zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 03.11.2005, 2002/15/0070

VwGH vom 03.11.2005, 2002/15/0070

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde 1. des Ing. K und 2. der J, in W, beide vertreten durch Dr. Michael Krüger, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Marienstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom , GZ. RV/333- 16/16/2000, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1. Die eine Hausgemeinschaft (je 50 %) bildenden beschwerdeführenden Parteien erzielten im Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung u.a. aus einem näher bezeichneten Zinshaus. Mit Schenkungsvertrag vom übergaben die beschwerdeführenden Parteien dieses Objekt mit Stichtag ihrer Tochter. Zum Übergabszeitpunkt waren die von den beschwerdeführenden Parteien in Auftrag gegebenen Instandhaltungsarbeiten größtenteils abgeschlossen. Auf Grund von Mängelbehebungen erfolgte die Rechnungslegung und Bezahlung dieser Arbeiten im Ausmaß von S 957.779,54 erst nach dem Übergabszeitpunkt.

2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten der beschwerdeführenden Parteien anerkannt. Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, unter Werbungskosten seien beruflich veranlasste Aufwendungen oder Ausgaben zu verstehen, die objektiv im Zusammenhang mit einer außerbetrieblichen Tätigkeit stünden und subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet würden oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig träfen. Zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zählten alle Aufwendungen, die durch die Vermietungstätigkeit veranlasst seien. Ausgaben, die erst nach dem Zufließen der Einnahmen anfielen (Nachwerbungskosten) seien als Werbungskosten anzuerkennen, wenn der Veranlassungszusammenhang mit den früheren Einnahmen gegeben sei. Dies bedeute, dass der Veranlassungszusammenhang im Sinne des § 16 EStG 1988 einen die Grundlage für die Zahlungen bildenden wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der außerbetrieblichen Tätigkeit an sich erfordere. Die Eigenschaft von Aufwendungen als Werbungskosten sei somit einzig davon abhängig, inwieweit die (Ausgaben oder) Aufwendungen mit den Einnahmen in dem im § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 normierten Zusammenhang stünden. Im Beschwerdefall könnten die strittigen Aufwendungen nicht als nachträgliche Werbungskosten im Sinne der §§ 16 Abs. 1, 32 Z. 2 EStG 1988 anerkannt werden. Die Tochter der beschwerdeführenden Parteien habe im Zuge ihrer Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 1997 ein mit datiertes Schätzungsgutachten hinsichtlich der Feststellung des Verkehrswertes des gegenständlichen Zinshauses vorgelegt. Der Erstbeschwerdeführer habe den Auftrag zur Erstellung dieses Gutachtens aus Anlass einer beabsichtigten unentgeltlichen Eigentumsübertragung erteilt. Daraus ergebe sich, dass bereits im Oktober 1996, also rund ein halbes Jahr vor der tatsächlichen unentgeltlichen Eigentumsübertragung der Entschluss gefasst worden sei, das Zinshaus an die Tochter zu übertragen. Zu diesem Zeitpunkt sei auch die Absicht, das gegenständliche Zinshaus zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu nutzen, aufgegeben worden. Das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien im Verwaltungsverfahren, sie hätten sich spontan zur Schenkung entschlossen, stehe im Widerspruch zu diesem tatsächlichen Geschehensablauf. Die strittigen Aufwendungen für die Instandhaltung hätten vier (der insgesamt 23) Wohnungen betroffen. Zwei dieser Wohnungen seien seit nicht vermietet worden, für die anderen beiden seien zwar Mietzinsvorschreibungen ergangen, jedoch sei der Zins wegen Konkurses des Mieters nicht mehr bezahlt worden. Nach den Angaben der Beschwerdeführer "stünden diese beiden Wohnungen seit längerem leer". Die Beschwerdeführer hätten im Verwaltungsverfahren vorgebracht, die flexible Handhabung der Auftragsvergabe habe es ermöglicht, relativ kurzfristig bauliche Maßnahmen durchzuführen und längere "Leerstehungen" zu verhindern. Der Erstbeschwerdeführer habe immer wieder Professionisten beschäftigt, deren Preisgefüge er gekannt habe. Es seien daher Ausschreibungen und Anbotslegungen nicht erforderlich gewesen. Die Auftragsvergabe sei mündlich nach Begehung und Konkretisierung der vorzunehmenden Arbeiten erfolgt. Dieses Vorbringen bestätige die Auffassung, dass die Auftragsvergaben der in Rede stehenden Aufwendungen zu Zeitpunkten erfolgt seien, zu welchen seitens der Beschwerdeführer keine Vermietungsabsicht mehr bestanden habe. Der in § 16 EStG 1988 normierte Veranlassungszusammenhang zwischen den strittigen Aufwendungen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei nicht gegeben, sodass von nachträglichen Werbungskosten nicht gesprochen werden könne. Die gewählte Vorgangsweise, nämlich Investitionen in Höhe von rund S 1 Mio. zu tätigen, obwohl das Ende der Vermietung durch die Beschwerdeführer bevorgestanden sei, hätte bei entgeltlichem Rechtsgeschäft, einem Verkauf an fremde Dritte, zu einer entsprechenden Kaufpreiserhöhung geführt und finde beim unentgeltlichen Rechtsgeschäft, der Schenkung, ihre Erklärung im Familienverhältnis zwischen Geschenkgeber und Geschenknehmer.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die Beschwerde trägt vor, die Beschwerdeführer hätten das

gegenständliche Zinshaus ihrer Tochter gegen Einräumung einer

Versorgungsrente von monatlich S 36.000,-- und Einverleibung eines

Belastungs- und Veräußerungsverbotes mit Schenkungsvertrag

übertragen. Angesichts der der Höhe nach nicht unerheblichen

Versorgungsrente stelle der Schenkungsvertrag keine unentgeltliche

Eigentumsübertragung dar. Darüber hinaus beziehe sich der von der

belangten Behörde angesprochene Vermerk im Schätzungsgutachten

("... im Auftrag des Miteigentümers gegenständlicher Liegenschaft,

Herrn (Erstbeschwerdeführer) erstellt ... aus Anlass einer

beabsichtigten unentgeltlichen Eigentumsübertragung") lediglich auf den Erstbeschwerdeführer, nicht jedoch auf die Zweitbeschwerdeführerin. Der Vermerk im Schätzungsgutachten hinsichtlich der Schenkungsabsicht sei aber völlig irrelevant, weil eine solche Absicht auf Grund der strengen Formvorschriften bei unentgeltlichen Rechtsgeschäften (tatsächliche Übergabe) ein rechtliches Nichts darstelle. Eine Schenkungsabsicht zu haben bedeute indessen nicht die Aufgabe einer Gewinnerzielungsabsicht. Hätte die belangte Behörde die Beschwerdeführer zum Zustandekommen des Gutachtens und des darin enthaltenen Vermerkes über die beabsichtigte unentgeltliche Eigentumsübertragung gehört, hätte sie feststellen können, dass eine unentgeltliche Eigentumsübertragung nur eine von mehreren angedachten Varianten gewesen sei.

Nach den Sachverhaltsannahmen im angefochtenen Bescheid handelt es sich bei den Aufwendungen, deren Anerkennung als Werbungskosten in Streit steht, um (sofort abzugsfähige) Instandhaltungsaufwendungen; die Arbeiten wurden größtenteils vor Übergabe () abgeschlossen, die Rechnungslegung und Bezahlung erfolgte auf Grund von Mängelbehebungen erst nach diesem Zeitpunkt.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen von dem in der Literatur und Judikatur anerkannten Umfang des Werbungskostenbegriffes (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 16 Rz 2) aus. Demnach fallen Ausgaben, die erst nach dem Zufließen von Einnahmen anfallen, unter den Werbungskostenbegriff, wenn der Veranlassungszusammenhang mit den früheren Einnahmen gegeben ist. Die belangte Behörde verneint diesen Zusammenhang unter Hinweis darauf, dass die Absicht, das gegenständliche Zinshaus zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu nutzen, bereits im Oktober 1996 aufgegeben worden sei. Sie stützt sich hiebei auf die Ausführungen im Schätzungsgutachten vom , wonach der Erstbeschwerdeführer aus Anlass einer beabsichtigten unentgeltlichen Eigentumsübertragung das Gutachten in Auftrag gegeben habe. Der Schlussfolgerung der belangten Behörde, die Beschwerdeführer hätten die Absicht, das Zinshaus zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu nutzen, durch den Auftrag zur Erstattung des in Rede stehenden Gutachtens aufgegeben, kann nicht gefolgt werden.

Die belangte Behörde hat den Anlass für die Aufwendungen nicht in der Vermietungstätigkeit der Beschwerdeführer, sondern in der Schenkung des Zinshauses an die Tochter gelegen angenommen. Sie stützte sich hiebei auf den Einleitungssatz des erwähnten Schätzungsgutachtens vom , wonach der Erstbeschwerdeführer den Auftrag zur Erstellung des Gutachtens "aus Anlass einer beabsichtigten unentgeltlichen Eigentumsübertragung" gestellt habe. Die Einwände der Beschwerdeführer (Schriftsatz vom ), die Instandhaltungsmaßnahmen seien zu einem Zeitpunkt in Auftrag gegeben worden, zu dem noch niemand an eine Schenkung gedacht habe, hat sie als "im Widerspruch zum tatsächlichen Geschehensablauf" beurteilt.

Diese Beweiswürdigung der belangten Behörde ist auf der Grundlage ihrer Feststellungen nicht nachvollziehbar: Aus dem Umstand, dass ein Schätzungsgutachten über den Wert eines Zinshauses in Auftrag gegeben wird, ergibt sich nicht zwingend die Absicht zur Übertragung des Zinshauses. Ein derartiges Gutachten mag allenfalls die Grundlage für eine Übertragung bilden. Mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer, bei Erteilung der in Rede stehenden Arbeiten habe man nicht an eine Schenkung gedacht, hat sich die belangte Behörde nicht ausdrücklich befasst. Der Behauptung, die Beschwerdeführer hätten sich spontan zur Schenkung entschlossen, hält sie entgegen, dies stehe im Widerspruch zum tatsächlichen Geschehensablauf. Was darunter zu verstehen ist, bleibt mangels Feststellungen unklar.

Die belangte Behörde hat damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren hinsichtlich der Umsatzsteuer war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand ein Kostenersatz unter dem Titel von Umsatzsteuer nicht zusteht (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S 686). Wien, am