27.04.1995, 93/17/0320

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des J L und der T L in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. 8165/7-1993, betreffend die Abweisung des Antrages auf bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich der bei den beschwerdeführenden Parteien vom 10. Jänner bis für den Zeitraum 1984 bis 1988 durchgeführten Getränke- und Speiseeissteuerprüfung hielt der Prüfer in der lediglich von ihm unterfertigten Niederschrift vom im wesentlichen fest:

"Bei den Berechnungen der Getränkesteuer wurden außer den Ausfuhrbescheinigungen für Spirituosen und Weine ab nur noch 20 % zur Versteuerung angewendet. Die Überprüfung der Buchhaltung der Verbuchungen der Fakturen sowie der Berechnung der Getränke- und Speiseeissteuer ergab keine wesentliche Abweichung. Die Überprüfung der Bemessungsgrundlagen für die Getränkesteuer ergab somit keine Nachforderung."

Mit dem bei der mitbeteiligten Gemeinde eingebrachten Schreiben vom brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, mit "Bescheid" vom sei vom Getränkesteuerprüfungsverband des Bezirkes mitgeteilt worden, daß die Überprüfung der Bemessungsgrundlagen für die Getränkesteuer zu keiner Nachforderung geführt habe. Die Prüfung der Abgaben habe nach den Bestimmungen der Tiroler LAO auch Umstände zugunsten des Steuerpflichtigen zu würdigen. Der weitaus überwiegende Anteil der Spirituosenverkäufe sei nicht in der Gemeinde, sondern fast ausschließlich im Ausland verbraucht worden. Diesem Umstand habe die Prüfung auch Rechnung getragen, soweit die Vorgangsweise ausdrücklich anerkannt werde, ab nur mehr 20 % der Spirituosenumsätze der Getränkesteuer zu unterziehen. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten die beschwerdeführenden Parteien in Verkennung der Rechtslage jedoch viel zu hohe Umsatzanteile getränkeversteuert. Sie seien daher mit dem Ergebnis der Getränkesteuerprüfung nicht einverstanden und verlangten bereits ab dem Jahre 1984 jene Regelung, welche ab dem anerkannt worden sei. Die künftigen Getränkesteuerbeträge würden unmittelbar mit dem sich aus der Steuerrückforderung ergebenden Guthaben verrechnet werden.

Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Antrag der beschwerdeführenden Parteien vom als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, nach § 9 Abs. 2 des Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetzes in der Fassung des mit Ablauf des in Kraft getretenen Gesetzes, LGBl. für Tirol Nr. 54/1991, habe die Festsetzung der Getränkesteuer mit Bescheid nach § 151 Abs. 2 der Tiroler LAO zu unterbleiben, soweit sich die Unrichtigkeit der Selbstberechnung daraus ergebe, daß in der Getränkesteuererklärung auch jene Getränke erfaßt seien, die nicht in der Gemeinde, in der die Getränke an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben würden, verbraucht worden seien.

Die gegen diesen Bescheid erhobene (im Schriftsatz als Einspruch bezeichnete) Berufung wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom gestützt Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 693/1991, als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien Vorstellung.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung Folge, soweit der Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer für Jänner bis Dezember 1984 abgewiesen wurde, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit insofern zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand. Soweit der Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer für Jänner 1985 bis Mai 1987 abgewiesen wurde, wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung zum abweisenden Teil des Spruches führte die belangte Behörde aus, die Aufsichtsbehörde habe den angefochtenen Bescheid an der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung zu messen. Der Antrag, eine dem FAG 1985 zuzurechnende Getränkesteuer unter Berücksichtigung eines Außerortverbrauchanteiles bescheidmäßig festzusetzen, falle unter die im Verfassungsrang stehende Bestimmung des Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Novelle 1991. Durch diese Bestimmung sei eine bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer aus dem Grunde der Berücksichtigung des Außerortverbrauchanteiles verfassungsrechtlich ausgeschlossen. Bei der Eingabe vom handle es sich um einen Antrag im Sinne dieser Verfassungsbestimmung und nicht um eine Berufung. Die "Niederschrift" vom halte lediglich einen Bericht über die Getränke- und Speiseeissteuernachschau vom 10. bis in der Gemischtwarenhandlung der Beschwerdeführer fest. Diesem Schriftstück sei nicht nur keine Bezeichnung als Bescheid zu entnehmen, es fehle zudem an einem Spruch und an der Erlassung durch eine Gemeindeabgabenbehörde.

Gegen diesen - nur hinsichtlich des die Vorstellung als unbegründet abweisenden Teiles angefochtenen - Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich durch den abweisenden Teil des Spruches in dem Recht auf Aufhebung des Bescheides des Gemeindevorstandes vom und in weiterer Folge in dem Recht auf Neufestsetzung der Getränkesteuer für die Monate Jänner 1985 bis Mai 1987 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, mit der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Über die bei den beschwerdeführenden Parteien durchgeführte Getränke- und Speiseabgabenprüfung des Gemeindesteuerprüfungsverbandes des Bezirkes verfaßte der Prüfer den als "Niederschrift" vom bezeichneten Prüfungsbericht, dem die belangte Behörde mit Recht Bescheidcharakter absprach. Handelte es sich dabei doch keineswegs um einen rechtsgestaltenden oder rechtsfeststellenden Verwaltungsakt, sondern um das vom Prüfer schriftlich festgehaltene Prüfungsergebnis, das im Abgabenverfahren als Beweismittel Berücksichtigung zu finden hat. Die "Niederschrift" erfüllt weder inhaltlich und noch formal die Voraussetzungen eines Bescheides. Demnach irrten die beschwerdeführenden Parteien, wenn sie in ihrer Eingabe vom die Ansicht vertraten, der Getänkesteuerprüfungsverband habe mit "Bescheid" vom mitgeteilt, daß die Überprüfung der Bemessungsgrundlagen für die Getränkesteuer zu keiner Nachforderung geführt habe. Dieses Schreiben, mit dem u.a. zum Ausdruck kam, daß die beschwerdeführenden Parteien sich mit dem Ergebnis dieser Prüfung nicht einverstanden erklärten, weil darin der Außerortverbrauch (wie auch schon in der vorangegangenen Abgabenerklärung) zu ihren Lasten unberücksichtigt geblieben sei, behandelte die belangte Behörde mit Recht als ein der Entscheidungspflicht unterliegendes Anbringen, mit dem sowohl die Richtigkeit des Prüfungsergebnisses als auch der vorangegangenen Abgabenerklärungen bestritten wird. Damit verbunden war ein Rückforderungsanspruch in der Höhe von S 876.146,--.

Bei der in Rede stehenden Eingabe handelte es sich dem Inhalt nach somit um einen Antrag auf bescheidmäßige Abgabenfestsetzung (unter Überprüfung der Rechtsfrage, ob und inwieweit die Abgabenschuld entstanden ist) und sodann um einen Antrag auf Rückzahlung eines dadurch allenfalls entstandenen Guthabens (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0242, mit weiterer Rechtsprechung).

Wenn die beschwerdeführenden Parteien bereits im Vorstellungsverfahren die Ansicht vertraten, das Schreiben vom sei kein Antrag auf Berücksichtigung des Außerortanteils gewesen, und weiters die Stattgabe der Berufung vom gegen den Bescheid vom beantragten, dann übersehen sie, daß - wie schon dargestellt - der Prüfungsbericht vom kein Bescheid und die Eingabe vom nicht bloß eine den inhaltlichen Erfordernissen nicht voll entsprechende Berufung gegen eine Erledigung ohne Bescheidcharakter ist. Folge einer solchen Ansicht wäre die Zurückweisung der Berufung mangels Vorliegens eines erstinstanzlichen Bescheides gewesen. Die Gemeindeabgabenbehörde hat diese Eingabe vielmehr zu Recht als Begehren auf Überprüfung der Rechtsfrage betreffend die Höhe der Abgabenschuld infolge unterlassener Berücksichtigung des Außerortverbrauchs und somit als ein bei Meinungsverschiedenheiten über die Richtigkeit der Selbstberechnung im Selbstbemessungsverfahren vorgesehenes Anbringen auf Erlassung eines bislang noch nicht ergangenen Abgabenbescheides gesehen. Die Gemeindeabgabenbehörde erster Instanz hatte daher einen Bescheid über den "Antrag" der beschwerdeführenden Parteien zu erlassen.

Der im Instanzenzug angefochtene erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom stützt die Abweisung des Antrages auf die bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer weiters zu Recht auf die Bestimmung des § 9 Abs. 2 Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz in der mit Ablauf des in Kraft getretenen Fassung LGBl. für Tirol Nr. 54/1991. § 9 Abs. 1 und 2 dieses Gesetzes lautet in der genannten Fassung wie folgt:

"Verfahrensvorschriften

(1) Für die Erhebung der Getränke- und Speiseeissteuer gelten die Bestimmungen der Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 34/1984, in der jeweils geltenden Fassung, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Festsetzung der Getränkesteuer mit Bescheid nach § 151 Abs. 2 der Tiroler Landesabgabenordnung hat zu unterbleiben, soweit sich die Unrichtigkeit der Selbstberechnung daraus ergibt, daß in der Getränkesteuererklärung auch jene Getränke erfaßt sind, die nicht in der Gemeinde, in der die Getränke an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben wurden, verbraucht wurden."

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 6-10/93 u.a., zu der Bestimmung des § 9 Abs. 2 Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz in der in Rede stehenden Fassung folgendes ausgeführt:

"Der Verfassungsgerichtshof äußerte in den Einleitungsbeschlüssen weiters die Ansicht, daß in den Gesetzesprüfungsverfahren auf die mit in Kraft getretene, im Verfassungsrang stehende Bestimmung des Art. II (§ 2) Abs. 3 des BG BGBl. Nr. 693/1991 Bedacht zu nehmen sein werde. ...

Damit hat der Verfassungsgesetzgeber offensichtlich für die Getränkesteuer insgesamt eine Neuregelung getroffen und dabei für die in Art. II § 2 Abs. 3 der FAG-Novelle 1991 umschriebenen Fälle, also alle, in denen eine Neufestsetzung der Abgaben von Amts wegen oder über Antrag seine Begründung in dem genannten Umstand fände, angeordnet, daß eine Neufestsetzung für in der Vergangenheit verwirklichte Sachverhalte der umschriebenen Art - nur auf diese kann sich das Gebot beziehen, da für die Zukunft solche Fälle aufgrund der Neuregelung gar nicht mehr entstehen können - zu unterbleiben hat. Da dies ein verfassungsrechtliches Gebot ist, kann die in Prüfung gezogene (landesgesetzliche) Regelung, die die gleiche Fallgruppe ihrem Wortlaut nach umfaßt, nicht verfassungsrechtlich bedenklich sein; da sie inhaltlich in der Verfassungsbestimmung des Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Novelle 1991 in vollem Umfang ihre Deckung findet, ist eine allfällige Verfassungswidrigkeit, die vor der FAG-Novelle vorlag, bereinigt. Die aufgeworfenen Bedenken erweisen sich bei diesem Ergebnis als nicht zutreffend. ... Es war daher auszusprechen, daß § 9 Abs. 2 des Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetzes, LGBl. für Tirol Nr. 102/1973 idF LGBl. für Tirol Nr. 54/1991, nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird."

Da beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmung entstanden sind, die im Gesetzesprüfungsverfahren durch den Verfassungsgerichtshof nicht schon geprüft wurden, hat der Verwaltungsgerichtshof von der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des § 9 Abs. 2 des Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetzes in der bereits zitierten Fassung auszugehen. Sein Inhalt besteht in der Anordnung, daß für die darin erfaßten Fälle (dabei handelt es sich um die sodann auch in Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Novelle 1991 umschriebenen Fälle), in denen eine Neufestsetzung der Abgaben von Amts wegen oder über Antrag ihre Begründung in dem Umstand fände, die Unrichtigkeit der Abgabenbemessung ergebe sich aus dem Verbrauch außerhalb des Gemeindegebietes, eine Neufestsetzung für solche in der Vergangenheit verwirklichte Sachverhalte zu unterbleiben habe.

Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat den Bescheid vom nicht auf § 9 Abs. 2 der Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz, sondern auf den am in Kraft getretenen Art. II § 2 Abs. 3 des Bundesgesetzes, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1989 geändert wird

(FAG-Novelle 1991), BGBl. Nr. 693/1991, gestützt, der wie folgt lautet:

"(3) Eine Neufestsetzung der Abgaben vom Verbrauch von Speiseeis und von Getränken gemäß § 14 Abs. 1 Z. 7 FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984, oder § 14 Abs. 1 Z. 7 FAG 1989 auf Grund der Unrichtigkeit der Selbstbemessung gemäß den Vorschriften der Landesabgabenordnungen unterbleibt, soweit diese Unrichtigkeit damit begründet wird, daß die Abgabenerklärung auch jenes Speiseeis und jene Getränke erfaßt, die nicht in der Gemeinde verbraucht wurden, in der sie an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben wurden."

Diese Bestimmung der FAG-Novelle 1991 ist im Beschwerdefall jedoch nicht anwendbar, weil schon vor Inkrafttreten dieser Novelle der erstinstanzliche Bescheid vom ergangen war und somit nach Inkrafttreten der Novelle keine NEUfestsetzung erfolgen konnte. Ungeachtet dieses Umstandes erweist sich der zweitinstanzliche Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde jedenfalls betreffend Getränkesteuer für die Jahre 1985 bis Mai 1987 aber schon deswegen nicht als rechtswidrig, weil die genannte Bestimmung des § 9 Abs. 2 Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz in der Fassung LGBl. Nr. 54/1991 und die FAG-Novelle 1991 insofern inhaltlich im vollen Umfang deckungsgleich sind, sodaß der Heranziehung der unrichtigen Rechtsgrundlage im Spruch und in der Begründung dieses Bescheides keine entscheidungsrelevante Bedeutung zukommen kann.

Da sich der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde betreffend Getränkesteuer für die Jahre 1985 bis Mai 1987 nicht als rechtswidrig erweist, konnte die belangte Behörde die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung insoweit mit Recht als unbegründet abweisen.

Da dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet und vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende wesentliche Verfahrensmängel nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.