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VwGH vom 11.02.1994, 93/17/0305

VwGH vom 11.02.1994, 93/17/0305

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der XY-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten vom , Zl. 00/37/9-1992/Mag.Gu./Uh., betreffend Interessentenbeitrag nach dem NÖ Tourismusgesetz 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt St. Pölten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Grunde des § 13 NÖ Tourismusgesetz 1991, LGBl. 7400-1 (im folgenden: NÖ TourismusG), schrieb der Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten mit Bescheid vom der Beschwerdeführerin einen Interessentenbeitrag in Höhe von S 3.442,-- für das Jahr 1992 vor.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Darin wird im wesentlichen ausgeführt, die Tätigkeit der Beschwerdeführerin im gesamten Bundesgebiet, so auch am Standort Pädagogische Akademie St. Pölten, beschränke sich darauf, Studierende und sonstiges Universitäts- und Schulpersonal während der Zeiten des Universitäts- bzw. Schulbetriebes mit Speisen und Getränken zu versorgen. Diese nach außen wirkende Beschränkung der Mensen auf die Verpflegung von Universitäts- bzw. Schulangehörigen erfolge durch die Abgabe von zwei Menüs zu Sozialpreisen und ein auf die Studenten abgestelltes kleines Sortiment von Speisen und Getränken. Wenn auch gewerberechtliche, lebensmittelpolizeiliche und sonstige Rechtsvorschriften für den Verpflegungsbetrieb der Beschwerdeführerin gälten, unterscheide sich der Betrieb der Beschwerdeführerin wesentlich von einem "Gastgewerbe", in welcher Betriebsform immer, dessen Tätigkeit aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar einen Nutzen ziehe. Es würden nur Studierende und Schulangehörige in Gebäuden und Räumen von Universitäten und Schulen verpflegt. Die Beschwerdeführerin wende sich weder an sonstiges Publikum noch sei sie außerhalb der Schulzeiten und der Schulgebäude tätig. Die soziale Preisgestaltung verbunden mit dem Prinzip der Kostendeckung und nicht der Gewinnmaximierung sei deutlich gegenüber dem gewinnorientierten, kommerziellen Gastgewerbe abgegrenzt.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt St. Pölten die Berufung als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, in Gruppe B des Anhanges zum NÖ TourismusG seien Gastgewerbe in allen Betriebsformen angeführt. Die Beschwerdeführerin betreibe am näher bezeichneten Standort ein Gastgewerbe und "stammt das diesbezügliche Konzessionsdekret des Magistrates der St. Pölten vom , GZ: 110/5/Schu". Die Beschwerdeführerin übe daher ein Gastgewerbe aus und das NÖ TourismusG unterscheide nicht zwischen einzelnen Betriebsarten, sodaß dem Einwand der Beschwerdeführerin keine rechtliche Relevanz zukomme.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom , B 2040/92 (und Folgezahlen), ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich die Beschwerdeführerin - ihrem gesamten Vorbringen zufolge - in dem Recht auf Nichtvorschreibung eines Interessentenbeitrages verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes macht die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen geltend, bei einer verfassungskonformen Auslegung befreie die Aufzählung der im Anhang des Gesetzes angeführten Tätigkeiten die Behörde nicht davor, den vom Gesetz verlangten mittelbaren oder unmittelbaren Nutzen aus dem Tourismus einer näheren Prüfung zu unterziehen. Zwar werde im Regelfall die Erfahrung dafür sprechen, daß ein Gastgewerbetrieb einen mittelbaren oder unmittelbaren Nutzen aus dem Tourismus ziehe, kämen allerdings dieser Vermutung widersprechende Umstände hervor oder würden diese vom Abgabepflichtigen behauptet, so müsse der konkrete Nutzen in jedem Fall ermittelt werden. Im Beschwerdefall könne es durch den auf Schüler und Studenten abgegrenzten Kreis der Mensen-Benützer zu keiner Nutzung eines erhöhten Fremdenaufkommens kommen. Ausländische Schüler oder Studenten, welche an der Pädagogischen Akademie studierten, könnten wohl kaum als Touristen betrachtet werden. Hinzu komme, daß die Beschwerdeführerin nicht einmal von der allgemeinen Hebung der wirtschaftlichen Lage profitiere, welches nur einen allgemeinen Fremdenverkehrsnutzen darstelle, weil Schüler und Studenten von der Steigerung des Tourismus nicht profitierten und daher auch nicht verstärkt Speisen und Getränke konsumierten. Darüber hinaus sei es schon auf Grund des gemeinnützigen Zweckes, zu welchem die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, undenkbar, daß die Beschwerdeführerin aus dem Tourismus profitiere. Nach dem Prinzip der Kostendeckung würden allfällige Umsatzsteigerungen sofort an den Endverbraucher weitergegeben werden müssen und würden diese daher "keine erhöhten Gewinne" bringen. Die Behörde sei auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung nicht eingegangen, vielmehr habe sie sich ohne Ermittlungsverfahren und ohne der Beschwerdeführerin Parteiengehör zu gewähren, im wesentlichen mit Vermutungen begnügt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erstattete eine Äußerung zur Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 13 NÖ TourismusG hat folgenden Wortlaut:

"§ 13

Interessentenbeiträge

(1) Die Gemeinden der Ortsklasse I und II werden gemäß § 8 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948, in der Fassung BGBl. Nr. 686/1988, ermächtigt, von physischen oder juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes, die im Gemeindegebiet eine oder mehrere Tätigkeiten ausüben, durch die sie aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar einen Nutzen ziehen, Interessentenbeiträge zu erheben. Diese Tätigkeiten sind im Anhang zu diesem Gesetz in vier Abgabengruppen angeführt. Von Privatzimmervermietern kann dabei ein Interessentenbeitrag gemäß Abs. 5 erhoben werden.

(2) Die Interessentenbeiträge sind in den im Anhang zu diesem Gesetz genannten Promillebeträgen vom innerhalb der Gemeinde erzielten Jahresumsatz zu entrichten, wobei ein Jahresumsatz von 2 Mio. S außer Ansatz bleibt. Die Interessentenbeiträge sind jedoch mit jenem Betrag begrenzt, der sich bei Anwendung des jeweiligen Promillesatzes auf einen Jahresumsatz von 7 Mio. S ergibt.

(3) Die Landesregierung kann Gemeinden, deren Aufwendungen für die Besorgung ihrer Aufgaben auf dem Gebiet des Tourismus höher sind als die durchschnittlichen Aufwendungen der vorangegangenen fünf Jahre, durch Verordnung ermächtigen, die Beiträge bis zum Zweifachen der im Anhang zu diesem Gesetz bestimmten Promillesätze zu erheben.

(4) Unter Jahresumsatz ist, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, die Summe der im zweitvorangegangenen Jahr erzielten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 des Umsatzsteuergesetzes, BGBl. Nr. 223/1972 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 155/1986, zu verstehen:


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a)
Bei Geld- und Kreditinstituten einschließlich der Österreichischen Postsparkasse ist der beitragspflichtige Umsatz aus Bankgeschäften das 1,5-fache der Summe der Provisions- und anderer Erträge aus Dienstleistungsgeschäften im Sinne des Teiles II
Z. 3 lit. a der Anlage zu § 24 des Kreditwesengesetzes, BGBl. Nr. 63/1979, in der Fassung des Gesetzes BGBl. Nr. 325/1986.


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b)
Bei Reisebüros und Reiseleitern ist der beitragspflichtige Umsatz aus Besorgungsleistungen einschließlich der Nebenleistungen, die Summe der Bruttoerträge aus solchen, jener aus Vermittlungsleistungen einschließlich der Nebenleistungen die Summe der Provisionen aus solchen.


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c)
Bei den Werbungsvermittlern ist der beitragspflichtige Umsatz aus Vermittlungsleistungen einschließlich der Nebenleistungen die Summe der Provisionen aus solchen abzüglich der Umsatzsteuer.


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d)
Bei Spielbanken gelten als beitragspflichtiger Umsatz die Jahresbruttospieleinnahmen im Sinne des § 27 Abs. 2 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 169/1962, in der Fassung BGBl. Nr. 292/1986.

(5) Bei Privatzimmervermietern ist der Beitrag vom Nächtigungspreis zu bemessen und darf 5 v.H. nicht übersteigen.

(6) Übt ein Beitragspflichtiger in einer Gemeinde mehrere Tätigkeiten aus, welche in verschiedene Abgabengruppen fallen, so werden die Beiträge für die einzelnen Tätigkeiten getrennt berechnet, wobei Abs. 2 erster Satz letzter Halbsatz nur einmal zur Anwendung kommt. Die Beiträge sind jedoch insgesamt mit jenem Betrag begrenzt, der sich gemäß Abs. 2 letzter Satz für den jeweils höchsten Promillesatz ergibt.

(7) Für die Beitragsbemessung gelten Betriebsstätten außerhalb des Gemeindegebietes als selbständige Betriebe. Sie haben den Beitrag jener Gemeinde, in der sich die Betriebsstätte befindet, zu entrichten.

(8) Die Beitragspflichtigen haben eine Erklärung über den Umsatz des zweitvorangegangenen Jahres bis zum 31. März des laufenden Jahres beim zuständigen Gemeindeamt (Magistrat) einzureichen.

(9) Im übrigen gilt die NÖ Abgabenordnung, LGBl. 3400.

(10) Die Interessentenbeiträge sind von der Gemeinde zur Förderung des Tourismus zu verwenden."

Im Anhang des Gesetzes sind vier Abgabengruppen (A bis D) derart angeführt, daß jeder dieser Gruppen eine Reihe von Tätigkeiten zugeordnet wird. Unter der Gruppe B scheint u.a. auf: "Gastgewerbe in allen Betriebsformen".

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0303, dargelegt hat, stellt das Gesetz dadurch, daß die Tätigkeiten, bei denen "aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar ein Nutzen" gezogen wird, im Anhang ausdrücklich genannt sind und § 13 Abs. 1 ausdrücklich auf den Anhang verweist, eine diesbezügliche Fiktion auf. Darauf, ob etwa im Einzelfall derjenige, der eine der im Anhang aufgezählten Tätigkeiten ausübt, aus dem Tourismus tatsächlich keinen Nutzen zieht, kommt es nach dem Gesetz nicht an (anders etwa nach § 4 Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetz, LGBl. Nr. 100/1976: Zieht ein Abgabepflichtiger, der eine der in der Anlage aufgezählten Tätigkeiten oder eine ähnliche Tätigkeit ausübt, aus dem Fremdenverkehr keinen Nutzen, so hat er dies gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle glaubhaft zu machen).

Wie im vorgenannten Erkenntnis vom weiter ausgeführt wird, bestehen im Hinblick auf das auch den Gesetzgeber bindende Gleichheitsgebot auch keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer derartigen Regelung, die bei einer aus Gründen der Verwaltungsökonomie zweckmäßigen, vielfach sogar unerläßlichen Durchschnittsbetrachtung die Außerachtlassung atypischer Fälle rechtfertigt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 7082, und die dort angegebenen weiteren Judikaturhinweise). Daß aber Gastgewerbe bei einer Durchschnittsbetrachtung aus dem Fremdenverkehr einen Nutzen ziehen, bedarf keiner weiteren Verifizierung und wird auch von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt.

Bei der von der Beschwerdeführerin für erforderlich erachteten verfassungskonformen Interpretation wird aber auch außer acht gelassen, daß der diesbezügliche klare Wortlaut des Gesetzes eine derartige Auslegung gar nicht zuließe. Die sogenannte "verfassungskonforme Interpretation" als Ausdruck der allgemeinen Interpretationsmaxime, wonach Normen niedrigerer Rechtsstufe unter Bedacht auf die - ihre Erzeugung regelnden oder determinierenden - (höherrangigen) Rechtsvorschriften auszulegen sind, bedeutet, daß IM ZWEIFEL kein Rechtsakt so zu verstehen ist, daß er fehlerhaft erscheint. Nur dann, wenn ein Gesetzestext in verschiedener Weise auslegbar ist, engt sich die Wahl auf jene Auslegung ein, die das Gesetz verfassungskonform erscheinen läßt (vgl. Walter - Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts6, Rz 135).

Schon aus diesen Gründen ist die Beschwerdeführerin daher auch nicht im Recht, wenn sie in der Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde vorbringt, durch die Aufzählung fast aller denkbaren Berufsgruppen im Anhang hätten so gut wie alle selbständig Erwerbstätigen eine Tourismusabgabe zu entrichten, weshalb eine derartige Besteuerung, welche sich an den Umsätzen des jeweiligen Unternehmens orientiere, als im Verhältnis zur Umsatzsteuer des Bundes gleichartige Abgabe verfassungsrechtlich bedenklich sei und daher eine verfassungskonforme Interpretation vorgenommen werden müsse, die auf einen konkreten Nutzen am Fremdenverkehr (im Sinne einer adäquaten Verursachung) abstelle. Davon abgesehen sind beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken dahin, daß von einer Gleichartigkeit der Abgabe von demselben Besteuerungsgegenstand gesprochen werden müsse, weil die Bestimmungen der verglichenen Gesetze im wesentlichen übereinstimmten (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 5995, und die dort zitierte Vorjudikatur), nicht entstanden.

Soweit das Beschwerdevorbringen aber dahin zu verstehen ist, es liege gar kein "Gastgewerbebetrieb" vor, vermag auch damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt zu werden. Mit dem im Anhang angeführten Begriff "Gastgewerbe in allen Betriebsformen" wird erkennbar - vgl. insbesondere die durch die Worte "in allen Betriebsformen" hergestellte Bezugnahme auf die Vorschriften über die Betriebsart (vgl. etwa § 192 GewO 1973 i.d.F. vor der Gewerberechtsnovelle 1992 bzw. § 151 i.d.F. nach der Gewerberechtsnovelle 1992) - auf das Gastgewerbe im Sinne der Gewerbeordnung 1973 abgestellt. Der belangten Behörde vermag nicht entgegengetreten zu werden, wenn sie sich im Hinblick auf die (unbestritten) rechtskräftig erteilte Gastgewerbekonzession insofern gebunden erachtete, als damit die Tatsache des Vorliegens eines Gastgewerbebetriebes feststeht. Für eine vorfragenweise Beurteilung des Tatbestandsmerkmales "Gastgewerbebetrieb" - etwa in Hinsicht auf den Mangel der Gewerbsmäßigkeit im Grunde des § 1 GewO 1973 - blieb daher gar kein Raum.

Bei der dargestellten Rechtslage vermögen auch die - im übrigen bloß allgemeinen - Verfahrensrügen einen entscheidungswesentlichen Verfahrensmangel nicht aufzuzeigen.

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.