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VwGH vom 29.01.1991, 90/14/0246

VwGH vom 29.01.1991, 90/14/0246

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

90/13/0170 E

90/13/0171 E

90/13/0172 E

90/13/0173 E

90/13/0174 E

90/13/0175 E

90/13/0176 E

90/13/0177 E

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90/13/0180 E

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90/13/0188 E

90/13/0189 E

90/13/0190 E

90/13/0215 E

90/13/0216 E

90/13/0217 E

90/13/0218 E

90/13/0219 E

90/13/0220 E

90/13/0223 E

90/13/0225 E

90/13/0227 E

90/14/0247 E

90/14/0248 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der X-Sparkasse gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 92-5/90, betreffend Aufhebung eines Bescheides des Finanzamtes Graz-Stadt, St. Nr. 961/0210, über den Einheitswert des Betriebsvermögens, über Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab gemäß § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hat ihrer Haftrücklage (§ 12 Abs. 10 KWG) im Jahresabschluß 1988 mehr als das in Abschnitt I Art. III Abs. 2 Z. 2 lit. b KWGNov 1986 angeführte ein Zehntel des dort genannten Unterschiedsbetrages zugeführt. Sie vertritt nämlich die Ansicht, daß es sich bei der genannten Übergangsbestimmung um eine Mindestzuweisungsvorschrift handle und außerdem § 64 Abs. 5 BewG ebenso wie § 12 Z. 3 KStG 1966 jeweils in der Fassung der KWGNov 1986 auf diese Übergangsbestimmung nicht Bezug nehmen.

Die belangte Behörde vertritt die gegenteilige Meinung. Sie behob deshalb mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid die oben angeführten, dem Jahresabschluß der Beschwerdeführerin Rechnung tragenden Bescheide des Finanzamtes gemäß § 299 Abs. 2 BAO.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom , B 809-816/90-3, die Behandlung der Beschwerde ab, und trat die Beschwerde zur Entscheidung dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Vor diesem erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Fortbestand des rechtskräftigen Bescheides des Finanzamtes verletzt. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und

auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin behauptet, die belangte Behörde wäre auf Grund der mit Bescheid des Bundesministers für Finanzen aufsichtsbehördlich genehmigten Richtlinien der Prüfungsstelle des Sparkassen-Prüfungsverbandes für den Jahresabschluß der Sparkassen verpflichtet gewesen, Abschnitt I Art. III Abs. 2 Z. 2 lit. b KWGNov 1986 als Mindestzuweisungsverpflichtung auszulegen, weil die Richtlinie, die dies ausspreche, eine Rechtsverordnung sei.

Wollte man mit der Beschwerdeführerin diese Richtlinie als Verordnung dem Bundesminister für Finanzen zurechnen, so fehlte dieser Verordnung zu ihrer Geltung als Rechtsverordnung die von § 2 Abs. 1 lit. f des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 1985 geforderte Verlautbarung im Bundesgesetzblatt.

Die Richtlinie ist aber auch inhaltlich keine Rechtsverordnung. Sie ist gesetzeskonform auszulegen. Gemäß Anlage zu § 24 Sparkassengesetz in der Fassung BGBl. 1986/326 hat die Prüfungsstelle die ihr übertragenen Prüfungen (§ 24 Abs. 1 Sparkassengesetz) durchzuführen (§ 1 Abs. 1 der Anlage). Gemäß § 1 Abs. 2 der Anlage hat die Prüfungsstelle Richtlinien für den Jahresabschluß der Sparkassen und Dienstanweisungen für die Prüfer aufzustellen. Die Richtlinien bedürfen der Bewilligung des Bundesministers für Finanzen, die zu erteilen ist, wenn sie dem Bundesgesetz und sonstigen bundesgesetzlichen Vorschriften nicht widersprechen. Gemäß § 24 Abs. 1 Sparkassengesetz hat der Prüfungsverband den alleinigen Zweck eine Prüfungsstelle (§ 1 der Anlage zu § 24 - Prüfungsordnung) zur Vornahme der gesetzlichen Prüfung nach Abs. 2 und jener Prüfungen der Sparkassen zu unterhalten, mit deren Durchführung er nach anderen bundegesetzlichen Bestimmungen betraut ist. Für den Beschwerdefall ist es indes nicht notwendig, die Richtlinien der Prüfungsstelle allgemein auf ihren Typ im Rechtsschutzsystem hin zu untersuchen. Es interessiert nämlich nur, ob die in den Richtlinien vorgenommene Auslegung des Abschnittes I Art. III Abs 2 Z. 2 lit. b KWGNov 1986 als Mindestzuweisungsverpflichtung Rechtsverordnung ist. Nur Rechtsvorschriften, die sich generell an Rechtsunterworfene richten und deren Rechtslage gestalten, also Akte der Rechtssetzung genereller Natur, können Rechtsverordnungen sein. Dazu gehört nicht die Auslegung geltenden Rechtes, die nicht Gestaltung der Rechtslage beabsichtigt. Gemäß Art. 18 Abs. 2 B-VG kommt die Erlassung von Verordnungen nur innerhalb des Wirkungsbereiches der Verwaltungsbehörde in Frage. Dazu gehört nicht die authentische Interpretation von Gesetzen im formellen Sinn, weil diese nur dem Gesetzgeber zusteht. Der Wirkungskreis der Prüfungsstelle ist mit der Prüfung von Sparkassen umschrieben. Dieser umfaßt daher, sollte die Prüfungsstelle überhaupt Verwaltungsbehörde sein, jedenfalls nicht die Erlassung von Verordnungen zur Durchführung von Gesetzen im formellen Sinn, die nicht nur von Sparkassen bei den Jahresabschlüssen zu beachten sind. Dementsprechend hat die Prüfungsstelle im hier interessierenden Punkt auch nur ihre Auslegung der zitierten Übergangsbestimmung mitgeteilt, also keine Determinierung des Gesetzes im formellen Sinn durch Rechtsgestaltung vorzunehmen versucht. Der Akt der Auslegung des Gesetzes durch die Prüfungsstelle darf daher bei gesetzeskonformer Interpretation nur als Mitteilung einer Rechtsmeinung, nicht aber als Rechtsverordnung verstanden werden. Diese Mitteilung verändert daher die Rechte und Pflichten der Sparkassen nicht, wolle man die Richtlinien der Prüfungsstelle als Verordnungsgeber zurechnen, für die besondere Kundmachungsvorschriften nicht bestünden. Ebensowenig bindet sie den Verwaltungsgerichtshof.

Die Beschwerdeführerin führt für ihren Standpunkt ferner ins Treffen, weder § 12 Z. 3 KStG 1966, noch § 64 Abs. 5 BewG und § 14 Abs. 1 KStG 1988 verwiesen auf die oben zitierten Übergangsbestimmung der KWGNov 1986, sondern nur auf § 12 Abs. 10 KWG. Diese Tatsache erlaubt jedoch nicht den Schluß, die Verweisung in den steuerrechtlichen Vorschriften sei unter Außerachtlassung der zugehörigen Übergangsbestimmungen zu verstehen. Solche Vorschriften sind nämlich dazu bestimmt, die Anwendung des neuen Rechtes näher zu gestalten. Die Verweisungsnorm muß daher im Zweifel so verstanden werden, daß sie auch zugehöriges Übergangsrecht umfaßt. Dies trifft auch auf den vorliegenden Fall zu. Die Unterlassung ausdrücklicher Zitierung des Übergangsrechtes in der Verweisungsnorm unterstützt den Standpunkt der Beschwerdeführerin daher nicht.

Zur Auslegung der solcherart zu berücksichtigenden Übergangsbestimmung (Abschnitt I Art. III Abs. 2 Z. 2 lit. b KWGNov 1986) behauptet die Beschwerdeführerin, diese sei unter dem Gesichtspunkt der Übergangsvorschrift des Abschnitt I Art. III Abs. 2 Z. 1 lit. a KWGNov 1986 als Mindestzuweisungsvorschrift zu verstehen. Nach der zuletzt genannten Übergangsbestimmung, die zu § 12 Abs. 2 bis 9 KWG erlassen wurde, sind die Maßstäbe des § 12 Abs. 2 von den Banken bis längstens zu erreichen.

Die in § 12 Abs. 10 KWG geregelte Haftrücklage zählt wohl gemäß § 12 Abs. 5 KWG zum Eigenkapital und dieses gehört wieder gemäß § 12 Abs. 3 KWG zum Haftkapital gemäß § 12 Abs. 2. Diese Zugehörigkeit erlaubt es jedoch nicht, aus den in Abschnitt I Art. III Abs. 2 deutlich getrennten Übergangsbestimmungen (Z. 1 betreffend § 12 Abs. 2 bis 9 einerseits und Z. 2 betreffend § 12 Abs. 10 andererseits) den Schluß zu ziehen, sie seien als Einheit zu betrachten und die Z. 2 sei aus der Z. 1 heraus auszulegen. Z. 2, in Sonderheit deren lit. b, enthält spezielles Übergangsrecht für die Haftrücklage. Dieses geht nach dem Grundsatz der Spezialität der generellen Übergangsvorschrift für § 12 Abs. 2 bis 9 KWG vor. Dafür spricht, daß der Gesetzgeber unschwer in Abschnitt I Art. III Abs. 2 Z. 2 lit. b KWGNov 1986 durch das Wort "zumindest" oder "mindestens" hätte zum Ausdruck bringen können, daß die Ein-Zehntel-Zuweisung nur eine Mindestzuweisung darstellt. Er hat dies aber unterlassen und damit deutlich ausgedrückt, daß er hinsichtlich der Zuweisung zur Haftrücklage im Hinblick auf deren steuerliche Absetzbarkeit beim Übergangsrecht den fiskalischen Gesichtspunkten den Vorrang vor der administrativen Zielsetzung, das Haftkapital so bald wie möglich zu erreichen, eingeräumt hat. In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur KWGNov 1986 (934 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVI. GP., Seite

32) heißt es zu § 12 Abs. 10:

"Die Haftrücklage soll den Banken wegen der steuerlichen Absetzbarkeit der in die Rücklage einzustellenden Erträge die Erfüllung der Haftkapitalerfordernisse erleichtern..."

Der Gesetzgeber war sich daher der Auswirkungen auf das Steuerrecht durchaus bewußt. Hätte er der Bank als Steuerpflichtiger eine Gestaltungsmöglichkeit dadurch einräumen wollen, daß es sich bei der Ein-Zehntel-Zuweisung nur um eine Mindestvorschrift handelt, hätte er dies zum Ausdruck gebracht. Im übrigen wird auf das hg. Erkenntnis vom , 90/15/0102, hingewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof stimmt daher der Meinung der Beschwerdeführerin nicht zu, der Gesetzgeber habe der Bank hinsichtlich des Zeitpunktes der Erfüllung des Unterschiedsbetrages ein steuerlich beachtliches Gestaltungsrecht eingeräumt.

Die belangte Behörde durfte den Bescheid des Finanzamtes daher wegen Nichtbeachtung der relevanten Übergangsbestimmungen in Abschnitt I Art. III Abs. 3 Z. 2 lit. b KWGNov 1986, also einer inhaltlicher Rechtswidrigkeit, gemäß § 299 Abs. 2 BAO aufheben.

Der Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wurde von der Beschwerdeführerin inhaltlich nicht ausgeführt. Auf ihn kann daher nicht eingegangen werden. Der Aktenlage ist keine Verletzung von Verfahrensvorschriften entnehmbar.

Da die Beschwerdeführerin somit durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten nicht verletzt wird, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde erstmals in der Beschwerdeergänzung und damit verspätet beantragt.

Die obsiegende Partei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat Aufwandersatz nicht begehrt, weshalb eine Entscheidung über Aufwandersatz entfiel.