VwGH vom 22.12.2005, 2002/15/0064
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde des H in K, vertreten durch Mag. Michael Lang, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. RV/633-17/06/98, betreffend Ablehnung als Bevollmächtigter gemäß § 84 Abs. 1 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Bei der anlässlich der Neuaufnahme einer näher bezeichneten Bau GmbH durchgeführten Nachschau wurde dem Organwalter des Erhebungsdienstes des Finanzamtes eine Bevollmächtigung des Beschwerdeführers vorgelegt. Diese Vollmacht lautet auszugsweise wie folgt:
"...
VOLLMACHT
Gemäß § 172 Absatz 4) Gewerbeordnung
10. Bundesgesetz: Gereberechtsnovelle 1996
Im Sinne dieses Gesetzes bevollmächtige(n) ich (wir) den Unternehmensberater und Vermögenstreuhänder
(Beschwerdeführer)
mich (uns) in allen wirtschaftlichen und persönlichen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Gebietskörperschaften zu vertreten, sowie Eingaben und Erklärungen zu unterfertigen.
Durch diese Vollmacht werden noch etwa vorliegende
Vollmachten außer Kraft gesetzt.
Vollmachtgeber Vollmacht angenommen
(... Bau GmbH) (Beschwerdeführer)
Katzelsdorf, am "
2. Mit Bescheid vom lehnte das Finanzamt den Beschwerdeführer gemäß § 84 Abs. 1 BAO als Bevollmächtigten der Bau GmbH ab.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den bekämpften Bescheid ab. In der Begründung führte sie nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, ein Unternehmensberater sei zwar im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung zur Vertretung des Auftraggebers vor Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts berechtigt, seine Gewerbeberechtigung umfasse jedoch nicht die Vertretung in Abgabenverfahren. Die Befugnis zur geschäftsmäßigen Vertretung in Abgabensachen ergebe sich aus den §§ 31 bis 33 sowie 71 WTBO. Demnach seien vor Abgabenbehörden Wirtschaftstreuhänder, Rechtsanwälte und Notare vertretungsbefugt. Unberührt hievon sei die im beruflichen Wirkungsbereich des Beschwerdeführers gegebenenfalls erforderliche Befugnis zur Hilfe oder Beistandsleistung in Abgabensachen.
Überdies sei durch die zwischenzeitige Konkurseröffnung über die Bau GmbH die Vollmacht des Beschwerdeführers erloschen. Die Vollmacht lebe auch bei Aufhebung des Konkurses nicht wieder auf.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auftragsgemäß ergänzte (nach dem der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom , B 273/01, abgelehnt hatte) Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Ausübung seines Gewerbes im Sinne des § 172 Gewerbeordnung im Zeitraum vom bis verletzt.
Nach dem ersten Satz des § 84 Abs. 1 BAO (in Kraft getreten am , § 323 Abs. 1 BAO) hat die Abgabenbehörde solche Personen als Bevollmächtigte abzulehnen, die die Vertretung anderer geschäftsmäßig, wenn auch unentgeltlich betreiben, ohne hiezu befugt zu sein. Damit wird der im § 83 BAO verankerte Grundsatz, dass sich die Parteien im Abgabenverfahren vertreten lassen dürfen, dahingehend eingeschränkt, dass zur geschäftsmäßigen Vertretung nur die nach den berufsrechtlichen Vorschriften befugten Personen berechtigt sind. Dazu bestimmt § 321 Abs. 2 BAO, dass die gemäß § 71 der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, BGBl. Nr. 125/1955, unberührt gebliebenen Befugnisse zur Vertretung vor Abgabenbehörden bzw. zur Hilfe- oder Beistandsleistung in Abgabensachen durch das Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes keine Änderung erfahren; dies gilt auch für die im § 107a Abs. 3 Z. 3 bis 9 in der Abgabenordnung genannten Personen und Stellen. Der verwiesene § 71 WTBO ordnete an, dass die Befugnisse der Rechtsanwälte, Patentanwälte und Notare durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht berührt werden. Gleiches galt für die Befugnisse von Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereiches Hilfe oder Beistand in Steuersachen im Sinne der Abgabenordnung leisten, sowie die in § 107a Abs. 3 Z. 3 bis 9 der Abgabenordnung genannten Personen oder Stellen. Die Befugnis zur geschäftsmäßigen Vertretung in Abgabensachen ergab sich mit Rücksicht auf die in den §§ 31 bis 33 WTBO den Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Rechte nur aus den Bestimmungen der WTBO selbst. Die Vertretung im Abgabenverfahren vor den Finanzbehörden des Bundes und der übrigen Gebietskörperschaften war gemäß § 31 Abs. 2 WTBO den Wirtschaftsprüfern (Wirtschaftsprüfungsgesellschaften) sowie den Steuerberatern (und Steuerberatungsgesellschaften) vorbehalten (§ 33 Abs. 1 lit. c WTBO).
Der angesprochene § 107a Abgabenordnung, RGBl. 1935 I 1480, lautet auszugsweise:
"§ 107a. (1) Personen, die geschäftsmäßig Hilfe in
Steuersachen leisten, ... bedürfen dazu der vorherigen allgemeinen
Erlaubnis des Finanzamtes ...
...
(3) Abs. 1 gilt nicht für
...
5. Unternehmer, die ein Handelsgewerbe betreiben, soweit sie in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft, das zu ihrem Handelsgewerbe gehört, ihren Kunden Hilfe in Steuersachen leisten;"
Die in dieser Bestimmung genannten Unternehmer, die ein Handelsgewerbe betreiben, sind befugt, ihren Kunden Hilfe in Steuersachen zu leisten, soweit diese in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft steht, das zu ihrem Handelsgewerbe gehört. Erforderlich ist, dass die den Kunden erbrachte Hilfeleistung gegenüber der Haupttätigkeit eine erheblich eingeschränkte, nicht ins Gewicht fallende Tätigkeit ist. Die Steuerhilfe muss stets eine solche unselbständige Hilfstätigkeit sein, die nicht zu einem selbständigen Hauptteil der angebotenen Leistung wird. Diese Tätigkeit, nämlich Hilfe in Steuersachen, darf also nicht selbständig neben die anderweitigen Berufsaufgaben treten, sie darf nicht wesentlicher Teil der eigentlichen Berufsaufgabe sein oder gar im Vordergrund stehen (vgl. Stoll, Kommentar zur BAO, § 84, 838).
Der Beschwerdeführer legte im Verwaltungsverfahren eine allgemeine, sohin unbeschränkte, Vollmacht zur Vertretung vor den Behörden vor. Der Umfang dieser Vollmacht geht über die Befugnisse des § 107a Abs. 3 Z. 5 Abgabenordnung hinaus. Unter Hilfe in Steuersachen ist nämlich, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 93/16/0119, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, mit ausführlicher Begründung klargestellt hat, nicht die Vertretung vor den Abgabenbehörden umfasst.
Ob das Vertretungsrecht dieses Unternehmers im Umfang seiner Beratungsrechte (Stoll/Tanzer, Die Vorbehaltsaufgaben der Wirtschaftstreuhänder, Seite 45) besteht, braucht angesichts der hier vorliegenden allgemeinen Vollmacht nicht beantwortet werden.
Die vom Beschwerdeführer angesprochene Bestimmung des § 172 Gewerbeordnung in der Fassung des Art. I Z. 27 der Gewerbeordnung 1996 bestimmte, dass Unternehmensberater einschließlich der Unternehmensorganisatoren im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung zur Vertretung des Auftraggebers vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts berechtigt sind. Auch diese Bestimmung räumte dem Unternehmensberater keine allgemeine Vertretungsbefugnis ein, sondern nur eine solche im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung. Diese erstreckte sich jedoch keinesfalls auf die den Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Tätigkeiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 6573/A, und Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO § 172 Rz 5).
Die Beschwerde erweist sich daher als unberechtigt und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am