VwGH vom 18.03.1994, 93/17/0204
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des R in M, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-8279/1-1992, betreffend Vorschreibung einer Erweiterungsgebühr nach der Kanalgebührenordnung der Gemeinde Schwendau (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Schwendau, 6290 Schwendau) zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer für den Anschluß des bereits an die Ortskanalisation angeschlossenen Grundstückes an die Abwasserreinigungsanlage eine Erweiterungsgebühr in der Höhe von S 22.253,-- (umbauter Raum 4046 m3 x S 5,-- zuzüglich 10 % USt) zur Zahlung vor.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung.
1.2. Mit Bescheid vom wies die Tiroler Landesregierung diese Vorstellung als unbegründet ab. Nach der Begründung dieses Bescheides habe der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde von der finanzausgleichsgesetzlichen Ermächtigung des § 15 Abs. 3 Z 5 FAG 1989, BGBl. Nr. 687/1988, Gebrauch gemacht und in der Kanalgebührenordnung Benützungsgebühren ausgeschrieben (Beschluß des Gemeinderates vom , kundgemacht an der Gemeindeamtstafel vom bis , idF des Beschlusses vom , kundgemacht an der Gemeindeamtstafel vom
10. bis - im folgenden: KanalGebO 1989). Die Ortskanalisation der mitbeteiligten Gemeinde sei im Jahr 1991 an die zentrale Kläranlage in Straß im Zillertal angeschlossen worden. Im Wege der Erweiterungsgebühr sollten auch jene, deren Liegenschaften bereits an die Ortskanalisation angeschlossen gewesen seien, zu einem Beitrag zur Finanzierung der zentralen Kläranlage herangezogen werden. Durch Bezahlung der Anschlußgebühr habe dieser Personenkreis bisher nur zur Finanzierung der Ortskanalisation einen entsprechenden Beitrag geleistet. Die Erweiterungsgebühr werde nach dem umbauten Raum der angeschlossenen Liegenschaft bemessen (§ 6 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 1 und 2 KanalGebO 1989). Es handle sich hiebei um eine zulässige pauschalierende Regelung. Die Regelung sei nicht unsachlich, da für ein größeres Gebäude durchschnittlich ein höherer Abwasseranfall anzunehmen sei.
1.3. Mit Beschluß vom , B 2077/92, lehnte der vom Beschwerdeführer zunächst angerufene Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab. Antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In diesem Beschluß nahm der Verfassungsgerichtshof im besonderen auf seine Rechtsprechung zur Vorschreibung von Nachtragsbeiträgen Bezug (VfSlg. 9539/1982, 11172/1986).
1.4. In seiner Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, keine Erweiterungsgebühr in Höhe von S 22.253,-- vorgeschrieben zu erhalten, verletzt. Geltend gemacht werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die KanalGebO 1989 verletze den Gleichheitsgrundsatz; die Kanalgebühr könne (zumindest nicht nur) nach Kubikmetern umbauten Raumes vorgeschrieben werden, sondern müsse jedenfalls auch die Anzahl der Personen, die die Kanalanlage benützten, berücksichtigen. Darüber hinaus verstoße der Bescheid gegen die zwingende Verfahrensvorschrift des § 207 Abs. 3 der Tiroler Landesabgabenordnung. Entgegen dieser Bestimmung sei die Berufung nicht zunächst einer Berufungsvorentscheidung zugeführt worden, sondern es habe darüber sofort der Gemeindevorstand mit Berufungsentscheidung entschieden.
1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 207 Abs. 3 der Tiroler Landesabgabenordnung lautet:
Wurde ein Bescheid erlassen, ohne daß den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen gegeben wurde, so ist eine dagegen eingebrachte Berufung durch Berufungsvorentscheidung zu erledigen."
Das diesbezügliche Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde ist aktenwidrig. Tatsächlich wurde eine Berufungsvorentscheidung erlassen. Diese wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers nachweislich am zugestellt. Dieser hat mit Eingabe vom den Antrag gestellt, die Berufung der Abgabenbehörde
zweiter Instanz vorzulegen. All dies ist im übrigen zutreffend im angefochtenen Vorstellungsbescheid dargestellt.
Mit diesem Beschwerdevorwurf wird somit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt.
2.2. Gemäß § 1 der Schwendauer KanalGeb0 1989 erhebt die Gemeinde zur Deckung des Aufwandes der Gemeindekanalanlage Gebühren in Form einer einmaligen Gebühr (Anschlußgebühr, Erweiterungsgebühr) und einer laufenden Gebühr (Kanalzins). Nach § 3 Abs. 1 erhebt die Gemeinde zur Deckung des Aufwandes für die Erweiterung der Gemeindekanalanlage (z.B. Errichtung einer eigenen Kläranlage oder Anschluß an eine Verbandskläranlage) eine Erweiterungsgebühr. Gemäß § 6 Abs. 1 KanalGeb0 1989 gilt hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für die Erweiterungsgebühr § 5 Abs. 1 und 2 sinngemäß.
Der verwiesene § 5 KanalGebO lautet auszugsweise:
"1) Bemessungsgrundlage ist der Kubikmeter umbauter Raum laut Baubescheid bzw. das Ausmaß der Dachflächen und befestigten Plätzen in Quadratmetern.
2) Bei Gebäuden, in welchen Unternehmen mit großem Raumbedarf und geringem Abwasseranfall (z.B. Lagerhäuser, Tischlereien, Schlossereien) untergebracht sind, bleibt die 2,50 m übersteigende Raumhöhe bei der Berechnung des umbauten Raumes unberücksichtigt. Gebäude, die nicht an die Gemeindekanalanschlage angeschlossen sind, (z.B. landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude) bleiben außer Betracht."
Bemessungsgrundlage für den Kanalzins ist gemäß § 7 Abs. 1 KanalGeb0 1989 der laut Wasserzähler festgestellte Wasserverbrauch in Kubikmetern. Bei Dachflächen und befestigten Plätzen, das Ausmaß in Quadratmetern.
Die belangte Gemeindeaufsichtsbehörde hat in ihrer Gegenschrift ausgeführt:
"Die der Gemeinde Schwendau durch die Schaffung, die Erhaltung und den Betrieb der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage entstehenden Kosten werden zu einem geringen Teil durch einmalige Benützungsgebühren (Anschluß- und Erweiterungsgebühren) und zu einem größeren Teil durch laufende Benützungsgebühren (Kanalzinse) aufgebracht. Die einmaligen Benützungsgebühren knüpfen an den umbauten Raum an. Die laufenden Benützungsgebühren knüpfen an den durch Wasserzähler gemessenen Wasserbezug an.
Es handelt sich dabei um pauschalierende Regelungen. Pauschalierende Regelungen, die den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen und im Interesse der Verwaltungsökonomie liegen, somit sachlich begründbar sind, stehen mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht in Widerspruch (vgl. hiezu Verfassungsgerichtshof Slg. 7136/1973). Die Abstufung nach der Größe des angeschlossenen Gebäudes ist nicht unsachlich, da für ein größeres Gebäude durchschnittlich ein höherer Abwasseranfall anzunehmen ist. Die Regelung folgt damit der von der Judikatur geforderten Durchschnittsbetrachtung. Die vorgesehene Bemessungsgrundlage läßt sich zudem anhand der Bauakten leicht erfassen.
In der Anknüpfung an den umbauten Raum schlägt der Gedanke der ständigen Bereithaltung der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage durch. In der Anknüpfung an den durch den Wasserzähler gemessenen Wasserbezug wird der vom Beschwerdeführer geforderten Berücksichtigung der Zahl der Personen entsprechend Rechnung getragen."
Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet diesen Erwägungen vor dem Hintergrund des dargestellten Regelungsinhaltes der Kanalgebührenordnung der Gemeinde Schwendau bei. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die gegen die Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Rechtsvorschriften vorgetragenen Bedenken des Beschwerdeführers nicht und sieht sich auch sonst durch den vorliegenden Beschwerdefall nicht veranlaßt, einen Verordnungsprüfungsantrag vor dem Verfassungsgerichtshof zu stellen.
2.3. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGG iVm Art. I Z 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.