VwGH vom 14.10.1993, 93/17/0270
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner, und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien, vom , Zl. MD-VfR - P 6/93, betreffend Vorschreibung von Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1.0. Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom schrieb die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien dem Beschwerdeführer gemäß § 6 Abs. 4 des Vergnügungssteuergesetzes 1987, LGBl. für Wien Nr. 43 (im folgenden: Wr VergnStG 1987), in der geltenden Fassung für das Halten eines Spielapparates der Type "King of Monsters" mit der Möglichkeit der optischen bzw. akustischen Darstellung einer aggressiven Handlung im Betrieb des J in W, S-Weg n, für die Zeit vom 24. Juni bis Vergnügungssteuer im Betrage von insgesamt S 28.000,-- vor. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Säumniszuschlag in der Höhe von S 440,-- auferlegt.
Nach der Begründung dieses Bescheides habe ein Revisionsorgan des Magistrates anläßlich einer Überprüfung am festgestellt:
"Es wurde bei der Platine: "King of Monsters" festgestellt, daß von dem(n) Monster(n) Wohn-, Bürohäuser, Flugzeuge und U-Boote zerstört wurden.
Dies geschah durch Zertrampeln eben oben angeführter Objekte (Wohnhäuser und Bürohäuser), Abfangen und Zubodenwerfen von Kampfflugzeugen sowie Versenken von U-Booten.
Es war dabei jedesmal ein lautes Explosionsgeräusch über den am Apparat angebrachten Lautsprecher zu hören
Da sich normalerweise in Wohn-, Bürohäusern, Flugzeugen und Wasserfahrzeugen MENSCHEN aufhalten und diese durch das brutale Vorgehen der "Monster" MINDESTENS VERLETZT, WENN NICHT GETÖTET WERDEN, wurde die Platine gemäß § 6 Abs. 4 VGSG eingestuft."
Nach § 6 Abs. 4 Wr VergnStG 1987 gehe der Gesetzgeber unwiderleglich davon aus, daß die Verletzung oder Tötung von Menschen als aggressive Handlung zu werten sei, wobei es nicht darauf ankomme, ob diese Darstellung von einem Jugendlichen ernst genommen oder als brutal empfunden werde. Gleichwertig damit sei die Darstellung der Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden sei.
Das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmales müsse bejaht werden, wenn Objekte, wie Wohn- oder Bürohäuser zerstört würden, weil sich in derartigen Objekten üblicherweise Menschen aufhielten. Auch die Art der Zerstörung spreche dafür, daß damit die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden sei. Der Beschwerdeführer räume selbst ein, daß Häuser "zu Schaden kommen". Nach den Gesetzeswortlaut komme es nicht darauf an, ob die Zerstörung von solchen Objekten Ziel des Spieles sei, sondern lediglich, daß die aggressive Handlung dargestellt werde. Da die Steuerpflicht selbst unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers feststehe, erübrige sich die Aufnahme der beantragten Beweise.
1.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, daß ihm gegenüber Vergnügungssteuer nicht in Anwendung der Bestimmung des § 6 Abs. 4 Wr VergnStG 1987 vorgeschrieben werde.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 6 Abs. 4 Wr VergnStG 1987 idF LGBl. Nr. 3/1990 lautet auszugsweise:
"Für das Halten von Apparaten, ..., oder von Apparaten, durch deren Betätigung optisch bzw. akustisch eine aggressive Handlung, wie beispielsweise die Verletzung oder Tötung von Menschen oder die Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist, dargestellt wird, beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat S 14.000,--."
2.2.1. In der Beschwerde wird die Ansicht vertreten, das gegenständliche Spiel könne nicht unter § 6 Abs. 4
Wr VergnStG 1987 subsumiert werden. Ziel des Spieles sei nämlich ausschließlich die Bekämpfung eines gleichartigen Monsters in Form eines Dinosauriers. Sämtliche mittels des Steuerknüppels beeinflußten Handlungen richteten sich auf dieses Ziel. Mit aus dem Ringkampf entlehnten Griffen solle das gegnerische Monster zu Boden gebracht werden. Lediglich im Zuge dieses Ringkampfes könne es zu Beschädigungen von Häusern kommen. Im vorliegenden Spiel sei von einem Bekämpfen solcher Ziele, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden sei, keinesfalls die Rede. Es handle sich dabei lediglich um einen Nebeneffekt, der den Spielverlauf bzw. Spielerfolg in keiner Weise beeinflusse. Die Auffassung der belangten Behörde, daß es nicht darauf ankomme, ob die Zerstörung von solchen Objekten Ziel des Spieles sei, sondern lediglich, daß die aggressive Handlung dargestellt werde, sei unhaltbar. Der Umstand, daß alle als aggressiv eingestuften Spiele im freien Handel für Heimcomputer bzw. Heimvideogeräte jederzeit erworben werden könnten und dabei vom Gesetz kein Unterschied in der Besteuerung dieser Spiele vorgenommen werde, belaste die hier angewendete Gesetzesbestimmung mit Gleichheitswidrigkeit.
2.2.2. Der vom Beschwerdeführer vertretenen Auslegung des § 6 Abs. 4 Wr VergnStG 1987 vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 93/17/0269, dargetan hat, ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber lediglich zwei Beispiele für die optische oder akustische Darstellung einer aggressiven Handlung im Sinne des § 6 Abs. 4 Wr VergnStG 1987 gegeben hat. Er hat damit den Maßstab für die Art und Intensität des aggressiven Verhaltens im Sinne dieser Gesetzesbestimmung festgelegt. Geht man von diesem Maßstab aus, der sich an der Tötung oder Verletzung von Menschen orientiert, dann fällt unter den gesetzlichen Tatbestand nicht nur die beispielsweise genannte Darstellung der Bekämpfung von Zielen, sondern auch die Darstellung von Handlungsweisen, mit denen üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist.
Der Beschwerdeführer verkennt nun im Beschwerdefall, daß sich der gesetzliche Tatbestand des § 6 Abs. 4 leg. cit. nicht in beiden vom Gesetzgeber beispielsweise genannten Tatbeständen erschöpft. Liegt die optische oder akustische Darstellung einer aggressiven Handlung vor, dann kommt es bei der Darstellung der Verletzung oder Tötung von Menschen oder der Darstellung von Handlungsweisen (etwa in Form der Bekämpfung von bestimmten Zielen), mit denen üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist, nicht darauf an, ob es sich bei dem so Dargestellten lediglich - wie es in der Beschwerde heißt - um einen Nebeneffekt, der den Spielablauf bzw. den Spielerfolg in keiner Weise beeinflusse, handelt.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angewendete Gesetzesbestimmung sind aus Anlaß dieses Beschwerdefalles nicht entstanden. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß der Landesgesetzgeber durch das Anküpfen der Abgabepflicht an das veranstaltete Vergnügen des Haltens von Apparaten, durch deren Betätigung eine aggressive Handlung dargestellt wird, den ihm eingeräumten gesetzgeberischen Gestaltungspielraum überschritten hätte.
Da auch in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt wird, daß "als Nebeneffekt" im Kampf der Monster (Dinosaurier) die Beschädigung von Häusern und damit eine Handlungsweise, mit der üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist, dargestellt wird, erweist sich der angefochtene Bescheid unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nicht als rechtswidrig.
2.3. Der Beschwerdeführer rügt weiters, die belangte Behörde habe zu Unrecht die beantragte Einholung des Gutachtens eines psychologischen Sachverständigen zum Beweis dafür, daß es sich bei dem gegenständlichen Spiel nicht um eine aggressive Handlung und insbesondere nicht um die Bekämpfung von möglicherweise mit Menschen besetzten Zielen handle, unterlassen.
Hiezu ist der Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/17/0375, hinzuweisen. Dort hat der Gerichtshof ausgesprochen, daß der Gesetzgeber durch die demonstrative Aufzählung jener Darstellungen, die er als aggressiv erachte, die maßgebende Abgrenzung der steuerpflichtigen Tatbestände vorgenommen habe, und aus diesem Grunde in der unterbliebenen Einholung des beantragten Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychologie keinen relevanten Verfahrensmangel erblickt.
2.4. Der Beschwerdeführer macht schließlich geltend, bei der beantragten Durchführung einer Demonstration des Spieles hätte sich gezeigt, daß die vom Revisionsorgan gegebenen Darstellungen zu einem beträchtlichen Teil jeglicher Grundlage entbehrten.
Abgesehen davon, daß nicht näher ausgeführt wird, welche Elemente der Sachverhaltsdarstellung der belangten Behörde ("zu einem beträchtlichen Teil") unzutreffend sein sollten, kommt dieser Verfahrensrüge im Hinblick auf die im Grunde nicht bestrittene Darstellung aggressiver Handlungen (wenn dies auch nur in deren Eigenschaft als "Nebeneffekt" zugestanden wird) keine Relevanz zu, da die belangte Behörde auch bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.
2.5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.