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VwGH vom 22.04.2004, 2002/15/0104

VwGH vom 22.04.2004, 2002/15/0104

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der K GmbH in S, vertreten durch Mag. Doris Perl und Dr. Gerald Perl, Rechtsanwälte in 2230 Gänserndorf, Bahnstraße 20, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/088-06/2002, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 1998 bis 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführenden Gesellschaft (Beschwerdeführerin) mit Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (insbesondere das Erkenntnis vom , G 110/00), für die Geschäftsführerentschädigung des Alleingesellschafter und Geschäftsführers Andreas K den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1998 bis 2000 fest. Der Abgabenbemessung wurden Geschäftsführerbezüge in Höhe von S 2,7 Mio (1998), und S 2,8 Mio (jeweils für 1999 und 2000) zugrunde gelegt.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und führte aus, aus der genannten Judikatur ergebe sich, dass nicht jeder Geschäftsführerbezug dem Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zu unterwerfen sei, sondern dass eine Betrachtung des Einzelfalles zu erfolgen habe. Ing. Andreas K sei seit der Gründung der Beschwerdeführerin im Dezember 1993 alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen. Er habe 60 % des Stammkapitals, ab September 1998 100 % des Stammkapitals gehalten. Die Beschwerdeführerin habe 1993 und 1994 Verluste erwirtschaftet. In diesen Jahren seien keine Geschäftsführerbezüge gewährt worden. Erst als ab 1995 Gewinne erzielt worden seien, sei es zur Auszahlung von angemessenen Geschäftsführerbezügen gekommen. Im konkreten Fall habe daher der Geschäftsführer ein Unternehmerwagnis getragen. In jedem Jahr werde auf die Liquiditätslage, auf die geplanten Investitionen des Unternehmens und auf den Geschäftsgang geblickt, bevor die Geschäftsführerbezüge festgelegt würden. Es gebe keinen schriftlichen Vertrag, der fixe Ansprüche garantieren würde. Ing. Andreas K habe keinen Anspruch auf die laufende Auszahlung eines Lohnes. Er unterliege keiner geregelten Arbeitszeit. Es gäbe keine Regelung betreffend eines Urlaubsanspruches. Er erhalte keine Sonderzahlungen wie Urlaubszuschuss oder Weihnachtsremuneration und habe keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Weiters komme es zu keiner regelmäßigen Auszahlung der Bezüge.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin erbringe kontinuierlich Leistungen, die einen zentralen Bereich der Unternehmensführung abdeckten, sodass von einer Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin auszugehen sei.

Worin im Beschwerdefall einnahmenseitig ein Unternehmerwagnis vorgelegen sei, habe die Berufung angesichts der in den Jahren 1999 und 2000 gleich hohen Geschäftsführervergütung nicht ausführen können. Der bloße Umstand unterbliebener Auszahlungen von Geschäftsführervergütungen in den Jahren 1993 und 1994 stelle noch kein ausreichendes Indiz für die Erfolgsabhängigkeit der Vergütungen dar. Auch das Fehlen eines "arbeitsrechtlichen Schutzes" sei einem Unternehmerrisiko nicht gleichzuhalten. Auch ein Risiko ins Gewicht fallender Schwankungen auf der Ausgabenseite sei nicht dargetan worden. Die vom Geschäftsführer getragenen Sozialversicherungsbeiträge stünden in einer bestimmten Relation zu den Einnahmen und stellten daher kein "Wagnis" dar. Der Ersatz von Fahrtkosten und Reiseaufwand durch die Beschwerdeführerin sei von dieser nicht bestritten worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Den Dienstgeberbeitrag haben gemäß § 41 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag bildet für das Streitjahr 1998 § 57 Abs. 7 und 8 des Handelskammergesetzes (HKG), für 1999 bis 2001 § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3

FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988

nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten

Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof sei zur

Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom

, 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom ,

2001/15/0061, und vom , 2001/13/0063, verwiesen. Wie

den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43

Abs. 2 Satz 2 VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2

EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH

dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden

Verhältnisse - feststeht,

- dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge

kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder

Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des

Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,

- dass ihn unter Bedachtnahme auf die Einnahmen- bzw.

Ausgabenschwankungen kein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis

trifft und

- dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig

monatliche Entlohnung erhält.

Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00, wird unter Anführung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Anzeichen für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Entscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem eine feste Arbeitszeit, ein fester Arbeitsort, die arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2002/15/0160, mwN).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung gehen die Hinweise in der Beschwerde auf das Fehlen einer festen Arbeitszeit, einer Urlaubs- und Krankenstandsregelung und einer Weihnachtsremuneration ins Leere. Diese aus der Weisungsgebundenheit ableitbaren Ansprüche sind für die Einstufung der Tätigkeit unter § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht maßgebend (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2003/15/0040, mwN). Aus diesem Grunde war die belangte Behörde auch nicht verhalten, diesbezügliche Feststellungen zu treffen.

Die Beschwerdeführerin rügt unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00, die belangte Behörde habe rechtsirrig übersehen, dass die Höhe der Beteiligung des Geschäftsführers an der Kapitalgesellschaft einen Einfluss auf das Vorliegen eines Dienstverhältnisses habe. Tatsächlich finden sich im genannten Erkenntnis Ausführungen darüber, dass auch die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses "etwa als Folge der Höhe der Beteiligung" nicht mehr erkennbar sein könnten, und dass es plausibel sei, dass der (steuer)rechtliche Charakter des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses "auch von der Höhe der Beteiligung" abhänge. Die Beschwerdeführerin ist jedoch in diesem Zusammenhang auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Höhe der Beteiligung eines Geschäftsführers an seiner Gesellschaft ausschließlich für die Frage Bedeutung hat, ob der Geschäftsführer in seinem Handeln einem fremden Willen unterworfen ist, und damit allein maßgebend für die Frage der Weisungsgebundenheit ist, welche in der Beurteilung der Einkünfteerzielung nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 aber keine Rolle spielt. (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0063).

Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung wurde im Beschwerdefall nicht bestritten. Dem steht auch das Beschwerdevorbringen, dass der Geschäftsführer für sein Know-how bezahlt werde, nicht entgegen.

Auch bezüglich der vom Finanzamt festgestellten Höhe der jährlichen Geschäftsführerbezüge von S 2,7 Mio (1998) bzw. S 2,8 Mio (1999 und 2000) enthält die Beschwerde kein Vorbringen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann der Verwaltungsgerichtshof bei den genannten Beträgen keine (entscheidungsrelevanten) Schwankungen erkennen. Die Beschwerdeführerin führt zwar ins Treffen, der Geschäftsführer habe während der Anlaufverluste der Beschwerdeführerin in den Jahren 1993 und 1994 keine Entlohnung erhalten, hat aber in ihrem Berufungsvorbringen selbst eingeräumt, dass es keinen schriftlichen Vertrag über die Höhe der Bezüge gäbe, sondern dass diese jedes Jahr entsprechend der wirtschaftlichen Lage der Beschwerdeführerin neu festgelegt würden. Dass 1993 und 1994 im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin keine Bezüge vereinbart worden sind, ist somit für die steuerliche Beurteilung der Vereinbarungen jeweils für die Jahre 1998 bis 2000 unbeachtlich.

Die Beschwerdeführerin rügt weiters das Unterbleiben von "präzisen Ermittlungen" hinsichtlich des Verhältnisses der Geschäftsführerbezügen zu den Gewinnzahlen des Unternehmens bzw. über das Vorliegen von laufenden Bezügen. Sie unterlässt es aber vorzubringen, welche entscheidungswesentlichen Tatsachen der belangten Behörde dadurch unbekannt geblieben seien, sodass das Unterlassen dieses behaupteten Verfahrensmangels zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid geführt hätte. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist auch bei einer jährlichen Gewährung des Geschäftsführerbezuges - solche wird durch die Beschwerdeführerin nicht bestritten - von einer laufenden Entlohnung auszugehen.

Da sich die Beschwerde sohin insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am