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VwGH vom 27.04.1995, 93/17/0174

VwGH vom 27.04.1995, 93/17/0174

Beachte

Vorgeschichte:

91/17/0110 E ;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der X-KG in S, vertreten durch Dr. A in W, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem-7202/15-1993-Keh, betreffend Vorschreibung von Getränkesteuer für die Zeit von 1985 bis (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Kirchdorf an der Krems) , zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom setzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde die von der beschwerdeführenden Partei zu entrichtende Getränkesteuer für den Zeitraum vom bis fest und schrieb eine Getränkesteuernachforderung in der Höhe von S 521.987,-- vor.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid vom wies die Oberösterreichische Landesregierung die gegen den Bescheid des Gemeinderates erhobene Vorstellung als unbegründet ab.

Die beschwerdeführende Partei erhob Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Dieser hob mit Erkenntnis vom , Zl. 90/17/0162 und Folgezahlen (hier: 90/17/0310), den Vorstellungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Nach der Begründung dieses Erkenntnisses entbehrte die Abgabenvorschreibung der Gemeinde der erforderlichen Grundlage in einer entsprechenden Verordnung über die Erhebung der Abgabe auf den Wert der mitverkauften Getränkeverpackungen.

Mit Bescheid vom behob die Oberösterreichische Landesregierung den Bescheid des Gemeinderates vom . 1.2. Mit Bescheid vom gab der Gemeinderat der Berufung teilweise Folge und behob die Getränkesteuervorschreibung für die Jahre 1983 und 1984, während er die Vorschreibung für die Jahre 1985 bis bestätigte. Der Gemeinderat stützte die Getränkesteuervorschreibung auf seine Verordnung vom , mit welcher auch der Wert der mitverkauften Getränkeverpackung der Abgabepflicht unterworfen wurde. Diese Verordnung sei auf den Zeitraum ab 1985 anzuwenden.

Die beschwerdeführende Partei erhob Vorstellung. Darin wurde zum einen die Auffassung vertreten, die Getränkesteuerverordnung vom sei nicht am , sondern erst am in Kraft getreten; daher sei für das Jahr 1985 Verjährung eingetreten. Weiters habe es die mitbeteiligte Gemeinde unterlassen, die Bemessungsgrundlage um den Auswärtsverbrauch zu kürzen. Nach einem Gutachten des Fessel-Instituts vom ergebe sich in der Gemeinde ein Außerortkonsum von 79 % der von der beschwerdeführenden Partei abgegebenen Getränke.

1.3. Mit Bescheid vom gab die Oberösterreichische Landesregierung dieser Vorstellung Folge, behob den Bescheid des Gemeinderates vom und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Stadtgemeinde. Darin wird in der Frage des Inkrafttretens der Getränkesteuer-Ausschreibungsverordnung des Gemeinderates vom die Auffassung vertreten, daß diese gemäß § 94 Abs. 2 Oö GdO am in Kraft getreten sei. Die Aufhebung wurde damit begründet, daß die entgeltliche Abgabe von Getränken dort nicht in die Steuerpflicht einbezogen werden dürfe, wo ein Steuerpflichtiger auf besondere, allgemein bekannte Umstände hingewiesen habe, die für einen Teil seiner Getränkeumsätze den Verbrauch im Gemeindegebiet so gut wie ausschlössen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 17/2816/80).

Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Stadtgemeinde Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der sie geltend machte, der Gemeinderat habe sich in seinem Bescheid vom ausschließlich mit der Frage der Einhebung der Abgabe auf den Wert der mitverkauften Getränkeverpackungen befaßt. Erst in ihrer Vorstellung gegen den Bescheid vom habe die beschwerdeführende Partei die Berücksichtigung des Außerortverbrauches geltend gemacht. Dies sei verspätet erfolgt.

1.4. Mit Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0110, wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der mitbeteiligten Stadtgemeinde als unbegründet ab.

Nach der Begründung dieses Bescheides handle es sich bei der Verordnung des Gemeinderates vom ungeachtet ihrer Bezeichnung als "Getränkesteuerordnung" um eine sogenannte Ausschreibungsverordnung, also eine Verordnung, mit der der Verpflichtung nach § 1 des Gemeinde-Getränkesteuergesetzes, LGBl. für Oberösterreich Nr. 15/1950 (im folgenden: Oö Gd-GetrStG), entsprochen werde. Für solche Ausschreibungsverordnungen gelte § 94 Abs. 2 Oö GdO. Danach beginne die Rechtswirksamkeit frühestens mit dem auf den Ablauf der Kundmachungsfrist folgenden Tag (hier: die zweiwöchige Kundmachungsfrist endete am ).

Was den Außerortverbrauch anlange, so übersehe die Stadtgemeinde, daß nur die die Aufhebung tragenden Gründe in der kassatorischen Entscheidung einer Gemeindeaufsichtsbehörde oder des Verwaltungsgerichtshofes in der Folge die Gemeindebehörden, die Vorstellungsbehörde und auch den Verwaltungsgerichtshof selbst zu binden vermöchten. Der Umstand, daß ein möglicherweise vorhandener weiterer Aufhebungsgrund (vorerst) nicht zur Begründung der aufsichtsbehördlichen Aufhebung herangezogen worden sei, vermöge diese spezifische Bindungswirkung nicht auszulösen. Auch verkenne die Beschwerde, daß im Vorstellungsverfahren nach der Oö GdO kein Neuerungsverbot bestehe.

1.5. Mit Ersatzbescheid vom (ergangen innerhalb der Nachholungsfrist im Säumnisbeschwerdeverfahren zu Zl. 92/17/0236) gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Berufung der beschwerdeführenden Partei vom "keine Folge" und bestätigte den Bescheid des Bürgermeisters vom "unter Berücksichtigung des Bescheides des Gemeinderates der Stadtgemeinde Kirchdorf vom in seinem Punkte 2" (worin "der festgestellte Nachzahlungsbetrag für die Jahre 1985 bis 1988 im Gesamtausmaß von S 343.224,-- bestätigt" worden war). Nach der Begründung dieses Bescheides habe die beschwerdeführende Partei erstmals in der Vorstellung vom einen auswärtigen Verbrauch behauptet und hinsichtlich des Jahres 1985 Verjährung eingewendet. Zum Auswärtsverbrauch werde auf die Änderung des Finanzausgleichsgesetzes durch die Novelle BGBl. Nr. 693/1991 verwiesen; danach habe eine Neufestsetzung der Abgaben zu unterbleiben, wenn die Unrichtigkeit der Abgabenerklärung mit dem Auswärtsverbrauch begründet werde. Hinsichtlich der Verjährung für das Jahr 1985 werde auf den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom verwiesen, der in diesem Punkte in Rechtskraft erwachsen sei.

Die beschwerdeführende Partei erhob Vorstellung.

1.6. Mit Bescheid vom (dem angefochtenen Bescheid) wies die Oberösterreichische Landesregierung diese Vorstellung als unbegründet ab. Hinsichtlich der Anwendbarkeit des Art. II § 2 Abs. 3 der FAG-Novelle BGBl. Nr. 693/1991 auf den Beschwerdefall schloß sich die Oberösterreichische Landesregierung der Auffassung des Gemeinderates an. Zum Vorbringen betreffend die Verpackung werde bemerkt, daß darauf nicht einzugehen sei, weil darüber durch den Bescheid des Gemeinderates vom Rechtskraft eingetreten sei. Im weiteren Verfahren sei das Verpackungsproblem nicht mehr aufgeworfen worden. Schließlich werde auch hinsichtlich der Verjährung darauf hingewiesen, daß dieser Punkt nicht angefochten worden sei; somit sei ebenfalls Rechtskraft eingetreten.

1.7. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem "Recht auf richtige Berechnung der Getränkesteuer im Zeitraum vom bis (streitgegenständlich noch 1985 bis 1988) verletzt, insbesondere betreffend die Berücksichtigung von Außerortverbrauch, Nichtberücksichtigung der Verpackung und Berücksichtigung der Verjährung".

1.8. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die Verfassungsbestimmung des Art. II § 2 Abs. 3 des Bundesgesetzes, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1989 geändert wird, BGBl. Nr. 693/1991 (im folgenden: FAG-Nov 1991), in Kraft getreten am , lautet:

"(3) Eine Neufestsetzung der Abgaben vom Verbrauch von Speiseeis und von Getränken gemäß § 14 Abs. 1 Z 7 FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984, oder § 14 Abs. 1 Z 7 FAG 1989 aufgrund der Unrichtigkeit der Selbstbemessung gemäß den Vorschriften der Landesabgabenordnungen unterbleibt, soweit diese Unrichtigkeit damit begründet wird, daß die Abgabenerklärung auch jenes Speiseeis und jene Getränke erfaßt, die nicht in der Gemeinde verbraucht wurden, in der sie an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben wurden."

Im Bericht des Finanzausschusses, 356 BlgNR 18. GP, heißt es zu dieser Bestimmung:

"Ein außerordentliches, die Gemeinden geradezu überforderndes Problem stellen die unzähligen, in den letzten Monaten und Wochen einlangenden Anträge von Supermärkten dar, in denen die Rückzahlung der gesamten oder zumindest eines Großteils der in den letzten Jahren von den Konsumenten eingehobenen und an die Gemeinden abgeführten Getränkesteuer beantragt wird, wobei es den Gemeinden aufgrund ihrer beschränkten Verwaltungskapazität schwer fällt, zu beweisen, wieviele der verkauften Getränke nun im Gemeindegebiet verbraucht worden sind. Mit der in Art. II § 2 Abs. 3 enthaltenen Bestimmung wird daher normiert, daß eine Festsetzung der Abgaben ab dem Inkrafttreten dieser Bestimmung, also dem Tag nach der Kundmachung im Bundesgesetzblatt, nicht zu erfolgen hat, wenn sich die behauptete Unrichtigkeit aus dem Verbrauch außerhalb des Gemeindegebiets ergibt. Diese Bestimmung bedeutet allerdings nicht, daß rückwirkend oder auch nur ab deren Inkrafttreten für die nicht im Gemeindegebiet verbrauchten Getränke Getränkesteuer zu bezahlen wäre, sondern erfaßt nur die bereits an die Gemeinden abgeführten Steuererträge."

2.2. Soweit die beschwerdeführende Partei geltend macht, die belangte Behörde habe sich im angefochtenen Vorstellungsbescheid hinsichtlich des (in den seinerzeitigen Selbstbemessungserklärungen in die Bemessungsgrundlage miteinbezogenen) sogenannten Außerortverbrauches zu Unrecht auf die eine Neufestsetzung der Abgabe ausschließende Bestimmung des Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Nov 1991 gestützt, zeigt sie eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Verwaltungsgerichtshof verweist diesbezüglich auf sein Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0421. In diesem Erkenntnis hat der Gerichtshof ausgesprochen, daß die genannte Verfassungsbestimmung nur auf Fälle anwendbar ist, in denen keine bescheidmäßige Festsetzung der Getränkeabgabe vor dem erfolgt ist. Eine erstinstanzliche Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe schließt die Anwendung der zitierten Norm aus. Der Gerichtshof verweist auf die Begründung dieses Erkenntnisses unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 VwGG. Im besonderen wurde bei diesem Inhalt des Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Nov 1991 die Bindungswirkung des aufhebenden Vorstellungsbescheides vom durch diese Neuregelung nicht berührt.

Dem zitierten Erkenntnis liegt die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde, daß der Begriff der "Neufestsetzung" vom Verfassungsgesetzgeber offenkundig deswegen gewählt wurde, um die verfahrensrechtliche Zäsur zwischen der Phase der Selbstbemessung der Abgabe und der allenfalls daran anschließenden Phase ihrer bescheidmäßigen Festsetzung hervorzuheben. Von einer Neufestsetzung kann deswegen gesprochen werden, weil die Abgabe mit der Erklärung über die Selbstbemessung als festgesetzt gilt. Im Verhältnis zu dieser gesetzlichen Festsetzungswirkung der Selbstbemessung ist die - erstmalige - bescheidförmige Festsetzung der Abgabe in der Tat eine Neufestsetzung. Ist aber einmal diese "Neufestsetzung" durch erstinstanzlichen Bescheid erfolgt, dann handelt es sich um eine Abgabenfestsetzung wie jede andere (amtswegige Ermittlungspflicht, Rechtsmittelzug usw.). Betont der Bundesverfassungsgesetzgeber - anders als die Landesgesetzgeber in den Landesabgabenordnungen, in denen jeweils von "Festsetzung" der Selbstbemessungsabgabe durch Bescheid in den dafür vorgesehenen Fällen die Rede ist - die Eigenschaft dieser Festsetzung als "Neufestsetzung", dann erscheint dies nur im Verhältnis zur Wirkung der Selbstbemessungserklärung sinnvoll, also dann, wenn betont werden soll, daß die Regelung auf jenen Zeitpunkt abstellt, in welchem die Wirkungen der Selbstbemessungserklärung durch die (erstinstanzliche) bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe durchbrochen werden. Diese erwähnten Wirkungen der Selbstbemessung stellen ein Analogon zur Rechtskraft von Bescheiden, die nachträgliche bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe eine Art Rechtskraftdurchbrechung dar. Dabei ist auch zu bedenken, daß tatsächlich der erstinstanzliche Bescheid als Neufestsetzung wirksam wird, da der Berufung kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt. Gewiß tritt der Berufungsbescheid an die Stelle der erstinstanzlichen Bescheides, aber nicht der Berufungsbescheid, sondern der erstinstanzliche Bescheid bewirkt (gegenüber der Festsetzungswirkung der Selbstbemessung) die "Neufestsetzung".

Diese Auslegung erfährt eine Bestärkung auch durch die Erwägung, daß die Wendung "eine Neufestsetzung ... AUFGRUND DER UNRICHTIGKEIT DER SELBSTBEMESSUNG gemäß den Vorschriften der Landesabgabenordnungen unterbleibt" sinnvollerweise nur auf den erstinstanzlichen Bescheid bezogen werden kann, denn die Unrichtigkeit oder Richtigkeit der Selbstbemessung ist nach Erlassung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides kein Prozeßthema mehr. Es liegt vielmehr ein Abgabenbescheid vor, der wie jeder andere Abgabenbescheid zur Gänze über die Abgabe und nicht nur über die offene Restschuld (vgl. das

hg. Erkenntnis vom , Zl. 81/17/0060, Slg. N.F. Nr. 5781/F) und unter voller Anwendung der materiellen und formellen Abgabenvorschriften über den jeweils in Rede stehenden Abgabenanspruch abspricht. Dieser Abgabenbescheid bildet als solcher den Anfechtungsgegenstand in einem allfälligen Berufungsverfahren. Im Berufungsverfahren geht es aber nicht mehr um eine "Unrichtigkeit der Selbstbemessung" und nicht darum, daß "diese Unrichtigkeit damit begründet wird, daß die Abgabenerklärung auch jenes Speiseeis und jene Getränke erfaßt, die nicht in der Gemeinde verbraucht wurden, in der sie an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben wurden".

Zu Unrecht hat daher die zweitinstanzliche Abgabenbehörde auf die seinerzeitige Abgabenerklärung der beschwerdeführenden Partei zurückgegriffen, obwohl bereits vor Inkrafttreten der FAG-Nov 1991 eine erstinstanzliche bescheidmäßige Abgabenfestsetzung erfolgt war, auf diesen Sachverhalt den Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Nov 1991 angewendet und ausgesprochen, daß eine Neufestsetzung (bezogen auf die seinerzeitigen Abgabenerklärungen, die den Außerortverbrauch einbezogen hatten) nicht mehr erfolgen dürfe. Sie hat sich damit, wie bereits ausgeführt, auch zu Unrecht über die Bindungswirkung des kassatorischen Vorstellungsbescheides vom hinweggesetzt.

2.3. In der Beschwerde wird darauf hingewiesen, daß der angefochtene Bescheid nur die Fertigungsklausel "im Auftrag" und im Kopf (nur) den Vermerk "Amt der o.ö. Landesregierung" enthalte. In den Vorverfahren habe der Verwaltungsgerichtshof eine jeweils gleichartige Fertigungsklausel nicht beanstandet; ein Hinweis darauf, ob nun der Landeshauptmann oder die Landesregierung entschieden habe, ergebe sich nur aus einer einleitenden Wortfolge im Spruch.

Daß der angefochtene Bescheid unzweifelhaft der Landesregierung zuzurechnen ist, ergibt sich aus der von der beschwerdeführenden Partei selbst erwähnten Stelle des angefochtenen Bescheides ("ergeht von der o.ö. Landesregierung in Ausübung des Aufsichtsrechtes des Landes nachstehender Spruch"). Dieser Bescheid enthält damit im Sinne des § 73 Oö LAO die Bezeichnung der Behörde.

2.4. In der Beschwerde wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Vorstellungsbescheides auch darin erblickt, daß in der Begründung bemerkt werde, es bestehe "Rechtskraft" hinsichtlich der Verjährungs- und hinsichtlich der Verpackungsfrage.

Die beschwerdeführende Partei macht hiemit zutreffend eine Fehlerhaftigkeit der Begründung geltend. Im Vorstellungsverfahren vor der Gemeindeaufsichtsbehörde besteht kein Neuerungsverbot (vgl. das in dieser Sache ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0110, und die dort zitierte Rechtsprechung).

Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit ist allerdings in der Verjährungsfrage ohne Relevanz. Von der beschwerdeführenden Partei wurde seinerzeit die Verjährung des Abgabenanspruches für das Jahr 1985 behauptet. Die Begründung dafür, nämlich das behauptete Inkrafttreten der Verordnung des Gemeinderates vom erst im Jahr 1991, hat sich allerdings bereits als unzutreffend erwiesen, wie sich aus dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0110, ergibt (siehe oben Punkt 1.4.).

Auf die Frage des Verpackungskostenanteils wird im folgenden Punkt noch näher eingegangen.

2.5.1. In der Beschwerde wird zur Frage der Getränkeverpackungen darauf hingewiesen, es sei durch die FAG-Nov 1991 geregelt worden, daß die (neue) Getränkesteuer in Form einer Abgabe auf die entgeltliche Lieferung von Speiseeis und von Getränken erhoben werden könne. Ausdrücklich werde auch - erstmalig - die Verpackung des Speiseeises und der Getränke sowie das Zubehör (wie Trinkhalme, Löffel usw.) in die Ermächtigung einbezogen. Nach den Materialien,

356 BlgNR 18. GP, sei dies zur Schaffung einer eindeutigen Rechtslage erforderlich:

"Da die bisherige Besteuerung des "Verbrauchs" der Verpackung aufgrund landesgesetzlicher Bestimmungen gemäß der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes auf dem Steuererfindungsrecht der Länder beruht, dieses Steuererfindungsrecht aber für eine Besteuerung der Verpackung als Verkehrsteuer aufgrund der Gleichartigkeit zur Umsatzsteuer (§ 8 Abs. 3 F-VG 1948) keine ausreichende verfassungsrechtliche Ermächtigung darstellen würde."

Die beschwerdeführende Partei schließe sich dieser Argumentation vollinhaltlich an und mache für die verfahrensgegenständliche Verordnung der Stadtgemeinde Kirchdorf an der Krems die fehlende ausreichende verfassungsrechtliche Ermächtigung "aufgrund der Gleichartigkeit zur Umsatzsteuer". Die Verordnung des Gemeinderates vom sei einerseits im Hinblick auf die "Miteinbeziehung des Werts der verkauften Verpackung und Trinkhalme sowie der üblichen Beigaben" und andererseits deshalb, weil sie sich rückwirkende Kraft zubillige, gesetzwidrig.

2.5.2.1. Art. I Abs. 2 der bereits mehrfach erwähnten Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom lautet:

"Die Gemeindegetränkesteuer beträgt 10 v.H. des Entgeltes. Als steuerpflichtiges Entgelt gilt das dem Letztverbraucher in Rechnung gestellte Entgelt einschließlich des Wertes der mitverkauften Verpackung und Trinkhalme sowie der üblichen Beigaben, die herkömmlicherweise im Preis für das Getränk mitenthalten sind (z.B. Zucker und Milch im Kaffee, Zitrone im Tee usw.). Zum Entgelt gehören nicht die Umsatzsteuer, die Abgabe für alkoholische Getränke, das Bedienungsgeld sowie die Gemeindegetränkesteuer."

Art. II dieser Verordnung bestimmt:

"1) Diese Verordnung tritt mit dem auf den Ablauf der Kundmachungsfrist folgenden Tag in Kraft.

2) Diese Verordnung ist jedoch auf alle Sachverhalte anzuwenden, auf die Verjährung gem. § 152 der

O.Ö. Landesabgabenordnung LGBl. 30/1984 i.d.F. LGBl. 83/1984 noch nicht eingetreten ist."

Wie die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geht auch der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß diese Verordnung der Stadtgemeinde Kirchdorf vom dem Rechtsbestand angehört und auf die hier in Rede stehenden Bemessungszeiträume - jedenfalls ab 1986 - nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben weiterhin anzuwenden ist. Daß und warum dies entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei auch für das Jahr 1985 zutrifft, wurde bereits unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0110, ausgeführt (siehe Punkt 2.4.).

Die Verordnung vom findet hinsichtlich des Verpackungskostenanteiles ihre gesetzliche Deckung im § 4 Abs. 1 zweiter und dritter Satz Oö Gd-GetrStG in der Fassung der Novelle 1988, LGBl. Nr. 22. Im Art. II dieser Novelle ist Art. II Punkt 2) der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Kirchdorf vom gedeckt.

Mit der Oö Gd-GetrStGNov 1988 hat der Landesgesetzgeber von dem ihm verfassungsgesetzlich eingeräumten Abgabenerfindungsrecht hinsichtlich der Verpackungskostenanteile von Getränken Gebrauch gemacht, indem er für mitverkaufte Verpackungen einen neuen Steuertatbestand, und zwar mit Wirksamkeit vom , auch für in der Vergangenheit verwirklichte Sachverhalte, soweit Verjährung gemäß § 152 Oö LAO noch nicht eingetreten ist, einführte. Diese Regelung wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 283/89 und Folgezahlen, Slg. Nr. 12.322, nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Entsprechend der OÖ Gd-GetrStGNov 1988 entstand die Abgabenschuld der durch die Einführung des neuen Steuertatbestandes geschaffenen Abgabe - auch für die in der Vergangenheit verwirklichten Sachverhalte - auf Grund der Verordnung der Stadtgemeinde Kirchdorf vom (erst) mit deren Inkrafttreten am (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0110 - betreffend Kirchdorf; ebenso bereits das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/17/0220 - betreffend Linz).

Im vorhin zitierten Erkenntnis vom , G 283/89, Slg. Nr. 12.322, hat der Verfassungsgerichtshof Art. II zweiter Satz Oö Gd-GetrStGNov 1988 nicht als verfassungswidrig aufgehoben. Er ist in diesem Gesetzesprüfungsverfahren zu dem Ergebnis gelangt, daß die rückwirkende Anordnung der Einbeziehung des Wertes der Verpackung in die Bemessungsgrundlage für die Getränkesteuer nicht gegen das auch den Gesetzgeber bindende Gleichheitsgebot verstoßen hat.

Bedenken dahin, daß die Getränkesteuerverordnung der Stadtgemeinde Kirchdorf vom gesetzwidrig wäre, "weil sie sich rückwirkende Kraft zubilligt", wie die beschwerdeführende Partei vermeint, sind auf dem Boden dieser Rechtsprechung aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden.

2.5.2.2. Der Verfassungsgerichtshof geht in dem zitierten, im Gesetzesprüfungsverfahren ergangenen Erkenntnis

VfSlg. 12.322/1990 ebenso wie im damaligen Anlaßfall VfSlg. 12.318/1990 davon aus, daß durch die Oö Gd-GetrStGNov 1988 ein neuer Abgabentatbestand geschaffen wurde. Im letztzitierten Erkenntnis heißt es, wie der Verfassungsgerichtshof bereits im VfSlg. 9804/1983 (S 159) und ihm folgend der Verwaltungsgerichtshof unter anderem im Erkenntnis vom , Zl. 83/17/0247 (S 6), wörtlich übereinstimmend ausgesprochen hätten, es sei eine Regelung, "wenn sie Verpackungen, die keine selbständige Ware bilden, der Abgabenpflicht unterwirft, sofern sie dem Verbraucher gegenüber nicht gesondert in Rechnung gestellt werden, ...

verfassungsrechtlich unbedenklich". Im zitierten Erkenntnis VfSlg. 9804/1983 wiederum stützte sich der Verfassungsgerichtshof auf das sogenannte Abgabenerfindungsrecht der Länder und führte weiter aus, es bestehe "auch nicht das Bedenken, daß Gleichartigkeit zur Umsatzsteuer bestünde, was bewirken würde, daß die Bestimmung § 6 F-VG widerspräche (vgl. VfSlg. 7995/1977), weil die Verpackung im wirtschaftlichen Verkehr nicht selbständig in Erscheinung tritt". Es sei auch "nicht unsachlich, wenn der Landesgesetzgeber eine Trennung zwischen Verpackungen, die wirtschaftlich nicht ins Gewicht fallen, und, weil sie nicht gesondert verrechnet werden, auch wirtschaftlich gar nicht in Erscheinung treten, und solchen, die aus besonderen Gründen wirtschaftliche Bedeutung haben, vornimmt".

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung, die die Abgabe vom Verpackungskostenanteil in engem und notwendigem sachlichen Zusammenhang mit dem Gegenstand der damals als Verbrauchsabgabe gestalteten Getränkesteuer gesehen hat, sind auch aus Anlaß der nunmehrigen verfassungsgesetzlichen Regelung des § 14 Abs. 2 FAG 1989 in der Fassung der FAG-Nov 1991 keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die frühere (hier aber noch anzuwendende) Regelung wegen Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer entstanden. Nach dem Bericht des Finanzausschusses zum Initiativantrag betreffend die FAG-Novelle 1991, 356 BlgNR 18. GP, habe die bisherige Besteuerung des "Verbrauchs" der Verpackung nach der Rechtsprechung auf der Grundlage des Abgabenerfindungsrechtes der Länder beruht. Davon ausgehend, so läßt sich aus den Materialien weiter erkennen, wurde die Neuregelung anläßlich der Umgestaltung der Getränkesteuer von einer Verbrauchsteuer in eine Verkehrsteuer deswegen als notwendig erachtet, weil "die Besteuerung der Verpackung ALS VERKEHRSTEUER" wegen Gleichartigkeit zur Umsatzsteuer einer besonderen verfassungsgesetzlichen Ermächtigung bedürfe. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher zur Stellung eines Aufhebungsantrages betreffend die Getränkesteuerverordnung der Stadtgemeinde Kirchdorf an der Krems vom und ihrer gesetzlichen Grundlagen nicht veranlaßt.

2.6. Aus den Erwägungen zum Außerortverbrauch folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.8. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.