VwGH vom 26.11.2002, 2002/15/0125
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karger sowie die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der S in H, vertreten durch Mayrhofer, Plankel, Schneider & Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, Am Rathauspark, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom , RV 878/1-V5/02, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom leitete das Finanzamt gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG das Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, dass diese als die abgabenrechtlichen Belange des Einzelunternehmens NP Wahrnehmende und Verantwortliche für bestimmte näher bezeichnete Zeiträume der Jahre 1999 bis 2001 unter Verletzung der Umsatzsteuervoranmeldungspflicht Verkürzungen an Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe. Die Begründung des Bescheides enthielt die Feststellung, im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung habe sich der Verdacht bestätigt, dass für Oktober bis Dezember 1999 und Mai bis August 2000 weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet worden seien. Ein Finanzstrafverfahren gegen NP habe ergeben, dass die Beschwerdeführerin für die "Malversationen" verantwortlich gewesen sei. Die Beschwerdeführerin sei die Lebensgefährtin des NP und arbeit seit vielen Jahren in seinem Unternehmen, indem sie sich um Angelegenheiten der Buchhaltung und des Schrift- und Zahlungsverkehrs kümmere. Die Buchhaltung führe der selbständige Buchhalter AH im Auftrag des NP. AH habe die Abgaben zu berechnen und die ausgefüllten Überweisungsscheine zwecks Einzahlung an das Finanzamt dem Unternehmen NP zu übermitteln. Seine Ansprechpartnerin im Unternehmen NP sei die Beschwerdeführerin gewesen. Sie sei für die Vorskontierung der Belege, deren Zusammenstellung in Ordnern und die Übergabe an den Buchhalter zuständig gewesen. Sie habe weiters die vom Buchhalter vorbereiteten Überweisungsbelege im Empfang genommen und den Zahlungsverkehr abgewickelt. Dies habe die Beschwerdeführerin selbständig erledigen können, zumal sie für das Firmenkonto zeichnungsberechtigt gewesen sei. Aufgrund des Eingeständnisses der Beschwerdeführerin sei die subjektive Tatseite als erwiesen anzunehmen ("mir waren die Fristen für die Umsatzsteuer bekannt und ich wusste auch, dass ich diese Fristen versäume. Ich habe dem aber keine große Bedeutung geschenkt ... ich habe die Vorarbeiten für (AH) auch in den tatgegenständlichen Monaten - wenn auch verspätet - gemacht"). Die Beschwerdeführerin habe die ihr von NP zur eigenständigen Verantwortung übertragenen Aufgaben nicht ordnungsgemäß besorgt und Fristen versäumt.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin vor, sie sei nicht Abgabenschuldner, weshalb sie keine Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht verletzt habe. Es sei nicht ihre Aufgabe gewesen, Abgabenerklärungen zu erstellen. Hinsichtlich der Einzahlungsbelege sei sie nichts weiter als ein Bote gewesen, der die vom Buchhalter erstellten Einzahlungsbelege zur Bank getragen und dort die Überweisung veranlasst habe. Es sei auch kein Vorsatz auf Verletzung der Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen vorhanden gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Abgabenverkürzung iSd § 33 Abs 2 lit a FinStrG könne durch Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldung und Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung bewirkt werden. NP habe angegeben, die kaufmännischen Angelegenheiten würden von der Beschwerdeführerin erledigt. Sie sei für das Firmenkonto zeichnungsberechtigt und habe eine kaufmännische Lehre absolviert. Die Buchhaltungsunterlagen seien dem steuerlichen Vertreter AH übermittelt worden. Die Beschwerdeführerin habe von diesem die ausgefüllten Zahlscheine (betreffend Umsatzsteuervorauszahlungen) übernommen. Es habe keine Zahlungsschwierigkeiten gegeben. Es wäre sohin kein Problem gewesen, die Zahlungen aus den Geldmitteln des Unternehmens zu leisten. Die Beschwerdeführerin habe in der Berufungsverhandlung vorgebracht, sie sei überlastet gewesen, weshalb es zu einem Verzug bei den Buchhaltungsvorbereitungsmaßnahmen gekommen sei. Sie habe gewusst, dass sie Fristen für die Umsatzsteuer versäume. Es habe keine schriftliche Agendenverteilung gegeben. Ihre Aufgabe sei es gewesen, Unterlagen für AH aufzuarbeiten. AH habe Zahlscheine geliefert, aber keine Umsatzsteuervoranmeldungen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde ab. Es bestehe der begründete Verdacht, dass die Beschwerdeführerin mit den steuerlichen Agenden im Einzelunternehmen des NP betraut gewesen sei. Aufgabe des Buchhalters AH sei es gewesen, die Steuererklärungen zu erstellen. Er habe die ausgefüllten Zahlscheine samt den Buchhaltungsunterlagen der Beschwerdeführerin übergeben. Die Beschwerdeführerin habe als die abgabenrechtliche Belange des NP Wahrnehmende die Umsatzsteuervorauszahlungen nicht geleistet und auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht. Zu ihren Aufgaben habe die termingerechte Bezahlung der Umsatzsteuerzahllast gehört. Der Beschwerdeführerin seien die Fristen betreffend die Umsatzsteuer bekannt gewesen. Es bestehe der begründete Verdacht, dass die Beschwerdeführerin die Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen verletzt habe, zumal ihr die Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen im Fall des Unterbleibens der Zahlung der Umsatzsteuer bekannt sei. Sie habe keine Gegenmaßnahmen gesetzt, wie etwa die Verständigung des NP.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe es nicht übernommen, Umsatzsteuervoranmeldungen zu erstellen. Unbeachtlich sei, dass sie den Zahlungsverkehr abgewickelt und über das Geschäftskonto verfügungsberechtigt gewesen sei. Diesbezüglich sei sie aber nur ein Bote gewesen, der die vom Buchhalter erstellten Überweisungsbelege zur Bank getragen und dort die Überweisung veranlasst habe; dieses habe nichts mit der Erledigung abgabenrechtlicher Verpflichtungen betreffend die Umsatzsteuervoranmeldung zu tun. Die Erstellung und Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen habe die Beschwerdeführerin nicht übernommen, weshalb hinsichtlich des ihr vorgeworfenen Deliktes auch die subjektive Tatseite nicht gegeben sei.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Im Straferkenntnis ist zu begründen, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat, im Einleitungsbescheid muss lediglich begründet werden, dass die Annahme der Wahrscheinlichkeit solcher Umstände gerechtfertigt ist, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl das hg Erkenntnis vom , 98/13/0120).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, genügt es für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Verdacht ist mehr als eine bloße Vermutung. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 92/15/0140).
In der Beschwerde wird der Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, wonach es Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen sei, im Rahmen ihrer Zeichnungsbefugnis über das Konto des NP die Überweisung der Umsatzsteuervorauszahlungen zu veranlassen, nicht entgegengetreten. Die Aufgabe, durch Erteilung von Aufträgen an das Bankinstitut die Überweisung der Umsatzsteuervorauszahlungen zu veranlassen, geht deutlich über die Befugnisse eines Boten hinaus.
Gemäß § 21 Abs 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat.
Die zitierte Bestimmung sieht vor, dass der Bundesminister für Finanzen durch Verordnung vorsehen kann, dass in bestimmten Fällen die Verpflichtung zur Einreichung einer Voranmeldung entfällt, sofern der Unternehmer seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachkommt.
§ 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen BGBl II 206/1998 lautet:
"Wird die nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen (§ 21 Abs. 1 UStG 1994) errechnete Vorauszahlung zur Gänze spätestens am Fälligkeitstag entrichtet oder ergibt sich für einen Voranmeldungszeitraum keine Vorauszahlung, so entfällt die Verpflichtung zur Einreichung der Voranmeldung."
Im gegenständlichen Fall ist entscheidend, dass aufgrund der Regelung des § 1 der zitierten Verordnung die Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen nicht bestanden hätte, wenn die Beschwerdeführerin rechtzeitig ihrer Aufgabe, die Überweisung der Umsatzsteuervorauszahlungen zu veranlassen, entsprochen hätte. Solcherart kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie hinsichtlich der objektiven Tatseite von einem Verdacht auf einen Beitrag der Beschwerdeführerin zur Verwirklichung der Hinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG ausgegangen ist.
Im Hinblick auf den dargestellten Zusammenhang zwischen Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen und dem Wegfall der Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen zeigt das Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführerin sei nicht zur Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen (Abgabenerklärungen) verpflichtet gewesen, in keiner Weise auf, dass die belangte Behörde den Verdacht hinsichtlich der subjektiven Tatseite unter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen hätte.
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am